Suche löschen...
Erzgebirgischer Volksfreund : 29.07.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192407298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19240729
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19240729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-07
- Tag 1924-07-29
-
Monat
1924-07
-
Jahr
1924
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 29.07.1924
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
' «gMMgM.-jMKMM WaKEMzü schW^Md' diö erwähnten Mißstände zu beseitigen. Nach dieser Verordnung, die allen dem Ministenum unterstellten Behörden, als Kreis- und Amtshauptmannschaften, Polizeipräsidenten und Stadt- räten zugegangen ist, darf die Genehmigung nur erteilt wer- den -um Ausspielen von Eßwaren und von geringwertigen gläsernen, zinnernen, blechernen, irdenen und ähnlichen Wa- ren. Die Genehmigung ist zu versagen, wo die Ausspielung dem regelmäßigen, zuverlässigen Warenverkauf Abbruch tun würde. Dem Ministerium ist, wie es in der Verordnung heißt, zur Kenntnis gekommen, daß in verschiedenen Orten die Ge- nehmigung zu Glücksspielen weit Liber die vorbezeichnete Grenze hinaus erteilt worden ist, es weise deshalb darauf hin, daß die Genehmigung nur in dem angeführten Umfange erteilt wer- den darf. * Erleichterung im Rentenbezug. Die Rentenbeträge der Invaliden, und Hinterbliebenenversiche- rung werden Empfängern, die im Landbestellbezirk wohnen, durch den Briefträger ins Haus gebracht, wenn die Rentner wegen ihres körperlichen Zustandes, insbesondere wegen Atters, Krankheit oder anderer Gebrechen — in besonderen Fällen auch ausnahmsweise aus anderen Gründen, z. B. > Wartung und Pflege dritter Personen — die Beträge nicht , selbst bei der Post abheben oder durch Familienangehörige ioder andere zuverlässige Personen abheben lassen können. Diese Erleichterung ist nunmehr auch auf Rentenempfänger iim Ortsbestellbezirk, also auf alle Empfänger von Renten aus der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung ausge- chehnt worden. Rentenempfänger, die die Zahlung ihrer Mentenbeträge durch den Briefträger wünschen, haben dies schriftlich oder mündlich bei der Postanstalt, die'die Aus- Höhlung vornimmt, unter Angabe der Gründe zu beantragen 'und eine von der Orts- oder Polizeibehörde ausgestellte Be- scheinigung über die Richtigkeit ihrer Begründung vorzulegen. * Wiedersehens- und Gedächtnisfeier der ehemaligen 105er. Die Stadt Werdau hatte am Sonnabend reichen Flaggen schmuck angelegt. Neben den sächsischen und städtischen Far- den hatten die Bewohner der Hauptstraßen und der Plätze ihre Häuser mit den Fahnen schwarz-weiß-rot geschmückt. Mit Trompetenklang und Paukenschlägen kam die Kapelle des 2. Batl. des sächsischen Reichswehr-Infanterie-Regiments Nr. 11 an und mit ihr viele ehemalige 105er aus den verschiedensten .Orten Sachsens, auch aus Aue. Eine gewaltige Menge füllte 'die Festhalle auf dem Schützenplatz, die für den Begrllßungs- abend bestimmt war. Der Vorsteher des Vereins 105/106 in Werdau, Kamerad Donath, brachte zahlreiche Telegramme zur Verlesung, worauf Exz. Gen.-Lt. a. D. von Eriegern, Dresden, der einige Jahre Kommandeur des Regiments 105 in Straßburg war, eine von vaterländischem Geiste getragene Rede hielt. Dieser Festansprache folgten Worte vom Diri genten der Reichswehr-Kapelle Musikmeister K. Giltsch, fer ner von Vertretern der Vereine in Meerane, Hohenstein-Ernst thal, Plauen, Mittweida, und eines Durchreisenden, dessen Heimat Elsaß-Lothringen ist. Sehr stimmungsvoll gestaltete sich die Gedächtnisfeier am Sonntag vormittag. An die 8000 Personen umsäumten den Platz des Gedächtnisses, in dessen Mitte das im Vorjahr errichtete Ehrenmal der 105er steht. Die Gedächtnisrede hielt das Ehrenmitglied des Werdauer Ver eins, Pfarrer Größel, die gedämpften Klänge „Ich hatt' einen Kameraden" waren zu vernehmen, und dann sprach Gen.