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Erzgebirgischer Volksfreund : 11.09.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192409115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19240911
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19240911
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-09
- Tag 1924-09-11
-
Monat
1924-09
-
Jahr
1924
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 11.09.1924
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Speyer, 9. September. Der vom französischen Bezirks delegierten über Lauterecken verhängte Belagerungs» zusta nd ist aufgehoben mobben. Aue, 10. September. Die Evangelisationsver^ sammlungen in der Nikolaikirche zichen von Tag zu Tag mehr an. Gestern Mend war die Kirche bis auf den letzte« Platz besetzt. Pfarrer Ad. Müller behandelte nach wiederum von ihm geblasenem Gebetslied das Thema: Im Gespräch mit dem Vater. Man spürte es dem Redner an, wie auch er mit Zunahme des Zulaufes wärmer wurde und aus seinem tiefsten Innern schöpfte. Anknüpfend an Luk. 11,1 zeigte er zunächst den betenden Jesus. Für ihn war die Zwiesprache mit seinem Vater etwas ganz Selbstverständliches. Denn er kannte und liebte den Vater. Unbegreiflich, daß ungezählte, die Christen sein wollen, nicht beten, nicht beten können. Jesus betete den noch zu besonderen Zeiten. Er betete frei, aber auch jahrhun- derte alte Gebete der Psalmen. Sein Gebet war ein Nehmen des Vaters und Sich-ihm-hingeben, Sich-opfern.für die Mensch heit. Nur bei Jesus lernt man beten. Im Namen Jesu beten, heißt: auf seine Aufforderung hin vor Gott treten, so reden mit Gott, daß Jesus Amen darauf sagen kann, und gewiß sein der Erhörung. Jesus weist die betenden Seinen nicht in die Vereinzelung, sondern in die Gebetsgemeinschaft. Nur daß da die Beter eins sein müssen in dem, worum sie bitten. (Matth 18,19). Rechten Betern wird immer Erhörung, wenn auch oft anders als sie denken, immer aber bessere. Mit der Auf forderung zu neuer Treue oder endlichem Anfänge des Gebets- lebens schloß der Evangelisationsvortrag. Gin Gebetslied, vom Posaunenchor geblasen, folgte. Mit Gebet, Segen und Ge meindegesang schloß die geistesgewaltige Stunde. Heute abend spricht Pfr. Ad. Müller über die wahre Internationale. Gr muß die Evangelisation leider schon an: Donnerstag abend schließen, da ihn ein Trauerfall im allernächsten Bekannten- kreise am Freitag nach Dresden ruft. In den Bibelstunden am Nachmittag behandelt er Worte Jesu von seinem Tod. Aue, 10. September, Die Bevatungsstunden der Beruf s- beratungsstelle beim öffentlichen Arbeitsnachweis fin den diese Woche ausnahmsweise bereits am Donnerstag, nach, mittags von 5 bis 6 Uhr statt. Die nächsten Bevatungsstunden werden wieder regelmäßig am Freitag, nachmittags von 4 bis 6 Uhr, abgehalten. tHZeklamefachmann mit reicher Erkaürung aus dem Ge- M, diele der Reklame übernimmt sämtliche Aufgaben des Werbe« wtsms für Industrie und Fiaudel. Emwurse für Plakat. Inserat. Packung, Schub- markem Schrill, Illuslralio», Anstellungen. Schaufensterüekorationen usw. Kans Weitz, Eibenstock. Mitglied d. Derb. «Deutscher Reklamefachleule". Wieder deutsche Zustizhoheit im Westen. Berlin, 9. September. Die „Vossische Zeitung" meldet aus Köln: Das französische Militärkommando in