Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 24.11.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193311240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19331124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19331124
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-11
- Tag 1933-11-24
-
Monat
1933-11
-
Jahr
1933
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 24.11.1933
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
UnterhaI1ungs-§t unüe. Der M-orgES«*' Novelle von Georg von der Gabelentz. Die beiden Brüder Karl Maria und Reginhard von .Schweinsberg waren wilde, unermüdliche Jäger. Das hatten Re von ihren Vorfahren geerbt, die durch Geschlechterfolgen, -feit Jahrhunderten dem heiligen Hubertus geopfert, fönst deinem Heiligen. Mancher von ihnen war dabei zu Schaden gekommen oder hatte gar das Leben lassen müssen, so endete Der Vater der beiden auf einer Afrikareise unter den Hörnern «eines Büffels. Dort, wo das sogenannte „Tiefe Moor" bis dicht an die aufstrebenden Berge 'herankriecht und mit seinem schwarzen Schlamm und Gefchlapp, seinen kümmernden Kiefern und Birkenkusscln, seinem Moos und Moder das Hochtal ausfüllt, lagen die altersgrauen Gemäuer, in denen die beiden Brüder horsteten. Keiner tat viel für sein Genist, teils aus Mangel «n Mitteln, teils aus einer fast hochmütigen Gleichgültigkeit Dem Verlangen neuzeitlicher Bequemlichkeit und häuslichen Behagens gegenüber. Wer einem von ihnen begegnete, der hätte die bärtige, verwitterte, in derbes, landgewobcnes Loden gehüllte Gestatt mit ihren Büchsen, Weidmessern und Nagel schuhen eher für einen aus der dortigen Zunft der Förster oder Wilddiebe als für den letzten Trieb aus altsreihcrrlichen Geschlecht halten müssen. Die beiden Schweinsbergs, Karl Maria wie Reginhard, waren Junggesellen. Sie hatten auch in ihrer Jugend kaum einmal im Vorübergehen ein flüchtiges Auge auf irgend «ein junges weibliches Wesen geworfen, waren allen Schlingen, Die wohlmeinende Verwandte in solcher Sache ihnen heimlich Anlegen wollten, geschickt ausgewichen und hausten nun schon «seit Jahren, ein jeder für sich, in ihren über dem Moor aus Düster feuchten Felsstufen im Fichtenwald alternden Turm häusern. Sie jagten sogar nur selten gemeinsam, denn keiner gönnte dem andern den geweihten Hirsch oder den Gamsbock droben am Berg oder die Wildente und die ziehende Schnepfe jm „Tiefen Moor", das jedem der Brüder zur Hälfte gehörte. Das Tiefe Moor lag, gespeist von den Abflüssen der Berge, immer dunkel, voller Geheimnisse in seinen Gräben und Gruben, ewig im Schatten der Felsgipfel, die ihre Hänge und Grate der Sonne entgegenhielten und das Tal über schirmten. Ueber diesem nächtigen, nebelvollen Flecken Land wachten und spannen und woben wie giftige Dünste allerlei Sagen, abenddänmterige Dinge, Geschichten von Wanderern, Lie sich verirrten und vom totstummen Maule des Moors hinabgezogen worden waren. Nur die Brüder Schweinsberg verlachten den Aberglauben. ' Eines Tages kam es zwischen den Brüdern zu einen häßlichen Auftritt, denn Karl Maria hatte jenseits der Grenz- schlucht seines Gutes au der „Naßwand" einen Hirsch ge- schossen, dessen Geweih Reginhard sich zum Schmuck der leere« Stelle über dem Kamin seiner Halle ausersehen. Diese Hallt war im übrigen, wie fast alle Räume des Schlosses, mü Jagdtrophäcn