-Lt. a. D. Hammer, Dresden, sowie andere Redner. * Für ehemalige 177er im oberen Erzgebirge! Der Mili tärverein ehemaliger 177er, die Vereinigung der Offiziere des ehemaligen 12. Infanterie-Regiments Nr. 177 und die Vereini gung .Ehemalige Unteroffiziere der I 77er" in Dresden haben sich 1920 korporativ vereinigt und bilden seitdem zusammen den „177er-Dank". Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, all jährlich am ersten Sonntag des Septembers zum Gedenken an die Gefechte bei Lenharre und Vermanovillers eine Meder- sehens- und gleichzeitig für die gefallenen, gestorbenen und ver mißten Kameraden eine Gedächtnisfeier in Dresden abzuhalten. Außerdem gibt der 177er-Dank Anregungen, auch durch die Ortsgruppen und Bezirksleitungen an anderen Tagen und Orten Sachsens kameradschaftliche Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Der 177er-Dank ist auch bemüht, in Not geratene KäMraden bzw. MR^HinKMIebeM,' soMit bis Mittel reichen', zu unterstützen. Es bestehen schon in anderen Städten Orts- gruppen und nun soll auch in Zwönitz «ine solche für das obere Erzgebirge gebildet werden. Zu diesem Zwecke treffen sich Sonntag, den 3. August 1924, 2 Uhr nachmittags, die ehern. 177er des gesamten oberen Erzgebirges im Bahnhofsrestaurant in Zwönitz. Alle «hem. 177er-Aktive wie Feldzugsteilnehmer werden hierzu eingeladen und sind herzlich willkommen. Näheres durch E. Neubert-Zwönitz am Bahnhof. * 189er Regimentstag. Der Regimentstag ehemaliger 139er findet auf Beschluß des Landesverband«» der Militärver eine ehemaliger 139er am 2. und 3. August in Döbeln, der alten Garnison, statt. Damit verbunden wird am 3. August die Ueberreichung des Heldenbuches aller gefallenen Kame raden und dessen Einlegung in den Grundstein des Ehrenmals, di« Uebergade des Ehrenmales an die Stadt und die Weihe der Fahne des Militärvereins ehemaliger 139er zu Döbeln. An- fragen und Anmeldungen werden erbeten an Kamerad Schmieder, Döbeln, Burgsttaße 25. * Die OessentNche Leben-Versicherungsanstalt der Spar- kaffen im Freistaat Sachsen hat ihren in der am 27. Mai statt- gefundenen Verbandsversammlung verabschiedeten Jahres- bericht veröffentlicht; dieser liegt zur Einsichtnahme bei allen Spar- und Girokassen aus. Es ergibt sich aus dem Bericht, daß die Anstalt die Inflationskrise gut überstanden hat und mit erheblichen Vermögenswerten in das neue Geschäftsjahr eintreten konnte. Sie verdankt dies der rechtzeitigen Ein führung wertbeständiger Versicherungen; seit geraumer Zeit legt sie ihren Versicherungen ausschließlich Feingoldberechnung zugrunde. Auskünfte wolle man unverbindlich und kostenlos bei den Spar- und Girokaffen einholen. * Klub der Landwirte. Am 25. Juli 1924 fand in Aue eine Versammlung des Klubs der Landwirte statt. Zur Beratung standen: Wahl des Gesamtvorstandes, Angelegen- heilen der landwirtschaftlichen Schule, Iagdpachtsteuer, All- gemeine Steuerangelegenheiten, Landwirtschaftsrat Ebersbach hielt einen interessanten Dorttag Uber DUngungssragen. Die Wahlen ergaben folgendes: 1. Vorfitzender Karl Neubert, Gutsbesitzer, Raschau; 2. Vorsitzender Stadtrat Günther, Guts besitzer, Aue; Schriftführer Georg Groß, Aue; Stellvertreter Rechtsanwalt