Volltext Seite (XML)
lSswerner Gomrfag. „Kupferner-, „Silbener" und „Goldener" Sonntag, iso nennt man ja von alters her die drei Sonntag« vor Weihnachten, an denen die gesetzlichen Vor- schriften über die Sonntagsruhe von den Behörden star! gelockert werden, an denen mit amtlicher Erlaubnis z« gewissen Tagesstunden in den Geschäften gekauft Werder darf. Der „Kupferne" Sonntag war jedoch im Laust Ler Zeit in einem großen Teil Deutschlands wieder ab- geschafft worden, weil ihn viele für überflüssig hielten, in dem sie meinten, daß drei Wochen vor Weihnachten ja doch noch nicht zu überwältigend viel gekauft werde. Diesmal aber lag die Sache denn doch ein bißchen anders, indem zwischen dem „Kupfernen" Sonntag und Weihnächte« nur zwei Wochen liegen, da Heiligabend mit dem dritten der Verkaufssonntage, dem „Goldenen" Sonn tag, zusammenfällt. Also kam der alte „Kupferne" Sonn tag wieder zu Ehren, und die Geschäftsleute sollten, wn man so hört, im allgemeinen mit ihm recht zu frieden gewesen sein. Die Käufer hoffentlich auch> Und nun folgt der „Silbern e" Sonntag, den mar früher hier und da etwas von oben herab den Sonntag der „Laufkundschaft" nannte, während der „Gol dene" als der Sonntag der „Kaufkundschaft* galt Am „Silbernen" Sonntag, so hieß es, zögen 'ganze Familien mit Kind und Kegel aus, um sich die Auslagen der Läden anzusehen und zunächst einmal zu prüfen, was sie wohl kaufen könnten. Für große und größere Städte mag das vielleicht gelten, für kleinere und mittler« Orte dürfte es aber wohl kaum zutreffen. Hier weiß jeder sofort, was er. für sein Geld kriegen kann, und wer über haupt zu kaufen gedenkt, läßt sich nicht erst lange Zeit, sondern kauft sofort. Und das ist auch durchaus lobens, und wünfchenswert, damit sich nicht alle Einkäufe auf die letzten Tage vor Weihnachten, voi allem auf den „Goldenen" Sonntag, häufen. Am „Silbernen" Sonntag sollten in erster Linie all« diejenigen kaufen, welche an den Wochentagen zr> sehr beschäftigt sind, als daß sie genügend Zeit und IMnße für größere Einkäufe aufbringen könnten. Es iß also aufs innigste zu wünschen, daß alle, die an dem be vorstehenden „Silbernen" Sonntag in die Läden gehen, das nicht bloß deshalb tun, um sich ausgelegte Waren an zusehen, sondern auch, um Waren, zu erstehen. Den Geschäftsleuten soll das Geschäft nicht durch neugierige „Sehleute", die sich alles zeigen lassen, um dann so gut wie nichts zu kaufen, erschwert werden. Und um das noch einmal zu sagen: der „Silberne" und der auf ihn folgende „Goldene" Sonntag sind durch aus keine Angelegenheit, die nur die Großstadt angeht: sie sind vielmehr für jeden etwas, und selbst der kleinste Ort hat seine Geschäfte, die jetzt gern aus verkauft werden möchten. Wie fchön wäre das, wenn am Montag nach dem „Silbernen" Sonntag die Tages zeitungen berichten könnten: „Der Silberne Sonntag hat alle Erwartungen der Geschäftsleute erfüllt und sogar noch übertroffen, und sie sehen nun in bester Stimmung dem Goldenen entgegen! Stabschef Röhm in Rom. Rom. Reichsminister Stabschef Röhm ist heute nach mittag in Rom eingetrosfen. Er wurde bei seiner Ankunft vom deutschen Botschafter begrüßt und ist bald darauf nach dem Süden weitergereist, wo er einen Erholungsurlaub verbringen will. Mit dem Aufenthalt des Reichsministers Röhm in Ita lien scheinen sich keinerlei politische Zwecke zu verbinden. Ob der Reichsminister auf seiner Rückreise Gelegenheit nehmen wird, mit politischen Kreisen in Fühlung zu treten, ist noch unbekannt. Deutsch - niederländischer Mrischasts- vsrirag unterzeichnet. Die vor einigen Wochen im Haag zwischen der d eu t - schen und der niederländischen Regierung aufgenommcnen Verhandlungen über die Regelung des deutsch-niederländischen Warenverkehrs nach Ablauf des jetzigen am 31. Dezember dieses Jahres endigenden Provisoriums haben zur Unterzeichnung eines Vertrages geführt, der die beiderseitigen Wirtschafts beziehungen auf eine neue, beide Länder befriedigende Grundlage stellt. Das Ziel der Verhandlungen war auf deutscher Seite, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden benachbarten Ländern so aus zu- bauen, daß die deutschen Ausfuhrinteressen auch unter den gegenwärtigen schwierigen Wirtschaftsverhältnissen und trotz der neuen Eikksuhrkontingentierungspolitik der Niederlande weitgehend gewahrt werden. Dieses Ziel ist in befriedigender Weise erreicht worden. Die Zugeständnisse, die Deutschland da führ insbesondere aufland wirtschaftlichemGe- biet gemacht hat, konnten auf ein für die deutsche Land wirtschaft erträgliches Maß beschränkt werden. Auf den wichtigen Gebieten der Molkereiwirtschaft und der Eier wurde die Anwendung des bisher nur für Getreide, Sl- saaten, Ölkuchen, Speisefette und Sie geltenden Über- nahmescheinverfahrens vereinbart und damit die Voraus setzung für eine gesunde Regelung der innerdeutschen Märkte auf diesen Gebieten geschaffen. Börse. Sandel. Wirtschaft. Amtliche »ächstsche Notierungen vom 15. Dezember. Dresden. Die freundliche Grundstimmung konnte sich in- folge des geringen Geschäftsumfanges kursmäßig kaum aus wirken. Immerhin gewannen Vereinsbrauerei Greiz und Schöfferhof je 2, Geraer Strickgarn 1,75, Blumenfeld, Schubert u. Salzer je 1,5 Prozent. Dagegen verloren Genutzscheine der Dresdner Albumin 5 Mark, Waldschlößchen-Brauerei, Schnell pressen und Reichsbankanieile je 1 Prozent. Von festverzins lichen Werten stiegen Dresdner Altbesitz 1,75, Dresdner Stadt anleihen und Schatzanweisungen etwa 1 Prozent. Dagegen gab 8prozentige Zwickauer Stadtanleihe 1,25 Prozent her. Leipzig. Die Börse war ausgesprochen uneinheitlich. So gewannen Riebeck 1,75, Mansfeld 1,625, Rositzer Zucker und Thür. Wolle je 1, während Reichsbank 1,5, Riquet und Leip ziger Wolle je 1 Prozent nachgaben. Der Anlagemarkt war ruhig. Altbesitz gaben 0,25 nach, Neubeütz zogen 0,35, Leip ziger Stadtanleihe bis 1 Prozent an. Leipziger Schlachtvieymarkt. Auftrieb: 20 Ochsen, 66 Bullen, 151 Kühe, 18 Färsen, 360 Kälber, 138 Schafe, 1652 Schweine. Preise: Ochsen und Färsen nicht notiert, Bullen 2. 26—28, 3. 24—25, Kühe 1. 28—30, 2. 25—27, 3. 20-24, 4. 12 bis 19, Kälber 2. 38—40, 3. 33—37, 4. 27—32, 5. 20—26, Schafe nicht notiert, Schweine 2. 47—48, 3. 45—46, 4. 43—44, 5. 41 bis 42, 7. 38—45. Geschäftsgang: Schweine schlecht, sonst, längs. Dresdner Getreidegroßmarkt 15.12. 11.12. Weizen sächs. 185-186 185-186 Roggen sächs. 157-158 157-158 Sandroggcn unnoücrt Winrergerste 167-169 167-169 Sommergst. 180-190 180-190 Hafer int. 142-146 142 146 Kartoffelfl. 15,2-15,4 15,2-15,4 Trockschtzl. 10,4-10,5 10,4-10,5 Futtermehl 12,7-14,5 12,7-14,5 Weizcnkleie 12,0-12,2 12,0 12,2 Roggcnkleie 11,2-11,9 11,2 11,9 Weizen-Festpreis 3:182, 4:184 15.12. 1112. Kais.-Azgsm. 35,7 37,7 35,7-37,7 Bäckermund ¬ mehl 31,7 33,7 31,7-33,7 Wcizenm. tnl. Auszug 30,5 33,7 30,5 33,7 Roggenmehl Type 60 °/° 24,2-25,2 24^-25,S Roggenmehl Type 70 °/° 23,2 24,2 23,2-24 .i Rogg-Nachm. 17,5-18,5 17^-18,5 Welz. Nachm. 17,7 19,7 17,7-19,1 ; Roggen-Festpreis 4:150, 5:157 Nossener ProduktenSSrse am 15. Dezember 1933. Weizen hiesiger neu 76 Kilo (Basis) Dezember-Festpreis 9.20; Roggen hiesiger neu 72 Kilo (Basis) Dezember-Festpr- 7.60; Wintergerste neu 62 Kilo (Basis) 7-80-8.10; Brau gerste (Basis) 8.40—8.70; Hafer 6.40—6-80; Landwirtspreile: In Posten unter 5000 Kilo: Weizenmehl Kaiserauszug v. S. 19-35; bo. 60 Pwzent aus Inlandsweizcn 16; Roggenmehl 60 Prozent 12-65; do. 70 Prozent 12; Nachmehl ohne Sack 8.50; Futtermehl 7.50; Roggenkleie inländische 5.60—5.80; Weizenkleie grob 6.10—6.50: Maiskörner Laplata 10.80;Kar- toffeln (Frost); Stroh in Ladungen Gebundstroh 0-40; Preß stroh 0.50; Heu neu in Ladungen 2.75—3; Butter ab Hof 0.70 bis 0.73; Kartoffeln Zentner 2.20—2.40; Gebundstroh 1.40; Preßstroh 1.50; Eier Stück 0-13; Frische Landbutter Pfund 0.75—0.80. Die Preise gelten nur für den Tag der Notierung. Feinste Ware über Notiz. Stimmung: Flau. Amtliche Berliner Notierungen vom 15. Dezember. Börsenbericht. Die Berliner Börse fetzte zunächst un- rmheitlich ein. Ausgehend von Siemens- und Kohlenwerten konnte sich die Tettdenz am Aktienmarkt im Verlauf aber all gemein befestigen. Am Rentenmarkt waren die Dollaranleihen, -sehr fest. Neu- und Altbesitz waren wenig verändert. Tages- gcld versteifte sich zum Medio weiter aus 4'/«, 4V, Prozent Im weiteren Verlaus kam zu den Kassakursen wieder etwas Ware heraus, so daß die höchsten Tageskurse am Aktienmarkt unterschritten wurden, wenn auch meist über den Anfangs notierungen gehandelt wurde. Renten waren bis auf Dollar bonds, die weiter sehr fest lagen, eher schwächer. Altbesitz ,89-/4—90 (89'/») war etwas fester. Steucrgutschcine Gruppe I 'waren unverändert. Privatdtskont unverändert 3'/, Prozent. Devisenbörse. Dollar 2,65—2,66; engl. Pfund 13,67 bis 13,71; holl. Gulden 168,63—168,97; Danz. 84,40-81,65; franz. Franc 16,40—16,44; schweiz. 81,02—81,18; Belg. 58,19—58,31; Italien 21,96—22,00; schweb. Krone 70,53—70,67; dän. 61,04 bis 61,16; norweg. 68,73—68,87; tschech. 12,41—12,43; österr. Schilling 48,05-^48,15; Argentinien 0,64—0,65; Spanien 34,A- bis 34,28. Getreidegrotzmarkt Berlin. In Weizen haben bk« Ver käufe der ersten Hand bisher keine Verminderung erfahren. Das Angebot übersteigt etwas die Nachfrage, die nach wie vor auf ihrem Tiefstand verharrt. Roggen bleibt wie bisher besser abzusetzen. Sehr entlastend wirkt die starke Versütterung. Die Preise blieben unverändert; sic entsprechen im allgemeinen den Abschlußmitteilungen, die dem Börsenvorstand zur. besseren Übersicht über die Preisbewegung eingereicht werden müssen. Roggenscheine wurden per Januar mit 123,75, in einem Sondersall mit 124,25 gehandelt. Februar-Roggenschcine 124,75. Weizenscheine unverändert, eher angeboten. Der Hafcr- markt war ziemlich ruhig. Das Angebot in bayerischem Hafer hat nachgelassen, da sür dieses Produkt bessere Absatzaussichten nach dem Rhein bestehen sollen. Getreide und Olsaaten per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilogramm. 15. 12. 14. 12. Weiz., mark. 190-191 190-191 Pommersch. — — Rogg., märk. 158 158 Pommersch. — — Futtergerste — --- Sommergste. 164-170 164-170 Wtrgerste 2zl. 163-172 163-172 Wtrgerste 4zl. 157-160 157 160 Pommersch. — — Hafer, märk. 141-147 141-147 Weizenmehl per 100 KZ inkl. Sack 31,4-32,4 31,4-32,4 Roggenmehl per 100 Ks inkl. Sack 21,6-22,6 21,6-A,6 Weizkl. f. B. 12,2-12,6 12,2-12,6 15.12. 14.12. RoggN.f.B. 10,5-10,8 10,5-10^ Raps Leinsaat — — ) Viktoriaerbs. 40,0-45,6 46,0-45,6 kl. Speisecrbs. 32,0-36,0 32,0 36,0 Futtererbsen 19,0-22,0 19,0-22,0 Peluschken 17,0-18,5 17,0-18,5 Ackerbohnen 17,0-18,0 17,0-18/) Wicken —» Lupine, blaue AM — Lupine, gelbe —- -- Serradelle — —- Leinkuchen 12,8* 12/?* Erdnußkuchen 10,7* 10,7-11,1» Trockenschtzl. 10,1 10,1 Sojaschrot 8,8-9,2* 9,0-9,2* Kartoffelfl. 14,3-14,8 14,3-14,8 *) Ausschließlich Monopolabgabe. ... Butternotierungen. 1. Qualität 126, abfallende Sorten 113 Marl je Zentner. 2. Qualität 120, Dz-ssoszi-^., ^c^e//sz§/T. 27 cken äie Z)gMS rum Zeter' LletÄ 1/7 ro meonFen fre/ren ^SLSZZZS oezzen /Ä/Hezz. 119 „Oh, Sie haben ein Auto, Herr Baron?" fragte jetzt Leonore neugierig. „Jawohl, mein Fräulein! Wenn wir auch meilenweit von Berlin entfernt sind, verweilen wir doch nicht auf dem Mond und wissen mit der Zeit Schritt zu hallen." „Eigentlich selbstverständlich. Sie wollen doch nicht hinter Ihren Berliner Kusinen zurückstehen. Wo die Komtesse Leonore eine so versierte Sportsdame ist." „Ihnen imponiert wohl das Sportgetue der jungen Gräfin Koltau?" „Klar! Sie ist jung und schmissig und eine interessante Frau. Man munkelt sogar davon, daß sie versuchen will, den Aermelkanal zu durchschwimmen. Das mutz einekn doch imponieren." „Rudolf, haben Sie gehört? Den Aermelkanal durch schwimmen. Schickt sich das für eine zukünftige Gräfin Altenberg? Gott soll mich schützen vor so einem Frauen zimmer." „Aber — Koltau!" „Ja, Baron Koltau scheint nicht besonders gut auf feine Berliner Kusinen zu fprechen zu sein!" sagte Leonore mit einem spitzbübischen Lächeln. Koltau antwortete kratzbürstig: »Es gibt keine Frau, auf die ich gut zu sprechen wäre." „Oh! Das tut mir aber leid, Herr Baron! Gerade wo Sie mir so sehr sympathisch sind." Konnte man diesem Racker böse sein? Die beiden Herren waren ein wenig verblüfft. Stand dieses aus- gelcsene Mädel da und sprach mit ihnen, als gehörte es zu ihnen, als könne es nicht anders sein. Die kann so bleiben!, dachte Koltau für sich. Aber man mutz zusehen, den Altenberg aus ihren Fängen zu befreien. Es könnte sonst wirklich leicht ein Malheur passieren. Wenn der gute Baron noch dazu die Gedanken hätte lesen können, die in seines Freundes Kopf rumorten, hätte er noch mehr Angst bekommen. Graf Altenberg war geradezu entzückt von seinem Gast. Ein warmes Gefühl war entstanden, das jeden Augenblick weiter entzündet werden konnte. »Sie sind ein tolles Frauenzimmerchen, Fräulein Lore!" sagte er jetzt und drohte seiner schönen Sekretärin mit dem Finger. „Sie selbst haben ja gesagt, ich solle bleiben, wie ich bin, Herr Graf. Also rede ich, wie mir der Schnabel ge wachsen ist." „Recht so, Fräulein Lore! Also kommen Sie, Koltau. Fräulein Lore wird so liebenswürdig sein und uns den Tee kredenzen. Das sind so kleine Handreichungen, über die ich mich in Zukunft freuen werde, Fräulein Lore. Also, darf ich bitten...?" Es war gegen Abend, als Leonore in ihrem Zimmer stand. Es war nicht mehr das kleine Zimmerchen, das Fräulein Gundula ihr zuerst angewiesen hatte. Es war ein sehr hübsches, gemütliches Fremdenwohnzimmer mit anschließendem Schlafkabinett und einem kleinen Balkon. Die Balkontür war offen. Leonore lehnte zwischen Balkon und Zimmer und sah in den stillen Abend hinaus. Das Abendläuten drang vom Dorfe herüber, auf der Landstraße kam eine Staubwolke daher. Lore mußte lächeln. Das war der alte Schäfer, der mit seiner Herde heimwärts zog. Wenn er wüßte, wo die Stadtdame war, mit der er sich am selben Morgen unter halten hatte! Der würde Augen machen! Ach! Am liebsten hätte sie irgend etwas ausgefressen. Es kribbelte ihr vor Uebermut in den Fingerspitzen. Herr- lich war alles bisher gegangen: viel besser, als sie es sich ausgemalt harte. Und dieser Vetter! Wie ein Zerberus saß er bei ihnen, beim Altenberger und bei ihr, als ob er sie mit seinen Augen aufspießen wollte. Gleich nach dem Abendessen war« Leonore aufgestanden. Sie wollte den Koltauer lieber ein« wenig beruhigen, damit er nicht zu aufsässig wurde in seiner Angst um das Seelenheil des Freundes. Sie set- müde, hatte sie gesagt unv wolle zu Bett gehen. Der Graf schien ein wenig traurig zu fein, 'M, s» heiterer lächelte der Koltauer. Da brauchte er auch ntch: so lange zu sitzen und tonnte bald nach Hause fahren. Er war ganz liebenswürdig gewesen, als er Leonore gute Nacht gewünscht hatte. Leonore lehnte noch immer an der Balkontür und sah- in die Nacht hinaus. Diese Stille war wunvervoll; hier, und da hörte man das Zirpen der Grillen oder den ver* lorenen Laut eines Stalltieres — sonst nichts. Die Natur war schlafen gegangen, und das bleiche Licht des Mondes verklärte die ruhende Landschaft. Es war zauberhaft schön. Leonore ging ins Zimmer zurück, knipste die Stehlampe an. Der dunkle Pergamentschirm verbreitete ein an genehmes mattes Licht. Sie mußte jetzt endlich an Regina schreiben. Sie ängstigte sich sonst zu Tode. Alles schrieb sie, was sich seit ihrer Flucht aus Berlin, ereignet hatte. Die Komödie am Waldsee, ihre erste Be-> gegnung mit dem Grasen Altenberg und dem Koltauer Vetter, den sie besonders genau schilderte, und dessen Ab-^ neigung gegen die Berliner Kusinen sie nicht geheim hielt/ Dann berichtete sie, daß Graf Rudolf sie als Privat-, sekretärin engagiert hatte, mit 250 Mark Gehalt und freier Station, und daß sie infolgedessen zunächst unerkannt hierbleiben würde. Sie ließ durchblicken, wie gut ihr Rudolf Altenberg, gefiel. Sie habe ihn schon so weit erkannt, daß sie um seinen ausgezeichneten Charakter wisse und um seine innere Vornehmheit, und sie sähe auch, daß sie ihm gut gefalle. Sie könnte also gut nach Hause zurückkehren, meinte sie; aber die Geschichte hier mache ihr so großen Spaß, datz sie lieber noch ein wenig hierbleiben wollte. (Forts, folgt.))