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Erzgebirgischer Volksfreund : 06.12.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192412064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19241206
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19241206
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-12
- Tag 1924-12-06
-
Monat
1924-12
-
Jahr
1924
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 06.12.1924
- Autor
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Valierrreise. Do« Bergd-irecktor B a r t h > Neustäbtel. (Schluß.) Sardinien. Wenn man schon mal in Rom ist, ist's nach Sardinien nicht mehr weit. Ich besorgte mir also für alle Fälle einige gute Empfehlungen, fuhr von Rom abends nach Litta veechio und schifft« mich dort nach Terra Nova (dem Hafen an der Novdrvestkiiste Sardiniens) ein, das ich am nach, sten Morgen erreichte. Sardinien interessierte mich schon immer wegen seiner wirtschaftlichen Kontraste. Im Süden bei Cagliari wird schon seit Jahrhunderten ein hochentwickelter Blei-, Zink, und SilbeiLerabau betrieben. Dort herrscht also reger Verkehr und stark pulsierendes Leben, während Zentrum und Norden der Insel -um großen Teil in der Zivilisation sehr zurückgeblieben ist. Die Bahn fährt durch breite dünnbesiedelte Landstriche, die offenbar noch nie ein Pflug berührt hat und in denen man nur spärlich einige Schafe und Ziegen weiden sieht. Dabei scheint der Boden keineswegs unfruchtbar und auch Wasser schien's, wenigstens im Mai, fast überall zu geben, denn es grünte allenthalben. Mein Ziel war das Städtchen Alghero, im Nordwesten der Insel, von wo aus ich der unweit davon gelegenen, wenig bekannten Kupfergrube Lalabona (sie existiert erst seit dem Kriege) einen Besuch abstatten wollte. Man durchquert die Insel mit der Bahn in etwa sieben- siündiger Fahrt. Dank meinen vorzüglichen Empfehlungen wurde ich von der Grubenverwaltung Lalabona und von einem sehr einflußreichen und begüterten Wringutsbesitzer aufs gastfreundlichste ausgenommen. Der Letztere erzählte mir viel yom Ex-Großadmiral von Tirpitz, der vor dem Kriege über LOOV Hektar Land bei Alghero angekauft und in Alghero selbst auch ein schönes Haus sein Eigen nannte. Mein freundlicher Gastgeber und Tirpitz hatten sogar eines Frühjahres vier Wochen gemeinsamen Haushalt gehabt, als sie beide noch nicht vollständig eingerichtet waren. Durch den Krieg ist nun auch Tirpitz, wie so viele Reichsdeutsche in anderen Gegenden und Ländern seines gesamten sardinischen Besitzes verlustig ge gangen. Die Kupfergrube Calabona ist Privatbesitz und gehört in der Hauptsache einem Herrn aus Florenz. Da sie erst wenige Jahre im Betrieb ist, ist sie in der Tiefe bisher nicht erschlossen. Der Abbau der Erze wird von einem Stollen aus betrieben, der auch die Grubenwasser ableitet. Die geologischen und mineralischen Aufschlüsse dieses Erzlagers sind insofern von Interesse, als einmal ein mächtiger Quarzporphyritgang mit großer Wahrscheinlichkeit als Erzbringer zu betrachten ist und als ferner ein sonst selten kristallisierendes Kupfermiueral, der Covellin, hier in schönen großen flachtafeligen Kristallen vorkommt, an denen man vorzüglich die Kristallwachstums- erscheinungen beobachten kann. Eines Tages hatte ich unweit vom Molenkopf von Al ghero beinahe ein kleines Abenteuer mit einem Hai. Wegen der schon recht drückenden Hitze, die Anfang Mai herrschte, ließ ich mich von zwei Fischern