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haben, wieder die dem Deutschen eigentümliche Sehnsucht zur eigenen Scholl«. Angehörige aller Volksschichten greifen zum Stift und zaubern sich das Häuschen ihrer Träum« auf «in Stück Papier und erbitten unseren Rat. Dies« Phantasiege- bilde können freilich nur in den seltensten Fällen ernster Kritik standhalten, und es ist oft nicht leicht, den Verfassern, ohne unzart zu fein, verständlich zu machen, daß es vieljähriger Erfahrungen und reifer Kenntnisse bedarf, um auch das Kleinste de» Häuschens zu erzeichnen. — Die Notwendigkeit einer bi» ins Letzte und feinsinnig durchdachten Planung fällt aber zehnfach ins Gewicht, wenn sich Siedler zusammenschließen und darangehen, denselben Daugs danken vielmals völlig gleichartig zu verwirklichen. Selbst in diesen Fällen bedarf es unendlicher Geduld und immer wiederkehrender Kämpfe, den Siedler zu überzeugen, daß ohne einer technisch und künstle risch einwandfreien Vorplanung der gesamte Siedlungsgedanke kulturell ein Unding ist. — Außer diesen eigentlichen Wohn bauten gehen aber eine ganze Reihe von anderen Bauaufgaben ber Verwirklichung entgegen. Trotz der Geldnot der Industrie sind seit Jahresanfang gewaltige Industriebauten ge plant und in Angriff genommen worden. Wir nennen hier nur einzelne: eine große Blumenfabrik in Neustadt, eins Kunsthornfabrik in Sebnitz, die ein ganzes Straßenquartier einnehmen wird, mehrere Fabriken für Feinmechanik in Glas hütte, eine große Weberei im Kreise der Amtshauptmannschaft Stollberg und eine sehr große Zahl'weiterer bedeutender Werk- nnlagen im ganzen Lande. — Die Unternehmungslust regt sich aber jetzt auch auf einem Gebiete, auf dem sie vollkommen er storben war, das ist im Gasthofsba u. Hier hat der glän- zende Sportwinter «inen wahren Bautaumel hervorgerufen. Plant doch allein Altenberg zwei neue umfangreiche Sport- Hotels (mit englischem Geld!) und die vorhandenen Hotels und Gasthöfe aller Gattungen, wie Altenberg, Geising, Kipsdorf, Bärenburg und viele, viele andere Orte bauen um und er weitern. Aus dem ganzen Lande gehen Bauplanungen über Saalanbauten und Dorfgasthöfe ein, deren Verwirklichung uns bekannt wurde. Hier lag die Aufgabe meist so, daß die präch tige Eigenart der alten Kleinstadtgasthöfe erhalten werden mußte, und nicht immer fanden wir bei den Besitzern das er forderliche Verständnis fiir unsere Bestrebungen. — Aber auch der Kirch « nbau, der doch beinahe als erledigt angesehen wurde, erwacht zu neuem Leben. Schon sind infolge der Opferwilligkeit der Gemeinden einige neue Kirchen begonnen worden und zahlreiche andere werden geplant. Mögen die Kirchenvorstände einsichtig genug sein, zu dieser wichtigen Auf gabe hervorragende Baukünstler gleich bei Beginn der Vor arbeit heranzuziehen. Hierher gehört auch der durch die letzten Wahnsinnssprünge der Goldinflation zum Stillstand gekom mene Bau von Ehrungen für die Gefallenen des Krieges, der ebenfalls mit frischem Mut wieder in Angriff genommen wird. Mit der Erstarkung des Sport- und Turnwesens hängt sodann zusammen, daß der TurnhaIlenbau neuen unerwarteten Aufschwung genommen hat. Bürgerliche und Arbeiter-Turn vereine wetteifern im Bau solcher für die Ertüchtigung der Nachkriegsmenschen so wichtigen Anlagen, und bis in das kleine Gebirgsdorf hinauf wirkt sich diese Baulust aus. — Die Wanderlust, besonders der höheren Jugend, und die sportliche Betätigung hat weiterhin zur Errichtung zahlreicher Jugend herbergen, Unterkunfts- und Skihütten in den Gebirgs gegenden geführt, so soll eben jetzt eine ausgedehnte Jugend- Herberge auf der malerischen Steinhalde unterhalb Wehlens errichtet werden. Bei