Düssellwrf hat durch «ine Bekanntmachung die seinerzeitige Verordnung auf. gehoben, wonach gerichtliche Verfolgung wegen politischer Der- gehen durch die deutsche Behörde erst einer Genehmigung seitens der Besatzungsbehövde bedurfte. Damit ist dem Sepa ratismus ein starker Riegel vorgeschoben. Ein« ungesühnte franzöfische Greueltat. Vor einiger Zeit wurde eine Frau in Remagen plötzlich vermißt. Sie war in einem Hotel als Aufwaschfrau angestellt und mußte, um nach Hause zu gelangen, über die Ludendorff, brücke, welche zwischen Remagen und Erpel über den Rhein führt. Die nach der Frau angestellten Nachforschungen führ- ten zunächst zu keinem Ergebnis, bis man es bei den Franzosen durchsetzte, daß« auch ein Kohlenschuppen, welcher sich unter der Brücke befindet, untersucht werden durfte. Dabei fand man die über 50 Jahre alte Frau, inbestialischerWeise von den schwarzen Franzosen zugerichtet, tot vor. Mehr als 12 Wochen sind seit dieser Greueltat verflossen, noch immer ist auch kein Ton über eine etwa geschehene Sühne an die Angehörigen oder an die Oeffentlichkeit gelangt. Das einzige, was geschah, war, daß die braunen Franzosen eine Zeit lang durch weiße abgelöst wurden, jetzt sind aber bereits wieder farbige Vertreter der Trikolore auf der Brücke. Diese Greueltat wird wahrschein- lich, wie so viele im besetzten Gebiet, ungesühnt bleiben. Mise wirksam ^Nimpsen zu können. Hr. Spears Wink aber nicht mit den Tatsachen zu rechnen, wie sie augenblicklich liegen, denn sonst hätte er auch nicht in seinem Plane sorge- sehen, daß di« Dölkerbundstruppen für ewig im Rheinland« bleiben sollen. Di« Londoner Konferenz hat den Beweis er- bracht, daß man Deutschland wieder als gleichberechtigtes Glied betrachtet,' was Spear» vorschlägt, kann man höchstens von Deutschland erpressen. Die Verwirklichung dieses Planes auf dem Wege der Gewalt würde ober nicht den Frieden am Rhein bedeuten, fordern da» gerade Gegenteil. Denn Frank, reich wird eine solche Zone dazu mißbrauchen, um in ihr Un- ruhen nach den: Diuster der Separatistenbewegung zu stiften und sich dadurch Gelegenheit zu schaffen, da» „entmilitarisierte" und evtl, auch „neutralisierte""Rheinland in seine Tasche zu stecken. Dieser Plan Spears scheint aber durch die Londoner Konferenz und ihre Ergebnisse in das Stadium der Undurch- fühvbarkeit geraten zu sein. Doch verdroß es Vattel nicht wenig, daß bei solchen Reden die Mutter ihn oft mit fragenden Augen anblickte. Dann stieg man ins Bett. Früh weckte Vattel die Fa milie. War die Frau zur Arbeit und die Kinderschar zur Schule gegangen, legte er sich rasch noch einmal in die warmen Kissen und dehnte und streckte sich recht behaglich. Nun wohnte in seinem Hause ein Maschinenschlosser, der war nach der Schließung der Fabrik nach dem nahen Grenz bahnhof gefahren, der noch im Bau war, und verdiente dort ein gut Stück Geld. Als er von Battels Arbeitslosigkeit hörte, schrieb er seiner Frau, der Kartoffelschäler möge ihm doch an die Grenze folgen; hier würden Männer seines Faches ge braucht; Verdienst werde er leicht finden. Die Reise an die Grenze gab reichlichen Gesprächsstoff. Vattel entwarf märchenhafte Bilder von polnischen Wolfs jagden. Nur störte es ihn, daß seine Frau den Plan stark unterstützte. Eines Tages erklärte sie, das Geld