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174 konnte. Der „Publicist" schreibt darüber: Der Platz war vom frühen Nachmittag ab überfüllt und nach Beendigung kleinerer Schlägereien, fingen Reibungen zwischen dem stark vertretenen Militär und Civil an. Es entbrannte bald darauf zwischen beiden Parteien ein heißer Kampf und in diesem machten die Soldaten von ihren Seitengewehren Gebrauch. Die Civilisten bedienten sich als Waffen aller hand Gegenstände, welche ihnen zur Hand waren. Den anwesenden Polizcibcamten war es nicht möglich, die Ruhe hcrzustcllcn. Es wurden die Mannschaften der nächstbe- legcncn Polizeiwachen herbeigcholt. Aber anch diese reich ten nicht aus. Inzwischen haue ein großer Theil des Publikums fliehend den Platz verlassen und die Streitenden waren auf die Straßen gedrungen. Dort trat eine Sperr ung der Passage ein und nach 9 Uhr erschien eine Abteilung berittener Schutzleute, um die Ordnung wicderherzustellcn. Auch ein Militärpiquct erschien auf dem Platz. Es sollen viele und nicht unerhebliche Verwundungen vorgckommcn sein. Ein Theil der Ercedentcn zog von Neugierigen gefolgt, schließlich nach dem Molkcnmarlt und trieb dort durch Schreien und Pfeifen Unfug. In Hamburg trafen neulich 364 Deutsche ein, welche aus Amerika kamen und wieder nach Deutschland zurück« kehrten. Sie sagten aus, daß noch sehr Viele Nachkommen würden. Als man sie nach dem Grunde ihrer Rückkehr fragte, sagten sie übereinstimmend, fast aller Handel und Verkehr und die Arbeiten in den Fabriken stockten, die Männer aber hätten der Gefahr, zum Kriegsdienst genöthigt zu werden, sich durch die Rückwanderung nach Deutschland entziehen wollen. Italien. Turin. Das italienische Heer wird mit dem 1. Juni auf vollen Friedenöfuß gesetzt. Die Deser tionen in der Armee nehmen außerordentlich überhand; am 25. Mai wurden 30 Mann fcstgenommen, die eben über den Mincio gehen wollten. Vermischtes. — Die Kcnntniß der MccrcSticfcn. Bekanntlich ist die Kcnntniß der MecrcStrcsen eins der interessantesten Probleme, welche gegenwärtig die physikalische Geographie beschäftigen. Durch Construction der sinnreichsten Apparate, welche sich in dein Moment, wo sic den Meeresboden berühren, ablöscn und eine weitere Abwickelung der Leine unmöglich machen, ist cS gelun gen, Tiefen uachznwciscn, für welche uns alle sinnliche Vorstell ung mangelt. So maß Capitän Denham im Jahre l852 unter 36° 49' sttdl, Br. und 37° 0,«' wcstl. Länge die ungeheure Tiefe von 7706 Faden (ziemlich genau 43,000 Paris. Fuß), und Lieute nant Parker fand wenig später unter 35° 35, siidl. Dr. und 45° 10' wcstl. Länge in 8300 Faden (circa 48,000 Fuß) Grund. DaS sind Zahlen, welche die Höhen unserer gewaltigsten Bergricscn bei weitem übertreffen. — Im Dome zu Berlin fand vor einigen Tagen die TLauung eines Negers mit einer jungen Berlinerin statt. Ein anderer Neger war Trauzeuge. — In Wien wurden am 22. Mai auf dem Markte die erste« Kirschen verkauft: 5 Stück für 2 Nkr. Am 23. war der Preis bereits nm 20 Procent gefallen; cs wurden nämlich statt 5 Stück deren bereits 6 Stück für 2 Kreuzer abgegeben! — Ucber die schreckliche Katastrophe, welche die am östlichen Abhänge der Anden in der argentinischen Republik belegene, etwa >2—14,000 Einwohner zählende Stadt Mendoza am 20. März d. I. betroffen hat, sind nähere Mitlheilungcn durch Briese und Zeitungen aus Valparaiso eingclaufen, aus denen die „Wcs.-Z." Folgendes entnimmt: Daü Erdbeben fand Abends '/-9 Uhr statt, und nach Dem, was man hier erfahren hat, scheint cs eins der schlimmsten gewesen zu sein, welches jemals vorge- .kommen ist. Die ersten Erschütterungen sind der Art gewesen, daß Niemandem Zeit geblieben war, ins Freie zu flüchten, und alle Einwohner, welche in ihren Wohnungen waren, sind er schlagen oder verschüttet worden. Sämmtlichc Häuser ohne Ausnahme, sowie alle Kirchen sind cingcstürzt und in letzter» sollen viele Menschen verunglückt sein, da gerade während der Zeit des Erdbebens Gottesdienst abgchaltcn wurde. Von 100 Personen, welche im Gefängniß waren, sollen 92, von 132 Nonnen im Kloster 110 umgckommcn und von Geistlichen nur 4 übrig geblieben sein. Man kann sich danach