solcher landschaftlich hervorragend wich tigen Lage der Neubauten muß hinsichtlich ihrer Einfügung in das vorhandene Naturbild eine doppelt liebevolle Behandlung angestrebt werden. — Aber auch die bürgerlichen Gemeinden nehmen ihre frühere Bautätigkeit wieder auf, weitausgreifende Schul- und Turnhallenneubauten, Dolksbiblio- theken, großzügig angelegte Friedhöfe in Verbindung mit Ver brennungsanlagen, Neu- und Umbauten von Gemeindeämtern und städtischen Wohnhäusern haben uns zur Begutachtung vorgelegen, und in zahlreichen Fällen haben wir erreicht, daß zur Lösung solcher Aufgaben engere Wettbewerbe unter be fähigten Architekten veranstaltet wurden, die wir vorbereiteten und bei deren Preisgerichten wir tätigen Anteil nahmen. — Dem Heimatschutz liegt es ob, bei allen diesen Planungen, so bald sie von der Verwaltungsbehörde zur Begutachtung ein gehen, darüber zu wachen, daß sie sich in das bestehende Orts und Landschaftsbild gut einstigen, daß im Aeußeren der Ge- bäude sowohl das Besondere der Bauaufgabe ausgedrückt, als die gebührende Einfügung in den Charakter der umgebenden Bauten erzielt wird. Dabei betrachtet es der Heimatschutz als «In« seiner vornehmsten Aufgaben, die heimischen Baukünstler zur Mitarbeit heranzuziehen, und unverdrossen wirkt er immer von neuem auf die Bauherrschaft in diesem Sinn«, denn — das darf nie vergessen werden — gute Bauwerke entstehen nur, wenn von Anbeginn bis zum letzten Handgriff die Arbeit von feinsinniger KUnstlerhand geführt und geleitet wird. - Tschechisch« Truppenübungen au der sächsische« Grenze. Die tschechischen Manöver finden vom 1. Juli bis 8. August an der sächsischen Grenze statt. Die Stadt Graslitz ist zu einem der wichtigsten Mittelpunkte ausersehen und wird mit den Dörfern der Umgebung abwechselnd stark mit Truppen belegt werden. Dio Manöver sollen den Zweck haben, die westliche Grenze der Tschechoslowakei und das teilweise nur schwer zu gängliche Erzgebirge kennen zu lernen. In den letzten Wochen haben auch wiederholt tschechische Flugzeuge die Grenze über- flogen. * Sin verregneter Sommersonntag. Der erste Sommer sonntag, der gestrige, hat sich recht wenig freundlich eingeführt. All die vielen Ausflugslustigen mußten erleben, daß vom frühen Morgen bis zum Abend ein ausdauernder Sprühregen niederging, der vielen bas Ausgehen verleidete. Natürlich gab es auch Unentwegte, die gemäß dem Worte, daß es keine Kunst ist, bei schönem Wetter einen Spaziergang oder eine Wände- rung zu unternehmen, sich nicht abhalten ließen, doch ins Freie zu gehen, wobei sie den Vorteil staubfreier Wege und reiner Lust hatten. Insbesondere ließen sich auch die Sportbeflissenen verschiedener Art nicht einschüchtern, sondern betätigten sich in ihrer Weise trotz der für sie nur kleinen Wetterunbill. Schwarzenberg, 23. Juni. Sitzung des Stadtverortmeten- Kollegiums am 20. Juni. Auf den durch den Stadtv. Grimm im vorigen Monat gestellten Antrag ist vom Stadtbauamt eine Aufzeichnung derjenigen Arbeiten erfolgt, die als Notstands arbeiten in Frage kommen können. So u. a. Fortsetzung vom Straßenbau am Lehnberg und am Bermsgrüner Weg, Verbin dungsleitungen von Karlsbaderstraße und Badwiese, Beschot terung verschiedener Straßen. Stadtv. Krause fordert sofor tige Inangriffnahme der Arbeiten, da schon nächste Woche mit großer Arbeitslosigkeit zu rechnen sei. Man rechne schon mit 600 Arbeitslosen. Die Stadtv. Scheffler und Ryter werden von ihrem Stadtverordnetenamte entbunden, ersterer weil in Untersuchungshaft, letzterer wegen andauernder Krankheit. Die Uebernahme der 3000 Mark betragenden Brandkassensumme des früher Schneiderschen Grundstückes in Sachsenfeld wird genehmigt, das