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Erzgebirgischer Volksfreund : 01.04.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192404019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19240401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19240401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-04
- Tag 1924-04-01
-
Monat
1924-04
-
Jahr
1924
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 01.04.1924
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WWWAWM Es werden außerdem verössentlichi: Die Bekanntmachungen der Siadiräke zn Aue und Schwarzenberg und der Amtsgerichte zu Aue und Johanngeorgenstadt. Der S'olk»lr«und- n!»e!nl »gN» mN Slusnahme der Ia,e nach kann, nnd !^eIUa<>en. Der Pr«>» für die 34 mm breUe Coionki--Anzeigenzette Im 1 mi'.biaiivezirti ist rv rFamllicnanzeigen nud Sieliengeluche Bediiriiiger 111, auswöria 15 sür die VÜ mm breiie Peiii- Reklamezeiie So, answnris 100, für die So nim dreiie amti, Coioneizette 55, answiiris 05 iLoldpIennig. Poslscheck-Konlo > Leipzig Nr. I222S. »emei»de-»iro-«ont»r ?ne. Erzgeb. Nr. 78. Verlag E. M. Gärtner, Aue» Erzgeb. Fernsprecher, An« S1, Söstniy <Aml Nuel 440, Schneeberg IS, Schwarzenberg dtl Drahianschrifi, Aoirefreunb Aueerzgebirg«. » enlhaltend die amttithen Beftannkmarhungen der AmishauptmannschafI und der Slaalsbehörden in Schwarzenberg, der Sinais- u. Itödiischen Behörden in Schneeberg, Lößnitz, Neujtüülel, Grünhain, sowie der Finanzämter in Aue und Schwarzenberg. nzetgen-Annatzm« für die am Aackmitlaq erscheinende Hummer bis vormittag- 9 Uhr k, den KmiptaefchSftr- < stellen. Tine Gewähr für die Aufnahme der Anzeigen am vorgescbriebenen Tage sowie an bestimmter 3te3e wird nickt gegeben, auch nickt für die Nichtigkeit der durch hern- fprecker aufgegeoenen Anzeigen. — FiirNückg. unverlangt eiugesandter Schriftstücke übernimmt die Schriftleitun; deine Verantwortung. - Unterbrechungen des Geschäfts betriebes begründen keine Ansprüche. Vei Zahlungsoerznz und Honkurs gelten Nadatte als ntcht vereinbart. HauptgeschästZfteNen in Aus, Löhni, Schnnbrrz und Schwarzenoerz. Nr. 78. ' 77. Jahrg. Dienstag, den 1. April 1924. Amtliche Anzeigen. Schneeberg. Leichenfrauenbezirke. Für die Zeit vom 1. April 1924 bis zum 31. März 1925 sind zugewie. fen: der erste Bezirk (Häuser Ortel.-Nr. 1—325) der Leichenfrau Rau, Acker Nr. 622, der zweite Bezirk (Häuser Ortsl.-Nr. 326—708, 36 und 37, Abt. v), der Leichenfrau Neubert, Rosenthal Nr. 393. Es wird dringend ersucht, die Bczirkseinteilung genau emzuhalten. Schneeberg, den 26. März 1924. Der Stadtrat. Käszinnvrsnszst»«, Derwaltungesielle Wild-nau betr. Die städtischen Körperschaften haben nach De- bör des Wildenauer Ausschusses aus Sparsamkcitsrllcksichten beschlossen, die Verwaltungsstelle im Stadtteil Wildenau mit Wirkung vom 1. April 1924 ab einzuziehen. Die polizeilichen An-, Um- und Abmeldungen sind rom diesem Zeitpunkte ab nur noch in unserem Einwohnermeldeamt — Stadthaus II, 1 Treppe — zu bewirken. Die Steuern und Abgaben kön- ncn unmittelbar in unserer Stadtsteuerkasse — Stadthaus I, Erdgeschoß — entrichtet werden. Es ist aber der Einwohnerschaft des Stadtteils Wil. denau nachgelassen, die Stenern an jedem Montag der Woche, vorm. von s^8 bi» 1 Uhr, nachm. von ^3 bis ^6 Uhr, im Lehrmittelzimmer Rr. 7 der Wildenauer Schul«, 1. Obergeschoß, wo sich ein Beauftragter des Stadtsteucramte» befindet, zu entrichten. Schwarzenberg, am 29. März 1924. Der Rat der Stadt. Gesetzliche Miete. Das Ministerium der Justiz hat im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern — Lavdeswol-mmgaamt — mit Bcr. vrdnung vom 20. März 1924 die gesetzliche Miete für die Monate April, Mai und Juni, auf Grund von 8 27 der dritten Stcucrnotverordnung vom 14. Februar 1924 auf 35 v. H. der Friedensmiete in Goldmark ohne Ein- rechnung der nach der erwähnten Verordnung zu erhebenden sogenannten Mirtzinssteuer festgesetzt. Hiervon entfallen 15 v. H. auf die Grund« miete, den Zinsendienst, den Berwaltungsausoeand und die übrigen Bei triebskosten, 20. ». H. aus di« laufende» u»d die großen Instandscßungs« arbeiten. Eino Nachschußpslicht für Pie Betriebskosten und die laufenden Jnfiandsetzlmgsarbeiten besteht daneben nicht. Erfolgt die Zahlung der Miete in Paprermark, so ist der Goldmarkmitteltnr« zu Grunde zu legen», Schwaeheubera, den 27. März 1924. Der Rat der Stadt. — Schiedsstelle für .-»««rhaltnng. — Die Urteile im Zeigner-Prozeß. Leipzig, 29. März. Die Urteilsverkündung im Zeigner-Prozeß erfolgte heute um Uhr nachm. Dr. Zeigner wurde wegen Vergehens gegen 8 333 Abs. I und wegen zweier Verbrechen nach 8 332 des Str.-G.-B. (Bestechung) zu 3 Jahren Gefängnis und 3 Iah - ren Ehrverlust; Möbius wegen Beihilfe und Un terschlagung zu 2 Jahren Gefängnis und 2 Jah ren Ehrverlust verurteilt. Beiden Angeklagten wird die Untersuchungshaft angerechnet. (Für einen Teil der Auflage wiederholt.) Der ehemalige sächsische Iustizminister und spätere Ministerprä sident Dr. Zeigner ist in der Hauptsache dafür, .daß er als Beamter für Handlungen, die Verletzungen einer Amtspflicht enthalten, Ge schenke angenommen hat, zu der obigen Strafe verurteilt worden. An sich sieht das Gesetz dafür eine Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren vor. Das Gericht hat Zeigner mildernde Umstände zugcbilligt, und er ist deshalb mit Gefängnis weggekommen. Die Aberkennung der Ehrenrechte wurde erkannt, weil die Handlungsweise als ehrlos an- gesehen wurde. Uns sind Urteile bekannt, wo Leut« wegen „Schmähung* der Republik durch Worte 2 Jahre Gefängnis erhalten haben. Hr. Zeig ner hat also milde Richter gefunden. Der Schaden, den er dem Ansehen des deutsche-, Volkes (das ist schließlich doch mehr wert als die deutsche Republik) durch seine Straftaten angetan hat, ist un ermeßlich. Es sollte da nicht, wie es beliebt wird, von einem tragi schen Geschick und ähnlichem gesprochen werden. Man hat es, wie sich auch im Laufe der Verhandlung ergeben hat, mit einem Menschen klein sten Formats zu tun, der äußerlich nach Herostra tenruhm strebte, wäh rend er innerlich vor einem Erpresser zitterte. Es lohnt sich wirklich nicht, sich mit der Person des verurteilten ehemaligen Minister präsidenten zu beschäftigen. Von Leuten ohne Varteischcuklappen war er längst erkannt und gerichtet. Aber auf eins ist hinzuweisen. Es scheint Mode in Deutschland zu werden, daß eine gewisse Presse anstrebt, Einfluß auf Nichter- sprüche zu nehmen. Während des Zeigncrprozcsses ist das in ge radezu schamloser Weise von sozialistischen und demokratischen Zei tungen versucht worden. Es ist dies eine Verfallserscheinung, ein Zeichen von gröbster politischer Degeneration. Glücklicher weise hat die öffentliche Meinung sich trotz aller Verwirrungen noch soviel gesunden Sinn bewahrt, daß sic das Unmoralische solcher Bestrebungen einsieht und sie ablehnt. Man unterschätzt auf der Linken das Rcchtsgefühl des Volkes, das Verbrechen als Verbrechen ansicht, auch wcnn es vom Parteigenossen begangen ist. So bleibt nur eine Blamage der genannten Presse und der hinter ihr stehen den Partcischicbcr übrig. Und diese Blamage ist nicht gering, wenn man sich vergegen wärtigt, wie der-Missetäter Zeigner bis zuletzt von der bezeichnete» Presse verhätschelt worden ist. Ein Berliner demokratisches Blatt »erstieg sich zu folgender Hudelei: Dio katholische Kirche lehrt, daß auch die Päpste, deren menschlicher Wandel nicht einwandfrei war, doch als Träger der Idee des Katholizismus unanfechtbar seien. Achnlich könnte man vielleicht sagen: Selbst wcnn die weiteren Derhaudlungs- tagc das Bild des Menschen Zeigner mehr verdunkeln sollten als die ersten, das Bild des Politikers Zeigner bleibt da von unberührt. Die Republik braucht aktive Menschen zu ihrer Verteidigung. Solche Acnßcrungcn müssen niedriger gehangen werden, damit jedermann sehen lernt, wohin die Reise nach dem Willen gewisser undcutschcr Zeitungsschrei.bcr gehen soll. Blamiert sind ferner alle diejenigen, die in Zeigner nicht sofort das erkannten, was er eigent lich ist. Es sind viele Leute in Sachsen in allerlei Stellen gekom men, die kein anderes Verdienst hatten, als daß sic dem System Zeigner willfährig waren. Es wird nun wirklich die höchste Zeit, daß die bürgerlichen Minister hier auf völlige Nei nig u n g d r i n g e n. j Der republikanische Gedanke hat durch Zeigner, den ' „Anwalt der Armen und Enterbten", der Reiche begnadigte, weil sie ihn schmierten, Schaden genommen. Zu Schaden gekommen ist auch, und das allein ist bedauerlich, der S t a a t sg c d a n k c, der mit dem republikanischen nichts zu-'tun hat. Die Aera Zeigner war ein« Zeit der Verwirrung der politischen und bürgerlichen Moral, unter ihren Nachwirkungen werden mir im Lande Sacksen und im Reiche noch lange zu leiden haben. Es ist notwendig, daß die Zeichen der Er innerung an sie sofort und energisch ausge'.Lscht werden. Au, der Urteilsbegründung. In der fast zweistündigen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende, Landgerichtsdircktor Mioskowsky bezüglich der Strafbemessung folgendes aus: Das Gericht hat lange geschwankt, ob cs den Angeklagten Dr. Zeignev für die Fälle der Bestechlichkeit mildernde Umstände zu billigen soll oder nicht. An erster Stelle ist der von der Staatsan waltschaft in den Vordergrund gestellte Gesichtspunkt vom Gericht gewürdigt worden, daß Dr. Zeigner damals der höchste Beamte un seres Landes war, der über die Reinhaltung der Iustizpflege zu wachen Hatto, und daß ev durch seine Verfehlungen dem ganzen Lande und seinem Ansehen, und nicht zuletzt dem Ansehen der Justiz den schwersten Schaden zu,gefügt Hai. Diese Kritik über die Zustände im sächsischen Justizministerium war in ihrem Kern aber berechtigt und beschämend für das ganze Land Sachsen und für die sächsische Justiz. Ein pflichtgetreuer und lauterer Dcamtenstand- ist die unerläßliche Voraussetzung eines geordneten Staatswesens. Ge gen diese Grundsätze hat Dr. Zeigner in den fcstgestellten Fällen gröblichst gefehlt. Er als Justizminister und erster Beamter des Staares! Wenn das Gericht trotzdem dazu gekommen ist, ihm mil dernde Umstände z u z u b i l l i g e », s» hat c, sich von fol genden Erwägungen leiten lassen: Der Angeklagte ist erstens da» Opfer seiner Veranlagung. Er ist Psychopath. Ferner ist er da» Opfer eine» System» ge worden. Das Gericht hat sonst nicht die Gepflogenbeit, auf politi sche Verhältnisse einzuqehen und hat es auch in diesem Proz«ß ängstlich vermieden. Zn diesem Zeitpunkt muß er aber doch ge schehen, und zwar, weil cs z u g u n st c n'des Angeklagten dient. Der Angeklagte ist Iustizminister geworden, nicht, weil er die geeignete Persönlichkeit dafür gcwesrn wäre, sondern lediglich wegen seiner p o l i t i s ch c n Z u g e h ö r i g k e i t. Und dies alles trotz dem, obwohl er, wie dies jedem erkenntlich sein mußte, für diesen Posten durchaus ungeeignet war. Dr. Zeigner war ein junger Mann, der noch nie Sichtbares geleistet hatte, dcn die eigene Partei mit sehr kritischen Augen ansehen mußte, denn er gehört« nicht zu jener Gruppe von sehr ehrenwerten Männern, die schon seit lan ger Zeit nnd namentlich zu einer Zeit, in der es nicht empfehlens wert war, der Partei auzugehören, Mitglied der Partei waren, son- dorn erst seit dem Herbst UU9 zu der Partei. In seinen Personal akten stand: „Dr. Zeigner ist ein sehr fleißiger Mann, aber wenig willens- und cntschlußfäh'g, daher nicht zum Staarsanwalt geeig net, sondern als Beisitzer zn verwenden in einer Zivilkammer." Dr. Zeigner ist in gewissem Sinne ein Ops«r des Angeklagten Möbius geworden. Es entsteht die Frage, wie ist Dr. Zeigner, der intelligente Mrnsch, der Staatsanwalt, dazu gekommen, dem Möbius von seiner.Mtcnver- nichtung Mitteilung zu machen. Es bleibt da Raum zu Erwägungen, daß Möbius noch mehr von Zeigner wußte, als der Angeklagte Dr. Zeigner selbst zugegeben hat. Jedenfalls steht fest, daß er unter das Joch dieses Mannes gekommen ist. der sich, wie ein Verteidiger ganz richtig ausführte, nicht als Erpresser im rechtlichen Sinne, wohl aber im Sinne des täglichen Lebens gezeigt hat. Möbius brauchte nur bei Dr. Zeigner zu .erscheinen, er bräuchic gar nichts zu sagen. Alle diese Gründe haben das Gericht dazu gebracht, den Angeklagten Dr. Zeig ner, trotz seiner sehr erheblicl)cn Schädigung der Rechtspflege, mil dernde Umstände zuzubilligen. Im Falle des 8 133 hat das Gericht für Dw Zeigner sechs Monate Gefängnis angenommen. Es tert dabei an den Fall Weiner gedacht und hat nicht übersehen dürfen, daß Dr. Zeigner damals Staats anwalt war. Für die beiden Fälle Brandt (Verbrechen nach § 332) hat das Gericht erkannt wegen Bestechung mit Geld 2 Jahre 6 Monate Gefängnis und wegen Bestechung mit der Gans 1 Jahr. Trotz der mildernden Umstände bat das Gericht dem Angeklagten Dr. Zeigner die bürgerlichen Ehrenrechte aberkenn"» müssen. Das Ge richt ist der Ansicht gewesen, daß selbst ein schwacher Mensch, ein Psychopath, ein unter" dem Druck eines Vampyrs wie Möbius han delnder Mensch, lo viel Energie hätte