ein wenig auf die See hinaus- rudern und sprang dort, zu einer kleinen Schwimmpartie ins Wasser. Als ich etwa 50 bis 60 Meter weit vom Boot ent- fernt war, riefen mir plötzlich die Bootsleute zu: „Pescicane" (ein Hai). Ich blickte in die. bezeichnete Richtung und sah etwa 50 Meter von mir die mir von früheren Begegnungen her nicht unbekannte dreieckige Rückenflosse eines anscheinend mittelgroßen Hais. Ls ist unter allen Umständen ein fatales Gefühl, sich fast wehrlos in so gefährlicher Nachbarschaft zu wissen. Nun, ich legte mich auf den Rücken, stieß mich kräftig rückwärts und hidlt auf das Boot zu, das.sich, mir auch im be schleunigtem Tempo näherte. Der Hai hatte mich anscheinend auch bemerkt und kam mir näher. Er war offenbar ein noch wenig erfahrener Kenner von Menschenflvisch, denn sein Näher kommen war keineswegs stürmisch, sondern eher vorsichtig, sich anpirschend, wie man's ja auch bei anderen Raubtieren trifft, die noch wenig Erfahrungen mit Menschen haben. Es war mir übrigens wohl bekannt, daß der Hai, wenn er nach seiner Deute schnappen will, sich infolge der eigenartigen Lage seines Rachens auf den Rücken legen muß. Solange man also die charakteristische Rückenflosse noch sicht, ist die Gefahr nicht un- mittelbar. Ich kam jedenfalls noch rechtzeitig ins Boot, als der Hai etwa 10 bis 20 Meter entfernt davon vorbeistrich. Die Lust zum Schwimmen war mir aber vorläufig vergangen. Am nächsten Morgen wurde ein Hai von reichlich zwei Meter Länge und zwei bis drei Zentner Gewicht in der Nähe des Molenkopfes gefangen; möglich, daß das mein Hai war. Das Ereignis wurde in Berbindung mit einem Abenteuer am Tage vorher eifrig in den Gassen des Städtchens besprochen. Ich ließ mir die mit nadelspitzen, schneeweißen, zollangen Zähnen bewehrten Kiefer hevausschneiden, um sie als Erinnerung mit- zunehmen. Nun liegen sie schön getrocknet ganz harmlos auf meinem Schreibtisch. Ein empfehlenswerter Ausflug von Alghero ist die Nep - tunsgrotte. Sie liegt etwa 12 Kilometer westlich von Alghero nahe dem Cap Caccia. Man gelangt dahin entweder direkt mit Segel- oder Ruderboot, oder, indem man den Landweg nimmt bis Porte Tonte, von wo aus man im Boot in halbstündiger Fahrt nach Cap Caccia übersetzen kann. Mit Rücksicht auf die günstigste Beleuchtung wählt mau zur Besichtigung der Grote am besten die Morgen- oder Abend- stunden. Beim Umfahren des Caps fällt die tiefdunkelblaue Färbung des Wassers auf, in dem es von allerlei Seegetier der seltsamsten Formen wimurelt, während sich in der Luft Scharen von Möven und wilden Tauben tummeln. >- Kilo meter weiter, in einer Vertikalwand, ist der Eingang zur Grotte, der durch einen Spalt gebildet wird und sich nur wenig über dem Meeresniveau befindet, so daß bei hohem Seegang der Zutritt zur Grotte fast unmöglich erscheint. Das Boot, das später dazu dient, den inneren Grottensee zu durchqueren, muß nun von den Schiffern durch den etwa 20 Meter langen Eingang getragen werden. Die Grotte ist zweifellos die interessanteste Sardiniens und es hat sich ein ganzer Legendenkreis um sie gebildet. Der innere See ist von länglicher, unregelmäßiger Gestalt und hat eine Länge von etwa 130 Meter bei 20 bis 30 Meter Breite und 1 bis 10 Meter Tiefe. Die ganze Nordseite des Sees wird von einer Mauer, zum Teil fast meterdicker, 12 bis 18 Meter hoher Stalaktiten und Stalagmiten eingefaßt, und auch die Südseite von Stalaktiten und weißen Kalkfelsen begrenzt. Bei