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Erzgebirgischer Volksfreund : 29.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192410297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19241029
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19241029
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-10
- Tag 1924-10-29
-
Monat
1924-10
-
Jahr
1924
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 29.10.1924
- Autor
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M. «4. «. MkoLer 1SS4. Erzgebirgiscyer DoMssreano. verlas T. M. GLttner, Aut. VeiblÄil Do« 4. Mai -um 7. Dezember. Lon -ana Arthur Kemnitz, Kots. Gesandter z. D. So finnLos der zweite Wahlkampf des Jahves 1924 vielen erscheinen mag, so wivd doch anidevevsetts die Auflösung von weiten Kreisen als Erlösung empfunden werden, als Erlösung aus einem wochenlang«» Hin und Her von saft- und kraftlosen Verhandlungen, die teils aus offener Bühne, teil» hinter den Kulissen von einer Regierung geführt wurden, die feGst nicht wußte, was sie wollte. Ich glaube, daß nichts geeigneter ist, als diese ewigen Dauerkrisen, um diesem uns so wHensfvem- den parlamentarischen System die letzten Sympathien zu rauben. Um was handelt es sich? Bereits am 4. Mai hat das deutsche DM seinen Willen deutlich zum Ausdruck gebracht. Eh hat fiir jeden, der hören wollte, klar gezeigt, daß es die Politik der großen Koalition satt hat, daß es den sozialdemo kratischen Einfluß auch in Gestalt der stillen Teilhaberschaft ausgescholtet und daß es den Block aller staatsbürgerlichen Par teien gebildet sehen will. Diese Stimme des Volkes hat die Regierung absichtlich überhört und so das Dolt um den Wahl- ausfall betrogen. Aber auch die bürgerlichen Mittelparteien trogen ihr voll gerüttelt Maß von Schuld an dieser Entwick lung. Hatte die Deutsche Volkspartei im Mai dieses Jahres mit derselben Energie, die sie, gewitzigt durch böse Erfahrungen, jetzt entwickelt hat, die Bildung der „Großen Rechten" be- trssben, so wäre sie damals zustande gekommen. Usber Zen trum und Demokraten ist kein Dort zu verlieren. Das Zen- trum machte auch in der letzten Krisis seine Beteiligung von der Unteristützung der Demokraten abhängig, und diese er- kläÄen, auch in Zukunft die Trabanten der Sozialdemokraten blechen zu wollen. Die Quittung wird ihr völliger Zusammen bruch sein, der jetzt schon, noch vor Eintritt in den Wichlkampf, begonnen hat. Schlimm nur, daß dies Häuflein noch einmal das Zünglein an der Wage bilden konnte. ES ist wörtlich ein- getroffsn, was ich im letzten Wahlkampf voraussagte: Die Schwächung der alten nationalen Parteien durch die National sozialistische Freiheitspartei wird di« Demokraten von neuem zum ausschlaggebenden Faktor bei der Regierungsbildung machen. Was hat die Regierung bewogen, der Stimme des Volkes im Frühjahr kein Gchör zu schenken? Sie wollte die Entwick- lung nach rechts verhindern, und sie sand das Mittel dazu, in dem sie die Lösung des sogenannten Reparationsproblvms in den Vordergrund stellte und die Aufmerksamkeit von der not- wendigen Umgestaltung unserer inneren Verhältnisse ablenkte. Sie tat es, obwohl bei einigem guten Willen auch aus außen politischem Gebiete eine Einigunq mit den Deutschnvtionalen möglich gewesen wäre. Auch sie erklärten das Dawesgutachten für «ine geeignete Derhandlungsgvundlage, doch wünschten sie eben durch diese Verhandlungen Verbesserungen des Gutachtens zu erreichen und zugleich dis bekannten Ehren- und sonstigen politischen FraGen, die darin nicht behandelt sind, in befriedi gender Weise zu lösen. Wäre ihrem Wunsche entsprochen und wären sie schon im Mai in die Regierung einbezogen worden, f» wäre das Ergebnis von London nicht so kläglich ausgefallen. Einen Wechsel, der auch das Akzept der Deutschnationalen Dolkspartei und der hinter ihr stehenden Wirtschaftskreise getragen hätte, würde das