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Sehr tzeehrder Herr Redakd ähr! „Wer das Aanse Jahr muß werchen, der freit sich off de Ferchen " Aus gerechnet jetzt, wo mer an Ferchen überhaupt nicht denken kann, schickt mir mei Fremd Ernst aus Berlin ehne Ansichts postkarte mit diesem Bersch, derde ja vielleicht seine Ansicht vom Läden überhaupt darschdellt, mit den mer aber ehnen gutmüdigen Bierger nie wie ehn Blitz aus heitern Himmel ieberfallen darf. Mir w'ern schon allemal de Fietze kalt und de Scheitelhaare grau, wenn ich das Mort Berlin Here. Ich kenn- de es merklich verschdehen, wenn das neie deutsche Reich den Schwerpunkt seiner Zentrale vielleicht nach Minchen verlegen Wirde. Das klingt schon viel fremdlicher „Minchen". Da denkt mer gleich an das lachende Kindel, an die kunstvollen Bauten und an de hohen Berge mit den weitzen Gipfeln. Wenn mer das Wort Berlin hert, da denkt mer bloß an die große Klap pe, den schnoddrigen Ton, an die nach Teer, Benzin und Staub stinkenden Stratzen und dann an die vielen „großen" Män ner, diede uns von 1918 bis Anfang 1933 so richtig in den Schlammassel neingeführt hatten. Diesen guten Ruf werd Berlin nicht gleich wieder los werden. Oogenblicklich schmeckt mir ooch kchne Priese mehr, wenn ich an den Berliner Reichs tagsbrandprozeß denke. Da kann nu die Stadt Berlin an und fier sich nischd derfier, aber se muß ehmd ooch mit drunter leiden und zwar unter der Wut, diede ehnem im Hals hoch kommt, wenn mer liest, wie vornehm und anständig unsre deut schen Gerichte so ehnen Lümmel wie den bulgarischen Kommu nisten Dimitroff behandeln. Dem gehören schon längst mal paar rechts und links hinter de Löffeln, vielleicht wirde bei dieser Methode ooch der Hauptangeklagte van der Luppe seinen Schädel hochreißen. Mer muß werklich die Geduld bewundern, mit der die Richter diesen Prozeß durchführen. Die Auslän der bezw. das Ausland hat sich in den letzten Monaten ieber haupt allerhand schehne Sachen geleistet, die mir unter Men schen mit normalem Verstand eegentlich nich fier möglick hal len sollte. Das neieste, aber sicher ooch das dimmste und blö deste, Hamm se ja jetzt in Verbindung mit unserer Volksab stimmung und mit unserer Neichstagswahl rausgesteckt. Da Hamm se in ihren Zeitungen den Bären losgelassen, daß die Stimmzettel mit kinftlicher Tinte beschriem wären. Nach der Wahl wirden diese Zettel erwärmt und dann käme das ge wünschte Kreuz zum Vorschein. Also da kanns ehn gleich Hin- Haun, wenn man solchen Schdutz liest. Ob bas im Auslands werklich jemand glvobt? So viel Dummheed kann ja gar nich off ehnen Haufen zesammen kommen, wiede hier aus solchen blödsinnigen Behauptungen schbricht. Aber schließlich sucht mer niemand hinter ehnen Busch, hinter den mer nich schon selber gestanden hat. Es is fier mich gar kehn Zweifel, daß das ganse deutsche Volk dem Auslande am Sonntag die richtige Antwort geben wird. Es kann ja in Deutschland niemand mehr so dämlich und solch ein jämmerlicher Lump und Verräter sein, daß er etwa wieder auf die Lügen des Auslandes hereinfal len könnte. Mir Hamm doch 15 Jahre lang am eignen Leibe erlebt, in welcher Weise das Ausland mit uns Schindluder getrieben hat, jetzt is Schluß damit. Gott sei Dank, daß wir endlich eine mannhafte Regierung haben, für die freudig ein zutreten jedes deutschen Mannes und jeder deutschen Frau gern geleistete Pflicht ist. Wer das am Sonntag nicht tut, ist ein erbärmlicher Wicht, der es nicht verdient, daß ihm die Sonne noch länger ins Gesicht scheint. Das is meine Ansicht un da brauch ich kehn ausländischen Vormund derzu. O^i Wiederhärn Ferchdegodd Schdrammbach SMdei für da; Winlerhiljswerd! Vergessen und in Armui gestorben. In Nizza verstarb einer der größten Wohltäter schwedischer Forscher in völliger Armut und Vergessenheit. Es handelt sich um den Nüssen Sibiriakow, der die Mittel zur schwedischen Vega-Expedition und Millionenbeträge für andere Forschungen zur Verfügung gestellt hatte und einer der reichsten Männer des alten Rußlands war. Sibiriakow starb im Alter von 84 Jahren. Auf seinem Sarg lag ein ein ziger Kranz — vom schwedischen Kirchenminister. Außer seiner Pensionswirtin folgte dem früher weltberü hmten Mann nur der schwedische Konsul und zwei andere Schweden zum Grabe. Durch eine Unter stützung der schwedischen Regierung wurde Sibiriakow, dessen riesiges Vermögen in russischen Banken festgelegt und für ihn nach der Revolution unerreichbar war, vor dem Verhungern und jetzt vor dem Armen grabe bewahrt. SMHlan -er Dresdner Thester. 