Ker zenlicht vereint sich alles zu einem wundervoll phantastischen Anblick. — Die ganze Küste ist ungemein höhlen- und grotten reich. So hat auch die Isola della Foradada unter anderen eine Grotta der Palombi (Haifischgrotte), in der es von kleinen Haien wimmelt, die man dort leicht mit der Hand fassen kann. — Das Klima Sardiniens gilt während des größeren Teiles des Jahres keineswegs für gesund. Besonders die Sommer- und Herbstmonate sind gefürchtet wegen der Malaria. Für die günstigsten Monate des Jahres gelten April-Mai und Dezember-Januar. In den letzteren Monaten ist Sardinien auch ein Dorado für Jäger. Es gibt außer Hasen und Hüh nern, Füchse, Rehe, Dam- und Schwarzwild. Die Unterkunfts verhältnisse sind außer in dem industriellen Süden primitive. Immerhin kann man nicht über Unsauberkeit klagen. Ueberall an der Küste gibt es gute Fische, vor allem auch Hummern und ein sehr trinkbarer Wein fehlt auch fast nirgends. Die Insel war im Mittelalter catalonische Kolonie. Sprachlich sind daher auch heute noch starke Anklänge an das catalonische und auch an das castillanische wahrzunehmen. Die Bevölkerung lernte ich als bieder und entgegenkommend kennen. Ich wun derte mich über das minutiöse Examen, das der sonst durchaus höfliche Carabiniere in Alghero mit mir anstellte, da es sehr ,im Gegensatz stand zu der großen Liberalität seitens der Be hörden, mit der man im übrigen Italien heüt reisen kann. Als ich schließlich die Herren nannte, an die ich empfohlen war, zeigte er sich sofort befriedigt. Später erfuhr ich, daß man mich vielleicht für einen französischen Spion gehalten hatte, weil ich das Italienische noch nicht fließend beherrschend, notgedrungen viel französisch hatte sprechen müssen. Nordsardinien hat näm lich auf der Insel Santa Madalena eine bedeutende Seefestung zum Schutze gegen das französischerseits sehr stark befestigte Süd-Corsica. Zum Schluß sei in wenigen Worten noch einiger dem Fremden besonders ausfälliger Züge des heute typischen Mch- triegs-Italien gedacht: Sehr angenehm wird empfunden die überall herrschende Ordnung. D:e Züge, neben den offiziellen Staatsbeamten auch von Faschisten kontrolliert, verkehren mit der musterhaften Pünktlichkeit. Bor allem füllt ungemein auf, die individuelle Freiheit, die der Italiener vor dem Deutschen in seinem Lande voraus hat. In Italien darf jeder arbeiten, wann er will. Kein gesetzlicher, gewerkschaftlicher oder sonstiger Zwang verbietet oder unterdrückt den Willen zur Arbeit, zu welcher Tagesstunde, ob Sonn- oder Wochentag es auch sei. Auch ist die Post in den für das Publikum wichtigsten Tages stunden, mittags von 12 bis 3 Uhr, nicht geschlossen. Nun noch einige Worte über den Fas ch i smus. Allent halben im öffentlichen Leben, vor allem in den Eisenbahn» zügen und an den Bahnsperren sicht man die Schwarzhemden in ihrer so charakteristischen Tracht. Pumphosen von phan- tasttscher Weite, schwarzer Stoffgürtel, in denen allerlei Waffen stecken, schwarzes, am Hals hochgeschlossenes Hemd (eine prak tische Farbe für wasserscheue Romanen), schwarze Zipfelmütze mit Quaste. Zwei bis drei Reihen „Auszeichnungen" schmücken die Heldenbrust. Man kann über den Faschismus natürlich sehr verschiedener Meinung sein. Eins jedenfalls ist sichel Er hat Italien vordem Bolschewismus gerettet. Es ist wahr, daß auf sein Konto viele durch nichts zu rechtfer tigende Verbrechen kommen. Aber das ist nur die natürliche Folge der