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Wilsdruffer Tageblatt
- Erscheinungsdatum
- 1933-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193312067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19331206
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19331206
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-12
- Tag 1933-12-06
-
Monat
1933-12
-
Jahr
1933
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt
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UntefhaNungs-StunÄe ; fast allzu viel geputzt, wa^ r nicht schadete, denn der Herr Osten packte, und sein Bursche half ihm »er Koffer; zuerst den grauen mit Eisen ' Leutnant von « Gegen Hunger und Külte! fi a und sein im der a E d d 1' r« d d si si die noch der Einkleidung bedurften, durch die Straßen, Tac »und Nacht — „Denn wir ziehen in den Krieg..." kdabei. Er packte drei . beschlagenen, der seinen Namen trug, und den des Regiments, ideun der ging ins Feld, m den Krieg, dem Feinde entgegeu Den zweiten behielt seine Wirtin, in den kam Wäsche, Zivil Aeug, zum Nachschicken im Fall einer Verwundung, und der dritte — ein leises Lächeln huschte über das ernst gewordene warum ich den kleinen Löffel so liebe? — Fortan'besah man den Außenseiter mit ehrfürchtigen Mienen, faßte den kleinen dreizehnten mit sorgsameren Händen an, so daß sich auch sein Verhältnis zu den blanken Geschwistern erheblich besserte. Ja, es ist manchmal gut, eine Vergangenheit zu haben! schickte so treulich, und noch eine andere tat das gleiche weilen. Seine erdigen Finger drehten sein Löffelchen, karges Nachtmahl war eingenommen. Dich hat sie bewußt, verklärte sein junges, schnkal gewordenes Gesicht. Die Schwester, die Mutter, sein Muttchen... Sie schrieb Munde gehabt, einst — die Annemarie! Drüben funkte Feind fernen Abendsegen herüber, das tat er immer um diese Zeit. Osten störte es nicht mehr. Blonde Haare, wirre, kraute hat sie gehabt. — Heute meinten die drüben es aber zu arg, was fiel ihnen nur ein! Die letzte Granate hatte fast den Graben getroffen. — Sollte das etwa Wiedereröffnung des Höllcnkonzcrts bedeuten? Vergessen waren mit einem Schlage süße Dinge aus friedlichen Zeiten, die junge Gestalt straffte sich, — doch das Kommandowort erstarb in wehem Röcheln... Ter Feind batte sich eingeschossen, aber es half ihm nichts. Tagelang ging der Kampf um den Graben; die Deutschen d-elten stand. Sie rächten die Opfer, die er gekostet, sie er oberten ein neues Stück feindlichen Landes. Tränenden Auges Packte eine alte weißhaarige Mutter das kleine Köfferchen ihres Sohnes aus. Zu oberst lag sein Testament. „Mein Jung", schluchzte sie, „mein einziger Fung!" — „Weinen und Klagen ziemt nicht um einen ge fallenen deutschen Offizier", las sie die Worte in ihres Sohnes deutlicher Knabenhandschrift und überwand die Tränen, ihm zu lieb, aber ein Feldpostpäckchcn aus ferner Karpathengegend ließ sie aufs neue fließen. Der Bursche Kaludrigkcit schrieb — oh. sie hatten alle geschrieben, der Oberst, der Hauptmann, rin Freund — aber der treue Ostpreuße schickte den Wappen ring und das Eiserne Kreuz. Es klebten noch Erdspuren da ran. Verschüttet gleich ihrem Herrn und doch wie durch ein Wunder wieder emporgeworsen. Die Tochter stützte die alte Frau. „Da ist noch etwas, Mutter Sein Löfselchen ...!" Erdfarben allmählich und unansehnlich; lange hielt cs der Mutter Hand. Ich erbat mir's als