für die Reise habe sie nun gespart; er könne am nächsten Montag abfahren. Vattel wurde weiß wie Kalk, als er den Abschied so nahe vor Augen sah. Wollte er aber sein Ansehen bei den Kindern nicht verlieren,konnte er nicht mehr zurück. Am Montag früh stand die ganze Familie am Bahnhof». Die Kinder weinten, die Mutter steckte Vattel noch etwas Geld und zehn Zigarren zu. Am gerührtesten war Vattel selbst, der einen Kober mit Brot, Fett und Wurst in einer Ecke der vierten Klasse verstaut hatte. Er versprach den Kindern Spielsachen, der Frau ein schönes Kleid. Sein rotes Schnupf- tüchlein flatterte bei der Abfahrt des Zuges, solange er noch einen Zipfel von den Seinigen erblickte. Nur vier Stationen hatte er zu fahren. Als er ausstieg, blieb ihm vor Verwunderung der Mund offen stehen. Ein riesiges Feld menschlicher Arbeit dehnte sich vor seinen er- staunten Micken aus. Ueberall mühten sich fleißige Menschen, Hügel abzutragen oder Dämme zu errichten. Riesige Erd bagger Überragten die schaffenden Menschlein wie Elefanten das Gewimmel hastender Ameisen. Stolz erhob sich ein mäch tiger Wasserturm, eine breite Straße führte von der Halte stelle zum neuen Gvenzbahnhofe. Zu beiden Seiten des We ges schufen geschickte Maurer eine Siedlung; schon warteten freundliche Häuser auf künftige Bewohner. Masten wurden errichtet und Rohre gelegt, um die neue Kolonie mit Elektri zität und Wasser zu versorgen. Dieser Rhythmus eifriger Arbeit, der heilige Ernst in den Gesichtern der schaffenden Männer behagten Dattel wenig. Ja, hiese strenge Pflichterfüllung mißfiel ihm,o«vad«u. Besah er Dattel. Ein Zeitbild von Hans M a rkwar t. Vater hatte ihn noch niemand genannt, weder die Frau noch die Kinder. Aber Vattel, das paßte zu ihm. Denn ihn 'zierten ein gutes Herz und ein butterweiches Gemüt. Jetzt saß Vattel auf dem wackligen roten Plüschsopha und schälte Kartoffeln. Das tat er jeden Vor- und Nachmittag. Auch auf den Herd setzte er sie, so fleißig war er. Die Frau wusch indes bei besseren Leuten Wäsche und kam abends müde heim. Die älteren Kinder bettelten auf den umliegenden Dör fern, die jüngeren „rafften" Kohlen auf dem Güterbahnhofe. Auch die Kartoffeln, die Vattel schälte, waren im letzten Herbst gerafft".. Dattel lächelte, dachte er daran, wie sie alle für ihn schäften, Frau und Kinder. Was konnte er dafür, daß die Fabrik, in der er bisher tätig war, plötzlich ihren Betrieb einstellte? Er hätte ja in einer änderen Stadt Arbeit suchen können, aber von den lie ben Kinderlein wollte er sich nicht trennen. Dazu hatte er eben ein viel zu weiches Herz. So saß er arbeitslos in der dämmerigen Stube und schälte Kartoffeln. Allmählich kehrten die Kinder heim. Erst kamen die jüngeren; mit ihnen fütterte Vattel die Kaninchen. Reichte er dem alten Bock sein Futter, trat ihm eine Träne ins Auge. Er wußte selbst nicht, ob aus Trauer oder aus Freude. Der Bock sollte in vier Wochen geschlachtet werden. Bald folgten die älteren Kinder. Nun begann ein Aus- breiten der erbettelten Gaben und ein Abschätzen ihres Wer« tes. Iulchen war die pfiffigste, sie hatte am meisten geham stert. Das gute Kind! Es hatte viel von Dattels Geist geerbt. Kam die Muttev heim, schämte sich Vattel ein bißchen. Sie war müde von der Arbeit und brachte das Geld mit, von dem die