angefüllt, Keilerköpfen, Hirschgeweihen, schwär- Zen Gamskrickeln, ja sogar Antilopengehörnen und Büffel- schädcln. Nicht viel weniger Erinnerungszeichen an Bruch und Blut, an List und Lust der Jagd fanden sich bei dem Bruder. Und dennoch beherrschte die Schweinsbergs noch immer die ruhelose Gier nach Mehrung solcher Siegeszeichen Mit der Drohung, diesen Hirsch sich bezahlen zu lassen, war Reginhard, der den Bruder in dessen Haus zur Rede ge stellt, davongepoltert. Karl Maria aber hatte hinter ihm oü Haustür ins Schloß geschmettert, dann war er zu einen Hreunde nach Krain gefahren, wo ihn die Jagd auf einer Wären lockte. Kaum erfuhr Reginhard des Bruders Ab reise, als er beschloß, unterdessen drüben ein wenig über du ^Grenze zu pürschen und Karl Maria für den erlegten Hirsch Den Zwölfer wegzuschießen, der zuweilen nachts über da! Moor wechselte und mit erstaunlicher Witterung die trügerisch! Grasdecke dunkeltiefer Lachen vermied, die manchem pfad- fremden Menschen zum Verderben geworden. So pirschte denn eines Morgens Freiherr Reginhark wieder über die vielfach gewundenen Landbrücken zwischen kümmerlichen Kiefern, Birken, Schilfdickichten und Wasser lachen. Zuweilen schwankte der Boden unter seinen Tritten, dunkler Schwall schmatzte und schwoll und schleckte um ihn herum. Nebel zogen graudämmerig, ließen sich vom Winde wie Watte auseinanderziehen, schoben sich hin, schlossen sich Wieder. Spürend und spähend schleicht der Jäger dahin. Aus einmal fährt er entsetzt zusammen, und seine Rechte krampst sich um die Büchse. Vor ihm, keine zwanzig Schritte weit, steht zwischen zwei Kiefern, ganz plötzlich, wie aus dem Torf heraufgehaucht, eine graunebelige Gestalt. Der Freiherr starrt das fremde Dunstgebilde an, es ballt sich rasch zu fester Form. Der Moorgänger? Nein, nein! Sein Bruder ist's, den er doch in Krain weiß, Karl Maria, und jetzt hebt die Gestalt ab wehrend, wegweisend, ja geradezu wegsperrend den Arm. Einen Augenblick, mit klopfenden Pulsen sieht Reginhard die Erscheinung an, dann rafft er sich mit einem Fluch zusammen, springt geradenwegs auf die Gestalt zu, stößt den Arm vor, Will greifen, packen, fährt in fließenden Nebel. Was war das für ein Abenteuer? Da wischt er sich grimmig lachend über die feuchte Stirn, dreht sich, sieht nach allen Seiten, doch sein Blick taucht überall nur in die bleichen, zarten Schleier des Nebels. Weit und breit kein Mensch zu sehen. Aber die Lust an weiterer Pirsch auf den Zwölfer ist ihm für heute vergangen, er macht kehrt und stapft über schwankenden Boden heim. Zuhause erwartete ihn die alte Wirtschafterin mit sorglich bereitetem Frühstück und gewohntem Klatsch aus Kammer und Küche. Er sagte ihr nichts von dem merkwürdigen Ge sicht, um den ängstlichen Aberglauben oder gar dummes Ge laber und Gelächter der Leute nicht zu Wecken, sondern schickte, wenn auch von der Erfolglosigkeit überzeugt, einen geschwinden Jnngknecht hinüber nach dem Schlößchen Karl Marias, um zu fragen, ob dieser etwa schon heimgekommen sei. Der Bote machte sich sofort auf und kehrte nach zwei Stunden zurück mit der Botschaft, der Herr Baron sei noch in Krain, habe nur kurz von einigem erlegten Wild geschrieben. „Es ist gut!" gab Reginhard Schweinsberg Antwort. Der Bescheid machte ihn betroffen. Was war da geschehen? Wäh- rcnd er nach dem Essen seine Zigarre