Beckstein, Schwarzenberg; Kassierer Ritterguts pächter Hugo Weitzer, Schwarzenberg. Die Zahl der drei Aus schußmitglieder ist auf 6 erhöht worden und zwar wurden neu gewählt: Landwirtschaftsdirektor Blank, Aue; Gutsbesitzer Weigel, Raschau; Gutsbesitzer Mehlhorn, Niederschlema. Wie dergewählt wurden: Gutsbesitzer Roßner, Griesbach; Guts besitzer Hübner, Niederaffalter; Gutsbesitzer Barth, Lauter. ' Das Ende der Freiberger Hauptbergschule. Bezugneh mend auf die Notiz im ,/E. V." über die Einstellung der Frei berger Hauptbergschule erhalten wir folgende ergän- zende Bemerkungen hierzu: Die Freiberger Hauptbergschule wurde gegründet im Jahre 1777 vom Kammerherrn und Berg- Hauptmann von Heynitz, Erbherr auf Möltitz. Der erste Unterricht erstreckte sich auf Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen, zu dem sich später der Unterricht im geometrischen Zeichnen und den Anfängen der Bergbaukunde gesellte. Be zeichnend ist dieser Lehrplan deafür, wie wnig Ansprüche man an die Vorbildung der damaligen Schüler stellte. Dies hat sich im Laufe der Jahrzehnte geändert. Vergleicht man hiermit den Lehrplan der letzten Jahr, so ergibt sich der gewaltige Fort schritt und der Aufschwung und die Bedeutung, welchen die Anstalt eingenommen hat. Unterrichtet wurde in den letzten Jahren in: Deutscher Sprache Arithmetik, Freihandzeichnen, Mineralogie, Geometrie und Trigonometrie, Darstellender Geometrie, Physik, Bergbaukunde, Geologie, Buchführung, Markscheidekunde, Maschinen- und Bauzeichnen, Bergrecht und Arbeiterversicherungswesen, Feste Hilfe bei Unglücksfällen, All gemeine Maschinenlehre, Elektrotechnik, Mechanik. Die Haupt- bergschule zu Freiberg bildete ihre Schüler zu Unterbeamten für alle Zweige des Erz- und Stein- und Brennkohlenberg baues, des Kali- und Salzbergbaues, für Schieferbrüche und Kalkbergwerke usw. aus. Freiberger Bergschüler sind in allen Gegenden Deutschlans zu treffen, durch die Auswirkungen des Krieges aber wenig mehr im Auslande. Durch die Stillegung des Freiberger Erzbergbaues wurde der Freiberger Dergschule M AMtliHK MvrMMNLiN MMWl, vrmrv« musmwURg der Bergschüler auf der Dergschule ging Hand in Hand mit der praktischen Ausbildung auf den Gruben. Da es nun tn einem Lande wie Sachsen, wenn auch der Erzbergbau sehr zurück«« gangen ist, mit seinem Reichtum an Stein- und Braunkohlen und anderen bergmännisch wichtigen Mineralien unbedingt nötig ist, daß neben akademisch gebildeten Oberbeamten Unter« beamte in genügender Zahl ausgebildet werden, so ist di« Zwickauer Hauptbergschule so erweitert und etnge« richtet worden, daß sie diesem Verlangen im weitesten Maße Rechnung tragen wird. Am 12. Juli wurden nun die letzten 14 Schüler der Anstalt geprüft und in feierlicher Weise ent lassen. Zu di-ier Schlußfeier der Freiberger Dergschule waren aus allen e egenden Deutschlands die ehemaligen Schüler nach Freiberg gekommen, um von ihrer Bildungsstätte Abschied zu nehmen und im Kr«ise einstiger Freund« und Kollegen einige Stunden frohen Beisammenseins zu genießen. Aus dem reichhaltigen Festprogramm seien nur erwähnt die Aufführung des Bergmannsgrußes von DSring-Annacker im Tivoli durch den Bürgersingverein Liedertafel und der Festzug nach dem Donats-Friedhof zur Schmückung des Ehrenmals für gefallene Bergschüler und der Gräber verstorbener Bergschullehrer und der Festgottesdienst im alten ehrwürdigen Dom, ein Denkmal aus Freibergs Silberreichtum und Bergherrlichkeit. Mit dem Schluß der Freiberger Hauptbergschule ist wiederum ein Stück voir Freibergs Bergwesen