ganz« Familie lebte. Für Dattel hatte sie stets noch einige Zigarren in der Tasche. Das war der Lohn für sein sorgsames Kartoffelschälen. , . , Am schönsten war es abends, nach Tisch. Dann sag Dattel wieder aus dem Plüschsopha und die .Kinder um ihn herum. Und dann erzählte Vattel. Das verstand er glänzend. Er war weit in der Welt herumgekommen, und das Geschick hatte ihn mit reicher Phantasie begabt. Auch schimpfen konnte Dattel ganz prächtig, besonders auf di« reichen Nichtstuer, die mit festen Hamtzerbacken ungerührt oondn^RstMM^ de»'..« -««aten. In einigen Flußniederungen sind ein Teil der Feldfrüchte unN das Grummet auf den Wiesen durch Hochwasser vernichtet, auch; sind wiederum durch Hagelschlag vereinzelt Schäden an dem Halmfrüchten verursacht worden. Die Mäuse naben sich sehy vermehrt; ebenso wivd über Schäden durch Hamster und Enger linge hie und da Klage geführt. Dom Hafer ist evst «in T«iv geerntet. Durch Körnerausfall und Auswuchs entstehen bev dieser Frucht erhebliche Verluste. Im Gebirge ist der Hafer in»« folge der naßkalten Witterung noch nicht allenthalben aus gereist; auch steht anderwärts noch Hafer auf dem Halm, der der Nässe wegen nicht abgemacht werden konnte. Für die Ent wicklung der Kartoffeln und Rüden waren die Nieder schläge noch von Nutzen. Für erstere hat es aber nunmehv genug geregnet, denn das Kartoffelkraut fängt an, abzusterbew und bei den Knollen zeigt sich Fäulnis. Die Knollen der Kar toffeln und Rüben sind stellenweise von Engerlingen ange fressen. Der Stoppelklee hat sich bei der Nässe im allge- meinen gut entwickelt und auch t ,s Griinfutter, das an Stelle des schlecht bestandenen zweiten Schnittes Klee gesät worden ist, wird dem Grünfuttermangel etwas abhelfen. Die G rum - meternte leidet ebenfalls unter der unbeständigen Witte rung. Ein Teil des abgemähten Futters ist dem Verderben nahe. Berlin, 9. SeptenOer. Nach einer Meldung der „Feit" stattete General Allen. Ler ehemalige Oberbefehlshaber der amerikanischen Besatzungstruppen, dem Staatssekretär Frhr. von Maltzan als Vertreter Les Außenministers einen längeren Besuch ab. Moskau, 9. September. Wie die Russ. Telegr.-Ag. meldet, ist das auf Erschießung lautende Urteil gegen die 24 OrganisatorenderBandenüberfälleinGeor- gien, darunter Mitglieder des Zentralkomitees und des aus ländischen Bureaus der Menschewiki, v oll st r eckt worden. Oerttiche Angelegenheiten. * Saatsnstand Anfang September. Die Witterungsver- hältniffe waren im Monat August für das Abernten der noch außenstehenden Halmfrüchte die Lenkbar ungünstigsten. Seit Lem 14. August hat es fast täglich geregnet, und die wenig schönen Tage reichten nicht aus, bas durch heftige Gewitter güsse stark gelagerte und von Unkraut überwucherte Getreide trocken zu bringen. Es befindet sich noch ein ganzes Teil Weizen, Ger st e undHafer auf dem Felde, und selbst Ler Roggen ist in höheren Lagen noch nicht voll ständig geerntet. Die Erntearbeiten verzögern sich durch die andauernden Mederschläge ungemein und Las Getreide fängt an, auszuwachsen, wodurch erhebliche Körnerverluste entstehen. sich eine arbeitende Gruppe, so flogen ihm Spottworte an den Kopf; überall war er im Wege. Schließlich landete er in der Kantine. Hier fand er knei pende Gesellen. Da er ihnen Brot und Wurst