rauchte, überlegte er. Er ärgerte sich. Seh ich denn am lichten Tag Gespenster? dachte er. Schließlich schob er das Geschehene auf einen Fieberanfall, vielleicht wegen des dunstigen Morgens über Lem Morast, auf einen Wachtraum, eine Einbildung. Lächer liche Sache, die ihm am Ende den Hirsch gekostet hatte. Er beschloß also, rasch, noch vor der Heimkehr des Bruders, dem das Jagdglück draußen hold war, wenigstens den Hirsch weg- zuschicßen. .Am nächsten Taae trat Regen ein, so stark, daß ein Pirschgang vergeblich gewesen wäre: erst am vierten Tage hellte sich gegen Abend das Wetter. Reginhard hing rasch die Büchse um. Als er das Tor durchschritten hatte und den holperigen Weg zwischen moosbärtigen Fichten dem Tal zu Hinabstieg, begegnete er einem seiner Holzarbeiter. Der Alte blieb stehen, grüßte und drehte die Mütze in der Hand mit verlegener Miene, als wollte er etwas sagen. „Na, was gibt's?" fragte Reginhard erstaunt. Da brummte der Graubart: „Herr Baron, halten zu Gnaden, aber — Herr Baron wollen doch Wohl am End' ins Moor hinaus?" Der lachte. „Freilich will ich das. Aber was geht's Dich an?" „Herr Baron wissen, ich bin ein abergläubischer Kerl — Herr Baron sollten heut nicht hingehn." „Warum? Was hast Du denn?" Der Alte zögerte, dann stotterte er: „Dem Herrn Baron Karl Maria sein Jäger, der hat doch einen Brief bekommen, und da hat etwas so drin gestanden: .Ich hab einen bösen Traum gehabt von meinem Bruder und dem Moor. Einen von uns wird's nehmen' — Herr Baron sollten daheim bleiben. Ich meine halt..." Der Baron lachte wieder. „Jetzt seid Ihr wohl ganz narrisch worden? Hängt Ihr Euch schon an Träume? Ich durchschau die Geschichte! Der Jäger hat Dir was vorgeredet, damit Du's mir wieder sagst und ich nicht etwa dem Zwölfer drunten begegne. Nein? Na ist schon recht, geh Alter! Traum hin, Traum her, ich hab den Hirsch am Torfstich gespürt, da hält mich mit solchen Gered keiner zurück!" Er wandte sich und ging mit kurzem Gruß. Der Holz arbeiter sah ihm nach, bis er an der Wegbiegung verschwand Das Ahnungsvermögen naturverbundener Waldleute ließ ihi Unheil wittern, das aus dem Grunde des Tiefen Mooret tauchen würde. Schweinsberg fielen allerlei Geschichten ein. Aber es wäre lächerlich, wollte er sich von solchen Dingen schrecke« lassen, er, der seit fünfzig Jahren Berg und Wald und Mooi durchstreifte und von all dem Zeug, das die Bauern da hi« und wieder abends am Ofen zum besten gaben, nie etwas bemerkt. Nein, das war einfach alles blöde Täuschung, unk er würde dem Geiste, dem Nebelgänger, wenn er sich zeige« wollte, eins auf den Pelz brennen und es lachend dem Drude« erzählen, lieber das, als den erlegten Zwölfer gestehen. Vo« dem würde er ja so wie so erfahren, wenn er die Trophäe i« der Halle sah. Dann würde er zu hören bekommen, daß ma« eben auch nicht müßig gewesen sei, während jener Hinte, einem Bären hergelaufen, und daß man genau so über du Grenze zu pirschen verstehe wie ein gewisser Karl Maria, de: liebe Bruder. „Schießt Du meinen Hirsch, schieß' ich Deiner Hirsch." Nun dehnte sich vor dem Baron das wie von einen Ziegclstreicher hingebreitete Moor. Regungslos stände« Bäume und verkrüppeltes Strauchwerk. Nur in den Binse« der Wasscrlöcher wisperte und winselte es; ab und zu hört« der einsame Jäger ein Geräusch, als schlüge jemand mit der Hand auf das dunkle