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Xi'. 27 1861 Freitag, den 5. Fnli Sächsische Die „Sächsische Elb-Zeitnng" erscheint regelmäßig Freitags und ist durch die Erpcdition in Schandau, sowie durch alle Postanstalten fitr 10 Ngr. vicrtclMrl. zu beziehen. — Inserate nehmen an: Hr. Duchbiudermstr. Broscp in Sebnitz, Hr. Kämmerer Hesse I» Hohnstein u. Hr. Kaufi». Angermann in Königstein, welche man an erwähnten Geschäftsstellen spätestens bis Mittwoch Abend, tn der Erpcdition d. Bl. aber bis Donnerstag früh 9 Uhr abzugebc» bittet. Amts- und Anzetgevlatt für Schandau, Sebuitz und Hohnstein Die Nothwehr des Duells. Die Völkcrduellc — die zwischen den Nationen trotz Elihu Burit pcrcnnirend wiederkehrenden Kriege — tra gen unzweifelhaft zu Zeiten die Berechtigung der Noth wehr in sich, weil, sofern sich nicht etwa in Europa die Cougresse der Großmächte zu Gerichtshöfen aufwcrfen, es an solchen zum proceßualischcn Auötrage der Parthcicn ermangelt oder auch jenen, gleich dem wieder zum Leben reaciivirten Bundestag die Möglichkeit der Erecution ge bricht. Stellt man die Bcbauptung auf, daß dem Duell zwischen zwei einzelnen Personen ebenfalls der Charakter der Nothwehr nicht abgesprocbcn werden könne, so treten, vielleicht mit Ausnahme der- Medizin — die gesammten Facultäten dem dreisten Provocamen gegenüber auf die Mensur. Die Doctoren der Theologie setzen sich auf das neue Testament, ohne jedoch im Falle der Selbstbcthciligung die ungeschlagene Backe zu gleichem Empfängniß darzu- bictcn. Die Doctorcn der Rechte pochen auf ihre Straf gesetzbücher, ohne dabei sich eines schmerzlich-sehnenden Hinblicks auf den verrosteten Schläger im Winkel erweh ren zu könnest. Die in den Docloren der Philosophie wieder erstandenen weil. AlnZistri lidernrum nrtium stemmen sich auf ihre problematische Wissenschaft, welche eben durch das Philosopbircn selbst fcstgestcllt werden soll. Nur die Medizin ä Irr Quickleben in Waller Scotts St. Nonansbrunnen greift leutselig nach ihrem Besteck, um gefälliger Weise hülfrcichc Hand leisten und honoriren lassen zu können. . Welche Facultät auf die Selbstverleugnung des Prinz Napoleon den wesentlichsten Einfluß gehabt habe, ist noch unentschieden. Vor der Hand streiten sich die Fakultäten noch darum, während sein Leibarzt die Charpie ärgerlich in den Camin warf. Die Atheisten behaupten, Se. Kaiser liche Hoheit zweifle an ihrer Unsterblichkeit und nehme deshalb an Gesundheit und Leben ein besonderes Interesse, welches die Staatsmänner in'Bezug auf die Conservation der Raye als ein von höherer Rücksicht gebotenes, be zeichnen. Gleichwohl läßt sich der Sache ohne Schwierigkeit ihre wohlbcgründcte rechtliche Seite abgewinnen. Jeder Staatsbürger steht unter dem Gesetz; der ihm zu leistende Gehorsam ist die Nothwendigkeit, zu welchen ihn sein Verhältnis) zum Staate verpflichtet. Allein der freie Mann begicbt sich der bürgerlichen Gesellschaft gegen über seines natürlichen Rechts auf Selbstvertheidigung'nur unter der Bedingting, daß ihre Statuten ihn auch wirklich gegen alle und jede Ein- und Angriffe nicht allein in Schutz nehmen, sondern diesen Schutz auch wirksam ge währen. Gebricht es an der Realisation Vieser Voraus setzung, so fällt mit ihr auch die Verzicht auf Selbstschutz hinweg. Man wird es für absurd erkennen, Jemand gleich dem Wilden, der nicht Recht und Gesetz kennt, das Recht absprcchen zu wollen, sein Leben oder seine Börse gegen einen Straßenräubcr zn vcrthcivigcn und ihn, seinen ver brecherischen Vorsatz auszuführcn, zu hindern und außer Stand zu setzen. Mittel und Lage, in welcher sich der Angegriffene befindet, werden allemal seinen Widerstand oder seine Unterwerfung bedingen. Es ist Heuchelei sitt lichen und religiösen Gefühls, wenn der Mann, welcher angegriffen wird, gleich an Kraft und zur Vcrlheidigung befähigt, sich der Gewalt oder Ungerechtigkeit deö Dritten unterwirft. Der Quäker schlüpft unter den Deckmantel deö Evangeliums, der Feige hinter die stachliche Hecke des Gesetzes. Ein Angriff auf die Ehre des Mannes ist ganz das selbe. Eine Beleidigung derselben und sei sie noch so un bedeutend, wiegt oft schwerer für die Zukunft, als ein durch einen Wegelagerer erlittenes Unrecht. Der Ersatz dafür liegt außerhalb deö Bereiches der öffentlichen Ge richtsbarkeit, wenn ihn die öffentliche Meinung fordert, eine Großmacht, vor welche sich der Selbstherrscher, wie der Demokrat beugt; der Ersatz steht dann der öffentlichen Gerichtsbarkeit gar nicht mehr zu. Betrifft der Angriff Geld und Leben und eö ermangeln dem Angegriffenen Mittel oder Befähigung der Vcrthei- digung; so übernimmt sie der Richter und hängt den Strolch auf. Hat aber der Angegriffene Mittel und Muth — Eigenthnm, Gesundheit und Leben zu schützen, warum sich in erster Instanz ausrauben, zum Krüppel prügeln oder todschlagen lassen? Wird aber der Mann durch eine Beschimpfung also compromittirt, daß ihm alle Männer von Ehre den Rücken weisen, so scheuern ihn alle Gerichtsprocedurcn, Assisscn und Sprucheollegien nicht wieder blank. Kann man aber ein Gesetz für auf Gerechtigkeit basirt und von Vernunft für gerechtfertigt erachten, welches den Ange griffenen das zu schützen verbietet, was er über das Leben und alle seine Güter stellen muß? Man kann den religiösen Standpunkt mit Recht so lange für unhaltbar erklären, als sich noch eine stämmige Hochwürdigkeit findet, die es sich selbst als keine Sünde