anbot, wurden sie redselig. Sie hatten ihre Stellen aufgegeben, schimpften auf die Verwaltung, schalten auf die Vorarbeiter und warn« ten Vattel, hier Arbeit anzunehmen. Eifrig tranken sie ihns zu. 1 Am nächsten Morgen erwachte Vattel in einer ihm unbe« kannten Baracke. Er hatte einen Kater, ein schlechtes Ge-i wissen, keine Uhr und kein Geld mehr. Ernstlich überlegte er/ ob er sich in den nächsten Fluß stürzen solle. Da die Gegend wasserarm ist, gab er diesen Plan wieder auf. Dafür fing er an, bitterlich zu schluchzen. So fand ihn ein Landjäger. Der merkte bald, daß Vattel kein Landstreicher oder Betrüger sei, und erfuhr des Geprellten Geschichte. s „Dann wird es wohl das Beste sein", meinte er, „wenn Sie wieder nachhause fahren. Dort sind Sie besser am Platz« als hier in der Kolonie." „Das wird wohl sein", entgegnete Vattel und schluchzt« noch immer. Er folgte dem Landjäger zur Wartestelle und er-j hielt dort eine Fahrkarte in seine Heimatstadt. Bald trug ihn ein Zug von dannen. ' ' , Nachmittags war Dattel wieder daheim. Etwas Leklom^ men schlich er nachhause und fand zum Glück die . Wohnstuben«' tür nur angelehnt. Niemand war im Zimmer. Nur ein« Schüssel Kartoffeln stand einsam auf dem Tische. Da setzte sich! Dattel wieder auf das wacklige rote Plüschsopha und schälte sie säuberlich, immer eine um die andere. , So trafen ihn die abends heimkehrenden Kinder und ju^ betten, daß er wieder zuhause war. Die Frau sah ihn eigen an; doch meinte sie schließlich: „Na, 's ist gut, daß Du wieder da bist, Dattel." Von dem neuen Kleide und den Spielsachen war kein« Rede. Zu den Abenderzählungen hatte sich ein neuer Pro grammpunkt gesellt, die Reise in die Grenzkolonie. Doch da« von erzählte Dattel an: liebsten, wenn er mit den Kindern allein war. Daß ihn die Frau des Maschinenschlossers ein jämmer« -liches Faultier schimpfte, ertrug er mit männlicher Gelassen- Heit und verspeiste am nächsten Sonntage mit viel Freude und ohne jeden Gewiflensbiß das größte Stück von dem zur Fei« seiner Heimkehr geschlachteten Kaninchenbock. - HK SutmNNarlsleNttrg -es Rheinlande». Don Wilhelm S i« b « r 1-Berlin. Da» von Frankreich so ost aufgerollte Sicherheit-Problem st «in« nicht mehr neu« Frage. Eine ausgedehnt« internatio- »,«l« Debatte Uber diesen Punkt ist schon seit Jahren im Longe. Vorschläge und Gegenvvrschliig« wechseln bauernd miteinander ab. Den ersten greifbaren Vorschlag macht« ein französischer Geneval, der erklärte, man müsse das Rheinland „neutrali sieren" und es bann den: Völkerbund unterstellen. Auf diese Weise würde sich das Probten, der französischen Sicherheit am leichtesten lösen lassen. Mit diesem Projekt fand er aber in England wenig Anklang, das dahinter eine verschleierte Annexion des Rheinlandes durch Frankreich witterte. Dann tauchte eines Tages Ler englische General Spears mit einem Plane auf, nach dem das Rheinland „entmilitarisiert" und unter di« Aufsicht einer Dölkerbundsgendarmerie gestellt wer den sott. Dieser Plan, mit dem er während des Höhepunktes Les passiven Widerstandes hervorkam und der durch Lie eng lische Negierung in gewisser Hinsicht unterstützt wurde, fand in Deutschland eine verhältnismäßig gute Aufnahme, glaubten doch danmls viele Kreis«, eine Völkerbundsgendarmerie wäre schließlich doch dem Terror