Andenken. Mädels, wikt ibr nun. zusammen , , „ . . schwall hinein. Er fühlte nicht, daß ihm das Blut über die Stirne rieselte. Da sah er Entsetzliches. Riesengroß kam eine alte Mannesgestalt daher. Sie hatte die Aermel des Weißen Gewandes aufgestreift, und im gleichmäßigen Takt ließ sie ein Schwert, mit weitem Schwünge ausholend, durch die Hälse der Krieger fahren, daß hüben und drüben die Köpfe wie die Beeren einer vollen Traube zu Boden tropften. Gnadenlos und starr wuchs der Tod heran. Der junge Landsknecht hörte das Zischen der Schneide und das Röcheln der Gewürgten — da ritz rhn schon der Rückprall der gewirbelten Rotten herum. Wie das alles geschah, wußte er spater nicht mehr. Aber am Abend gewahrte er am blutigen Himmel den Schattenriß einer türmereichen Stadt. Er schleppte sich in die Gassen hinein, fing an zu taumeln und lag alsbald regungslos auf den Treppenstufen eines großen roten Gebäudes dicht am schwarz Ursula. Eine alte Geschichte von Ernst Borkowsky. Es sind Wohl schon über vierhundert Jahre her, da lebte in einer Stadt am Rhein Hans der Maler, den die Mädchen, wenn sie hinter ihm flüsterten, den sanften Johannes nannten. Indessen, er kümmerte sich nicht viel um sie. Er saß an seinem bleigefaßten Fenster vor der Leinwand und malte; malte einen bunten Reitersmann nach dem anderen, und das sollte immer der Sankt Georg sein. Und einmal hatte er mit spitzem Pinsel einen ganz wunderschönen fertiggcbracht, dessen blondes Gelock unter dem Helmrand wie Golddraht funkelte. Der Reiters mann stieg in der Mondnacht aus dem Bilde heraus, streckte das Schwert über den Träumenden und sagte: „Ich schlage Dich zu meinem Ritter." Als am nächsten Tage zur Mittags zeit das angeworbene Soldatenvolk, ratblaugezipfelt, hinter dem hageren Hauptmann zum Brückentor hinauszog, war es, als ob unter den hundert Lanzen eine blanker strahlle als die anderen und als ob ihr Schaft von klopfendem Blute zitterte. Und die flinken Dirnen, die neben dem Haufen einherliefen, riefen: „Der sanfte Johannes zieht in den Krieg." — Nach zwei Wochen war die Schlacht. Der Himmel drückte sich schwarz und schwer auf die arme Erde und preßte den rotgefleckten zunge Gesicht — war ein altes, kleines Kadettenkofferchen ziemlich mitgenommen von all den Urlaubsfahrtcn sah ei ous, in den kamen Militärpapiere, Patente, Polizen, Fa milienandenkcn, und obenauf: „Nach meinem Tode zu senoei an..." Jochen von Osten dachte an seine Mutter, sein gute! Mütterchen, dem er nun nicht einmal Lebewohl sage» konnte: aber viel Zeit zum Denken gab es nicht. „Was ist's noch, Kaludrigkcit?" Der Bursche hielt etwa! Blankes in großen unbeholfenen Händen. „Unser Löffelchen Herr Leutnant, wohin?" — „Gib her! Hast recht. Warun joll's hier bleiben?" Aber drei Koffer standen offen. I, welchen...? Schwer wurde das kleine Ding ihm unter der Fingern. Im Felde? Essen mußte er dort auch, wenngleick es nicht immer viel geben würde. Er hing nun mal an den blanken Ding. Ein Stückchen friedliche Heimat war's; so flo« Las Löffelchen in den feldgrauen Koffer, der dann Hörbai zuschnappte. Um immer bei der Hand zu sein, kam es später in der Tornister, und sein Herr erduldete manche Neckerei seine: Kameraden, die ihn den „noblen Osten" nannten, wenn ei mit seinem silbernen Löffel den Rest einer Liebesgaben- konlerve auskratzte. Blank war das Ding nicht gerade mehr auch einige Schrammen und Beulen hatte es abbekommen Aber was