Ausland ganz anders honoriert haben. Damit ist die ungeheure Berant- Wartung der Regierung, die ,-da» große Werk" allein voll» bringen wollte, klar gekennzeichnet. Daß die Deutschnattonalen dem Fiasko von London ab» lehnend gegvnübevstchen mußten, ist selbstverständlich. Wär« nicht kurz vor der entscheidenden Abstimmung Uber das Eisen- dahngesetz da» Angebot der Dolkspartei erfolgt, so hätte sich an dieser ablehnenden Holtum auch nichts geändert. Da aber versprach die Dolkspartei, im Falle der Annahme der Londoner Vereinbarung durch die Doutschnationalen deren Einbeziehung in die Regierung, entsprechend ihrer Stärke und Bedeutung, mit ollen Mitteln heribeizuführen. Damit war für di« Deutsch- nationale Dolkspartei eine neue Lage geschaffen, und sie konnte und mußte nunmehr wählen Mischen Festhalten an dem bis herigen Standpunkt und der Aussicht, die Regierung zu be- fettigen und selbst mit zur Macht zu gelangen. Ein Teil der Fraktion ging unbeugsamen Willens den ersteren Wog, der andere hiät trotz fortgesetzter innerer Ablehnung des Werks von London den letzteren au» taktischen Gründen für geboten und verhalf dem Eisenbahngosetz zur Annahme. Das Wut- geschrei der Linken zeigte, wie sehr man dort ein« andere Ent- wicklung gewünscht hatte. Man hatte gehofft, die verhaßte nationale Opposition auf ungünstigem GÄände zum Kampf zu stellen und so das Wahlergebnis vom 4. Mai endgültig aus der Welt zu schaffen. In der Tat war bas Schlachtfeld für die Rechte nicht günstig. Di« Regierung hatte es verstanden, durch die Hoffnung auf ausländischen Kredit alles zu hypnotisieren, und so wie im Herbst 1918 unser Volk durch den Droihunger zermürbt war, so war jetzt sein« Widerstandskraft durch den Kredithunger gebrochen. So hielt es die Hälfte der Fraktion für besser, die Mitverantwortung fiir die Annahme zu über nehmen und dadurch zugleich die Möglichkeit zu gewinnen, end- lich den staatsbürgerliche« Block zu schaffen, Lie Macht mit in die Hand zu nehmen und so auch auf die Ausführung der un erfüllbaren Londoner Vereinbarung maßgebenden Einfluß zu gewinnen. Der Block soll die nrüglichst vollständige Zusammenfassung aller staatsbürgerlichen, aller derjenigen Parteien schaffen, die nicht marxistisch international und klassenkämpferisch, sondern christlich sozial und national eingestellt sind, und in deren Rethen für alle Berufsstände, insbesondere fiir den Arbeiter, Platz ist, der in meinen Augen ebensogut Bürger ist wie jeder andere Deutsche. Diesen Block und mit ihm die Befreiung von der Sozialdemokratie, gilt es nun noch einmal zu erkämpfen, und wenn er erkämpft ist, so wird es ein« seiner vornehmsten Aufgaben sein, nicht sozialistisch, wohl aber sozial zu regieren. Auch der Preußische Landtag soll am 7. Dezember neu ge wählt werden. Das fit mit Freuden zu begrüßen, denn dann wird es auch dem naivsten Gemüt klar werden, daß wir nun an dem entscheidenden Wendepunkt unserer inneren Entwicklung seit der Revolution ongelangt sind, dem Punkt, wo mit Mittel wegen und Halbheiten nichts mehr anzufangen ist, wo sich die Geister scheiden, wo Farbe bekannt werden muß, wo die Ent- 'cheidung fällt, ob der Weg nach rechts ober nach links führen oll, wo bas deutsche Volk Mischen schwarz-weiß-rot und 'chwavz-rot-aold. Mischen national und international, Mischen nationaler Selbstbehauptung und Pazifismus, zwischen Wehr- haftmachung und Ohnmacht, zwischen Ehre und Schmach, zwischen Christentum und Materialismus, Mischen Genesung unserer Wirtschaft und marxistischen Experimenten, Mischen Erhaltung von Bevufsboamtentum und Mittelstand und ihrer Vernichtung entscheiden soll. Ich zweifle nicht einen Augen- blick daran, daß der wiederevwachte gesunde Sinn unseres Dolles das Richtige treffen wivd. Die hochgeschwollene natio nale Well« wird alle» hinweyspülen, was sich ihr entgogenstellts sie wird Len Weg freimachen zu einem großen, mächtigen; einigen Vaterland. Der Veiler -er deutschen Wolgarepublik über ihren Zustand. Die Moskauer „Iswestija" haben eine Enquete üb« die Verhältnisse in den Mißsrntegebieten angestellt. Ueber diq deutsche Wolgarepublik berichtet der Genosse W. A, Kurtz, der Vorsitzende des Rates der Volkskommissare dieser Republik folgendes: Die Deutsche Republik nimmt ein« Fläch« von SH Mill. Deßjatin gleich 24 OSS Qu.