bei keiner großen politischen Bewegung fehlenden zahlreichen zweifelhaften Elemente der Mitläufer. Wo ge hobelt wird, fallen Späne. Der Pendel, der vorher weit nach links ging, schlug als natürliche Reaktion nun zu weit nach rechts aus. Heut mag Mussolini die Worte aus dem „Zauber lehrling" zitieren: „Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los." Allzuviele Nutznießer einer vom Standpunkt der Allge meinheit recht problematischer Arbeitsunwilligenfürsorge haben sich in seinen Scharen eingenistet und das Neformationswerk seines Faschismus, die Aussöhnung mit den Linksparteien und einem heut nicht unbeträchtlichen Teil des argwöhnisch gewordenen Bürgertums wird schwere Arbeit und einen eisernen Besen erfordern. — Die Rechtswelle hat sich schließ lich überkippt. Man darf zu den erprobten staatsmännischen Fähigkeiten Mussolinis (an seinem Kopf fällt auf, das massive, fast brutale Kinn, das den, wenn nötig, harten Willen gewähr leistet) das Vertrauen haben, daß der Puls langsam wieder ein normaler wird. Als von der Regierung stark gefördertes Produkt der Nachkriegszeit ist die Pfadfinderbewegung im heuti gen Italien, eine sehr augenfällige Erscheinung, die bis in die untersten Elementarklassen geht. Eine Art Uniform, be stehend aus gleichfarbigem Sweater, Mütze oder Hut ist typisch. Auf der Schulter befinden sich die Rangabstufungen, Stan darten mit Emblemen: Adler, Römische Wölfin oder der gleichen, werden bei den oft langausgedehnten Märschen nor ausgetragen. Jede größere Gruppe hat chre eigene kleine Musikkapelle. Es wird viel Eifer entwickelt seitens der Jugend, und Behörden und Eltern bringen der Bewegung große Sym pathie entgegen. Freilich solle man sich hüten, diesen für die nordischen Länder sicherlich sehr gesunden Sport allzu sklavisch in den südlichen Ländern zu kopieren. Man denke an die in diesen Breiten schon im späten Frühjahr, vielmehr natürlich noch in den Sommermonaten, sehr empfindlichen Hiße, dazu im Gegensatz zu unseren schattigen Wald- und Wiesenpfaden, die harten staubiaen Wege Italiens und die oft mangelhaften iTrinkwasserverhältnisse. ..n. ' Bei der kaninchenhaften Fruchtbarkeit des italienischen Polkes (10 oder mehr Kinder in einer Familie sind keine Sel tenheit) bildet das Auswanderungsproblem und die Unter bringung der Geburtenüberschüsse vor allem nach Drosselung der nordamerikanischen Einwanderunasziffern für Italien eine schwere Sorge der italienischen Negierung, an deren Lösung sie eifrig arbeitet. Wenn wir erst 20 Jahre miteinander verheiratet sein wer den, sind Sie 44, ein Mann in der Blüte seines Lebens, und ich — eine alte 50jährige Frau mit grauen Haaren. Wollen Sie das einmal erwägen? Es ist meine Pflicht, Sie darauf - hinzuweisen". „Wozu soweit hinausdenken?" fragte er unsicher. F „Und doch müssen Sie, müssen wir beide es", erwiderte sie ernst. „Ich will Ihnen also Zeit zu reiflicher Erwägung geben." „Ich brauche keine", rief er leidenschaftlich. „Ich will st keine. Meine Gefühle für Sie, teure, angebetete Frau, bleiben i- ewig unverändert dieselben." „Um so besser. Um so rascher wird uns die Prüfungs- 4 zett vergehen, auf der ich nun einmal zu meiner inneren Be- T ruhigung bestehen muß", antwortete sie mit sanfter Entschie- E denheit. „Ein Iährlein ich Ihnen dazu verleih, damit ich er- Z probe des Mannes Treu", scherzt« sie munter, ihm die Pille I zu versüßen. „In dieser Zeit werden Sie sich recht ernstlich prüfen, lieber