dahingegangen, aber vielen Teil nehmern werden die Stunden in Freibergs Mauern eine zwar wehmütige aber auch angenehme Erinnerung sein. B. K. * Die neuen Bestimmungen über Drucksache«. I« Publikum ist anscheinend noch wenig bekannt, daß die Be stimmungen über die mit der Post zu versendenden Druck«' fachen des Jnlandsverkehrs vom Reichspostministerium in Berlin nach Zustimmung des Verwaltun^rats der Deutschen Reichspost vom 1. Juni ab geändert worden sind. Es würde zu weit führen, diese neuen Vorschriften nebst dazu gehörenden Ausführungsbestimmungen an dieser Stelle ein« zeln darzulegen. Zur Vermeidung von Weiterungen und Schädigungen der Absender wird empfohlen, in Zweifelsfällen darüber, in welchem Umfange bei Drucksachen handschriftlich«! Vermerke, denen mit Schreibmaschine hergestellte gleichzu achten sind, hinzugefügt werden dürfen, oder in welchen Fäl len verschiedene Vervielfältigungsverfahren in ein und der selben Drucksache angewandt werden können, bei den Post anstalten Auskunft einzuholen. * Totale Mondfinsternis. Am 14. August wird in Mit teleuropa der vollständige Verlauf einer Mondfinsternis zu be obachten sein. Für unsere Breitenlage geht der Mond an dem genannten Tage gegen 7 Uhr abends auf. Die Verfinste rung beginnt gegen ><8 Uhr, die totale Mondfinsternis tritt gegen >49 Uhr ein. Gewerkschaftliches. I Am 26. Juli trat in Wien der Kongreß des Inter nationalen Metallarbeiter. Bundes zusammen.» Der Bund ist die zahlenmäßig stärkste der internationalen Berufsorganisationen. Er zählt 2 753 000 Mitglieder, die sich auf 21 Länder verteilen. Mehr als die Hälfte der Mitgliedschaft stellt der Deutsche Metallarbeiterverband, dem in weitem Ab stand der Oesterveichische Verband mit 150 000 und der Bel gische mit 120 000 Mitglieder folgen. Der britische Teil des Bundes umfaßt 18 Organisationen mit etwa 450 000 Ange hörigen. Von den Verbänden Nordamerikas gehört dem Burch« nur die Vereinigung der Maschinenbauer mit 98 000 Mitglie dern an. Es hat nicht an Bemühungen gefehlt, noch mehr von den 21 nordamerikanischen Verbänden, die 380 000 Mitglieder haben mögen, zum Anschluß an die Internationale zu bewegen« Nennenswerter Erfolg ist nicht zu verzeichnen. Der Metall arbeiterbund hat im letzten Jahre einen Mitgliederrück gang von 348 000 zu verzeichnen. BolksbibliothÄ Schneeberg L geöffnet Sonnabend «ckends 8—9 Uhr.^ ^'7!^" Dnseklenfressen-e Pflanzen. Don Regierungs- und Baurat L e k v e - Hildesheim. Bei einem Spaziergang durch das sonnige Moor fällt mir ein rötlicher Fleck auf dem dunklen Grunde auf. Aha, denke ich, da treibt ein kleiner Räuber sein Unwesen. Ich gehe an den Fleck heran, um mich zu überzeugen, daß ich mich nicht irre. Richtig, es ist eine Kolonie Sonnentau, eine der in Deutschland vorkommenden insektenfressenden Pflanzen. Ich hebe eine der Pflanzen heraus und freue mich an ihrem zier lichen Bau: eine grundständige Dlatttosette, aus deren Mitte sich ein etwa 15 Zentimeter hoher, dünner Schaft mit kleinen, weißen Blüten erhebt. Letztere bieten nichts Besonderes, um so auffallender sind die Blätter: ein gestieltes, rundes, gelb grünes Blättchen, mit einem Kranz roter Haare umschlossen. An jedem dieser, am Ende verdickten Haare sitzt ein Tropfen einer zähen, ätzenden Flüssigkeit, mit derselben Flüssigkeit ist auch die Mattscheibe überzogen. Das Blättchen sieht aus wie eine kleine, gelbgrnne Hand mit vielen woitausgespreizten roten Fingern. Ich bücke mich und beobachte eine Weile das Treiben dieser eigenartigen Gesellen: eine kleine Fliege kommt angesummt, sie