Wasser oder patschte irgend ein Tie: langsam und lauernd durch den Morast. Der Baron kannt« diese Geräusche wie den Eulenruf über seinem Schlosse, das feine Läuten der Unke im Keller, den Schrei der Bergdohle das Röhren des Hirsches, den tiefen Ruf der Rohrdommel, alle die hundert Laute, die Jägern und Bauern dort ver traut sind. Heftete sich das dumme Gerede des alten Waldarbeiters Wirklich so an ihn? Plötzlich hakte sich dem Baron ein Ge danke im Gehirn fest, ließ sich nicht verscheuchen, wucherte empor, bis er all seine Verrücktheit verlor und immer fester Gestalt gewann, der Gedanke, daß der Nebelgänger ihm am Ende in der Gestalt seines Bruders erscheine, ihm die Jagd freude zu verderben, ihn von der Fährte des Zwölfenders fern zu halten. „Verflucht nochmal!" dachte Reginhard. „Spielt mir etwa der Satan einen Streich und läßt mich wie die alte« Baucrnweiber und Torfgräber zum Gespensterseher werdens Gegen solche törichte Sache muß ein vernünftiger Mensch sich zur Wehr setzen. Eine Kugel dem Truggcsicht in den Leib!" Der Baron nahm sich vor, den klammernden Arme« jeden Nachtgedankens und Nebelspuks gewaltsam zu wider stehen, und ahnte doch — und wußte doch, es wird wieder kommen, wird bestimmt sich wieder zeigen. Vielleicht gleich vielleicht in einer Stunde, wenn der Äbendnebel aus Bruch und Binsen brodelte, vielleicht, wenn die Nacht schlafäugiL ihr dunkles Laken über das Land zog. Umkehren? Nein! Schlappheit, verdammte! Feigheit! Der Hirsch lockte. Der ließ sich bestimmt von solchen Ge danken und Gesichten nicht abhalten. Im übrigen: hatte denn das Phantom, das Traumbild, die Fiebervision, dieser Moorgänger wirklich dem Bruder ge- glichen? Am Ende bildeten er, Reginhard, und der alte Wald arbeiter sich das nur ein, wie der eine von einer hagere« großen Frauengestalt geschworen, der andere von einem mantelumhüllten Wanderer gefaselt, dessen Gesicht unter dem breitkrempigen Hut nicht zu sehen gewesen sei, eine Art Wilde- Jäger-Gestalt. ' Und der Baron pirschte weiter ins Moor hinein. Er roch den Moder und Mnlm des Torfstichs zur Rechten. Jetzt stanL er am Grenzgraben. Mit einem Satz hinüber! Drüben im Jagdrevier des Bruders dämmerte ein Gehölz, Föhren uni Fichten, dazwischen einzelne Weiße, mädchenschlanke Birken Wollte der Zwölfer von einer Talfeite zur andern wechseln, mußte er durch diesen Waldstreifen, denn beiderseits lauert! das träge, dunkle, lebenschluckende Brackwasser. „Ob ich Wohl hier dem sonderbaren Nachtbild wieder be gegne?" dachte der Baron. „Gnad ihm der Himmel, wenn mir der alberne Spuk den Hirsch vergrämte!" Und er schlich, die Büchse fchußbereit, am Waldrande hin. Eine Ente quarrte irgendwo. Schwerfälligen, leise« Fluges strich ein Waldkauz von einer knorrigen Föhre ab, glühäugig nach Beute zu spähen. Reginhard von Schweinsberg fühlte sein Herz unruhiger schlagen. „In meinem Gehirn muß wirklich etwas bedenklich in Unordnung geraten sein", sagte er sich. „Ich bin nicht ver rückt, nicht betrunken, und doch habe ich meine Gedanken nicht in der Gewalt. So ein Unsinn, immer wieder daraus zu warten, daß... Aber dort — was ist das? Neben der Birke, von der ein starker Ast sturmgebrochen herabhängt, steht jemand. Oh, er hat es ja gewußt, er hat cs gewußt, trotz allem: Dieser Nachtgeist, der ihm schon einmal einen Streich spielte, dies schleichende Wesen, da