-Werst ein. (1 .Werft gleich 1,138 km). Auf Ackerland entfallen Ich Mill. DeßjatiM. Die Saatfläche des Jahres 1924 umfaßt bloß 85 Prozent der Dorkriegsfläche und der Druttoernteertrag an Getreide ergibt für dieses Jahr bloß 2ProzentderBruttoernte de« Jahres 1910. Fügt man hinzu, daß die Zahl des Groß, viehs auf 32 Prozent des Vorkriegsstandes zusammenge- schmolzen ist und daß über die Hälfte der Bauernwirtschaften (54 Prozent) keine Pferde haben, so erhält man ein krasse« Bild des jammervollen Zustandes der Wirtschaften der deut- schen Kolonisten. Leider hält sich Kurtz nur flüchtig beim Zu- stand dieser Verhältnisse auf und kommt dann darauf zu spre chen, was zur Hilfe in der fürchterlichen Not unternommen worden ist. An erster Stelle behandelt er hierbei die Regie- rungsmaßnahmen. Die Kommission des Rates der Volkskom missare zum Kampf gegen die Mißernte unter Vorsitz NykowS hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Der Bedarf an Saatkorn zur Aussaat der Winterung ist voll gedeckt worden« Eine Einschränkung der Saatfläche für Winterroggen wird iq diesem Jahr nicht stattfinden. Dabei ist das Saatkorn recht zeitig gekommen und die Aussaat unter günstigen Witterungs verhaltnissen vorgenommen worden. Ferner sind Meliorations arbeiten eingerichtet worden, an denen 6000 der ärmsten! Bauern beteiligt sind, und es sind die Mittel zur Kinderernäh rung bewilligt und Kredit zur Erhaltung des Viehs eröffnet worden. Kurtz nennt leider keinerlei Zahlen. Wie wir abeq aus anderen Quellen wissen, stehen die bewilligten Mittel ist keinem Verhältnis zur Not. Des weiteren geht W. Kurtz auf die Maßnahmen der deut schen Kolonisten selber ein. Hier wird als erstes die nach dem Hungerjahr 1921/22 zu Beginn des Jahres 1923 gegründet« „Deutsche Wolga-Dank für landwirtschaftlichen Kredit" er wähnt. Sie hat den Zweck, durch Gewährung planmäßiges langfristiger Kredite den Dauern die Beschaffung von leben dem und totem Inventar zu ermöglichen. Der Dank wurde das Recht für ausländische Operationen gewährt. Sie hat ihr« Beziehungen (insbesondere zu Deutschland) ausgenutzt und hier die „Wirtschaftsstelle der Wolgadeutschen" gegründet. Ein« große vorbereitende Arbeit zur Bewerkstelligung einer Anleihe in Amerika in Höhe von 2 Mill. Dollar ist geleistet. Der Der, treter der Wolgadeutschen in Nordamerika hat Anleiheobligatio nen erhalten, um sie bei den deutschen Kolonisten in Amerika unterzubringen. Me Anleihe ist auf fünf Jahre mit 5 Prozent Zinsen angelegt. Zur Deckung der Zinsen hat die Deutschs Wolgarepublik von der Regierung der russischen Föderativen Republik eine Konzession auf 100 000 Deßjatin Land mit dem Recht der Weitergabe an Subkonzessionäre erhalten. Hier von sind 25 000 Deßjatin an die bekannte Deutsch-russische Agrarkonzessions^Sesellschaft (Druak) auf die Dauer von SS Die ungleichen Sonnen. Originalroman von Leonore Pany. (Nachdruck verboten.) (32. Korssthung.) Mit zitternder HanL warf Melianto Las verräterische Matt MS Feuer. Welch« Unvorsichtigkeit von Strathausen, ihr noch mals zu schreiben! Nur ein zwingender Grund könnt« ihn ver anlassen, sie um ein Zusammentreffen außerhalb der Stadt zu bitten. Sollte sie ihm willfahren? Stahl ging hsute wieder in seinen Kegelklub und kam vor stoben Uhr nicht heim. Er kümmert« sich auch nicht um ihre Ausgänge, seitdem sie eine Grenze zwischen sich und ihm ge zogen, und der Wog, den Strathausen bezeichnet, zählte zu ihren gewohnten Spaziergängen. Nur