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Dies« Erkenntnis bricht sich heute rmmer mehr Bahn, und du Einführung der Vierzig-Stundenwoche ist gegen wärtig überall in vollem Vormarsch. Sie wird in Deutsch land in Verbindung mit dem Arbeitsbeschaffungsprogramni von Regierungsstellen und Arbeitgeberverbänden weitgehend befürwortet und den Mitgliedsfirmen die Einführung, soweit dies technisch möglich ist, zur Pflicht gemacht. Damit aber wenden wir uns von jenem Zeitalter hemmungslos rasender Profitjagd ab, die rund ein Jahr hundert lang Europa die Besinnung raubte und in ihren schlimmsten Auswüchsen buchstäblich über die Leichen von Millionen ging. Wir nähern uns wieder mehr — wenn auch auf veränderter technischer und ökonomischer Grundlage — den beschaulichen Arbeitsverhältnissen, kste das Mittel- alter in so vortrefflichem Maße auszeichnete. Damals be saß man eine ganz andere Arbeitsethik als heute. Der mittel alterliche Mensch arbeitete nicht, um zu verdienen, um Reich tümer zu erwerben, sondern um zu leben. Hatte man so viel, wie man brauchte, dann hörte man zu arbeiten auf, und Tanz und Festschmaus kamen zu ihrem Recht. Wenn wir in alten Chroniken vielfach von den langen Tagesarbeitszeiten lesen, dann dürfen wir uns nicht täu schen lassen. Im Mittelalter hatte man noch die vielen Feiertage. Nach zuverlässigen Angaben wurden stellen weise 190 bis 240 im Jahre begangen. Noch 1760 gab es in Paris 103 Feiertage. Wie sich diese Feiertage auswirkten, mag ein kleines Rechenbeispiel veranschaulichen. Wenn man im Mittelaltei 240 Festtage feierte, dann blieben nur noch 125 Arbeitstag« übrig, arbeitete man an diesen 16 Stunden, dann leistete man im Jahre 2000 Arbeitsstunden. Wenn wir heute 300 Werktage haben und an diesen sieben Stunden arbeiten, dann leisten wir im Jahr 2100 Arbeitsstunden, also nicht viel mehr als damals. In Wirklichkeit war man im Mittel- alter keineswegs immer sechzehn Stunden tätig, denn di« Zünfte regelten mitunter die Arbeitszeit sehr streng. Wir wissen z. B., daß im ältesten deutschen Bergwerk, in dem noch heute betriebenen Rammelsberger Erzbergwerk bei Goslar, im 14. Jahrhundert die Schtchtzeit sechs Stunden betrug (ohne Ein- und Ausfahrt) und im Jahre 1476 durch einen Rezeß des Goslarer Rates auf acht Stunden erhöht wurde. Auch aus England ist uns bekannt, daß man nicht mehr als vier Tage in der Woche schaffte, uns noch um 1770 betrug selbst in den Arbeitshäusern die Arbeitszeit in der Regel nicht mehr als 12 Stunden. Aus jener Zeit stammt auch das Sprichwort „All Work and no ptav, makes Jack a dull boy" (Stete Arbeit und kein Spiel macht jeder mann schwachköpfig). Das war noch ganz die Auffassung des Mittelalters: Nicht mehr arbeiten, als man zum Leben braucht: zu Scherz und Spiel muß auch noch Zeit übrig bleiben: In der Folgezeit wurde das anders. Die großen Schätze, die aus den Kolonien nach Europa kamen, weckten die Be gehrlichkeit immer mehr. Dem lebensfrohen, sorglos heiteren mittelalterlichen Menschen folgte der finstere, Tag und Nach! schuftende, Geld zusammenkratzende Nachfahre, der nur noch eine Freude kannte: Zahlen mit möglichst viel Nullen. Dazu kam die Maschine, die Dampfkraft, der mechanische Web- stnhl. Die neuen Geräte waren sehr teuer und mußten ununterbrochen arbeiten, wenn sie Gewinn abwerfen sollten Grausamste Ausbeutung der M e n^ chenkrast letzt« ein. Man arbeitete 14, 16, ja 18 Stunden am Tage. Frauen wurden in die Betriebe und Bergwerke gepreßt, Kinder im zartesten Alter verbrachten ihre Jugend an den Kohlensortieranlagen und Haspeln. Familie, Gesundheit, Leben, ganze Geschlechter — die englische Baumwottindustri« verbrauchte