tat's? Dem jungen Offizier war's wie ein Grus aus der Heimat, wenn er es zur Hand nahm. ^Sie lager nun schon Monate, endlos lange Monate im Schützengraben da bekam man Sehnsucht und träumte Wohl auch von sc mancher Stunde, an die der silberne Freund erinnerte. Weißt Lu noch? Der Abend des Wohltätigkeitsfestes? Die schön« Frau, die so hell lachen konnte, und der perlende Wein in Lcn Gläsern? Ob sie jetzt wohl weinte um den Mann, den di« feindliche Kugel ihr genommen? Ob wohl eine um dich Wernen würde, Hans Jochen? — Gin Lächeln, ihm un- z andern nur ein Muster, ein Biedermeiermuster trug er und «war darauf noch besonders stolz. Na überhaupt, er hatte wohl Grund, bei seinen Erlebnissen stolz zu sein. Plumps — das kam vom Dicketun! — rutschte er wieder aus dein ordentlich aufgerichtcten Stapel seiner Kameraden heraus. Meine Tochter schalt. „Er paßt nicht dazwischen", und Lie Jüngste, gleich ihr mit Tischabräumcn beschäftigt, konnte ^,auch Mutters Liebhaberei für diesen einzelnen kleinen «Löffel nicht begreifen". Da ward es Zeit, daß sie die Ge- sschichte des kleinen Außenseiters erfuhren. In sorgloseren Vorkriegszeiten hatte ihn auf einem Wohltätiakeitsfest ein glücklicher Fähnrich gewonnen. Aus flauem Samt gebettet, strahlte er iin Glanz seiner Neuheit wie die blauen Knabenaugcu, als schlanke Frauenhände ihn Lem jungen Manne „als erstes Stück für den eigenen Haus- Halt" überreichten. Leicht war diese erste Etappe im Leben Les kleinen Löffels nicht. Es ging nichts ohne ihn, aber es ckam auch nicht so genau darauf an, was mit ihm gegessen wurde, wenn nur überhaupt etwas zu essen da war. Einmal ,nur geschah es, daß auch wieder eine zarte, weiße Mädchen- Hand ihn berührte, ihn zum Munde führte mit süßen Dingen; aber das Löffelchen schwieg taktvoll, klirrte nicht und lächelte -nur leise. Gepflegt wurde es; s " ' " " aber ferner guten Konstitution nie,. , ... . Leutnant —! Und der gute Bursche rieb und polierte. Aber solche Glanzzeiten Pflegen im Leben nie von tanger Dauer zu sein, und jäh wurde es ganz anders. Tag und Nacht schallte der Schritt junger Männer in Uniform und solcher, Feuerrauch vor sich her. Die Gräser fieberten vor Blutdurst. Die klotzigen Kartaunen bellten. Und als das feindliche Fuß volk, Fähnlein neben Fähnlein, sich vom Hügel herabschob, daß man schon die Gier in den Augen fletschen sah, sprang unsere rotblaue Brüderschaft von den Knien auf die Sohlen und drängte stiernackig und sperrbeinig den Welschen entgegen. Masse verbiß sich in Masse. Hans der Maler kniff die Lippen zusammen und stieß sein Eisen blindlings in den Menschen- Eine tausendjährige Straßenwalze. Die älteste Straßenwalze, jedenfalls auf amerikanischem Boden, wurde unlängst von einer Forschungsgesellschaft in Aukatau, im nordöstlichen Mexiko, entdeckt. Das Stück, in zwei Teile zerbrochen, stellt offenbar eine zylinderförmige Walze aus festem Gestein von mehr als vier Meter Länge und einem Durchmesser von rund 70 Zentimetern dar. Das Gesamtgewicht betrug 5000 Kilogramm. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß seine Hersteller, die alten Majas, es vor mehr als einem Jahrtausend beim Straßenbau ver wandten. Dieses alte Kulturvolk leistete bereits Bemerkens wertes im Wegebau. Die Reste seiner ausgedehnten Straßen, wenn auch heute vom Urwald überwuchert, heben sich noch jetzt, besonders vom Flugzeug aus, deutlich aus der Land schaft ab. Da die Majas weder Wagen, Karren noch Trag-, tiere kannten, legten sie ihre Wege ausschließlich für Fuß gänger an. Das Gelände wurde zunächst bis auf den festen Untergrund ausgchoben, die 'Seiten durch Steine, zuweilen auch durch Mauern gestützt. Den so entstandenen Raum füllte man zunächst durch große, dann immer kleinere Felsblöcke, Steine und Kies aus. Den Abschluß bildete eine Decke aus einer zementartigeu Masse. Jede einzelne Schicht befestigte man mittels einer Walze von der Art, wie sie kürzlich auf gefunden wurde. Daß diese Werkzeuge gute Arbeit taten, be weist der vortreffliche Zustand der Straßen nach mehr als einem Jahrtausend. SrenrlanükSmpfe»' in trSnkMer Stallt, von Eacri y-o« V^eml-e«. Sonne liegt über dem Marktplatz. Ein warm« Wendi dringt durch die Säulenhallen des Rat- und Gilde Haufes und umspült die Jahrhundert-Linde. Nach oben hebt dieser Baun» seine festen Aeste und wölbt sie über den ganzen Platz. Im Becken unter der Linde fließt das Wasser, strömt.' zweimal von metallgeschweiften Schalen aufgefangen, zum roten Scmdsteinbecken. Die Strahlen der Sonne spielen im Wasser, Wellen schwingen. Kieselsteine, bunte Scherben spiegeln sich am Grund des flachen Brunnens, dessen Wände Delphine, Muschelns Ringelwerk und halbe Kugeln schmücken. Kleine dicke Säulen^ auch aus Stein, stützen die Ecken. Zwischen den Ritzen quillt das frische Gras, und zwischen den runden Pflastersteinen des Marktes schimmert zartgrünes Moos. Auf der Bank, die den Stamm der rissigen Linde umringt^ sitzt eine Frau, hat den geflochtenen Korb zur Seite gestellt^ Sie blickt hinüber zu den Steinfiguren am Eck des Rathauses,' zu den Giebeln der Häuser, und die letzte Sonne wärmt sie noch.- Ein hartgefederter Lastkraftwagen, ein Wageu mit hunderr- undzwanzig Mann Besatzung poltert über die Sandsteinbrücke der Stadt. Hundertundzwanzig junge Männer singen ein Kampflied, und der Wagen biegt in die Gasse zum Marktplatz ein. Die rote Hakenkreuzfahne weht über der braunen Schar. Der Wagen steht still. Sie springen ab, reihe» sich auf, Mann neben Mann. Dunkles Grün von Tannen schmückt die Männer. Sie kommen vom Osten, vom Norden her; Schle sier. Fahren weiter, fahren bald weiter zu einem großen Treffen im Süden des Reiches. Regungslos steht die Sturm kolonne, ihr Führer spricht. Von allen Seiten und Gassen laufen zuerst die Knaben herbei, die Burschen, die Männer^ jung und alt, Frauen und Mädchen. Fenster fliegen auf, unq Hakenkreuzfahnen rauschen zum Gruß hinaus. Dann dröhnt durch alle Straßen zugleich der Schritt der eisenbeschlagenen Stiefel. Hier winkt einer zum hohen Fenster hinauf. Einer hat ihm zugeworfeue Blumen aufgesangem Burschen im Braunhemd, Söhne der Stadt grüßen die schlesi schen Kameraden, und ein paar Mann steigen die breite» Stufen zum „Goldenen Löwen" hinan, den Wein dieser Stadt zu erproben. Nah dem Marktplatz wird heute kampiert. Das grünet Zelttuch ist aufgepflockt. Im Dunkeln noch arbeiten zweL Mann am Motor. Einer leuchtet, der andere probiert mit dem Schlüsseln. Immer wieder kommen Kameraden hinzu, Kame raden aus der stillen Stadt. Ja, sie sind mit beim Aufmarsch^ natürlich! Sie fahren mit den Rädern, ein Trupp ist seit gestern auf dem Marsch, und für die letzten steht der gelbe Postomnibus bereit. Die Turmuhr vom Rathaus hat eins geschlagen. Der Mondschein fließt über die Schieferdächer, zur Linde, zum Sandsteinbrunnen. Drei Mann stehen davor. Ein Süd deutscher, zwei Schlesier. Die Nacht ist warm. Der eine Bursche aus Schlesien lehnt am steinernen Becken, blickt ins silbersprühende Wasser. Der andere steht aufgerichtet neben ihm und fragt: „Könntest Du hier leben, Kamerad? In dieser schönen fränkischen Stadt, so nah den Weinbergen und den sanften Wiesen! Was meinst Du? Ließe sich hier nicht gut leben?" Auch der andere richtet sich auf und sagt: „Eine Nacht in dieser Stadt zu ruhen, ist gut. Man schläft sorglos. Man ist bewacht, von der Linde, von guten Gedanken, aber..." Jetzt greift« der fränkische Kamerad ins Gespräch: „Ich kann mir denken, was Dir hier fehlt. Das Land ist romantisch, der Nachbar zu freundlich. Euch sehlt der Kampf!" „Friedlich ist es hier", sagte der schlesische SA-Mann. „Alle Tore der Stadt stehen noch, alle Türme und Mauern. Keine Schar verzweifelter heimatloser Bauern flüchtet in Eure Stadt. Kein Hochwasser überschwemmt Eure Straßen. Hier schleicht sich niemand ein. Kein Polack wird hier jemals wüten. Wir brauchten vor unser Zeltlager keine Wache aufzu stellen." Und wieder spricht der Kamerad aus Franken: „Ihr seid hier im Herzen des Reiches. Das Herz hat zu langsam ge schlagen. In Oberschlesien war ich dabei. War bei Oberland. Ich kenne Euren Kampf, ich habe mit gekämpft an der Grenze des Reiches. Und als ich zurückkam, hierher in meine Heimat, lebten hier lauter kleine Kaninchenzüchter. Sie wollten nichts von O. S. hören, nichts von Ostpreußen, nichts mehr vom Krieg. Sie glaubten nicht, daß Tod und List an jeder Ecke lauern. Doch seit die Stürme von Euch an der Grenze durch die deutsche Landschaft fliegen, mit den bkutroten Fahnen an den stillen Weinbergen vorbei und an den alten Glockentürmen, fangen auch die eingeschläferten Kleinstädterherzen wieder zu schlagen an. Die Volksgenossen Wachen auf von Eurem harten Schritt. Die Männerfäuste reißen alle Traumschleier ausein ander und zeigen die nackte Wirklichkeit, den Weg in die Zu kunft. Ihr Grenzlandmänner habt den Kampf begonnen, wir alle ruhen nicht, bis wir es geschafft haben: das Dritte Reich..." Am nächsten Morgen poltert ver jchlesische Wagen aus der Stadt, fährt weiter durch fränkische Dörfer und Städte., Radfahrtrupps vor ihnen, hinter ihnen, marschierende SA^ hell harter Zuruf. — Und so folgt Sturm auf Sturm ziehenden Kanal. Im Ursula-Siechenhause hörte zur Mitternacht die Schwester Magdalena die Flurglocke dreimal anschlagett. Sie ging mit einem Licht hinaus. Da lag ein toter Mann. Sie bekreuzte sich: Der hatte die Klingel nicht gezogen; das war Wohl die heilige Ursula gewesen, die droben in der Giebel- nische über dem spitzbogigen Toreinlaß stand. Die aufgescheuch ten Nonnen betteten den starren Körper des Söldners im Saale, und als sie ihm das blutige Wams behutsam abzogen, sahen sie, daß noch ein Restlein von Leben in ihm flackerte. Und sie wuschen und verbanden den Mann mit ihren sanften, frommen Händen. Die heilige Ursula lächelte dazu in himm lischer Güte.. Nach drei Wochen erwachte der Wunde. Erst kroch er zitternd in sich zusammen, dann wagte er es, die Augen wieder zum Leben zu weiten, das er vergessen hatte. Wie im Halbtraum sah er die Weißen Wände und die Linnen und die Krankenschwestern, die mit stillen Gesichtern unter den weißgestärkten Hauben lautlos über die Fliesen glitten. Als er sich erheben konnte, ging er zur Tür und wollte in den Sonnenfleck des kleinen Siechengärtleins treten. Da saß unter dem Rosenbusch ein alter Mann. Er schien zu warten und guckte bedächtig auf eine blutrote Knospe, die er in den Händen hielt. „Ist es Wohl der Gärtner?" dachte der Kriegsknecht. Da hob jener ein wenig das Gesicht, und nun wußte der Söld ner mit einem Male: Das war der entsetzliche Mäher mit dem grausigen Schlachtschwerte! Der Jüngling fuhr zurück und warf zitternd die Pforte hinter sich ins Schloß. Die Schwestern behielten ihn bei sich, und sein rotes Stirnmal wurde bleicher. Er besann sich, daß er einmal Hans der Maler gewesen war, ließ sich Malgerät bringen und stand mit dem Pinsel in der zaudernden Hand. Sollte er wieder wie einst dön Rittersmann St. Georg auf die Tafel bringen? Draußen schwebten die Schwalben durch den Sonnenstrahl, ein Helles Glockenspiel klang herüber, ruhig glitten die Schwäne auf dem spiegelnden Wasser des Kanals, und über die Bogendrücke zogen lichte Frauen wie Fürstinnen mit schimmerndem Geleit. Und eine war vor allen köstlich und hatte doch ganz gütige Augen. Jetzt wußte er, worauf seine Farben warteten: Ja, die Geschichte der heiligen Ursula wollte er malen, zum Danke, daß sie ihn so himmlisch behütet hatte. Ueber seine erwachten Sinne flog noch leise die Melodie der sanften Stimme, mit der die Schwester Magdalena an seinem Krankenbette die frommen Kapitel der Legende wie die glatten Perlen ihres Rosenkranzes hatte dahingleiten lassen. Kennt ihr die Geschichte? Die schöne Ursula, die Königstochter aus Britannien, fährt auf langer Pilgerschaft mit ihren zehntausend Jungfrauen weit, weithin bis nach Rom, und da gießt der Heilige Vater das Taufwasser über sie alle. Als aber die jungen Christinnen, selig ob des neuen Gottes, auf der Heimfahrt in Köln dem Ufer zustreben, warten da die Heidenfürsten mit ihrer Kriegerschar und schicken in das Herz der Königin und ihrer jungen Jung frauen den schwarzgefiederten Tod. Die heben keinen Fuß zur Flucht, keine Hand zur Wehr. Nur ein mädchenhaftes Beben zittert und ein Hauch, als schwebe ein stilles Rosenblatt zur Erde, auf dem eben noch ein bunter Falter saß. Als Hans seine fromme Schilderei beendet hatte, war er voll von Glück und auch von Müdigkeit. Er stieg die Stiegc hinunter. Ihm war es, als zöge ihn eine sanfte Hand nach dem Gärtlein. In der Mitte unter dem Busche saß wieder der alte Mann und wartete. Er hatte die letzte rote. Rose zer pflückt. Nun stand er auf und schüttelte die Blätter von seinem . langen weißen Rock. Und schaute dem Maler ins Auge und reichte ihm die Hand hin. Und der legte seine Finger hinein und sagte lächelnd: ,„Ja, es ist Zeit; komm, laß uns gehen!" ver Außenseiter. Skizze von Sophie FreiinStjerna. Er war der Dreizehnte. Zu seinen zwölf kleinen, blan ken Geschwistern erst ziemlich spät hinzugekommen, hatte er gne ein rechtes Verhältnis zu ihnen gefunden. Während sie hm alten Niederländer-Stollenschrank ruhig und still in ähren grünen, gerade für sie berechneten Filzbettchcn ruhten, putschte er — eben ein Eindringling, ein Störenfried — mit Behage« und feinem silbernen Geklirr gern hin und her. Er war auch ein wenig größer als die übrigen zwöls .silbernen Kaffeclöffelchcn und nicht so modern wie sie, wcnn- jgleich sie in Wirklichkeit ganz alt nnd nur durch den Wandel Her Mode wieder zeitgemäß geworden waren. Seinen Grifs zierte weder Namenszug noch Krone wie bei den anderen,
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