Gebhard, ob ich auch wirklich die recht« Frau j für Sie bin." „Nein — nein — bitte — bitte" — protestierte er, heftig ihre Hände ergreifend und sie küssend. „Ohne Widerrede, lieber Freund", entgegnete sie fest. „Dies ist meinL Bedingung und mein unumstößlicher Wille. . Nicht wahr, Sie werden uns die Sache nicht erschweren und * lieb und gut und vernünftig sein?" 4 „Wenn Sie befehlen", antwortete er niedergeschlagen A seufzend. „Ich muß Ihnen ja doch in allen Stücken gehör- « chen." — L „Ja, das sollen,Sie, zu Ihrem eigenen Besten, Geb- hard", sagte sie froh, „und nun hören Sie weiter, was ich zu stt Ihrem Tröste in dieser schrecklichen Prüfungszeit beschlossen. L Sie haben die Begünstigung, so oft Sie wollen, bei mir zu sein. Ist Besuch da, so verkehren wir in strengen, gesellschaft- lichen Formen, wie bisher. Kmn Mensch, außer Dr. Wilhelmy, - darf unsere Beziehungen ahnen. Besonders mein Anwalt f Seehagen nicht. Er ist Ihnen nicht grün — weil — nun weil er in Ihnen einen Nebenbuhler wittert, denn, beiläufig gesagt, ist auch er mein stiller Anbeter." „Ein unverschämter, ein unerlaubter Anbeter", rief Seb- ' hard purpurrot vor Zorn aus. „Das weiß ich ja, das weiß F ich. Rasend hat mich dieser Mensch oft gemacht vor wütender Eifersucht." Elisabeth lächelte. ,La, di« Liebe hat Argusaugen", sagt« si« scherzend. „Dr. - Wilhelmy muß uns übrigens einen feierlichen Schwur ab- legen, unser Geheimnis nichts« verraten", fuhr sie fort. K „Sagen Sie ibm das." „Das wiro er — das wird er, und ich — ich füg« mich in alles, was Sie bestimmen, da ich ja nun weiß, baß ich, und -nicht jener Mensch, der Beneidenswerte, der Bevorzugte bin, Aber — Frau Elisabeth, wenn das lange, lange Prüfungs jahr vorüber ist — dann — dann —" rief er mit strahlen den Augen, „dann —" „Treten wir als glückliches Paar vor dem Altar, ver steht sich." Er neigte sich in glühender Dankbarkeit auf ihre Hände, indessen ein anmutiges Schelmengrübchen ihr Gesicht über flog. „Und dann gehen Sie, lieber Gebhard", sagte sie sreund- lich, „damit man nicht darauf aufmerksam wird, Sie so lange zur Geschäftszeit bei mir zu sehen. Sie wissen, wir müssen unser Geheimnis vor aller Welt ängstlich hüten." Herzlich drückte sie ihm die Hand, indes er die ihren mit heißen Küssen bedeckte. „Auf Wiedersehen, teure, geliebte Eli —" „Frau Elisabeth", verbesserte sie lächelnd. „Das andere reservieren wir uns für später — auf bal- dieges Wiedersehen, mein Freund." Wie ein Trunkener taumelte er hinaus. Er mußte sich sammeln, fassen. Ueberwältigend und widerspruchsvoll wa ren die Empfindungen und Eindrücke dieser Stunde. So über alle Erwartung gütig war sie gewesen, gütiger, als er in seinen kühnsten Träumen zu hoffen gewagt. Seltsam, wie Ehrfurcht, Verehrung für diese Frau sich mit feuriger, leiden schaftlicher Liebe mischten. Wie lange ihm gebangt vor dieser Stunde, und nun war er aller Angst, aller Furcht los und le dig. Gott sei Dank. Wie von einem langen, schweren Druck befreit, atmete er auf. Aber doch — so recht selig, so voller Wonnen wie ein beglückter, erhörter Liebender konnte er sich eigentlich nicht fühlen. Warum nicht? Woran lag das? Er hatte sich das alles so anders gedacht. Ihre Ruhe, ihre kühle Ueberlegung hatten seinem wilden Sturm und Drang hemmende Zügel angelegt. Auf seine hochaufwallende Ge fühle. war ein starker Dämpfer gesetzt, sein siedendes Blut war merklich abgekühlt worden. Ihr allzu gesetztes Erwägen, wo