mit Müh« vermochte sie während Les Mittagseffens ihre Aufregung zu verbergen. Stahl schien es heute ausnahms- ewise mit seinem Vergnügen nicht eilig zu haben. Die Uhr schlug die vierte Stunde, und er saß immer noch losend im Schaukelstuhl. Endlich ging er. Wie im Fieber kleidete Melanto sich an. Der Schleier ver- > deckte dis Totenblässe ihres Gesichts, und als sie di« Stadt hin ter sich hatte und die Tauber entlang eilte, blieben auch die quälend forschenden Blicke der ihr Begegnenden zurück. Die Kirschbäume standen im Brautkleid da, und ein wunderbar feiner Dust schwang in der leise abwärts steigenden Frühlings- sonne. Sie sah nichts davon. Ihr« Hände, welche sonst nicht genug an Mühendem fassen konnten, blieben heute leer. Je näher sie dem vereinbarten Punkte kam, desto schwerer wurde ihr Schritt. Wie ein schleppender Mantel hing sich die Furcht vor dem, was sie tat, an ihre Sohlen. Und nun tauchte aus der Ferne das braune Mühlenbach auf. Man hörte das drehende Rad arbeiten und das sanfte Anschlägen des Wassers. Dor dem großen Tor, welches den Hof abschloß, lehnte ein Mann in grauem Mantel. Melanto warf einen Blick auf ihn und tastete mit einem gellenden Aufschrei nach ihrer Brust. Nicht Strathausen war es, welcher dort, ihrer wartend, stand, sondern ... Und jetzt bowsgte sich die Gestalt ihr entgegen. Mit weit ausgebreitetm Armen stürzte sie davon ... Erst al» sie wieder in den Bereich der Stadt gelangte, mäßigte sie ihren Schritt. Wo sollte sie hin? Der Abend nahte, sie konnte nicht auf der Straße verweilen ... Ls gab nichts anderes für sie, als kn ihr Gefängnis zurückzukehrvn, heute wenigstens noch! Das morgen sein würde, das entschied wohl die nächste Stunde ... Taumelnd klomm sie die Treppe empor und wollte in ihr Zimmer. Es war versperrt. Stahl hatte einen kürzeren Weg eingefchlagen und war vor ihr angekommen. Ruhig, mit ver- schränkten Armen, stand er im Erkerzimmer und sah der Ein tretenden, in deren Blick alle Lichter des Entsetzens spielten, mit spöttischem Lächeln entgegen. „Du hast es mir leicht gemacht," sagte er eisig. Sie riß Len Mantel ob und sank halb ohnmächtig Mf den nächsten Stuhl. „Du ... du ... in ein« Fall« locktest du mich! Der Mann die eigene Frau ... Fühlst du nicht di« Schmach, mit der du dich beladen . . „Wir wollen die Drohung lieber dorthin richten, wohin sie gehört! Strathausen also ist es, dem ich das merkwürdige Ge- baren meiner Frau verdanke! Der Mann wivd noch heute von mir hören!" „Was willst du tun?" „Davon später. Antworte mir: wie weit List du mit ihm?" „Ich schweige!" „Das ist sehr unklug von dir, denn ich kann daraus Lie allerletzten Folgen ziehen." Zitternd fuhr sie empor. „Ich schwöre dir, daß ich mich noch nie allein mit Strat hausen traf! Der Brief führte mich irre!" Irgendwann und irgendwo müßt Ihr euch aber doch ge- einigt haben?" „Als er im Sterben lag, ging ich zu ihm." „Und da rettete ihm die Freude darüber das Leben? Ja, so etwas kommt vor. Was geschah weiter? Sprich! Ich be fehle es dir!" „Strathausen kam einmal, als du nicht da warst und schlug mir vor, er wolle meine Freiheit von dir erbitten." „Und?" „Ich erklärte ihm, dies wäre ein vergebliches Bemühen." Stahl lächelte hohnvoll. „Ich freue mich, daß du mich so genau kennst. Sein Eigen- tum muß man zu verteidigen wissen." „Auch jetzt noch, wo du mich verabscheust und verachtest?" „Auch jetzt noch, ja!" „Und" — sie sprang auf und wich mit einem Ausdruck des Grauens vor ihm zurück — Menn ich dir nun sage, daß dis gemeine Art, mit der du mich wie einen Verbrecher in die Falle locktest, auch das letzte Nestchen Gefühl für Lich in mir ertötest, Laß ich entschlossen bin, mich mit meinem Leben vor jeder Berührung zu verteidigen ..." „Sei unbesorgt! Der in seiner Ehre getroffene Mann scheut aus eigenem die Berührung mit der Frau, welche seinen Namen besudelt!" ,So gib mich frei! Das