aufbringen müssen, um cinzu- schcn daß seine Handlungen nicht ehrenwert waren. Was M öbins angcht, so ist nicht zu verkennen, daß er ein ein facher, ungebildeter, wcnn auch bauernschlaner Mann ist und daß er infolgedessen natürlich nur über sehr viel weniger Hemmungen ver fügte, als ein aebildeter und geistig hochstehender Mann. Möbius hat sich in ungünstiger wirtsckms lieber Lage befunden, deswegen hat man ihm mildernd« Umstände zurrkannt. Gegen ihn ist erkannt worden wegen Beihilfe zur Bestechung in Geld auf 1 Jahr 6 Monate und wegen Bestechuna mit der Gans auf 9 Monate Gefängnis. Daraus ist das ob-n wiedergea-bene Gesnmtnrteil abgeleitet worden. .Zn der juristischen Wert u n g führt der Vorsitzende u. a. aus: Das Gericht steht auf dem Standpunkt, alles, was Möbius sagt, ist null und nichtig. Das Gericht lehnte die Haftentlassungsanträge der Verteidiger äh. Wieder 34 Millionen bezahlt. Pari«, 39. März. Der „Temps" meldet den am Freitag erfolgten Eingang von 34 Millionen Goldmark von Deutschland für die Desatzungskosten in der zweiten Hälft« des März. , Aufhebung der Staatrgerichtshosr». Berlin. SO. März. Dem Reichskanzler ist ein Gesetzentwurf zugegangen, durch den der im Gesetz zum Schutze der Republik am 21.. Juli 1922 eingesetzte S t a a t» g e r i cb.t sch o f aufgehoben werden soll. Damit wG'dcn an die Stelle dieser Sondergerichterä wieder die ocdeutli ch c» Gerichte zu treten haben. An de« . s!m Gesek zum Schutze Gr Republik vorgesehene« T.raüusstimmuugen ' wird lüerdurck nichts oeändi"» I Scheinkonjunktur. Auf der Berliner Jndustrietagung klanH ein stark pessimistischer! Unterton durch alle Reden. Und es waren wahrlich nicht die erstes Besten, die dort sprachen, sondern Leute, die an der Quelle von Wirt schaft und Politik sitzen. Noch deutlicher kam die bedrohlich« Lage des Vaterlandes in einer Festsitzung zur Feier de» zeßnüihri- gen Bestehens Ler Deutschen Wirtschaftlichen Gesellschaft zum Aus druck, die am Freitag in Berlin stattfand. Es war im ganzen ge nommen eigentlich eine Trauersitzung. Reichsminister a. D. Dr. Koeth wies darauf hin, daß auch Lie Spritze Lor Renten« marklösung, welche Lie deutsch« Wirtschaft bekommen hab«, nicht unbedenklich sei. Mehr als das: e» gehe wieder abwärts, gründlich abwärts mit uns! Wenn di« deutschen Wirt schaftenden ihre ganze Aufgabe darin sehen, nur möglichst viel Geld zu verdienen, dann könne man Ler deutschen Wirtschaft die trau rigste Prognose stellen. Und Staatssekretär Trendelen burg vom Reichswirtschaftsministerium erklärt« nachdrücklichst: Dov Weltkrieg hat Deutschlands Schwächen — relativ schwache Rohstoff basis und Exponirrtheit unserer Absatzgebiet« — noch wesentlich ver schlimmert. So wie wir in den letzten Monaten gclcbt haben, kön- neu wir nicht weiterleben. Mr müssen arbeiten und spa rens Der gleich bitter ernste Ton klang aus den Darlegungen des, GencralLirektors Craemer, der für die Industrie sprach. Em knüpfte an das Wort an, das aus Ler Jndustrietagung gesprochen wurde: „Die Welt hat nun einmal Lie Eigenschaft, nicht größer zu werden, die Menschheit aber nimmt unaufhaltsam zu." „Daraus ergeben sich," meinte Craemer, „alle Konsegucn- zen für Weltwirtschaft und Industrie. Gerade in unsrrcm Hei matland sind viel zu