Ortsgesetz Uber die Erhebung von Verzugszu schlägen usw. bei verspäteter Zahlung von städtischen Steuern abgelehnt. Die Herstellung des Fußweges an der linken Seite der Eibenstöcker Straße wird genehmigt, da sonst die Fortfüh rung der Pflasterung durch den Staat in Frage gestellt würde und durch nachträgliche Anbringung von Bordsteinen der Halt ber Pflasterung leidet. Ferner wird der Wohnungsbau für das Forstrentamtsgebäude genehmigt. Als im Februar be- kannt wurde, daß die Rentämter Schwarzenberg und Eibenstock zusammengeschlossen und nach Aue verlegt werden sollen, hatte der Ratsvorsitzende sofort Schritte unternommen, um dies zu verhindern. An Hand von Zahlenmaterial über statt gefundene Versteigerungen wurde nachgewiesen, daß diese nur zum weitaus kleinsten Teil in Aue stattfinden. Dem Ministe rium gegenüber hat jedoch der Rat nach gemeinschaftlicher Sitz ung niit dem Finanzausschuß die Verpflichtung übernommen, für vier zu übernehmende Beamte Wohnungen zu bauen. Aue hatte sich verpflichtet, die Diensträume und 12 Wohnungen zu bauen. Die Stadt will nun ein Gebäude für 4 Beamtenwoh nungen und die Diensträume bauen, sodaß die jetzigen Dienst räume des Forstrentamtes für 2 Wohnungen frei werden. Der Bau ist mit 62—63 000 Mark veranschlagt. Der Staat gibt zu dem Bau 20 000 Mark, während weitere 20 000 Mark von dem Verkauf des Stallgebäudes des Rittergutes an Wester mann zur Verfügung stehen, sodaß die Stadt nur nur 23 000 Mark aufzubringen hat. Stimmen aus dem Leserkreis. Zu öen beiden Wen Verorünelensihungen in Zschorlau. Auf der Tagesordnung der einen Sitzung stand der viel ver sprechende Punkt, kostenlose Totenbestattung, richtiger Totenbestattung auf Kosten der Gemeinde, zur Erörterung. Lin« besondere Zugkraft auf die Bürgerschaft hat er aber nicht ausgeübt, die Zahl der Zuhörer war eine sehr geringe. Sollte das ein Zeichen sein, daß dieser sozialpolitische Gedanke schon auf der Stufe de» Abe baue» angelangt ist. Eingebracht war der Antrag von d«r Lücke«», Man erwartet« nun ein« anregende Begründung, in der vielleicht di« Prinzipienfrage, inwieweit die Allgemeinheit in die Privatver sorgung einzugreifen hat, aufgeworfen und beantwortet wurde. Eine sozialpolitische Beleuchtung dieser Frag« hätte auch an dieser Stelle gebührende Würdigung gefunden. Doch der Antrag blieb ohne Be« griindung. Lin Antrag ohne Begründung hat aber von vornherein verspielt. Diese sollte sich die Linke auch trotz des vorgefaßten Be schlusses der gegnerischen Mehrheit nicht schenken. Erst recht nmhtef sie bemüht sein, sich wenigsten» o« der Zuhörerschaft einen Achtung»« erfolg zu sicher». Ohne vorherige» Vehor de» Berovdnetenkollegium» hatte der Bürgermeister zur Wahrung de, Ansehen, de» Wohnungs ausschusses eine Beleidigungsklage anhängig gemacht. Ueber diese vermeintlich eigenmächtig« Handlungsweise kam e» zu erregten Auseinandersetzungen. Beschlossen wurde, daß ohne vor« herige» Gehör der Verordneten der Bürgermeister al, solcher außen in persönlichen Angelegenheiten nie wieder klagbar «»schreiten dürfe. Entweder hat man dem Bürgermeister mit diesem Beschluß! ein ihm zustehendes Recht genommen oder die Beschlußfassung erüb rigt« sich, wenn ihm das Recht nicht zukam. Man könnte nach de« Deist der neuen Gemeindeordnung ber letzten Auffassung zNneiaen. In der Aussprache wurde von der einen Seite dem Bürgermeister fortgesetzt der ihm zustchende Amt,titel vorenthalten. Wen» von juristischer Seite hierin eine beabsichtigte Herabwürdigung Ki ner amtlichen Person erkannt wird, so ist di« Tatsache einer Be- leidigung al» gegeben zu betrachten. Wenn dem Ne st küchlet« unter den Verordneten wiederholt von einem politischen Degner da, jugendliche Alter vorgehalten wurde, so scheint letzterer mit dem ge setzlichen Wählbarkcitsalter nicht einverstanden zu sein und für dis Wählbarkeit mehr Erfahrung oorauszusetzen. Dadurch setzt er sich mit seinen Parteigenossen im ganzen Reiche in offenen Widerspruch, klebrigen» kann man aus der großen Zahl gemachter Erfahrungen nicht immer auf eine ersprießliche geistige Verarbeitung derselben schließen. Und der Satz: Glaube nur dem, der einen Tag älter ist, hat nur bedingte Berechtigung. Als minderwertige Intelligenz kann das Nrstküchlein aber auch nicht angesprochen werden. In Erinne rung wird den Zuhörern die drastische Belehrung eine« noch einmal! so alten Stadtverordneten über den Unterschieb von „Unfall und Haftpflicht" sein. Daß in der Hitze des Wortgefechtes di« parla mentarischen Grenzen verletzt werden, ist zu allen ßeite« vorgekommen. Und wenn dieselben vor Erledigung des nächsten Punktes der Tagesordnung mit den versöhnenden Worten „di, Schlacht ist geschlagen" als abgetan hingestellt werden, so ist immer hin zu bedenken, daß nach jeder Schlacht das Schlachtfeld mit Lei« chen bedeckt ist, das sind hier die durch die guten Sitten gebotenen parlamentarischen Gebräuche. In der nichtöffentlichen Sitzung soll! das Gesuch eines Gastwirtes im Unterdorf „Genehmigung zur Er richtung einer Tanzdiele im Freien" mit Humor ausgenommen und abgelehnt worden sein. Dem Gesuch kann aber bei gutem Ml- len eine gewisse Berechtigung zuerkannt werden. Die einheimischen Tanzlustigen werden im Orte festgehalten und auswärtig« angezogen. Eine Tanzdiele im Freien würde also zur Hebung des Fremdenver kehrs mit beitragen. Der Mittel und Weg« gibt es viele, den Frem denverkehr zu heben. Di« Verordneten in Dockau z. B. haben in einer der letzten Sitzungen beschlossen, im „Glück auf" auf die Schön heiten -es Ortes hinzüweisen (vielleicht werden mit der Zeit die Dorfbachufer auch mit inbegriffen sein). Zn Thüringen sind Tanz belustigungen auf freien Tanzdielen nichts seltenes. Sie nähern sich dem Charakter der Volksfeste, denen eine gewiss« sozial« Bedeutung nicht abzuspvechen ist. In der anderen Sitzung stand unter anderen Punkten di, Orteschulordnung zum zweiten Male zur Beratung. Ein« solche einwandfrei festzulegen, dazu ist juristische Schulung er, wünscht. Es gilt z. B., die Zuständigkeit der einzelnen Körper schaften scharf zu begrenzen. Bei Aussprache über den Satz: Der Gemeinderat hat di« Aufsicht über die Schulgebäude, suchte der vor nehmliche Redner der Linken di« Befugnisse der Verordneten auf Kosten des Gemeinderates zu erweitern. Aber die Tatsachen, daß sich Augenblicksentscheidungen notwendig machen, daß di« Interessen der Linken.durch einen derselben Seit« zu,«hörigen Gemeindeältesten im Gemeinderat vertreten werden und das Recht der nachträg lichen Kritik gewahrt bleibt, ließen d° > ; in der obigen Fassung unberührt. Als di« Red« auf die Schüreisen und Reisegelder für di« Lehrer kam, konnte man nebenbei aus den Ausführungen des hin- zugezogenen Schulleiters heraushören, daß für die einzelnen Schul jahre bestimmte Reisen mit vorgeschriebenem Reiseziele vor gesehen sind. Das will scheinen, als erkläre man di« ganze Unter richts- und Erziehungslehre in Permanenz. Bevor man sich füo Versicherung der Schulkinder und Lehrer gegen Unfall entschied, was man bemüht, dem Begriff Unfall durch Beispiele aus dem Schul- leben näher zu kommen. Der vorgetragene Fall (Kirschen und kal tes Wasser darauf) mit tödlichem Ausgang wurde allgemein als kein Unfall bezeichnet. Zur tieferen Klärung des Begriffes Unfall ist nun nicht am Platz« gewesen, sich mit dem Urteil, daß der Fall mit dem tödlichen Ausgang kein Unfall gewesen ist, zu begnügen^ sondern zweckmäßig wär« es gewesen, was dieser Fall eigentlich ist. Hier liegt Selbstverschuldung oder mutwillige Außerachtlassung ge botener Vorsicht vor. Im übrigen nahm die Sitzung einen wohl tuenden sachlichen und in Hinsicht auf die Sitzungedisziplin einen ge mütlichen Verlauf. Gg. Vie WWle von Deutschen unü Weslslawen. Von Professor Dr. HeinrichHertzberg -Halle. Gustav Freytag sagt in seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit: „Halb Deutschland ist auf slawischer Grund lage erwachsen!" und Karl Lamprecht bezeichnet die Germani- sierung des deutschen Ostens als die größte Tat unseres Vol kes in den Zeiten des Mittelalters. Beide Forscher haben durch aus Recht: denn soviel ist sicher, ohne die zähe, langwierige Arbeit unserer Landesfürsten, wie Heinrich der Löwe, Albrecht der Bär, Konrad von Mettin, bestünde kein Ostdeutschland, die Welt der Slawen würde auf unseren ohnehin so schmalen Bolkskörper noch stärker drücken als heute. In harter Arbeit haben unter diesen Fürsten und ihren Nachfahren deutsche Bauern, Bürger, Mönche und Ritter den Westslawen einen guten Teil ihres Gebietes entwunden. Bei diesem Ringen sind die Wenden oder Polaken, d. h. die Anwohner der Elbe im Deutschtum aufgegangen bis auf ganz geringe Reste, die Ezechen dagegen und noch mehr die Polen haben nur Teil stücke ihres Volkstums an uns abgegeben, wenn schon sie mit uns in eigenartige Schicksalsverbindung gekommen sind. Die rechtzeitige Annahme des Christentums, die zumal bei den Polen sich wohl nach deutschem Vorbild einsetzende ständische Gliederung, die Schicksalsgunst, durch einige ausgezeichnete Fürsten geführt zu werden, bewahrte Ezechen wie Polen vor Lem völligen Aufgehen im Deutschtum. Dabei darf nicht ver gessen werden, daß der Hussitensturm eine heftige Reaktion des ezechischen Volkes gegen das deutsche Volk war; anderer seits, daß der Sieg der vereinigten Polen und Litauer bei Tannenberg endlich die Schranke durchbrach ,durch die der deutsche Orden Polen von der Ostsee absperrte. Und doch sank die westslawische Flutwelle wieder zurück. Line Weile schien es, als ob Deutsche, Ezechen und Polen sich von Rom trennen wollten, die Schlacht am Weißen Berge machte diesen Träumen in Böhmen ein Ende, die harte Faust verständnisloser Habs burger lastete schwer auf Böhmen, trieb viele seiner besten Bewohner zur Auswanderung; in Polen siegte der Iesuitismus Uber den eigenwilligen Adel, der je länger je mehr das pol nische Gemeinwesen dem Untergang zusteuerte. Auch die poli tische Verbindung zwischen Polen und Kursachsen konnte dem Uebel nicht wehren. So kam es zur Austeilung des Landes unter die mächtigen Nachbarn, und wenn auch Napoleon l. ein «robherzogtum Karschau schuf, jein Lnkrgans rih auch Polen mit sich. Ein volles Jahrhundert lang lebte das polnische Volk in drei Staatsgebieten verteilt. Mochte auch Oesterreich seinen galizischen Polen viele Freiheit einräumen, um so härter war der russische Druck. Preußen ließ die Polen an dem Aufschwung einer gesamten Wirtschaft und Bildung vollen Anteil nehmen, reilich, ohne Dank zu ernten. Hüben wie drüben, in Ruß- and wie in Preußen, flackerte das Feuer der Revolutionen in die Höhe, bis endlich Fürst Bismarck bei uns da« Steuer herum warf, bis er es versuchte, durch die Tätigkeit der Ansiedlungs- komrmssionen das polnische Element im preußischen Staate zu bezwingen. Der Erfolg war gering, mittlerweile ergoß sich wie eine Flutwelle ein Schwarm polnischer Leute besonders nach Sachsen und Westfalen, um hier wirtschaftlich weiter zu kommen, ohne aber den polnischen Idealen zu entsagen. Aehn- lich wurde Kursachsen von einer starken ezechischen Arbeiter welle überflutet. Der unheilvolle Friedensschluß, Ler Oester reich-Ungarn zerriß, hat eine ezecho-slowakische Republik, eine wahre Spottgeburt von Dreck und Feuer, geschaffen; die poli tische Verständnislosigkeit des Präsidenten Wilson hat das Werk Friedrichs des Großen zerstört. Wieder ist Westpreußen der polnischen Zerrüttung preis- gegeben, wieder tobt der fessellose Wahnsinn eines politisch unfähigen Voltes an den Ufern der gelben Weichsel. Was deutsche Intelligenz auf dem oberschlesischem Sandboden an industriellen Werken geschossen hatte, ist der Raffgier der Polen und ihrer angeblich so selbstlosen Freunde überant wortet. So ist die Balkanisierung von Mittel-Europa zur traurigen Tatsache geworden. Die angeblichen Hüter der Zivi lisation, die am deutschen Rhein mit Hilfe afrikanischer Horden ein Schreckensregiment ausüben, scheuen sich nicht, den Völker haß der Westslawen immer aufs neue zu schüren. — Möchte uns das Geschick einen neuen Bismarck bescheren, der auf der Trümmerstätte von Mittel-Europa ein zukunftsstcheres Staats gebilde wieder schafft. Dom wahren MufikverslSn-nis. Plauderei von Georg E ck a r t - Königsberg. Humorvoll wollen wir mal die Sache nehmen, da geht«, glaube ich, am besten. Es gab eine der kürzesten Opern und zwar d'Alberts „Die toten Augen". Ich hatte sie mir auch angehört und stand vor dein Theaterportal. Die Menschen futeten an mir vorüber und ich wurde unfreiwilliger Hörer folgenden Gesprächs; „Nun, wie hat dir's gefallen?" „Ach, es war sehr nett, bloß ein bißchen wenig fürs Geld!" Hierzu kommt jetzt, wie man bei uns in Deutschland so richtig und schön sagt, das Pendant. In einer vornehmen Ge sellschaft äußerte mir gegenüber ein Herr, der vor kurzem einer Aufführung der „Meistersinger" beigewohnt hatte: „Wis sen Sie, eigentlich viel zu lang der ganze Rummel. Von sechs bis« zwölf Uhr — das hält ja kein Mensch aus!" Und nun die letzte Begebenheit. Im Kaffee spielt ein Quartett. Die wundervolle Besetzung besteht aus erster Geige, Eello, Piano und Harmonium. Da ist es eine Wonne, vor allen Dingen aber ein seltener musikalischer Genuß, in dieser Klangwirkung den zweiten Satz, das Larghetto aus Beethovens 2. Smphonie zu hören. An meinem Nebentisch sitzen zwei Damen, wahrscheinlich Mutter und Tochter. Ge spräch: „Was ist denn das bloß für eine langweilige Trauer musik? Könnten die Leute nicht lieber was Vernünftigeres spielen? Wie heißt doch das neue Stück, das du immer zu Hause spielst?" „Wenn ich dich seh', da muß ich weinen!" Ich sah auch nicht mehr zu den beiden Damen hinüber, denn ich hatte eine heillose Angst, daß Es fällt mir gar nicht ein, hierzu einen Kommentar -u! schreiben und Moral zu predigen. Wer dieses gelesen hat, wirft von selber einen dankerfüllten Mick nach oben und tut wie jener von der Schule und dem Konfirmandenunterricht her bekannte Pharisäer. Halt, ich sagte ja zum Anfang, wir wollten die Sache hu- murvoll nehmen! Ein jeder kennt ja sicher einen Radio-Em pfänger. Hat man den Kopffernhörer am Ohr, so hört man zwischen den gefunkten Darbietungen oft unliebsame anders Geräusche, etwa so, als ob eine Turbine anläuft, schnell auf die richtigen Umdrehungen, und dann wieder zum Stillstand kommt. Wenn da jemand behaupten wollte, diese Störungsge räusche entständen nicht etwa durch andere, die richtige Wellen länge suchenden Empfänger, sondern wären das Rotationsge räusch, das unsere verstorbenen großen Komponisten ob des heutigen Musikverständnisses dadurch verursachten, daß sie sich im Grabe wie die Brummkreisel herumdrehten, den würde ich für blödsinnig halten. Jeder andere doch auch, nicht wahr? l s