wäre Edelmut!" „Dem Verbrechen gegenüber eine schlechte Taktik. Aber der Worte sind es jetzt genug. Wir wollen zum Schluß kommen. Hier ist Papier und Tinte. Es tut mir leid, daß ich Stvat- Hausens Nachtruhe stören muß, aber der Grund ist einleuchtend. Setze Lich Herl Nun? Du hörst doch?" Wie unter einem hypnotischen Befehl gehorchte sie. „Ich soll an Strathausen schreiben? Was denn?" „Was ich diktieren werde." „Und wenn ich mich weigere?" „Dann stelle ich deinen Liebsten öffentlich an den Pronger. Ich denke, du überlegst nicht lange. Mso: Geehrter Herr! Ich ersuche Sie, unser Hau» nie wieder zu betreten und unverzüglich Ihre Versetzung zu bewerkstelligen. Die» im Auftrage meine» Manne» sowie in meinem eigenen Namen. Mit Achtung! Q Melanto Stahl. Mechanisch, von dem eisernen Willen gelenkt, der ihr im Nacken saß, schrieb Melanto bi« Zeilen hin. Stahl nahm ihr den Brief aus der Hand und schob ihn in einen Umschlag. „Wir wollen die Post erst gar nicht bemühen. Ein Diener tut es <.uch, Und die Zustellung erfolgt so rascher." Unfähig, zu erwidern, schaute sie zu, wie er sich zum Aus gehen fertig machte. Nun klappte die Tür . . . nun mußte er unten aus dem Hause treten . .. Sie sprang ans Fenster. Den fürchterliche Bote verschwand soeben an der Straßenecke. Ver steinert, mit trockenen Augen, stierte sie ihm nach . ., Frau Professor Göttler saß mit einer offenen Brieftasche auf den Knieen dem Ehepaare Stahl gegenüber und blättert« ein paar rote Zettel ans Licht. „Nicht wahr, Sie tun mir die Liebe und kommen? Meine! Bekannten haben krankheitshalber im letzten Moment abgesagt und nun stehe ich mit den Mei schönen Orchestersitzen da. Es wäre doch jammerschade, sie verfallen zu lassen. Nebenbei be merkt ist heute großes Abschiedsprogramm im Zirkus. Ich wette, Ihre Frau interessiert sich dafür." Der Amtsrichter warf seiner Frau einen unbeschreiblichen. Blick zu. „Für Gaukler . . . o, gewiß! Ich sage für uns beide be stimmt zu." „Es ist reizend von Ihnen! Ich wollte auch Doktor Strat hausen zum Mltkommen animieren, er lehnte jedoch ab. Man sicht ihn seit einer Woche fast nicht mehr. Was ist nur mit ihm?"! „Er wivd zu tun haben. Meines Wissens beschäftigt « sich mit den Vorbereitungen zu seiner UebevsiMung." „Wie, schon wieder? Er ist doch kaum warm geworden hier?" „An Gründen fehlt es ihm wohl nicht. Nochmals meinen! besten Dank für ihre freundliche Aufforderung. Der Mensch muß von Zeit zu Zeit auch ein Vergnügen haben." Er geleitet« Frau Göttler zur Tür und kehrte bann inst Zimmer zurück, wo er mit verschränkten Armen vor Melanto stehen blieb. „Man darf die Gelegenheit, sich dem Volke im Glanz« seine« Ehrbarkeit zu zeigen, nicht versäumen. Das schön« Bild evsetzh zuweilen schöne Wirklichkeit. Erfreuen wir uns daran!" Sie ließ seinen Hohn unbeantwortet. Ein« grauenvoll«. Dumpfheit war in ihrem Gehirn seit jenem schrecklichen Abend, da sie unter ihres Mannes zwingender Gewalt den entscheiden den Brief geschrieben. Und es war still geblieben darnach« Strathausen hatte nickt mehr versucht, sich khr zu nähern, chr auf heimliche Art ein Zeichen seiner Liebe zuzustellen. Sie was allein mit ihrem ra'enden Schmerze . . . allein in dem Kerker beschämendster Demütigung. Der Widerspruch in ihrem Munhq war gebrochen. Sie hätte sich mit einer häuUichen Szene, wie st« sich fast täglich abspielte, von dem Besuche des Zirkus frei machen können, aber sie wünscht« es nicht einmal. Ueber alle« menschlichen Weh schwang der Narr sein« Schellenkappe, und st« sehnte sich förmlich nach dem Sachen, da« wie ein haarfcharfLU Messer in offene Wunden schnitt, nach den plumpen Scherz«^ welche die Heiterkeit des Pöbel» gebären. Im Chaos versinke» .., in einem Trubel untevgehen, der mit ihren Gedanken nichtq gemein hatte... wie Rettung erschien es ihr. (Fortsetzung folgt- '
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