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Nr. 83. L. März 1S24. WWW« WWWWWW« Erzgebirgtscher DoMsfreund Verlas E. w. LÜrkner, Aue. i. Deidlült. illeit« >ie au« SlänrencS bewskrll I^oi^enbur^er Zeilen- und OeHabrik LcliniieZ 8c Lckeib, I^ürnI)erK dm ersten Blick erscheinen mag: der wohldressiert« Gesolgmann glaubt alle», wa» in hoe stgno gedruckt und besohl«« ist, selbst wenn «» zehnmal der gefunden Vernunft und sogar dem ureigensten Erleben widerstreiten sollt«. Bietet somit die Darstellung de» »Kämpfers* ein Schulbeispiel fllr die raffiniertest«, mit verbrecherischer Skrupellosigkeit und giel- strebigkeit fortentwickelte Systematik der Bolksverführung, so mub ste zur Flammenschrift werden den Bielzuvielen, deren philanthropisch« Weltfremüheit in der Aufhebung L«» Ausnahmezustandes für Sachsen den Stein der Welsen erblicken zu müssen glaubt. Die künftige linksradikale Schlußfolge ist unschwer vorau^uahnen: Weil die bewaffnete Macht unzulänglich und angstzerrüttet dasteht, räumt st« da» Feld. Folglich sind wir der stärkere Teil. Folglich können wir beliebig fordern und das Geforderte nötigenfalls mit Ge walt erzwingen. Und eines Tages wird auf sowjetrussisch«» Kommando abermals die Internationale durch Sachsens Städte gellen! Dr. Hirt -Aue. An die sächsische Bevölkerung! Das Desamtministerium erläßt folgenden Aufruf: Der militärisch« Ausnahmezustand ist aufgehoben. Damit über nimmt die sächsische Regierung wieder die Verfügungsge walt über das Polizeiwcfen des Landes. Die Regierung ist ent schlossen, Handel und Wandel, Arbeit und Unternehmungssreudig- leit tatkräftig zu fördern und richtet an die gesamte Bevölkerung die ernste Bitte, ste in diesem Bestreben zu unterstützen. Wenn erneut versucht werden sollte, durch Unruhen ober Ge walttat igkeiten die Sicherheit des Staates oder der Bevölke rung zu gefährden, wird die Regierung die Machtmittel des Staates zum Schutze der gesamten Bevölkerung anwenden. Unruhen und gewaltsame Störungen des Wirtschaftslebens schädigen in erster Linie und am nachteiligsten die wirtschaftlich schwachen Teile unseres Voltes. Es halte sich deshalb jeder von Gewaltätig- keiten fern und bemühe sich, an der völligen Gesundung und allmäh lichen Wiederausrichtung unseres Wirtschaftslebens zu seinem Teil« mitzuhelfea. kfersteNerjn 6er bekennten ,^uls'-8öiken. Lm tsiprigor Kieses »It«, Stsättksat« St-mä 1321SS. Vertreter: kstsl, L«leksu, ^nnen8trake 28 M DLsZfsnpuIver Mil In roter Packung mit 6er ^Vasckkrau als Schutzmarke. ' Verbrechen ober Wahnsinn. Ek« Beltrag zu« Aufhebung de, Belagerungszustand«». Der kommunistische Kämpfer* ist durch Befehl de» Wehrkreis kommandos 4 verboten. Er erscheint trotzdem nach dem grö- ßenwahnsinnigen Rezept: »Herr General, wir spotten Ihrer Befehle*, lustig weiter, wenn auch in etwas reduziertem Umfange und unter Ausschluß der Oesfentlichkeit; hergestellt in einer Winkeldruckerei, Februar 1924. Ein mir vorliegendes kürzlich in, Schwarzenberg be schlagnahmtes Exemplar enthält u. a. eine Darstellung der bekann- ten Sänvarzenberger Zusammenstöße vom 23. 1. 24, die als Gipfel leistung tatsächlicher und psychologischer Verdrehungskunst gelten kann. Es heißt t» nach einer Einleitung, die alle typischen Merk male krankhafter Selbsteinschätzung aufweist: Als die Arbeiterschaft nach einem Marsch durch die Straßen wieder auf den Markt kam und der Dsmonstrationszug sich dem Rathaus« näherte, explodierte eine Handgranate, die höchstwahrschein lich von einem faszistischen Sipomann zur Entzündung gebracht wor den ist. Die Folge war, daß die demonstrierenden Arbeiter auf die Sipo einstürmten. Die Sipo feuerte sofort einige Salven ab. Zwei Arbeiter sind tot und 15 Arbeiter verwundet. Von der Sipo konn- ' cen 8 Verwundete festgestellt werden, darunter 4 s^nver. Die aufge- hetzt« Sipomannschaft war ungeheuer erregt und hatte, als st« die Entschlossenheit der Arbeiter sah, selbst gegen Handgranaten und Ma schinengewehre anzustürmen, ungeheuere Angst. Die Schwarzenber ger Arbeiterschaft läßt sich nicht einschüchtern. Die Polizei aber wirb gemerkt haben, daß die Arbeiter entschlossen, sind, ihren Willen durch- zusetzen, selbst gegen Maschinengewehre und die dummen Polizeibe- amten, die sich im Interesse der Kapitalisten mißbrauchen lassen. Die Schuld an diesem Zusammenstoß trägt der Bürgermeister von Schwarzenberg, der so schnell wie möglich von seinem Posten beseitigt werden muß. Dieser faszistische Bürgermeister stellt sich schützend vor di« Kapitalisten, die durch Aussperrung und Mastenentlassung die Arbeiter zur Aufgabe des Achtstundentages zwingen wollen. Eine Schande ist es, wenn festgestellt werden muß, daß sich die Sozial demokraten gegen einen Mißtrauensantrag der Kommunisten gegen den Bürgermeister gewandt haben. Einig« Polizeibeamte haben im Gespräch erklärt, daß das nächste Mal, wenn die Arbeiterschaft wiederum eine Demonstrcnion wagt, der ganze Marktplatz voll toter Arbeiter liegen müsse. Dieses G«rcde zeigt, welche Angst die Polizei hat. Die Polizeier sollen es sich mer ken: daß Tausende von Arbeitern, die vom Hunger auf di« Straße getrieben werden, mächtiger sind als die Polizei und die Reichswehr zusammengenommen. Sachlich ist dazu folgendes zu bemerken : 1. Die explodierte Handgranate (Marke K. P. D., eigenes Fabri kat) ist, wie festgestellt, aus den hintersten Reihen der Demonstranten gegen die Polizeitruppe geschleudert worden; wiederrrm ein Beweis für die Erfahrungstatsaä-e, daß die gefährlichste Aktivität stets hin- ter dem schützenden Wall der Masse zu suchen ist. Uebrigens sind mehrere in kommunistischer Hausindustrie hergestellte Handgranaten aufgcfundcn worden. 2. Es wurden nicht 8, sondern nur 5 Hilfspolizeibeamte ver- wundet, sämtlich leicht; die Beamten tun längst wieder Dienst. 3. Maschinengewehre führte das eingesetzte Polizeikommando überhaupt nicht. Kennzeichnend fllr die kommunistische Mentalität ist in erster Linie die ausgiebige, verzweifelt anmutende Verwendung suggestiver Mittel. Man verdichtet die glühend ausschweifende Phantasie be wußt in der Dorstellungsrichtung vom heimtückisch operierenden Sipofafzisten, von schußbereiten Maschinengewehren, von der unge heueren Angst des Gegners, nur um in dem geistigen und physischen Lhaos des Niederbruchs „Realitäten* zu schaffen, an denen der lei denschaftliche Fanatismus sich neu entzünden, der Glaube an die ge rechte Sache sich wiedcrbcleben kann. Ist es schon Wahnsinn, hat es es doch Methode. Denn das suggestive Experiment ist durchaus nicht so unsinnig, als es dem mit der Massenpsychose nicht Vertrauten auf * Der Frühjahrsbußtag. Es ist eine Beunruhigung in die Eltern- schäft gebracht worden durch öffentliche gegnerische Erklärungen, die den christlichen Kindern Schulbefreiung nur fllr die Stunde Gottes dienst zubilligen wollen. Durch die kürzlich erlassene Verordnung sind aber die evangelischen Lehrer und Kinder den katholischen gleichge stellt. Die Katholiken genießen an den katholischen Sonderfeiertagen den ganzen Tag Schulfreiheit, nicht nur während der Messe. Dem zufolge sind auch die Evangelischen den ganzen Tag vom Schulbesuch befreit. Wenn die Verordnung den Catz enthält „jedoch nur insoweit es zur Erfüllung ihrer religiösen Pflichten erforderlich ist*, so wird damit keineswegs die Schnlbefreiung auf bestimmte Stunden, also den Goitesdienstbefuch, wie sie die sozialdemokratische Press« abändern möchte, eingeschränkt. Es ist ja auch Angelegenheit der Beteiligten, wie sie ihren Feiertag heiligen. Vielerorts werden ja bekanntlich auch Kindergottcsdienste an diesem Tage albgehalten. Zudem gehört zur Ausübung des religiösen Bedürfnisses nicht nur der Besuch des Gottesdienstes, sondern auch die innere Sammlung «rh« und nachher. Aue, 1. März. Das Pfarramt St. Nicolai teilt ims mit, baß der Bitte des Kirchenvorstandes um Beiträge zur Beschaffung neuer Orgclprospektpfeifen leider bisher nur zögernd entsprochen wurde und die Spenden nur langsam eingchen. Soll aber der Lieferunnsauf- trag möglichst bald erteilt werden können, wie es im Interesse der Kirchgemeinde liegt, so ist es wünschenswert, daß die zugedachten Bei- träge ohne Verzug der Kirchkasse zugeftthrt werden, damit die Kosten für die Beschaffung schnellstens zusammenkommen. am Montag seine Hauptversammlung ab. Aus dem vom Schriftführer A. Röder erstatteten umfangreichen Zahrr»b«richt ist zu ersehen, daß auch in diesem Jahre der Verein gut vorwärts gekommen ist. Da, im vergangenen Jahre hier stattgefundene Bunbessängersest mit all seinen gewaltigen Eindrücken zog noch einmal lm Gedächtnis vorüber. Der vom Dereinskosfierer P. Böhme erstattete Kassenbericht läßt die schwere Not der Zeit der Inflation erkennen. Ebenso die voW Vorsitzenden de« Finanzausschusses für das Sänaerfest, Schul" Kutzer, vorgetragene Abrechnung. In den Ausschuß wurden die scheidenden Herren Rich. Windisch, Hugo Georgi und Hermann Schröder wiedergewählt. Da» im vorigen Jahre infolge der unruhige» Zeit ausgefallene üvjahrige Stiftungsfest soll nunmehr am 10. und 12. Mai d. I. begangen werden. Allgemein kam zum Ausdruck, da» in diesem Jahre in Hannover stattfindende 9. deutsche Bundessänger» fest zu besuchen. Wie bei früheren deutschen Sängerfesten, so wir» auch diesmal der Verein sich in stattlicher Zahl am Bundesfest b» teiligen, zumal bei diesem erstmalig das Banner des Obereres ebiv- gischen Sausängerbundes mitgeführt wird, da» der Verein seit dem letzten Sängerfest in Schneeberg zu betreuen hat. Die deutsch, Sängerbundeszeitung wurde in ca. 30 Exemplaren bestellt. Z» pünktlichem und vollzähligem Besuch der Singstunden wurde auft gefordert und sollen säumige Sänger in die Reihen der passiven Mim glieder überschrieben werden. Die Verelnsbetträge wurden wieder de» Friedenssätzen gleichgestellt. Schneeberg, 1. März. Di« Ausstellung von Schülerarbeiten in de» hiesigen Zeichen- und Gewerbeschule mit Spitzenklöppelmustevschul, erfreut sich eines ungemein starken Besuches. Die Leitung der Schul« hat sich vielen Wünschen entsprechend entschlossen, die Ausstellung noch bis zum ö. d. M. zu verlängern. " Leipzig. Im Stadtparlamenk rief der au» Lem Landtag UM rühmlichst bekannte kommunistisch« Stadtverordnete Lieberasch eine» großen Skandal dadurch hervor, daß er in der gemeinsten Weise di« Ehre des zur Wiederwahl vorgeschlagenen abwesenden Staütrat» Dir besudelte. Sogar der sozialistisch« Stadtverordnete Fleißner be dauerte, daß «in Mitglied der kommunistischen Fraktion, das al» Lani^agsmitglied durch die Immunität geschützt sei, hier solche durch nichts zu beweisende Vorwürfe erhebe. Oberbürgermeister Dr. Roth« bezeichnete das unerhörte Vorgehen Lieberasch's als einen Mißbrauch des Parlaments, wie er schlimmer nicht gedacht werden könne, und wies darauf hin, daß an den niederträchtigen Beschuldigungen keü» wahres Wort sei. Staütrat Dix wurde wiedergewählt. Kathreiner» Malzkaffe« ist nicht bloß gebrannte Gerste, sonder» wirkliches Malz und deshalb so schmackhaft. Man lasse sich durch ähn liches Aussehen Les einfach gebrannten Getreide» nicht täuschen-, auch .Malzkaffee* an sich ist noch lang« kein »Kathreiners*-Malzlaffee. Man kaufe, um ganz sicher zu gehen, nur Malzkaffe« in Paketen mit Bild und Unterschrift des Pfarrers Kneipp. Freud« in die Familie bringt seit nunmehr über 70 Iharen die immer« jugendfrische »Gartenlaube*. Ein Strom segensreicher Kräfte geht von dieser gediegenen und zugleich Loch modernen Wochenschrift au^ die in buntem Wechsel edle Unterhaltung und wertvolle Belehrung bietet. Aus Anlaß Les soeben begonnenen Jahrganges fügt Lie Buch» Handlung von Br. Fr. Goedsche, Karl Schmeil, Schneeberg, unserer heutigen Ausgabe für Schneeberg und Neustädtel einen Prospekt Le» »Gartenlaube* bei, den wir der Beachtung unserer Leser empfehlen. pßoiogk. ßMlüto kl«, Lrusmanv, Ooerr, Lok»«, kkottoy »ovlo tu tadelloser Sorcdalloaaalt empNsdlt ksker L ko. UsM lok.r Hari Sommor 7«!. 14. 44us I. Srrgov. HarU S. LackmSnoiecb« keälsnang. Kostenlose Anleitung. Oerlliche Angelegenheiten. Die Linde. Skizze von Franz Earl Endres. „Und ich behaupte, er ist verrückt.* Damit schloß der Nentamt- mann ein lebhaft gcfllhrles Gespräch, trank sein Glas Bier aus und stand auf, womit für den Stammtisch im Löwen das erste Zeichen zum Aufbruch gegeben war. »Er ist ein Romantiker,* meinte der Oberamtsrichter, der noch ein wenig sitzen blieb, zum Lymnasialprofessor. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, Herr Oberamtsrichter, der Meinung kann ich nimmermehr beipflichicn. Es ist schon so: Doktor Ratlob spinnt, das heißt, recte ausgedrückt, er scheint geistig etwas anormal zu sein.* »Wegen der Linde doch nicht, Herr Professor,* erwiderte der Richter. „Eben wegen der Linde,* versicherte der Pädagoge und ging auf ein anderes Thema über. O Der, über dessen Geisteszustand sich der ehrenwerte Stammtisch des kleinen süddeutschen Städtchens nicht einig werden konnte, saß indessen mit seiner ganz jungen und sehr schönen Frau im Gärtchen vor feinem Doktolhaus. Der Abend stand rot und einen sonnigen nächsten Tag verheißend über den Wäldern, die im Westen den Blicken Halt geboten. »Daß die Menschen hier * sagte der Doktor, „die kleine Feier von gestern so gar nicht verstanden haben! Es ist doch etwas tief Bedeutsames, bei Beginn eines eigenen Hausstandes eine symbolische Handlung vorzunehmen.* „Aergere dich nicht, Hans,* antwortete die junge Frau. „Ick kenne die hiesigen Philister. Ich bin in dieser Stadt groß geworden.* Doktor Ratlob strich ihr über den geraden Scheitel. »Und bist doch so gar keine Philisterin geworden, Annelies, Liebling. Du hast recht. Wenn sie es nicht verstehen, daß man, von der Hochzeitsreise »urllckgekehrt, sie zu einem Glase edlen Weine» einlädt, «ine kleine Linde nor dem Fenster pflanzt und dabei ein paar Gedanken aus- spricht, wie der Daum mit der Familie gedeihen und groß werden möchte, dann ist ihnen eb^r w'ckt zu helfen. Aber wir beide wollen in» freuen und bas Däumchen pflegen.* Annelie» küßt« ihren Mann, dann eilte st, an do» Fenster de. Eßzimmers, vor dem in einem kleinen Beete die Linde in ihrer ganzen Winzigkeit stand. Annelies zeigte an die Mauer. »Wenn sie so groß ist, Hans?* rief ste. „Dann mußt du acht geben, daß ein Bübchen oder ein Mädchen ihr nicht die Blätter abreißt,* rief der Doktor von der Bank her zurück. Annelies zeigte an das Fenster und war ein wenig rot ge worden. „Und wenn ste so groß ist, Hans?* ,O, dann gehen die Kinder schon in die Schule, Annelies.* Und so fragte sie weiter und erhielt jedesmal fröhliche Antwort. Sie lief zu ihrem Hans zurück, setzte sich ihm aus den Schoß und fragte noch einmal: „Wenn aber die Linde das Hausdach erreicht, Hans?* »Dann, meine Herzliebste, sind wir alt geworden und sind wieder so allein wie heute.* »Allein?* Anneliese schaute in die Augen des Mannes. »Freilich,* sagte der, „dann sind die Kinder in die Welt hinaus und nur die Träume ihrer Jugend spielen noch in den Zweigen des Lindenbaumes und spielen dort mit den Träumen unserer Liebe, Annelies.* s * Wie das junge Paar es sich erzählte, so kam «». Die Linde wuchs und ein Knäblein und Lann ein Mägdlein wuchsen mit ihr. Freuden und Sorgen kamen und gingen wie Lenz und Herbst, aber die Linde blieb und wuchs, bis zum unteren Frnsterrand, bis zur Mitte de» Fenster», bi» »um oberen Rand. Sie stieg hinauf zum ersten Stock und überwand auch diesen. Im Hause de» Doktor» wurden alle Ereignisse, die da» Leben brachte, auch der Linde erzählt. Und es schien, al» nähme der Baum Anteil an den Freuden und Schmerzen der Menschen, die ihn pflegten. Nach langen Jahren kam ein Tag, da zog der Doktorssohn in die Welt und nahm Abschied von der Linde. Lin Jahr später folgte die Schwester einem geliebten Manne in da, ferne Ausland. Al« Hans und Annelie« vom traurigen Abfchiednehmen heim- komen da blieb der Doktor vor dem Hause stehen und deutete hinauf. „Sieh. Annelie», nun hat die Linde da» Dach erreicht.* „Ja, Han», und w'r zwei find wieder allein. so allein wie damals * Der Doktor schloß seine Frau in die Arme. „Hörst du nicht,* sagte er, »wie die Träume unserer Liebe 'n der Lind« fingen?* Briefe kamen von Sohn und Tochter. Und in jedem Briefe war von der Linde die Rede. Die Jahre reihten sich zum Lebenkranze, Hans und Annelies wurden alt, ihr Haar wurde grau und dann weiß. Enkel spielten, wenn ste in den Ferien zu Besuch kamen, unter der Linde und lauschten in ihrem Schatten den Erzählungen der Groß mutter. »Siehst du,* sagte Dr. Ratlob zu Frau Annelie», „wie die Träume der Linde leben. Schon sind Kindeskinder in diese Träum» mitverwoben.* Und Annelies nickte und eine» gesegneten Leben» stilles Lied sang in den Zweigen des Baume». O Auch der Stammtisch im Löwen lebt« noch. In den vierzig Jahren waren zwar alle die gestorben, die sich einst über Dr. Ratlobs Hochzeitslinde erregt hatten. Dafür waren neue Generationen ge kommen. Man hielt Natlob für einen trefflichen Arzt, kümmerte sich aber im übrigen nicht um ihn, da er niemals den Stammtisch be suchte und sich von allem gesellschaftlichen Leben fernhielt. Aber eine» Abends bildete der alte Herr doch noch einmal de« Stoff eines Stammtlschgesoräches. Ein neuer Assessor hatte sein« Antrittsbesuche gemacht und b«i dieser Gelegenheit Dr. Ratlob und seine Frau unter der Linde sitzend angetroffen. „Komische Leute das,* erzählte er abends im Löwen. „Haben da vor dem Hause eine groß« Linde, die ihnen Sonne und Licht nimmt. Ich schlug dem alten Herrn vor, den Baum doch abhauen zu lassen. Da stand Dr. Ratlob auf und sagte wie ein zürnender Priester mit ganz feierlicher Stimme: »Es gibt heilige Baume, di« man nicht abschldgt. Diese Linde hat vierzig Jahre Sonne und Licht, , gegeben, nicht genommen.* „Alte Sache, Ratlob ist immer schon verrückt gewesen,* rief d«r < Rentamtmann dazwischen. »Mein Dat« hat mir schon von der ' Narrheit mit dem Baume erMltl* ! „Wa, ist'« damit?* fragten mehr«« Stimmen. Der Rentamtmann zuckte die Achseln. „Ach wa«, ich weiß e» i nicht mehr. Irgendeine belanglose Geschichte aus alt« Zeit. Wittlich f ganz uninteressant* s Und der Stammtisch wendet« sich, rasch entschlossen, viel «tchtz s tig«en Problemen oer Drgei.wart zu.