französischer und belgischer Truppen vorzuziehen. Die groß« internationale Debatte flaute dann längere Zeit hindurch ab, nur hin und wieder kam man bei Behandlung des Sicherheitsproblems auf den Spearsschen Plan zu sprechen, dem besonders Macdonald ein reges Interesse «ntgegenbvachte. Angesichts der 30. Tagung des Völkerbundes hat sich nun der genannte englische Geneval, der sich allmählich zu einen, Spe- -kälisten auf diesem Gebiete entwickelt«, seinen Plan erweitert und durchgearbeitet. Der Inhalt ist kurz folgender: Deutsch- land entmilitarisiert eine 50 Kilometerzone, Frankreich eine solche von 10 Kilometern. Der Völkerbund übernimmt die Kon trolle des Nheinlandes, der Kontrollkommission werden sechs Bataillone, bestehend aus Soldaten der verschiedensten Staaten, zur Verfügung gestellt. Betritt die eine oder andere Macht Liese Aon« mit militärischen Streitkräften, so hat sie die Schuld an dem Konflikt und ist vom Völkerbund zu verurteilen. In einem solchen Falle haben Lie Völkerbundstruppen Lie Aufgabe, die von ihnen überwachten Kunststraßen und Brücken zu sprengen. In einer längeren Begründung seines neuen Projektes gesteht Hr. Spears schließlich auch noch den Franzosen zu, daß es für Frankreich nur einen Kampf an der Nheingrenze geben könne. E» wäre eigentlich müßig, sich mit diesem Projekt eines pensionierten englischen Offiziers zu beschäftigen, der in stillen Stunden hohe Politik macht. Da aber sein Plan schon in weitesten Kreisen der internationalen Pazifisten, vor allem ober bei Macdonald selbst «in« freudige Aufnahme gefunden hat, und diese sich lediglich durch das Wörtchen Entmilitarisierung" des Nheinlandes täuschen lassen, muß man Loch auf dieses Thema eingehen. Es wäre gar nicht so unangenehm, wenn es tat sächlich gelingen würde, das Rheinland zu entmilitarisieren, also Lie fremden Truppen hinauszukomplimentieren. Aber da- mit werden die Franzosen nicht einverstanden sein. Wenn der Völkerbund die Kontrolle des Rheinlandes übernimmt, dann möchten sie gerne ihren maßgebenden Einfluß geltend machen, wie das z. B. in Lem vom Völkerbund verwalteten Saargebiet der Fäll ist, da» heute nichts anderes als eine französische Provinz ist. Aber wenn dieser Fall auch tatsächlich eintveteu würde, so wie er von Spears gewünscht wird, was sollen dann Li« sechs Bataillone in der „entmilitarisierten" Zone? Und wenn inan von Deutschland ein« Kilometerzone verlangt, so darf man ein« gleichgroße wohl auch von Frankreich verlangen. Es scheint uns, als ob Hr. Spears sich derart in seine Pläne verrannt hat, daß er heut« schon gar nicht mehr weiß, welche These er ursprünglich verfochten hat. Die Dinge liegen für Deutschland doch gegenwärtig so, daß «s selbst arrf Jahre hinaus durch den Friedensvertrag ver- pflichtet ist, in, Rheinland« keine Truppen zu unterhalten. Dieses Recht ist dafür auf Frankreich übergegangen. Sollte aber nun tatsächlich der Völkerbund sich mit dieser Frage be- schäftigen, dann hat er mit Deutschland, als ungebundenem Partner, einen Vertrag abzuschließen. Ein solcher Vertrag könnte überhaupt nur erst in Erwägung gezogen werden, wenn Deutschland nicht nur im Völkerbund selbst, sondern auch im Dölkerbundsvat Sitz und Stimme erhält, um französische Ein-
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