einen Begriff von dem Umfange des Unglücks machen. Die spcciellcn Nach richten lauten immer grauenvoller; anfangs hieß cS, daß von den 12—14,000 Einwohnern etwa zwei Drittel, später drei Viertel und jetzt sicherlich 10—12,000 Menschen umackommen seien, und IctzcrcS scheint leider das Nichtigste zu sein. Ganze Familien sind verschüttet; so z. B. ist Don C. Solar, einer unserer Be kannten, mit seiner ganzen Familie und Gesinde umgckommen, von den Familien zweier Brüder von D. Villanueva sind nur ein kleines Kind und ein Vater übrig geblieben. Anfänglich hielt man hier die Berichte für übertrieben, allein leider scheint sich Alles zu bestätigen und ist kein Zweifel mehr möglich. Der erste Stoß muß sehr plötzlich und zugleich sehr stark gewesen sein, denn die Häuser Mendozas sind alle einstöckig und dabei die Straßen nicht eng zu nennen, sodaß, wenn das Erdbeben nach und nach eingctrcten wäre, jedenfalls Zeit zur Rettung gewesen sein würde. Der Verlust an Menschenleben ist nur dadurch erklärlich, daß der Stoß gleich anfangs so heftig gewesen und Alles hat fallen müssen. In den Zeitungen werden unter den Verunglückten auch zwei deutsche Namen genannt, Bergmann und Schubert, Letzterer ist aber jedenfalls gerettet. Das Elend muß schrecklich gewesen sein, und cS ist kaum möglich, sich einen Begriff davon zu machen; zudem sollen die Gauchos noch plündernd cin- gcbrochcn sein, und Raub und Mord wird die Lage der unglück lichen MendozinoS noch trauriger gemacht haben. — Alte Damen. Madrid scheint die glückliche Stadt zu sein, in der die Damen das höchste Alter erreichen, denn nach dem neuesten EcnsuS gicbt cS dort nicht weniger als 18 Damen, welche das Hundertste Lebensjahr überschritten haben. Eine zählt 117, dlc zweite lll, die dritte 108 Jahre; zwei sind 102 und sechs 101 Jahr alt, während sieben eben ihr hundertstes Jahr vollendet haben. — Krinoline, gefährlich für Handel und Wandel. Daß sie leicht brennen, die Krinolincn, ist bekannt, daß sic aber jetzt auch zum Schmuggeln benutzt werden, ist neu. Vor wenigen Tagen versuchte eine Dame bei der Matzlcindorfcr Linie in Wien ein Spannfcrkel unter dem undurchsuchbarcn Naum ihrer Krinoline cinzuschwärzcn. Zum Unglück riß gerade vor dem Hause der dortigen Finanzwache das Band, an welchem der todtc Frischling hing und dieser kollerte zum Schrecken der Dame und zum nicht geringen Gaudium des Publikums auf die Erde. Natürlich wurde er sofort mit Beschlag belegt. Zöllner-Fond betreffend. ES wird sicher Vielen erfreulich sein, zn vernehmen, daß der Fond zur Unterstützung der Hinterlassenen unscrü Altmeisters des deutschen Mäuncrgesangs Carl Zöllner bereits ein recht günstiges Resultat ergiebt; noch manche große Städte unscrs deutschen Vaterlandes fehlen zwar mit ihren Gaben, werden jedoch sicher nicht Zurückbleiben und den Beispielen der Städte Dresden, Magdeburg, Chemnitz, Wien, Danzig, Straßburg, Liverpool, Ancona, Riga, Bukarest, Hannover, Reval ic. re. folgen und somit die Existenz der Familie sichern helfen. Im Laufe von ein Paar Wochen gingen wiederum bedeutende Beträge ein, als: 100 Thlr. Concert des Orpheus in Boston, 100 Thlr. Concert des deutschen Männelgesang-Vereins in Cincinnalti, Ohio; 25 Thlr. Sammlung unter Deutschen in der Labati-Prairie, Texas; 35 Thlr. Sammlung des deutschen Gesangvereins in Porto Alegro, Brasilien; 122 Thlr. der Comitö für Zöllners Hinterlassene in Lübeck; 500 Thlr. Concert der Liedertafel in Petersburg, welche gleichzeitig nachstehendes Gedicht von Ernst Crahö beifügte. Nachruf an Carl Zöllner. Die Leier ruht, der letzte To» verhallet, Mit Aeolöharfcn klagt es weit im Rannr, Der Chor der Geister zu dem Grabe wallet, Wo Du, o Zöllner, träumest sel'gcn Traum. An Deinen Hügel, Deines Schaffens Grenze, Lehnt bleich und trauernd noch die Muse sich, — Der Meister fehlt, cS fehlt das Lied dem Lenze, Zu cw'gcm Leben »röcht sic wecken Dich; — Doch nein, Du schläfst, — Die Thran im Sängcrkrcisc Wird Dir zu schönster Schltimmcrlicdeö-Wcisc. Der Licdcrkranz, den Du für uns gewunden, Verklärt als Lorbeer, schmücket er Dein Bild, > Und strahlt, o Held, in sanggcweihtm Stunden Entgegen uns als Leuchte und als Schild. —