ist es wieder! Doch letzt faßt Negmbärd von Schweinsberg wilde WuL Weg mit dem Moorgänger! Und er reißt die Büchse an die Backe und feuert. — Daheim warteten die Haushälterin und der alte Diener lange auf die Heimkehr ihres Herrn. Dann legten sie sich endlich schlafen. Sie wußten, daß ihr Herr, wenn ihn Hirsch oder Gams lockten, zuweilen einfach die Nächte draußen unter einem überhäugcnden Felsen, in einem Heustadel, irgendwo schlief, bis neues Büchsenlicht erwachte. Die Sonne stand schon hoch, als Reginhard von Schweins^ berg endlich heimkehrte. „Jesus Maria! Wie schaun der Herr aus?" rief der Diener. „Der Herr Baron Karl Maria ist tot. Drunten im Moor", gab Reginhard von Schweinsberg Antwort, und e» berichtete kurz, was geschehen war. Seine Leute faßten das Unglück kaum. Entsetzt starrte« sie ihren Herrn an, der ganz grau und mit irrem Blick sich in einen Stnhl geworfen hatte. Die Wirtschafterin rang jammernd die Hände. „Das Moor! Das Moor! Ich hab's ja gewußt, daß..." Doch jetzt schlug der Baron mit der Faust auf den Tisch« „Hören Sie auf mit dem Geplärr! Schicken Sie lieber nach dem Arzt, nach dem Gericht!" Da floh die Alte nach Küche und Gesindcstube zurück. Als der Pfarrer, zu dessen Sprengel die beiden SchweinS- bergischen Schlösser gehörten, von dem, was sich im „Tiefen Moor" zugetragen hatte, vernahm, machte er sich sofort auf, Baron Reginhard zu besuchen, so wenig die beiden jagd- uni fchießtollen Brüder auch sonst mit ihm verkehrt hatten. Nu« faß der Pfarrer am Tisch dem Baron gegenüber. Er halt« einen Brief vor sich liegen, auf den er mit einem ruhig milde» Blick hinsah, während seine Weiße Hand, abftcchend von de; rauhen, wettergebräunten Fäusten des Jagers, über dai Papier strich. „Hier hat er's schwarz auf weiß aus Krain im letzte» Brief feinem Jäger geschrieben", sagte er. „Wirklich, seltsam dies vorahnende Schreiben. Ihr armer Bruder träumt an Montag früh, daß er Sie wegen etwas Schrecklichem Hinderi müsse, im Diesen Moor' zu jagen, und zu gleicher Stund« glauben Sie hier, ihn wie den spukhaften Moorgänger gv fehcn zu haben." „Glauben? Ich habe ihn gesehen!" fuhr Schweinsberg auf. „Hätte ich ihn nicht gesehen, meinen Sie wirklich, Herr Pfarrer, daß ich die Ueberzeugung: ich werde ihm noch ma! bcgegrren, diesem Gespenst, Geist, Trug oder wie Sie's nennen wollen, so fest in mich hineingegraben hätte? Nein! Niemals!" Und der Jäger fuhr ruhiger fort: „Wir wissen nicht, wie das ist, was wir sehen, wir sollen ja nicht einmal wissen, was es ist, sagen die Gelehrten. Wenn etwas Unsichtbares, wie der Wind Häuser abdeckt und Bäume umbricht, wenn unsichtbare Schwingungen uns Töne aus irgend einer hundert Meilen entfernten Stadt hertragen, warum soll nicht der Gedanke, der doch auch etwas sehr Reales, Machtvolles ist, am erste« Abend zu einer Gestalt sich haben verdichten können? Uni das nächste Mal äffte mich der Glaube daran. Da geschah das Entsetzliche. Ich habe mich früher, Sie wissen, den Teufel um solche nebelhaften Dinqe gekümmert, habe das Gerede unserer Leute verlacht, habe hundert Nächte in Wald und Wänden zugebracht und nichts Unerklärliches gesehen. Ich habe immer gelacht über solche Dinge. Heute aber... Nun, Sie sind stumm geworden, Herr Pfarrer?" Der Geistliche faltete den geglätteten Brief wieder fein säuberlich zufammen. „Ja", meinte er, „der