viel Menschen, für die keine Nahrung vor handen ist. Für sie Nahrung zu schaffen, ist Ausqab« der deut schen Industrie. Das Suchen nach immer neuen Absatzgebieten entsprang der Verantwortlichkeit der Industrie gegenüber dem eigenen Volk. Das Wort von der Notwendigkeit, hinan» in dio Welt zm blicken, war nie angebrachter al, heut«. Ein grötzere« Unheil kann Deutschland nie treffen, als wenn die Verhältnisse dieses Jahres 1924 auch nur ein Jahr andauern würden: dies« Scheinkonjunktur, hervorgcrufen durch einen ungesun den Mehrverbrauch. Warum diese Schcinkonjunktnr? Weik wir S Millionen Arbeitslose hatten und weil die deutschen In dustriellen froh waren, diese 5 Millionen endlich wieder be schäftigen zu können. Ich fürchte, daß uns infolgedessen des Atem zu früh ausgehen wird. Dann stehen wir vor einen, leeren Raum, Ucbcrall, wo Deutschland heute anklopft, sind Lie Türen verschlossen. Es ist uns zwar gelungen, einen grundlegend günstigen Handelsvertrag mit dem größten Land der Welt abzuschließen, aber ich fürchte, die frühere Auf nahmefähigkeit der Welt für die deutschen P r o d u k t e i st s ü r i m m e r d a h i n. Zu Len skeptischen Be merkungen Dr. Koeths über di« Rcntenbank, zu bereu Vätern auch ich gehöre, möchte ich eins bemerken: Cs gibt Menschen leben, die gerettet werden können durch eine Kamvfcrspritze oder eine Dosis" Koffein. Vielleicht hat die Rcntcnbankspritze wenigs stens uns eine Atempause erschaffen, bis zu dem Augenblick) an dem auch die übrigen Böcker ciiisehcn, daß man die deut sche Wirtschaft nicht wie einen Zahl aus einer Maschine aus- brechen kann, ohne daß das ganze Getriebe der Weltwirtschaft zerstört wird." . : Das unsichere Gefühl, das alle Volkskreise gegenüber der heuti gen wirtschaftlichen Lage haben, wild hier von autoritativer Seite bestätigt. Seit vier Monaten wirkt die „Spritze der Ren- tenmark", die Lebensgeister, die sic im Volke erweckt», sind, jede« fühlt cs, keine Zeichen wirklicl>er Gesundung. Der Export, der Gradmesser wirtschaftlicher Gesundung, liegt darnieder. Der innem Markt ist ausgeblüht. Diese Konjunktur ist durchaus nirqesmrd, g«», nau so lmgesund, wie Li« der Inflationszeit, in d«r di« Drrtzöltniffe- nmarkehrt lagen, liniere Industrie ist in erster Linie auf den Welt markt angewiesen. Von ihm bezieht sie die Devisen, die sie im roh-' stoffarmcn LanL brauäst, um sich im Gange zu halten imd dem Volke Brot zn schaffen. Die Dcheinkonjunltur von heute kann jedem Augenblick zusammenstürzen wie ein Kartenhaus. Um diese» lähmend« Gefühl zu betäuben, schreibt man überall, gerade wie i» der Zeik der Entwertung, verd!«n«n so groß wie möglich und wird unt«, Umständen doch wi«d«r ein«« Lag«, vor dem Nichts stehe«, »ielleich^ mitten Lrin in einem. Zusammenbruch, gegen L«n der -es ver gangenen Herbstes ein Kinderspiel ist. j Man m^iß «inem große« Teil Ler Engländer zvgefkhM daß er die Gefahr, di« darin auch für Großbritannien liegt, erkannt hat. Scheidet Deutschland al, Absatzgebiet des britischen Handelhj au», dann ist England» Weltgeltung dahin. Die Bereinigung de« britischen Handelskammern hat- wie der „E. B." «itteilte, erst vo» kurzem d«n MinistrrprAiLentM vr»ed««altz «stj diese Seigjtz^ .
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