er unbedenkliche, weibliche, liebende Hingebung, der seinen gleiche, romantische Liebe erwartete, da sie doch erhörte, hatten auf ihn wie ein kräftiges Brausepulver gewirkt. Er wußte nicht recht, sollte er glücklich sein oder — betrübt? * Am Nachmittag fuhr Elisabeth zum Bahnhof, um ihre Schwester Wally abzuholen. Sie hatte diese seit fast Jahres frist nicht gesehen und war nur, als der Zug in die Halle ein- lief, völlig überrascht von der förmlich strahlend gewordenen Lieblichkeit und Frische des jungen, blühenden Gesichtchens, das da aus dem Kupeefenster schaute und, sie erblickend, voll impulsiven Entzückens mit Mund und Hand ihr zujubelt«. „Da bin ich, da bin ich, mein« treueste Elisabeth", rief da« junge, muntere Geschöpf hinausspringend, kaum, daß der Zug hielt, und sie mit herzlichen Küssen fast erstickend. „Nun wollen wir unser Möglichstes tun, das arme, trübe Kind tüch tig aufzuheitern, Leben in die Bude bringen, damit es wieder fröhlich wird. Aber", plauderte sie weiter, angenehm über rascht in das lachende, von der Freude stark gerötete Gesicht der Schwester schauend, „du siehst mir gar nicht so trübselig aus, wie ich dachte. Wer hat mir denn schon vorgearbeitet? Da bleibt mir ja nur wenig zu tun übrig." „Sorge nur nicht, Wally", sagte Elisabeth, etwas tiefer noch errötend, lachend, „der Schein trügt, du wirst schon noch deine liebe Not haben und Arbeit genug. Ich brauche dich dringend nötig, Kind, wie einen Bissen Brot, sage ich dir. Davon später — aber nun, wo hast du deinen Gepäckschein? Hier ist Karl, die Sachen in Empfang zu nehmen." Im Wagen erkundigte sich Elisabeth nach der Tante und allen Bekannten in Fürstenburg, und die entfesselten Schlcu- sen der Erzählung und Antworten des jungen, lebhaften Mädchens versiegten keinen Augenblick. * Als Gebhard am Abend von seinem Büro in seine Woh- nung ging, traf er auf dem Korridor seines Stockwerks mit dem kleinen Erwin zusammen, der mit seinem Kindcrfräulein vom Spaziergang heimkehrte. Freudig lief das Kind auf ihn zu, und Gebhard nahm ihn an der Hand wie oft schon, mit hinein. Das fröhliche Sümmchen des Kleinen hallte durch den Flur und wurde wohl auch drunten im Souterrain vernommen, in dem Elisabeth in Wirtschaftsangelegenheiten oft zu weilen pflegte, denn plötzlich tönte es lustig von unten herauf: „Erwin, Erwin. Komm doch mal rasch herunter." „Runter, runter, Onkel", drängte dieser sofort. Da das Fräulein, den Kleinen in guter Obhüt wissend, inzwischen hinaufgegangen war, die mitgebrachten Pakete ab zulegen, schickte Gebhard sich gehorsam an, das Kind, das eif- rig danach verlangte, dem Rufe Folge zu leisten, die Treppe hinunter, zu führen. Di« Türen der schönen, geräumigen, herrschaftlichen Küche standen bei der milden Frühlingsluft weit auf und es bot sich kn derselben dem erstaunten Gebhard ein so unerwartet reiz voller Anblick dar, daß er, äußerst betroffen im Schatten des Ganges verharrend, den Knaben allein vorangehen ließ. In großer, weißer Latzschürze, die Kleiderärmel bis über den Ellbogen von den vollen, rosigen Armen gestreift, stand dort eine junge Dame, eifrig mit dem Nudelholz den vor ihr auf dem Tische befindlichen Teig ausrollend. (Fortsetzung folgt). zM- /Uoe-NssiMLsssr -WH erkalten 81s Ke!: Krla« L Lv-, Drogerie, Hu«, blarkt S. unä /UV. ttavaevsr, parkUmerle, Hu«, kaknkolstraüo; iv Tovnovvvrg bei: »«vlvorn 4 vo-, OreU-Drogette
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