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MMufferTageblalt Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt« erscheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis monatlich r,— AM. irei Haus, bei Postdcstcllung 0,8» AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lO Rpsg. Sille Postanstalten und Post, twten, unsereAusträgcru. . Geschäftsstelle, nehmen zu ScderZcitBestellungcnen«, Wochenblatt fvr WllsdlUsf U. UMgkgcNd gegen. Hm Falle höherer Gewalt,Kriegod.sonstiger Betriebsstörungen besteht Akin Anspruch aus Lieferung Ler Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Aüekscndung eingesandter Schristftückc ersolgt nur, wenn Rückporto bestiegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichst Pfennige, die gespaltene Nedlamezeile im textlichen Teile 1 NM- Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge» schrieben« Erscheinungs» cm tage und Platzvorschriftem werden nach Möglichkeit! Fernsprecher? Ami WllAdrUss Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. ' » " - - - Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Nabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durchs Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 275 — 92. Jahrgang Wilsdruff-Dresd'' Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden Sonnabend, den 25. November 1933 Umschaltung. Konferenzdämmcrung — Europas Kernproblem. „Ich will Besseres leisten!" A m Ende ihres Lateins, — das haben zum zweitenmal in diesem Jahre die „führenden" Staats- Männer nicht nur sich selbst eingestanden, sondern mußten «s auch — „der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe" — der ganzen Welt, den Völkern gegenüber zugeben. Erst Zersplitterte in London die Weltwirtschaftskon- ifcrcnz, nachdem ihr Präsident, Macdonald, vergeblich versucht hatte, dieses liebste Kind seines Glaubens und Leines Hoffens zu retten; die vor einiger Zeit Veranstalte sten Wiederbelebungsversuche wurden zweckmäßigerweise Ta sch wieder aufgegeben und felbst die letzten Reste aus zener Zeit, der Zollwaffenstillstand, wurde teils offiziell, teils mit einer lässigen Handbewegung einfach beiseite- Heschoben. Jetzt ist es mit der Genfer Abrüstungs konferenz ähnlich, wenn auch in etwas formellerer Art, geschehen und es ist eine fast amüsante „Duplizität der Ereignisse" daß auch hier ein Engländer am Präsidium faß und sich trotz heißester Bemühungen nicht anders zu helfen weiß, als daß er diese vielvcrtagte Konferenz wieder einmal vertagte. Es besteht eben „keine Meinung" für Weltkonferenzen in Wirtschaft oder Politik, und hinterher, wenn eine solche Konferenz ihrem gewohnten Schicksal, anseinaudcrzuplatzen, wieder einmal anheim gefallen war. dann sagte man sich gegenseitig voller Vor wurf, sie fei „schlecht vorbereitet" gewesen. Eigentlich könnten die Staatsmänner von heute und gestern es doch cuf Grund langjähriger Erfahrungen gelernt haben, eine solche Konferenz richtig vorzubereiten, — aber hat denn eine derartige Massenzufammenkunft wohlvorbercitetster Art, kann sie überhaupt einen andern Zweck haben, als den, einen Schlutzpunkt mit größerer oder geringerer Feierlichkeit hinter das zu setzen, was vorher von den wirklich maßgebenden Mächten vereinbart ist. Und die bittere Notwendigkeit, die schönen Gestade des Genfers Sees verlassen zu müssen, wäre den „füh renden" Staatsmännern vielleicht erspart geblieben, wenn sie nicht in der Zeit vor dem 14. Oktober in Paris die Köpfe zusammengesteckt und — man verzeihe das drastische Bild — das Ei des „abgeänderten „Mac donald-Planes gelegt hätten, das alsbald durch Deutschlands Austritt zerschlagen wurde und dann in kurzer Zeit einen so wenig angenehmen Geruch verbreitete, Latz nichts anderes übrig blieb, als die Konferenz