hält einen Augenblick an, denkt gewiß: Ei, was für ein schöner Teppich, da kann ich mich einen Augenblick ausruhen. Richtig! sie setzt sich hin und — klebt fest! Das ist ihr natürlich sehr unbehaglich, sie strampelt, um loszu- kommen, aber schon krümmt sich einer der klebrigen, roten Finger heran und greift ihr ins Genick. Die Fliege wehrt sich verzweifelt, aber vergebens: ein zweiter, dritter Finger fol- gen und endlich schließt sich die ganze Hand, die Fliege, ganz von zähem Schleim umhüllt, haucht ihre arme Seele aus, wäh- rend der Sonnentau die geschlossene Faust emporreckt, als wollte er sagen: Siehst du wohl, die hab' ich! Ein Drama im Moor! Eine andere Fangmethode hat eine nahe Verwandte des Sonnentaus, die Aldrovandia. Ihre Heimat ist eigentlich Ostindien, durch irgendeinen Zufall ist sie eingeschleppt und kommt nun in Teichen des östlichen Deutschlands sowie im l Bodensee vor. Sie ist eine Wasserpflanze mit fadenförmigem, : dicht mit Blattern besetztem Stengel. Das Blatt hat einen ab- - geplatteten Stiel und eine aus zwei muschelförmigen Hälften bestehende Mattscheibe. Die Muschel ist im allgemeinen auf- geklappt, berührt aber ein kleines Wassertterchen di« Muschel - von innen, so klappt sie plötzlich zu, das Tierchen ist gefangen und wird mit Hilfe eines ähnlichen zehrenden Saftes, wie bei dem Sonnentau, verzehrt. - Auf meinem weiteren Wege durch das Moor stoße ich auf ' die dritte dar vier in Deutschland vorkommenden insekten fressenden Pflanzengattungen: das Fettkraut, Pinquicula. Wieder eine bodenständige Dlatttosette, aus deren Mitte sich auf schlankem Stiel eine einzelne, in Form und Farbe einem Veilchen ähnliche Blüte erhebt. Die Blattrosette ist hellgrün, hebt sich gut vom dunklen Grunde ab und lockt dadurch die Insekten an. Die Blätter sind unbehaart, jedoch auf der gan zen Fläche mit demselben zehrenden, zähen Saft überzogen, wie beim Sonnentau. Setzt sich ein Insekt auf das Blatt, so kommt Leben in dasselbe: es rollt sich, von der Spitze an- fangend, auf und zerquetscht das arme, festklebende Tierchen in seinen Windungen. In einem Waffertümpel, den ich auf meinem weiteren Wege passiere, entdecke ich schließlich noch die vierte Gattung: den Wasserhelm, Utricularia. Er ist in Form und Benehmen ganz anders wie die vorerwähnten: eine Wasserpflanze mit 3 bis 4 untergetauchten, etwa 20 Zentimeter langen, in zahl lose feine Fiederteile aufgelösten Blättern, aus deren Mitte sich ein Schaft mit einigen tiefgelben Blüten über Wasser er hebt. Bei Betrachtung der Blätter fallen zahlreiche Blasen an denselben auf. Dies ist der Fangapparat. Jedes dieser Bläs chen hat eine Klappe, die sich nach innen öffnet, dadurch den Zutritt zur Blase freigibt und sich dann wieder schließt, das Bläschen enthält wieder den mehrerwähnten verdauenden Saft. Sieht man von oben auf das sonnenbeschienene Wasser mit dem Gewirr grüner Blätter, so sieht es da unten in der Tiefe sehr friedlich aus. Und doch ist es dort durchaus nicht friedlich, in: Gegenteil, es tobt hier der bitterste Kampf ums Dasein: zahllose kleine Wassertierchen durcheilen das grüne Mättergewirr: das liebt sich und neckt sich, das kratzt sich und beißt sich und frißt sich gegenseitig auf. In den: allgemeinen Kampsgetümmel kommt es nun vor, daß so ein kleines Tier chen ein Utriculariabläschen anrempelt. Dieses macht ent rüstet die Klappe auf, das Tierchen hat seinen Verwunde- rungsaugenblick! Neugierig, wie alle kleinen Tierchen sind, kann es der Versuchung nicht widerstehen, die dunkle Höhlung näher zu