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«r. 14». 24. Juni 1S24. Srzgebirgtscher Dolkssreunv. Verlag S. M. «Srlner, Aue. BeiblaL^ . Oertliche Angelegenheiten. I Bezirks-Sllerntag in Aue. Der Dezirksverband der Christlichen Elternvereine der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, der sich vor Jahresfrist gegründet hat, hielt gestern in Aue seine erste Tagung ab, die nicht nur aus dem Bezirk zahlreich besucht war, sondern auch aus ganz Sachsen eine ansehnliche Schar von Kämpfern um die christliche Schule und Kindererziehung aufzuweisen hatte. Eingeleitet wurde die Tagung mit einer Gesamtvorstandssitz. ung des Landesverbandes am Sonnabend abend im Hotel Diktoria. Der Sonntag vormittag brachte den Festgottesdienst in der Nikolaikirche, bei dem Landeskonsistorialrat Dinter- Dresden die Festpredigt hielt. Gegen mittag war Platzmusik des Posaunenchors der Methodistenkirche auf dem Markt, dann gemeinsames Mittagessen im Blauen Engel. Die Festversamm lung am nachmittag im Bürgergarten war von über 500 Per sonen besucht. Der Vorsitzende der Christlichen Elternvereinig ung des Auer Tales, Stadtrat Albin Noßner, begrüßte die Erschienenen, insbesondere Landeskonsistorialrat Dinter, den Landesverbandsvorsitzenden Dr. Hering, den Dertre- ter der Ephorie Schneeberg, Pfarrer Hauffe-Schwarzen berg, die Vertreter der Stadt Aue, Erster Bürgermeister Hof- mann und Bürgermeister Schubert, den Landtagsabge ordneten Dr. Siegert-Lhemnitz, sowie die Vertreter der christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Es' folgten dann eine ganze Reihe von Begrüßungsansprachen der Gäste. Landeskonsistorialrat Dinter überbrachte die Grüße der Kirchenbehörde und wies auf die Aufgaben hin, welche die christ lichen Elternvereine zu lösen haben. Die Betrachtung des Niedergangs der alten Gemeinde, der zugleich ein Stück tragi scher Volksgeschichte darstellt, müßte Niederdrücken, wenn in ihr nicht der Ruf Gottes läge, neue Gemeinden zu schaffen in der Kraft des Geistes zur Rettung des Volkes und die leben dige Volkskirche. An diesem Werk mitzuarbeiten seien die christlichen Elternvereine berufen. Pfarrer Hauffe- Schwar zenberg schilderte in seinen Begrüßungsworten die Bedeutung der christlichen Familie für Volk, Staat und Gemeinde. Bür germeister Hofmann überbrachte die Grüße der Stadt Aue. Er betonte in seinen längeren Ausführungen, daß das Niveau der Volksschule zweifellos herabgedrückt worden sei. Bei den Parteien habe es an Duldsamkeit im Interesse des Friedens in der Schule gefehlt. Da seien die Eltern auf den Plan ge treten, um ihre Siechte auf die Entwickelung und Erziehung ihrer Kinder geltend zu machen. Mögen sie ihrem Programm treu bleiben zum Segen der Schule, der Kinder und des gan- zen Volkes. Landtagsabgeordneter Dr. Siegert-Lhemnitz überbrachte die Grüße des Chemnitzer Elternvereins. In tem peramentvoller Weise schilderte er dann die Kämpfe, die die Deutschnationale Fraktion im Landtag in Kirchen- und Schul fragen ausgefochten habe. Manche Verordnung sei gemildert worden, der Siegeszug sei im Marsche. Aber schon seien neue Kräfte am Werk, neue Religionslehrpläne tauchen auf, um die Erfolge seiner Partei zu verwässern. Da gelte es auf der Hut zu sein. Redner fordert vor allen Dingen ein Reichs- A-aNfes Ehe. Roman von Erich Ebenstein. Copyright 1920 by Greiner L Lomp., Berlin W. 30. Nachdruck und Uebersetzungsrecht in fremde Sprachen vorbehalten. <25. Fortsetzung.) XIII. Adalise ritt jetzt fast täglich mit Löwenkreuz hinaus nach den Auen. Sie wußte ganz gut, daß man es sowohl bei Hil bert, als auch im Gottulanhaus unpassend finden würde — wenn man es wußte. Aber daran kehrte sie sich nicht. Sie tat ja nichts Unrechtes! Der Prinz benahm sich im mer äußerst korrekt, war überhaupt ein tadelloser Kavalier, und nichts gemahnte je daran, daß er sich einst an Eva Marti nis Kamin von einer „törichten Stimmung" — so nannte es Adalise jetzt nachsichtig — hatte Hinreißen lassen. Heute waren sie Freunde. Und Freundschaften, die aus Liebe entspringen, sind die dauerhaftesten, sagten Adalises Freundinnen, Leo Anermatt und Mary von Leupold, die diese Freundschaft „durchaus nett und natürlich" fanden . . . Von Löwenkreuz, der öfter nach Mairingen fuhr, um die dortigen Erneuerungsarbeiten zu besichtigen, erfuhr Adalise eines Tages auch, daß ihr Mann draußen im Eichsteiner Tal eine neue Fabrik baue, über deren Bestimmung bisher nie mand etwas wußte. Der Prinz schien übrigens über die Sache sehr verstimmt und streifte sie nur einmal flüchtig im Gespräch. Adalise fragte auch nicht weiter danach. Aber obwohl sie stets Leo und aller Welt gegenüber völligste Gleichgültigkeit gegen seine Unternehmungen zur Schau trug, ärgerte sie sich nun im stillen doch, daß er ihr kein Wort davon erzählt hatte. Ob er auch bei Hilberts darüber geschwiegen hatte? Ein paar Tage später teilte ihr Gottulan die Absage des Fürsten Eckart mit. Der Fürst sek gegenwärtig außerordent- lich stark geschäftlich in Anspruch genommen und zudem, wie er frei mütig gestand, kein Freund von Gesellschaften. Er und seine Frau lebten seit der Verheiratung ihrer einzigen Toch ter äußerst zurückgezogen auf Schloß Schlohstein. „Ich dachte es mir ja gleich", fügte Leo hinzu, „der Fürst ist mehr für ge- mütlichen Verkehr eingenommen." „Das sagt er — dir!" gab Adalise ärgerlich zurück. „Der wahre Grund wird wohl sein, daß er zu vornehm ist, um außer halb seines Kreises zu verkehren." „Ach, wo denkst du hin! Dieser kluge, durchaus modern empfindende Mann ist gänzlich frei von Kastengeist! Er lud mich ja zu Ostern eigens nach Schlohstein ein, damit mich die Fürstin kennen lerne. Und nach Karolinenruhe möchte er im Sommer ober Herbst sehr gern ein paar Tage kommen, aber nur, wenn wir da» Haus mal nicht voll Gäste haben, wie er lachend hinzufügte." Adalise begriff das einfach nicht. Zu ihr wollte er also . nicht, und Leo lief er förmlich nach! „Er muß ein Sonderling sein!" tröstete sie sich schließlich. Inzwischen. traf sie eifrig alle Vorbereitungen für ihre große Gesellschaft. Leider schrieb Klaudia für sich, Mama und Onkel Lebrecht ab, Mara und Manfred aber würben kommen. „Natürlich!" dachte Adalise bitter, „Mara wird doch die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ihr Ideal, Leo. zu sehen! 41»dÄraLkred sonnst v" -—.wesen Mara." schulgesetz auf breitester Grundlage. Es wurde folgende Ent schließung angenommen, die an den Reichstag und Vie Reichs- regierung weitergeleitet werden soll: Die christl. Elternschaft Sachsens fordert, daß nunmehr endlich das Gesetz über die Grundsätze für die Errichtung von Schulen de» Bekenntnisses oder der Weltanschauung der Erziehungsberechtigten mit größter Beschleunigung erlassen wird. Fünf Jahre lang hat di« Elternschaft di« ihr zugemutete unglaubliche Belastungsprobe der Gewissen trotz aller Uebergriffe und Unbill ertragen. Ip weiten Kreisen macht sich das Verlangen inunermekr geltend, sich das Recht, welches die Reichsverfassung der Elternschaft gibt und welches durch das Versagen der Reichsgesetzgebuna Ler Elternschaft vorenthalten wird, selbst zu nehmen, wenn die Reichsgosetzgebung noch weiter ihrer Pflicht, die Reichsverfassung durchzufllhren, nicht nachkommt. Für das zu erlassende Gesetz über die Grundsätze für die Errichtung von Schulen des Bekenntnisses oder der Weltanschauung der Lrziehungs- berechtigten ist es erforderlich, daß auch für die Eltern der sonst in der Reichsgesetzgebung anerkannte Grundsatz der Freizügigkeit durch geführt wird. Die Elternschaft fordert den Wegfall des Schulb^irks- zwanges. Sie fordert das Recht, sich die Schulen auszuwählen, der sie hre Kinder anvertrauen will und diese Schulen zu wechseln. Sie fordert das Recht, bei der Besetzung der Lehrer an den Schulen durch hre gesetzlich geordneten Organe (die Elternräte) mitzuwirken. Sie fordert, daß die Schulen der Reichsverfaffung entsprechend Staats schulen sind unter staatlicher Leitung und Aufsicht und mit verant- wörtlichem, vom Staate nach Gehör der Lehrer und Eltern ernannten Schulleiter. Daneben fordert sie die Mitverwaltung aller Schulange legenheiten. Lehrplan und Lehrbuch für den Religionsunterricht sind zwischen Staat und Landeskirche durch Staatsvcrtrag zu vereinbaren. Oeffcntlichc Prüfungen sind wieder einzuführen. Die Schulaufsicht ist statt wie bisher räumlich, sachlich in der Weise zu ordnen, daß für evangelische Schulen evangelische Schulräte, für katholische Schulen katholische Schulräte, für weltliche Schulen weltliche Schulräte usw. nach Gehör der zuständigen Organe der Elternschaft zu bestellen sind. Dr. Wunderlich überbrachte noch die Grüße des Leip ziger Verbandes. Dann sang der gemischte Chor der landes- kirchlichen Gemeinschaft ein Begrüßungslied. Aus der Fülle von Eindrücken und Darbietungen verdient besonders die Rede von Frau Dr. Hummel - Altenburg her- vorgehoben zu werden, die über „Die Frau und die Familie" sprach. Die Familie ist die Keimzelle des deutschen Staates. Wenn sie gesund bleibt, dann können wir auch wieder Hoffnung haben auf die Gesundung des Vaterlandes. In der Familie ist die Frau die Quelle aller Kultur, denn sie hat die Kinder- erziehung in der Hand. Die echte Frau soll von Natur fromm sein. Die Erweckung des religiösen und des Nationalgefühls in der Seele des Kindes ist Aufgabe der Mutter. Das kom- mende Geschlecht muß unser Volk erlösen. Wie die männliche Jugend sich jetzt zusammenschart, so muß auch die weibliche Jugend gesammelt werden zur Neubelebung des mütterlichen Sinnes. Wenn wir in dieser Weise arbeiten, dann können wir die Sklavenketten wieder abschütteln. Das sind nur einige Sätze aus der mit vielem Beifall aufgenommenen Rede. Es sprachen noch Landesverbandsvorsitzender Dr. Hering über: „Was uns eint!" und Oberstudiendirektor Professor Aichin - g er-Aue über „Schule und Religion". Professor Aichinger zog Vergleiche zwischen der christlichen Lehre und anderen Mo rallehren und trat warm für den bekenntnismäßigen Reli gionsunterricht ein. Es wurden folgende Entschließungen an genommen, die dem Landtag und dem Kultusministerium zu gesandt werden sollen: Die christliche Elternschaft verlangt, daß dem Religionsunterricht in d«r Schule auf allen Klaffenstufen mehr Beachtung geschenkt werb«. E» muß oer willkürlichen Handhabung seiner Erteilung in den erste» 4 Schuljahren sofort ein Ende gemacht werden, indem der Religions unterricht vom 1. Schuljahre an stundenplanmäßig einzurichten ist und die Verordnung vom 8. Januar 1S21 aufgehoben wird. Die Notver ordnung vom Dezember IS18 und ihre Nachfolgerinnen sind endlich wieder aufzuheben. Die Zahl der Religionsstunden muß mindesten» vom S. Schuljahre ab wieder auf 4 erhöht werden. Auch ist die Be handlung der Katechismusstoffe wieder anzuordnen. Die christliche Elternschaft fordert, daß von Staatswegen die Lehrer, die an Bekenntnisschulen sich melden, dem Charakter dieser Schulen entsprechend vorgebildet werden. Sie fordert für die Ueber- gangszeit christliche Lchrerseminare weiterbestehen zu fassen. Vorträge des Posaunenchors, des gemischten Chors de: Landeschirchlichen Gemeinschaft und allgemeine Gesänge um. rahmten die Darbietungen. In seinem Schlußwort dankte der Vorsitzende Stadtrat Roßner allm Erschienenen und aal der Hoffnung Ausdruck, daß die Verhandlungen dazu beige- tragen haben möchten, die christlichen Elternvereinigungen ihrem Ziele ein gutes Stück näher zu bringen. Keimalschutz und Bauläligkeik. Wir erhalten vom Landesverein Sächsischer Heimatschutz folgende Mitteilungen: Die vielfach verbreitete Ansicht, daß die private Bautätig, keit trotz der inzwischen eingetretenen Stabilisierung unseres Geldes noch immer ruhe, veranlaßt uns, der Oeffentlichkeit einige Angaben über die hierbei in Frage kommenden Arbeits- gebiete des Vereins zu geben. Seit Anfang dieses Jahres ist in allen Zweiggebieten unserer Bauabteilung ein sehr starkes Anwachsen der Eingänge eingetreten, ja man kann fast von einer wahren Bauleidenschaft aller Kreise des Volkes sprechen. Aber auch auf anderem Wege uns zugehende Mitteilungen be weisen uns, wie stark wir uns bereits in der so heiß ersehnten Vauperiode befinden. So hören wir von einem tüchtigen Baumeister einer Kleinstadt des Chemnitzer Bezirkes, daß er elf große Neubauten ausführe, und die Nachrichten, die wir auf dem Wege über die Amtshauptmannschaften erhalten, be weisen die gleiche erfreuliche Tatsache. In erster Linie regte sich, nachdem allmählich die in der Kriegs- und Nachkriegszeit jede Unternehmungslust lähmenden Hemmungen Wirtschaft- licher und verwaltungstechnischer Art sich zu lösen begonnen MM Luppen ricdüg gekorbt, elnä «In tiootz- giaug ruck tvr vsvEni« Sau- men. Viol« Sortin «I» kii», bei», ?i!r, vsünkim, klimmt«!», Königin, 0eli«sn5vb»»nr u. «. bietsn micbksltigo kim«kalung. MlW Slik üen llS!M M lsss M-rote PMW! Der ganze Abendmar ihr dadurch-vergällt, obwohl sonst alles wunderschön klappte. Von den hohen Herrschaften, die gelanden waren — es gab unter den vierzig Gästen sechs Ex zellenzen, zwei reichsunmittekbare Grafen mit ihren Gcmah- linnen und außerdem kaum jemand, der nicht durch Ge burt Titel oder Stellung ausgezeichnet war — fehlte niemand. Außerdem war das meergrüne Abendkleid mit den echten Spitzen, das Adalise trug, über Erwartung gut ausgefallen. Form und Schnitt waren ihre eigene Erfindung. Mit dem aus Perlen und Brillanten gefaßten Schmuck sah sie wirklich berückend schön aus und konnte diesen Eindruck in aller Au gen lesen. Aber es beglückte sie heute nicht wie sonst. Insgeheim ärgerte sie sich beständig über ihren Mann. Schon zu Beginn, als sie beide die ersten Gäste erwarteten und Adalise Leo auf die hervorragenden Personen ihres Bekanntenkreises noch ein mal aufmerksam machte, hatte sie sich geärgert. Die Berühmtheiten schienen so wenig Eindruck auf ihn zu machen, wie die ganze Ausmachung zu ihrem Empfang. „Es muß dir doch schließlich auch vom geschäftlichen Stand punkt aus wichtig sein, mit solchen Persönlichkeiten in Berüh rung zu kommen", sagte sie gereizt durch seinen kühlen Gleich mut. „Ich habe immer gehört, daß man in reichen Kaufmanns kreisen mit Vorliebe Geschäftsverbindungen im Salon an bahnt!" „O ja!" lächelte er ruhig. „Gewiß geschieht das vieflach, und man sucht Leute, die man für eine Sache interessieren will, erst gesellschaftlich an sich heranzuziehen. Aber auch da sind die Methoden eben verschieden. Es gibt Unternehmer, die andere als Stütze brauchen — entweder pekuniär oder mora lisch, weil sie allein nicht stark genug dazu sind. Ich aber ar beite am liebsten allein aus mir selbst heraus. Ist eine Sache gut und gründlich genug nach allen Seiten hin durchdacht, so daß Zufälle ausgeschlossen sind, dann spricht sie schon für sich selbst und zieht die Leute, die man später braucht, unwidersteh lich an sich heran. Zch habe nie erst um ihre Gunst und Aner kennung werben müssen." Die stolze Selbstsicherheit, die dabei aus Ton und Blick Gottulans sprach, flößte Adalise Achtung ein und reizte sie zugleich. „Das ist einfach Ueberhebung!" sagte sie. „Man braucht die Menschen immer wieder einmal." Die Ankunft der ersten Gäste unterbrach das Gespräch. Dann kam es wie Adalise gefürchtet hatte: Leo, obwohl er die anderen Gäste nicht gerade vernachlässigte und sehr liebens, würdig den Hausherrn spielte, beschäftigte sich doch am meisten mit Mara von Hilbert. Adalise sah alles trotzdem sie naturgemäß beständig um schwärmt war und sich scheinbar ganz ihren Gästen widmete. „Möchtest du nicht diese ausschließliche Huldigung Maras ein wenig einschränken?" flüsterte sie ihm erregt zu. „Andere Damen sind doch auch noch da! Die Gräfin Darnell hat schon zweimal nach dir gefragt!" „So? Nun, dann werde ich nachher gleich Hofdienst bei ihr antreten!" gab er unbekümmert lächelnd zurück. „Aber du mußt doch begreifen, daß Mara, die nahezu fremd hier ist, meine erste Aufmerksamkeit beanspruchen kann! Wen muß ich denn übrigens zu Tisch führen? Ich vergaß ganz, dich danach zu fragen." „Die Exzellenz von Kuppakb." „So? Schade! Der führt Mara?" „Manfred. Er bat mich eigens darum." , Adalise selbst wurde vom Grafen Andermatt zu Tisch ge-' führt. Aber sie hatte es so eingerichtet, daß ihr Nachbar zur Rechten Prinz Löwenkreuz war. Nun fiel es Adalise auch auf, daß Löwenkreuz heute wenig- ger lebhaft war als sonst und sich offenbar gewaltsam zwang, heiter zu erscheinen. Auch war ihr schon bei seinem Kommen ausgefallen, daß er gegen Leo etwas Gezwungenes im Beneh men hatte, während dieser ihm besonders kühl begegnete. Das beunruhigte sie. Sollte Leo etwas von ihren gemein samen Spazierritten erfahren und sich erlaubt haben, Löwen kreuz gegenüber eine Bemerkung zu machen? Es wäre ja wahnsinnig taktlos, dachte sie, aber wer weiß? Irgend etwas haben sie gegeneinander . . und was sollte es sonst sein? Nach Tisch schlugen ein paar junge Mädchen vor, zu tan zen, und ein Herr erbot sich, als Klavierspieler zu dienen. Während der Musiksalon von den Dienern rasch in einen Tanzraum verwandelt wurde, vermißte Adalise plötzlich ihren Mann. Ein rascher Blick durch den Raun: überzeugte sie, daß auch Mara nirgends zu sehen war. Aerger und Unruhe beherrschten sie so, daß sie im Augen blick beschloß, selbst nachzusehen, wo die beiden geblieben wa ren. Scheinbar absichtslos ging sie langsam von Zimmer zu Zimmer bis zum letzten Raum — Leos Privatkontor. Das war heute gleichfalls Gesellschaftszwecken dienstbar geinackt, in- dem man es nach Entfernung der Bureaumöbel durch Blatt- pflanzengruppen, Teppiche und Polstermöbel zu einem gemüt lichen Plauderwinkel umgestaltet hatte. Schon beim Näherkommen schlugen Stimmen an ihr Ohr. Dann vernahm sie, wie ihr Mann mit eiskalter Höflichkeit sagte: „Ich bedauere, Durchlaucht, es ist mir leider ganz un möglich, Ihren Wünschen entgegenzukommen." Betroffen blieb Adalise stehen. Der Prinz und er? „Auch nicht", hörte sie nun Löwenkreuz sagen, „wenn kch Sie darum bitte, Herr Gottulan, als um einen Freundschafts beweis!" Leos Stimme wurde noch kälter. „Puch dann nicht, Durchlaucht, denn hier kommen viel höhere Interessen in Frage als eine bloße Liebhaberei! Sonst würde ich Ihnen ja gern gefällig sein." - Im nächsten Augenblick traten beide Herren aus dem Kon tor. Löwenkreuz sah bleich und verstimmt aus. Gottulan aber sagte, Adalise erblickend, völlig unbefangen: „Ah, da bist du ja, Adalise! Ich wollte eben mit Sr. Durchlaucht zu dir, damit deine weibliche Liebenswürdigkeit wieder gut macht, was ich als hartgesottener Geschäftsmann verbrach. Durchlaucht, ich hoffe, Sie werden in Gesellschaft meiner Frau den kleinen Aer ger bald vergessen haben!" Sie verbeugend, entfernte er sich. Adalise nahm zögernd den ihr gebotenen Arm des Prinzen. „Was haben Sie mit meinem Mann gehabt, Durchlaucht?* fragte sie unruhig. „Ach, eine leidige Geschäftssache, die mir aber recht nahe geht. Sie wissen doch wahrscheinlich, daß er den Siebensteinev Wald kaufte, in dessen Mitte Mairingen liegt?" , „Rein. Ich sagte Ihnen schon einmal, daß ich mich um meines Mannes Geschäfte nicht bekümmere. Was ist» mit dem Wall». Gehört er denn nicht Ihnen, das heißt zu Mairingen?, EortsHiM iolgtH'