zu ver tagen und die Koffer zu packen. Und um damit, unfrei willig genug, auch noch zu unterschreiben, daß Deutschlands Kanzler recht hatte, als er sagte, man werde in Genf keinen Schritt weiterkommen, wenn man nicht mit dem bisherigen System des Mißtrauens Schluß machen würde! * „I ch h ab 'sgewag t", hast A dorfH k t l e r so oft vor dem 12. November gesagt, als er um die Seele, das Verständnis des deutschen Volkes für seine Politik ge lungen hat. „Ich hab's gewagt", wie einst der stolze -Spruch Ulrich von Huttens gewesen ist. Durchaus nicht immer „steht Gott auf der Seite der stärksten Bataillone", .sondern auch dem Mutigen lächelt das Glück zu, wenn er die ganze Kraft seines Wollens in den feindlichen Heer- Haufen hincinwirft wie eine Fahne und nun ein ganzes Volk eine rücksichtslos-verzweifelte Kraftanstrengung machen muß, um mit dieser Fahne seine Ehre herauszu hauen. Das ist geschehen, ist srrungen, ist erreicht. Vor dem friedlich-starken Druck der 40 Millionen zerbröckelte die angeblich vorhandene „Einheitsfront" der Alliierten, von der übrigens ihrem Führer, dem fran zösischen Außenminister Paul-Bonconr, schon vorher aus Lem Munde seiner eigenen Presse gesagt worden war, Liese Einheitsfront „bestehe nur in seiner Einbildung". Von solchen „Einbildungen" mutz er sich jetzt aber hin überwenden zu den Tatsächlichkeiten der politischen Gegen wart, — und die dabei ganz im Vordergrund stehende Tatsache, die allerdings auch zugleich eine Frage bleibt, war und ist eben die der deutsch-sranzöfischen Beziehungen. Sie ist eben das Problem Europas. Auf Konferenzen in Genf und sonstwo dieses Kernstück der Nachkriegspolitik anzupacken war nicht möglich und was etwa in persönlichen Besprechungen aufgebaut wurde, ist bestimmt jedesmal durch die darauf folgende Konferenz zerstört worden. „Wenn Frankreich seine Sicherheit in einem Abkommen mit Deutschland finden will, bin ich bereit, alles anzuhören, alles zu begreifen, alles zn unter nehmen", sagte Adolf Hitler in feinem Interview namens des ganzen deutschen Volkes. Soll er, kann er denn über haupt noch deutlicher werdend * Er hat da noch — nicht zum erstenmal — ein anderes Wort gesprochen, aus dessem Grunde auch wieder der Wille zum Frieden heraufquillt: „Ich habe vor mir eine lange innenpolitische Aufgabe; ich will dem deutschen Volke die Lebensfreude wiedergeben: wir bekämpfen das Elend!" Und Hitler wies daranf hin, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland stark znrückgedrängt sei, .aber ^ch will A L.Ii e rLs l e ilt e n !" Und man kann sich WM WW Werr NiedensMte London empfiehlt Paris direkte Abrüstungs verhandlungen mit Deutschland. Im Englischen Unterhaus gab Außenminister Sir John Simon eine bedeutsame Erklärung ab. Er teilte mit, die englische Negierung habe den französischen Ver treter in London darauf hingcwicscn, daß direkte deutsch-französische Abrüstungsverhand- lungen äußerst wünschenswert seien. Ein solches Unterfangen würde die volle Sympathie Eng lands finden. Er, Simon, habe ferner derdcutschen Regierung mitgcteilt, daß die englische Regierung den Erklärungen, die Hitler und andere deutsche Vertreter letzthin abgegeben hätten, die größte Aufmerk- samkeit widme. „Den Nagel auf den Kopf getroffen." Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen betonte Simon weiter, daß England die Zusicherungen Hitlers, daß Deutschlands alleiniger Wunsch der Friede sei und daß Deutschland keine Angriffs- ab sichten habe, begrüße. Deutschlands Austritt aus der Abrüstungskonferenz könne den Beschluß der englischen Regierung nicht abändern, alles zu tun, um Deutschland wieder zu einem Partncrbei den freundschaftlichen Er örterungen über die Abrüstungsfrage zu machen. Hierbei müsse besonders beachtet werden, daß in den letzten Wochen eine Reihe von Anregungen von Deutschland gemacht worden seien. Noch ehe die deutschen Wahlen vorüber waren, habe Hitler eine Er klärung an die ganze Welt in diesem Sinne abgegeben. Außerdem habe Hitler nach Beendigung der deutschen Wahlen eine Erklärung abgegeben, die den Nagel noch viel mehr auf den Kopf treffe. Eine französische Zeitung habe nunmehr ein äußerst be merkenswertes Interview Hitlers veröffent licht, das eine äußerst sorgfältige Nachprüfung durch alle die erfordere, die den Frieden und den Ausgleich er strebten. «.Deutschland darf nicht das Ziel eines Diktates sein!" Die englische Regierung wünsche nicht, daß in den Abrüstungsverhandlungen eine Unterbrechung eintrete. Das würde ein schwerer Schlag für das Werk der Ab rüstung sein- Aber Abrüstungsverhandlungen ohne Deutschland seien zwecklos. Man könne kein Abkom men treffen und es nachher Deutschland zur Annahme oder Ablehnung vorlegen. Deutschland darf nicht das Ziel eines Diktates sein, sondern muß als Partner bei den Verhandlungen Mitwirken! Wir sind der Ansicht, so sagte Simon dann, daß Deutschland „noch seinen Beitrag" (?!) zu machen hat, um eine allgemeine Abrüstung in der Praxis zu er möglichen. Wir hoffen, daß das Ergebnis des diploma tischen Meinungsaustausches, der jetzt in Form zwei seitiger Besprechungen während der Zeit der Vertagung der Abrüstungskonferenz stattfinden soll, es möglich machen wird, die abgegebenen Versiche rungen in eine greisbare Form zu übersetzen, so daß diese für den Wiederaufbau der internationa len Sicherheit, die eine unerläßliche Bedingung der Abrüstung ist, beitragen werde. Wir werden unseren ganzen Einfluß einsetzen, um wieder einen Geist der Verhandlungen und der gemeinsamen Arbeit zustande zu bringen, anstatt Deutschland abseits zu halten. Die Deutschen feien der Ansicht, daß sie in der Ver gangenheit anders als andere Völker behandelt worden seien. „Wir werden niemals irgend etwas erreichen", so sagte Sir John Simon, „wenn wir uns nicht die Mühe geben, uns in die Lage Deutschlands zu versetzen". des bitteren Gefühles nicht verwehren — wir nicht und auch die andern Völker nicht, die aus ähnlich tiefem Elend sich herausarbeiten wollen —, so manche oder recht viele der „führenden" Staatsmänner seien bar -jeder Empfin dling dafür, daß die sorgsame Pflege der politischen Span nungen dem verzweifelten Ringen, aus diesem Elend herauszukommen, immer wieder mit größtem „Erfolg" entgegcnwirkt. Auf den Konferenzen redet man aneinander vorbei und um den Kern herum, — und nennt das Diplo matie! Man kann auch ein anderes Wort dafür wählen. Und mögen diese Diplomaten es verstehen oder nicht, — allmählich wird auch die Welt cs empfinden, daß Hitler, Deutschlands Führer und Volkskanzler, ganz „undiplo matisch" nichts anderes tat als wieder einmal dieWahr- tz e i t z u s a g e n ! Es ist Zeit, daß man sich drüben nicht mehr wie früher erschrocken die Ohren zuhält, wenn das Volk ruft, das von Hitler geführt wird und „ihm die Kraft gibt!!. Dr. Pr. Simon sagte dann weiter, daß er bei dieser Gelegen heit einen äußerst wertvollen Beitrag Italiens zu einer Einigung anerkennen wolle. Seitens des Leiters der italienischen Regierung seien einige sehr deutlich abgefaßte Erklärungen abgegeben wor den. Italien habe nicht die Absicht, den Präsidenten der Abrüstttngskonferenz aus dem Sattel zu heben, und wolle auch nicht verhindern, daß die Arbeit der Abrüstungs konferenz fortgesetzt werde. Aber sie sei der Ansicht, daß jetzt baldmöglichst ein nützlicher Weg gefunden werden solle, um die Aussichten auf eine dien-, lichc Abmachung zu fördern. — In gleicher Weise habe der Vertreter Frankreichs in Genf davon Ab stand genommen, eine starre Haltung