untersuchen. Plötzlich ist es drin, ebenso rasch ist die Klappe zu, die Utricularia läßt sich den Braten gut schmecken, und zahllose Brüder, Schwestern, Eltern, Kinder, Ureltern und Enkel beweinen den Heimgang eines lieben Angehörigen! Neben den vier deutschen Gattungen insektenfressender Pflanzen weist das Ausland, namentlich die Tropen, eine grö- ßere Zahl anderer, meist sehr eigenartiger Pflanzen dieser Art auf. Auf diese näher einzugHen, verbietet der knapp be messene Raum, nur eine besonders merkwürdige möchte ich hier kurz erwähnen: die Kannenpflanze, Nepenthes. Ihre Heimat ist Ostindien, insbesondere Borneo. Im Gegensatz zu unseren zierlichen deutschen insektenfressenden Pflanzen ist die Nepenthes ein kräftig entwickelte vielfach bis in die Baum kronen Hinaufkletttrnder Halbs^auch. Den Fangapparat lie fern die Blätter: ein Teil derselben läuft in einen schnür- sörmigen Fortsatz aus, an dessen Ende ein pfeifenkops- oder kannenähnliches Gebilde entsteht. Die Kanne ist lebhaft, messt! dunkelrot gefärbt und mit einem besonders bunten, halbge öffneten Deckel bedeckt. Am Rande der Kanne sind Honig drüsen, die Innenseite ist mit einer glatten Wachsschicht über zogen, der untere Teil der Kanne ist mit dem mehrerwähnten' Verdauungssaft, mit Wasser gemengt, angefüllt, in dem man fast stets die Ueberreste verzehrter Insekten findet. Da di« Kannen bei manchen Arten recht groß, bis zu 50 Zentimeter hoch sind, so kommen hier schon recht große Insekten in' Betracht. Man findet die merkwürdige Pflanze manchmal in unse ren Gewächshäusern und kann sich da ein Bild von ihrem, Räuberleben machen: durch die bunte Farbe angelockt, kommt ein großer Brummer angeflogen, setzt sich auf den Rand der Kanne und bewundert lebhaft den schön gezeichneten Deckel.« Dabei entdeckt er die Honigdrüsen am Rande und während erj den köstlichen Nektar schlürft, strömen ihm die betäubenden' Düfte aus der Kanne entgegen. Er fängt an zu träumen, im Traum hört er im Grunde der Kanne die Dryade locken: Willst, feiner Brummer, du mit mir gehn? Meine Töchter' sollen dich warten schön! Meine Töchter führen den nächt lichen Reih'n, sie tanzen und singen und wiegen dich ein! Ei,; das kann ja ganz nett sein, denkt der Brummer und krabbelt^ lüstern in die Kanne hinein. Betäubend« Düfte umfangen ihn, wieder hört er die Dryade, nun aber nicht lockend, son dern drohend: Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt! Den Brummer grauset's, ihn mahnt sein Verderben, vergebens sucht er sich an den wachsglatten Wänden zu halten. Er tau«' melt, er sinkt! Halb zog sie ihn, halb sank er hin! Da war's, um ihn geschehn! Wozu nun dieses grausame und widernatürliche Treiben der insektenfressenden Pflanzen? Denn widernatürlich ist es doch, wenn die Pflanzen über die Tiere mordend herfallen. Nun, es ist der ewige Kampf ums tägliche Brot! Ein wich tiger Baustoff für den Aufbau des Pflanzenkörpers ist bas Eiweiß. Um dieses Herstellen zu können, braucht die Pflanz«' Stickstoff. Diesen liefern ihr im allgemeinen die Wurzeln aus dem Erdboden, wobei ein unzählbares Heer kleinster Lebe-, wesen eifrig mithelfen, den reichlich vorhandenen Stickstoff in' brauchbare Form zu bringen. Im Moor und Wasser fehlen aber diese Lebewesen, die Pflanze kann daher ihren Bedarf an Stickstoff auf dem natürlichen Wege durch die Wurzeln nicht decken, sie wird zum Wegelagerer, der die ahnungslosen In sekten überfällt und grausam hinmordet, um au» ihren Leiche« ihren Stickstoffhunger zu stillen. - ' —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite