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WASdruKer Tageblatt 2. Blatt Nr. 98 — Donnerstag, den 27. April 1933 Tagesspruch. Und stürmt die See und tost der Wind, Und flammt der Blitze Feuer, Ich denke wie des Schiffers Kind: Mein Vater sitzt am Steuer. Lohmeyer. Die große deutsche evangelische Kirche wird geschaffen. Mit Rücksicht auf die Vorgänge in Mecklenburg und die Bestrebungen zur Schaffung einer allgemeinen Evan gelisch-Deutschen Kirche hat Reichskanzler Adolf Hitler den Wehrkreispfarrer Müller zu seinem Vertrauensmann bevollmächtigt. Wehr kreispfarrer Müller erläßt einen Aufruf, in dem es heißt: „Das Vertrauen des Reichskanzlers hat mich zu einer großen und schweren Arbeit berufen. Mit Gottvertrauen und im Bewußtsein der Verantwortung vor Gott gehe ich ans Werk. Das Ziel ist die Erfüllung evange lisch-deutscher Sehnsucht seit den Zeiten der Reformation. Die Lage ist zur Zeit folgende: DieDeut - scheu Christen wollen eine Evangelisch-Deutsche Reichskirche. Sie haben das Kirchenvolk stark ausgerüttelt. Die Kirchenregierungen wollen ebenfalls eine große .Evangelische Kirche deutscher Nation'. Diese Kirche muß jetzt gebaut werden. Die reformatorischen Be kenntnisse unserer Väter sollen uns dabei den Weg weisen. Im Namen des Reichskanzlers fordere ich alle Beteiligten zu ehrlicher Mitarbeit auf. Der Herr der Kirche schenke uns allen den Geistder Einmütigkeit, daß wir gemeinsam und voller Zu versicht ans Werk geh^n. Er gebe uns auch die Kraft, alle Ktörungsversuche unerbittlich niederzuhalten." Die Zusammenschlußbewegung in der evangelischen Kirche, v. Marahrens. der lutherische Landesbischos (links), und Studiendirektor Pastor v. Hesse-Elberfeld (rechts), die jetzt bei den Beratungen um die Schaffung einer deutsch-evangelischen Kirche viel genannt werden. Weiterer Fortschritt der Kircheneinigung. Präsident Kapler auch für die altpreußische Kirche bevollmächtigt. Den Beschluß des Deutschen Evangelischen Kirchen ausschusses über eine Kirchenverfassungsreform haben die vom Altpreußischen Kirchensenat bevollmäch tigten Mitglieder dankbar und freudig begrüßt. Sie haben deshalb, nachdem der Deutsche Kirchenausschuß die Verfassungsarbeit dem Präsidenten v. Dr. Kapler übertragen hat, diesem die gleiche Volkmacht für die altpreußische Kirche erteilt. Mit diesem Beschluß ist eine einheitliche Zu sammenfassung des Werkes der Neugestaltung im deut schen Gesamtprotestantismus und in der größten deutschen Landeskirche ermöglicht. * Die aus ganz Deutschland versammelten Ver treter des Evangelischen Bundes begrüßen in einer Erklärung die Beilegung des Kirchenkonfliktes in Mecklenburg-Schwerin. Sie setzen sich, wie es weiter heißt, für die Einheit der evangelischen Kirche deutscher Nation, aber auch für die Erhaltung der Union ei« und verwahren sich gegen die Neuschaffung konfessioneller Sonderbünde. Bei dem Einigungswerk müsse ferner das gesamte evangelische Auslandsdeutschtum berücksichtigt werden. Ser Aufbau des neuen Rechts. Zur Ernennung Dr. Franks zum Rcichsjustizkommifsar. Mit der Ernennung des bayerischen Justizministers Dr. Frank zum Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz in den Ländern und für die Erneuerung der Rechtsordnung sind nunmehr, so schreibt die NSK., die wesentlichsten Aufgaben der Neu gestaltung des deutschen Rechtslebens einem Mann übergeben worden, der selbst in jahrelanger Arbeit für diesen Neubau sich eingesetzt hat. Dr. Frank werde seine Aufgabe darin sehen, innerhalb der von Adolf Hitler durchgeführten grandiosen