einzunehmen. Be dauerlicherweise sei die französische Regierung jetzt ge stürzt worden. * Sie Simon-Rede in deutscher Veurteüung Der große Erfolg der Kanzler-Erklärung. Zu der Rede des englischen Außenministers Simon wird aus Berliner politischen Kreisen mitgeteilt: Dis Ausführungen Simons zeigen mehr Verständnis für den deutschen Standpunkt als früher. Es kann fcstgestellt werden, datz England seine bisherige erfolglose Vermittlertätigkeit auf gegeben hat und Frankreich auf den Weg direkter Verhandlungen mrt Deutschland verweist. Daß Simon seine Auffassungen ge ändert hat, muß man wohl als ein Ergebnis der Erklärung des Reichskanzlers ansehen, der gesagt hat, daß Deutschland bereit wäre, Vorschläge, die Frankreich zu machen habe, zu prüfen. Die von Simon vorgeschlagenen diplomatischen Verhandlun gen werden auch von Deutschland alsdergegebene Weg angesehen, um weiterzukommen. Ohne solche vorhergehenden diplomatischen Verhandlungen hat eine Zusammenkunft der Mächte keinen Zweck. Im Anschluß an die Rede des englischen Außen ministers ist in London die Frage aufgeworfen wos- den, was die englische Regierung im Sinne hat, wenn sie jetzt wieder, wie vom Außenminister erwähnt wurde, Deutschland nahelegt, seinen „Beitrag" zu liefern, um eine wirkliche Abrüstung in der Praxis möglich zu machen. Nachfragen bei den zuständigen Stellen in London haben ergeben, daß offensichtlich die englische Reg! ung sich noch keine sndgültige Meinung darüber gebildet hat, welcher Art dieser „Beitrag" sein solle, nach dem, wie anerkannt wird, Deutschland eine Reihe von praktischen Zugeständnissen und Be weisen für seine Bereitwilligkeit zur friedlichen Rege lung der deutsch-polnischen und deutsch-französischen Be ziehungen erbracht hat. Anscheinend schwebt Macdonald und Sir John Simon vor, datz Deutschland sich bei be vorstehenden Verhandlungen nicht nur auf eine Entgegen nahme von Vorschlägen der anderen beschränken und diese mit ja oder mit nein beantworten solle, sondern daß es auch im Sinne einer positiven Zusammen arbeit von sich aus „k o n st ru k t iv e Abrüstungs vorschläge" hervorbringen solle, um an der Wicder- ankurbelung der völlig festgefahrenen Abrüstungsverhand lungen praktisch mitzuwirken. AM Belgien sör direkle Asssprache? Brüssel, 24. November. Fn Belgien erheben sich be- achtenswerte Stimmen für eine unmittelbare Aussprache mit Deutschland mit dem Ziel einer klaren und einsachen Verstän digung, wie sie der Reichskanzler Frankreich vorschlägt. Das angesehene Mitglied der liberalen Partei Henry van Leynseels wesit in einem Artikel der Derniere Heure aus die unerwartete Annäherung zwischen Deutschland und Polen hin. Diese An näherung sei der Beweis, daß es künftighin vergeblich sei, den europäischen Frieden bei einem Bund der Siegervölker von 1918 zu suchen. Diese Feststellung müsse ganz natürlich dazu führen, mit Hitler zu verhandeln. Nebenbei bemerkt, schreibt van Leynseele, habe die Haltung Polens Frankreich von einer schweren Belastung befreit und seine Bewegungsfreiheit ge steigert. Von dem Augenblick an, da Polen es für richtig hielt, seine Geschicke ohne den Beistand Frankreichs zu bestimmen, habe Poris das Recht wie die Pflicht, mit dieser neuen Lars zu rechnen. Was die Unterredung mit de Brinon ongehe, io müsse man zugeben, daß Hitler eine logische Rechtfertigung seiner Haltung gegeben habe. Er habe nicht gezögert, zu sagen, er brauche den internationalen Frieden, um sein Werk in Deutschland selbst zum guten Ende führen zu können. Dis Welt Hobe Ruhe nötig. Der bewaffnete Friede scheine als die hoffnungsloseste aller Utopien. Die Verhandlungen mit Ber- lin, schließt van Leynseele, könnten die hauptsächlichsten Ge fahrenpunkle, die in Europa beständen, unterdrücken.