in 90 Jahren 9 Generationen Arbeiter! — alles wurde dem unersättlichen Mammon geopfert. Etwa im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts er reichte diese Bewegung ihren Höhepunkt. Zugleich setzte auch die Gegenbewegung em, zuerst m England, wo der Ma schinenkapitalismus die entsetzlichsten Auswüchse zeigte, Unter der Führung sozialdenkender Männer, u. a. auch des menschenfreundlichen Fabrikanten Robert Owen, lief di« öffentliche Meinung gegen diese Ausbeutung Sturm, so daß die englische Negierung von 1802 bis 1833 fünf Gesetze zur Regelung der Kinderarbeit erließ. Diesen folgten Be stimmungen zum Schutze der jugendlichen Arbeiter und 1844 für die weiblichen Erwerbstätigen, schließlich kam 1848 dis berühmte Zehnstundenbill heraus, die bis 1867 noch verschiedentlich ausgedehnt wurde. In Frankreich bedurfte es nicht erst eines solchen er bitterten, siebzigjährigen Ringens wie in England. Hier brachte die Revolution von 1848 den Normalarbeitstag von zwölf Stunden mit einem Schlag. Im weiteren Verlaus folgten die meisten übrigen europäischen Staaten, die durch das tolle Achtundvierziger Jahr ,etzt eher zu Zugeständnissen bereit waren. In Amerika machte man den Sprung gleiä von vornherein größer. Hier wurde nach Beendigung de! Sezessionskrieges der Achtstundentag eingeführt, zuerj zwar nur in den Staatsbetrieben, doch bald folgten auch dv Fabrikanten, fo daß schon 1872 ein großer Teil der Arbeite« schäft nur noch acht Stunden arbeitete. Amerika hatte dami den Reigen für die zweite Periode des Kampfes um du Arbeitszeitverkürzung eröffnet, nämlich die Herabdrückunq voi zwölf und zehn Stunden auf acht Stunden am Tage. Diese: Kampf erfüllte das letzte Viertel des vorigen Jahrhundert! und war in seinen Hauptgefechten eigentlich schon vor den Weltkriege zugunsten des Achtstundentages entschieden. Nack dem Völkerringen fand er in fast allen europäischen Staate, auch seine gesetzliche Regelung, die durch die Washingtoner Konvention von 1919 international bestätigt wurde. In Deutschland war der Kampf um die Herabsetzung der Arbeitszeit weniger heftig als in den anderen Ländern Das rührte hauptsächlich oaher, daß hier die Ausbeutung doch nicht so fürchterlich war wie in England; z. B. gab ei in Deutschlano so gut wie keine Frauenarbeit unter Tage Schon 1839 regelte Preußen die Kinderarbeit, hauptsächlick auf Veranlassung von Generalleutnant v. Horn, da dii Kinderarbeit die Körper derartig schwächte, daß die Rekruten aushebung unbefriedigt war. 1840 folgte Bayern mit eine: Reihe kleinerer Staaten, nur Sachsen weigerte sich vorläufig noch. Nach 1871 gingen die Bestimmungen des Nord deutschen Bundes aus das ganze Reich über, und es folgt« die bekannte Entwicklung der sozialen Gesetzgebung in des Aera Bismarck. Im März 1890 fand in Berlin auf Ver anlassung Wilhelms II. die erste internationale Konferenz zur Regelung der Arbeiterschutzgesetze statt, dü einen großen Fortschritt brachte. Um die Entwicklung ir Deutschland haben sich neben den leitenden Männern, wü Bismarck, Boetticher, Posadowsky usw. besonders der Lehre: Agahd (Kinderschutz) und der Leiter der Sternwarte und dei Zeißwerke in Jena, Ernst Abbe, sehr verdient gemacht Letzterer besonders um den Achtstundentag, den er in der Zeißwerken zuerst einführte und damit praktisch bewies, das derselbe durchführbar ist, die Produktionskosten nicht viel er höht, dafür aber Qualität und Leistung günstig beeinflußt Der Kampf um die Arbeitszeitverkürzung ist nicht immer aus denselben Ursachen heraus geführt worden. Vo, hundert Jahren waren es hauptsächlich Humanitätsgründ«i der Arbeiter sollte wieder Mensch werden. Daneben allerdinÄ