Umgestaltung des ge samten deutschen Lebens auf dem Gebiete des Rechtes den Willen des Führers und Kanzlers zu vollziehen. Reichskommissar Dr. Frank wird für die absolute Übereinstimmung der Nechtsentwicklung und der politischen Entwicklung in Deutschland der Verantwort liche Mitarbeiter der Reichsregierung sein. Wie die NSK. weiter erfährt, wird Dr. Frank im engsten Ein vernehmen mit den Länderministerien dw Gleich schaltung der Länder auf dem Gebiete der Justiz regeln dafür zu sorgen, daß die vom Reichsrecht auf geworfenen Fragen in ganz Deutschland in einheitlicher Weise geregelt werden.. Es wird in Zukunft in allen großen gesetzgeberischen Fragen nur einheitliche Ausführungsbestimmungen und Durch führungsregelungen für das ganze Deutsche Reich geben. Weitere große Aufgaben werden dem Reichsjustiz kommissar im Aufbau der Gerichtsorganisation und derPersonalpolitik gestellt sein. Ferner wird t^r Reichsjnstizkommifsar auch auf dem Gebiete der Reichsreform im Sinne der allgemeinen Zielrichtung der deutschen Entwicklung die notwendigen Arbeiten durchführen. Die „neutrale" Saarregierung zum Mai. Kein Urlaub für deutsche Gemeindebeamte. Nachdem die Regierungskommission des Saargebietes vor einigen Tagen hat verlauten lassen, daß sie gegen eine Arbeitsruhe der Arbeiter in den staatlichen Betrieben am 1. Mai nichts einzuwenden habe, ist jetzt eine Verfügung an die saarländischen Gemeindeämter ergangen, daß am 1. Mai kein Gemeindebeamter beurlaubt werden darf. Demnach scheut sich die Negierungskommission, den 1. Mai amtlich als Feiertag anzuerkennen, obwohl sie die französischen Beamten am 14. Juli, dem franzö sischen Nationalfeiertag, regelmäßig beurlaubt hat. LanöwirMÄst und Außenhandel. Zur deutsch-niederländischen HsndelsrinigunA Zu der Mitteilung über di« in den deutsch- niederländischen Wirtschaftsbesprechun- gen erzielten Einigung wird von unterrichteter Seite noch folgendes ergänzend mitgeteilt: Reichsminister Dr. Hugenberg ist bei den Ver handlungen davo« ausg^zangen, den notwendigen Aus gleich zwischen den Interessen der deutschen Landwirt- schäft und der Export Industrie zu finden. Während früher dieser Interessengegensatz zu einer schweren Beeinträchtigung der deutsch-niederländischen Wirtschaftsbeziehungen führte, ist es nunmehr durch die einheitliche Zusammenfassung der deutschen Wirtschafts politik gelungen, auf neuen Wegen die im Interesse unserer Gesamtwirtschaft und unserer Außenpolitik not wendige Einigung herbeizuführen. Das Abkommen, dessen Einzelheiten in wenigen Tagen bekanntgegeben werden, sichert der deutschen Landwirtschaft den not wendigen Schutz auch weiterhin zu, läßt aber andererseits der niederländischen Wirtschaft die Möglich leit zur Einfuhr, die sich auf dem deutschen Markte bei Berücksichtigung vcn Angebot und Nachfrage ergibt. Es ist der grundsätzliche Fehler der früheren Handelspolitik, wahllos Zollsätze langfristig zu binden, ver mieden worden. Nur da, wo ein Einfuhrbedürfnis noch anerkannt werden kann, sind Zugeständnisse gemacht wor den. Aber auch in diesen Fällen ist durch zweckmüßia ge staltete Kontingentierung sowie durch Verein barungen über Preissicherungen dafür Sorge getroffen worden, daß die notwendige Organisation des Absatzes deutscher Waren durch die Einfuhr nicht beeinträchtigt werden kann. Damit ist der erste Beweis erbracht, daß eine zweck mäßig geführte Handelspolitik sehr Wohl die deutschen Ausfuhrmöglichlei'^ erhält und steigert, ohne die not wendige Kräftigung des Binnenmarktes zu gefährden. Nassauische