Herrgott hat manch dunklen Wald um uns herumgepflanz Ist Hypnotisieren Schwindel? m Kopenhagener Odd Fellow Palais fanden kürzlich intev essante Versuche des Hypnotiseurs Shankara statt, die großes Aufsehen erregten. Ein Polizeileutnant glaubte, Zuckerwaffel statt Zitronensaft zu trinken; eine Dame verwechselte Säge- fpäne mit Schokolade; ein Mann, der nie als Sänger auf getreten war, schmetterte eine Arie, und ein junges Mädchen, das einem bestimmten politischen Verein angehörte, hielt auf hypnotischen Befehl einen feurigen gegnerischen Vortrag, in dem der eigene Verein in Grund und Boden verdonnert wurde. Wie groß war nun die Ueberraschung, als auf einmal der be- kannte dänische psychische Forscher vr. Faustinus kam und iv einem ausführlichen Vortrag die Hypnofe in Bausch und Bo- gen für reinen Schwindel erklärte. Nach ihm besteht die Hyp nose nur in der Einbildung, und zwar als Folge einer Psychose, in der sich der angeblich Hypnotisierte befindet. Ist man näm lich überhaupt für Hypnofe empfindlich, so kann man vo« einem Spazierstock, einer Glaskugel oder einer Bauernfrau genau so gut hypnotisiert werden wie durch die messerscharfe« Blicke und unheimlich tuenden Handbewegungen der Herre« Berufs-Hypnotiseure. „Wer ist für Hypnose empfänglich?" fragte ein Journalist. — „Vor allen Dingen Menschen mü fchwachem Verstand, aber auch gebildete, die sich bluffen lassen. Sie merken gar nicht, daß sie von ihrer eigenen Einbildung hypnotisiert werden. Wenn z. B. ein Mensch auf der Bühn« steht und Trinkwasser mit Petroleum verwechselt, dann mach! es ihm einen Riesenspaß, die Komödie mitzumachen und di« Zustimmung des Hypnotiseurs wie das Lachen des Publikums zu gewinnen." Die Walrosse sind wieder da. Es ist durchaus kein Zufall, daß die nördlichste Fangstätte Ostgrönlands den Namen „Walroß-Odde" trägt, denn hier oben in dieser Gegend nördlich des „Danmarkshavn" (Däne markshafen) zeigen sich selbst heute noch die gewaltigen Tiere in Scharen von Hunderten und Aberhunderten. Zwei nam hafte Kopenhagener Gelehrte unternahmen kürzlich eine Forschungsreife in jene Gegend. Bei ihrer Ankunft an der nördlichsten Spitze des Strandes wälzte sich ihnen zu ihrer Ueberraschung eine Rieseuherde Walrosse entgegen, die mit ihrem Pusten, Stöhnen und Schnaufen einen ziemlichen Spek takel verursachte. Die Gelehrten zogen sofort ihre photographi schen Apparate und Filmkameras und machten zahlreiche interessante Aufnahmen, die in einem Kulturfilm später öffent lich gezeigt werden sollen. Es ist heutzutage eine ganz große Seltenheit, auf derart gewaltige Walroßherden zu stoßen, wie es hier der Fall war. Bisher sah man die Walrosse eigentlich nur auf der Walroßinsel beim Germaniahafen und bei der Claveringinsel, wo die Tiere an Land zu gehen pflegen und sich am Strand in die Sonne legen. Aber diese Herden sind immer nur gering an Umfang. Draußen im Eis trifft man sie hingegen öfter, und es ist durchaus keine Seltenheit, wenn neben einem Schiff plötzlich ein mächtiges Haupt mit unge heuren Stoßzähnen aus den eisigen Fluten taucht. Leider wer den die Walrosse in diesen Gegenden immer weniger, und die Zeiten werden Wohl nie wiederkommen, wo — wie um die Jahrhundertwende — norwegische Walfänger ganze.Schiffs ladungen voll Walroß-Speck heimtvärts schleppe ir,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)