Sauern für Hugenberg. Der deutschnationale Landwirtschaftsausschuß Nord nassau hat an den Reichspräsidenten und den Reichs kanzler Telegramme gerichtet, in denen es heißt: „Namens von tausenden nassauischer Bauern hoffen und wünschen wir, daß der eine der großen Wegbereiter der nationalen Revolution, der bewährteste Vorkämpfer und erfahrenste Fachmann deutscher Bauern- politik, Minister Hugenberg, ungestört seine be gonnene große Aufbauarbeit in den landwirt schaftlichen Ministerien Preußens und des Reiches fort setzt, daß darüber hinaus die einheitliche Nationalwirt schaftspolitik der nationalen Regierung durch unanta st- bare Vereinigung aller Wirtschaftsministerien in Hugenbergs Hand gewährleistet bleibt. Wir bitten des halb, jeden Ministerwechsel im Reichsernährungsministe rium oder im preußischen Landwirtschaftsministerium ab zulehnen." Reichslan-buni> lehnt v. Rohrs Senk- fchriff ab. über die Neuordnung des Bauernstandes. Das Präsidium des Reichslandbundes verbreitet eine Mitteilung, in der es u. a. heißt: „Die von dem Vorsitzen den der,Berufsständischen Arbeitsgemeinschaft der deut schen Landwirtschaft', Staatssekretär von Rohr, ver breitete Denkschrift über die Neuordnung des beruf« ständischen Aufbaus der Landwirtschaft hat wegen der ver schiedenen Ämter, die Staatssekretär von Rohr versieht, Anlaß zu falschen Kombinationen gegeben. Hierzu ist festzustellen, daß die Denkschrift lediglich ein: Privatarbeit darstellt. deren Gedankenaänge der AeVkÄtrNUael »«ruesea-aecttrsscnvrr ovacu verriss «eisre« (78. Fortsetzung.) „Trotzdem freut's mich schrecklich, wenn der Klaus alles zusammenhaut. Ich bin nämlich 'n meschuggener Kerl. Ge winnt der Klaus, dann freue ick mir so schrecklich, daß ich auf die zwanzig Mille pfeif'. Gewinnt der Sulliven, na dann tröstet mir det Ield ein bißchen. Versteh'n Sie mir?" Da klopft ihm der alte Amerikaner auf dis Schultern. „Sie sind ein good manl Sie sind ein good man. Pur- linbroke ist Ihr Freund, wenn nötig auch mit Scheck." Das ist die höchste Freundschaft, denkt Krause glücklich und schüttelt Purlinbroke die Hand. Der zweite Zwischenlauf bringt Sulliven einen Sieg über Kerpen. Aber nur mit einem halben Meter Vorsprung ver mag er ihn zu schlagen. Unmittelbar schließt sich der dritte Zwischenlauf an, der das Publikum zur reinsten Raserei bringt, denn Werner gebt vom Start weg los wie ein Blitz und siegt spielend. Mit sechs Meter Vorsprung schlägt er seine Rivalen leicht. Die Läufer feiern die Brüder stürmisch. Der echte Sports geist schlägt durch. Lediglich Sulliven ist bedrückt. Sein Trainer spricht auf ihn ein, während der Masseur ihn bearbeitet. „Nun, wie steht's, Boy?" „Schlecht, offen gesprochen, schlecht. Ich will alles tun, aber geben Sie sich keiner Hoffnung hin." „Sie müssen noch besser starten, mein lieber Sulliven. Größere Ruhe." Sulliven lacht kurz auf. „Sehen Sie sich doch einmal die Michaels an. Die sind ruhig, als handele es sich um nichts. Und der eine weiß bestimmt, daß er nur Aussicht auf Begnadigung, vielleicht zu zehn Jahren Zuchthaus hat. Synders, was muß in dem Manne für Kraft stecken, daß er allen gewachsen ist!" Hanna weint. Sie hat sich Mühe gegeben, die Tränen zurückzuhalten, aber die Schwäche überwältigt sie. Herr Eschler-Hochheim bemüht sich erschrocken um Hanna, die ihn abwehrt. „Nichts, nichts, Onkel. Ich bi» so glückselig. Ich glaub', daß alles gut wird." Der Industrielle steht mit blutendem Herzen bei der geliebten Nichte. , „ . Gut werden? denkt n. Was soll denn gut werden? Wenn sie lebenslängliches Zuchthaus in zehn Jahre um wandeln — heißt das gut? Ist das nicht genau so schlimm? Frau Maya hat Hannas Hand gefaßt und hält sie fest. Ihre Seele ist voll Glaubens, gleich der Freundin hofft sie auf das Unbegreifliche. Mister Purlinbroke tritt in die Loge und begrüßt die Damen, dann Herrn Eschler-Hochheim. „Sie haben doch Mut und Zutrauen wie ich?" fragte er Hanna herzlich „Ja! Er wird siegen. Es muß doch gut werden. Kann denn ein Mensch glauben, daß Klaus schuldig ist?" „Nicht ein Mann," sagt der Amerikaner begeistert. Da kommt der große Entscheidungskampf, zu dem Werner und Klaus Michael, Kerpen, Sulliven, der Kanadier Sarslong und der Schweizer Sutorius qualifiziert sind. § Die atemlose Spannung, die im Publikum herrschte, ist ! schier erdrückend und steigert sich von Minute zu Minute. Als die sechs Läufer, alles prächtige Gestalten, in der Arena erscheinen, steht das Publikum auf und jubelt den Siegern zu. Staatssekretär von Seelingen spricht auf Warner ein: „Ihr Ehrenwort, daß Sie jetzt kämpfen werden, ohne Rück sicht auf Ihren Bruder. Sie müssen versuchen, ihn zu zwingen. Er tut das Gleiche. Die deutsche Olympiade erleben wir beide i nicht mehr. Sie soll uns eine köstliche Erinnerung für alle Zeiten sein." , „Ich verspreche es Ihnen. Das würde mir Klaus nie ver- j geben. Ehrlicher Kampf wird es sein." : „Ja!" Klaus tritt heran und legt den Arm um des Bruders , Schultern. f Schulter an Schulter stehen sie da. Zwei junge Männer, I schön wie Apollo. s Ihre Braunaugen, in denen alle Kraft des Mannes, alle Güte und Wahrhaftigkeit liegt, treffen sich. Die Umstehenden senken den Blick vor dem Strahl heißer Bruderliebe, der aus beider Augen bricht, jener Liebe, die alles überdauert. Das sind die Brüder Michael. Sie haben sich niemals bemüht, anderes zu sein, als sin- i fache, gerade Menschen, die unbeirrt ihre Straße gehen j Sie sind groß, sie können alles und find doch schlicht Nichts an ihnen ist Pose. Der Staatssekretär wendet sich zur Seite. Ihm ist's mit ! einemmal so weh. Er hat auch zwei Söhne. Der eine ist in j Australien und vertritt dort die Interessen seines Vaterlandes, der andere wurde Gelehrter. Er muß an sie denken beim Anblick der Brüder Michael, und ihn packt mit einemmal ein Grauen vor der Ruhe Klaus Michaels, der vor dem Tode nicht zittert und der noch nie ihm gegenüber klagte Daß dies ein Mensch vermag? Ein Photograph hält schmunzelnd das prächtige Bild fest. Dann heißt es antreten. ! Der weltgeschichtliche Augenblick naht. Sechs junge Körper kämpfen um die Weltmeisterschaft. Der Start. Die Brüder stehen nebeneinander und nehmen Start stellung ein. „Ich halte mich an dich," sagt Werner. „Tu's!" Die atemlose Spannung des Publikums läßt sechs Herzen rascher schlagen. Auch die Brüder können sich der Erregung nicht wehren. i Sekunden werden zu Ewigkeiten. . Endlich Erlösung. Der Startschuß. Auf den ersten Anhieb klappt ein wundervoller Start. I« Linie kommen sie ab. Klaus Erregung ist mit dem Sprung« verschwunden. Jubel ist in ihm, als er vorwärts stürmt. * * Der Kommerz' nrat in der Loge sieht mit zusammen gebissenen Zähnen, wie die Brüder in Front ziehen. Sein Herz geht wahnsinnig. Eine übermenschliche Wut packt ihn. Er keucht auf. Ihr! Ihr beiden! Klaus zieht in Front, dicht neben ihm liegt Werner. Klaus läuft mit der Gleichmäßigkeit einer Maschine. Er fühlt an dem ihn umbrausenden Geräusch, daß er m Front ist. Wie ein Zweigespann im Brüder die Strecke. schärfsten Tempo rasen die * (Fortsetzung folgt.f