12.—19. November 1933. Opernhaus. Sonntag (12.) 6 Tristan un- Isolde; Montag 168 Der Zigeunerbaron; Dienstag ^8 Der Toreador. Gian ni Schicchi; Spielzeug; Mittwoch 168 Ali Baba und die 40 Räuber; Donnerstag 168 Othello; Freitag 168 2. Sinfonie konzert Reihe B. vvrm. 1612 öffentliche Hauptprobe; Sonn abend 168 Der Freischütz; Sonntag (19.) 167 Arabella. Vor stellungen für die DB.: Sonntag (2.1) 10701—10900, 11101 bis 11200; Montag 10901—11000, 16401—16450; Dienstag 4901—5100; Mittwoch 1701—1900, 3001—3600 15001 bis 15200, 20051—20100; Donnerstag 5101—5200, 8301—8400; Sonnabend 3901—4000, 5801—6000, 10101—10200; Sonn tag 4401—4500. Schauspielhaus. Sonntag (12.) 8 Jugend von Langemarck; Montag 168 Coriolanus; Dienstag 8 Das Leben ein Traum; Mittwoch 8 Das Kind; Donnerstag 8 Tod in Genf; Freitag 8 Jugend von Langemarck; Sonnabend 8 Kater Lampe; Sonn tag (19.) 8 Kater Lampe; Vorstellungen für die DB. Sonntag (12.) 2901—3000, 9301—9300; Montag 1—200, 16451 bis 16500; Dienstag 9701—9800, 16501—16550; Mittwoch 9801 bis 9900, 16551—16600; Donnerstag 6601—7400, 15301 bis 15500, 20001—20050, Freitag 5301-5500, Sonntag (19.) 201—300, 16601-16650. Albert-Theater. Sonntag (12.), Montag 8 Die große Chance; Dienstag, Mittwoch 8 Krach — um Jolanthe; Don nerstag 8 Se. Exzellenz der Narr; Freitag 4 The Return Iour- ney; 8 Ten Minuts Alibi; Sonnabend 8 Se. Exzellenz der Narr; Snnntag (19.) 4 Die große Chance; 8 Se. Exzellenz der Narr. Deutsche-Bühne-Karten nur in der Geschäftsstelle, Amalien- straße 13, 10—2 und Z64-5 Uhr. Komödienhaus. Täglich abends 8.15 Uhr Krieg im Frie den. Vorstellungen für die DB.: Montag 9601—9700; Diens tag 9901—10000, 15201—15250; Mittwoch 10001-10100; Donnerstag 10401—10500, 15251—15300; Sonnabend 10201 bis 10300, 15501—15550. Residenz-Theater. Täglich abends 8 Uhr Marietta. Deut sche-Bühne-Karten nur in der Geschäftsstelle, Amalienstr, 13, 10—2 und Z64—5 Uhr Central-Theater. Täglich abends 8 Uhr Viktoria und ihr Husar; außerdem Donnerstag 4 (Erwerbslosenvorstellung) Viktoria un- ihr Husarr, Sonntag (19.) 4 Land -es Lächelns. Vvstellungen für die DB: Montag 6401—6500, 20426 bis 20450; Dienstag 2401—2500, 15601—15650; Mittwoch 2501—2600, 15351—15700; Donnerstag 2601—2700, 15701 bis 15750; Sonnabend 2701—2800. Börse. Sandel. MetsAatt. Amtliche sächsische Notierungen vom 10. November. Dresden Bei freundlichem Grundton waren festverzins liehe Werte begehrt, die ihre Steigerung um Bruchteile eines Prozentes fortsetzten. Darüber hinaus gewannen ReichSanleihe- Altbesitz 1,1, 7prozenlige Dresdner Stadtanleihe sowie 8proz. Dresdner Schatzanweisungen und 8prozentige Riesaer Stadt anleihe je 1 Prozent. Leipziger Stadtanleihcn verloren 1,28 Prozent. Von Dividcndenwerten verloren Sachsenwerk 3,5 Pro zent, auch Jndustricwerke 'Plauen lagen etwas niedriger. Da gegen stiegen Elektra und Rosenthal je 2, Kraftwerke Thürin gen, von Heyden und Wanderer je 1 Prozent. Leipzig. Ohne bemerkenswerte Kursveränderungen hielten sich die Umsätze in engem Rahmen. Kraftwerk Auma zogen 2, Reichsbank, Dermatoid und Riquet je 1 Prozent an. " ... Leipziger SchlachtvieWarkt. Auftrieb:33 Ochsen,77Bullen, 129 Kühe, 49 Färsen, 673 Kälber, 296 Schafe, 1545 Schweine, Preise: Ochsen nicht notiert, Bullen 2. 27—28, 3. 25—26, 4. 21 ms 24, Kühe 1. 28—30, 2. 24—27, 3. 20—23, 4. 13-19, Färsen 1. 30-32, 2. 22—29, Kälber 2. 40-43, 3. 36—39, 4. 80—35, . Schafe 1. 33—34, 3. 30—32, 4. 24-29, Schweins ATA 2. 50—51, ß. 48—49, 4. 46—47, 5. 43—45, 7. 42—50. Geschäftsgang: Schafe langsam, das übrige schlecht. Dresdner Produktenbörse. Sandroggen unnotiert 142-146 141-145 9,90-10,6 9,70-10,5 Weizen-Festpreis 3: 181, 4.183; Roggen-Festpreis: 4.148, 5 150. 10,0-10,2 10,0-102 12,0-14,0 12.0-14P 10.11. 6.11. 10.11. 8.11. 35,7-37,7 35,7-37,1 31,7-33,7 31,7-33,1 30,5-33,7 30,5-33,1 23,7-24.7 23,7-24,1 22,7-23,7 22,7-23.1 Kaif.-Azgsm. Bäckermund mehl Wetzenm. inl. Auszug Noggenmehl Type 60 °/° Noggenmehl Wintergerste 162-164 160-160 Sommergst. 183-192 183-192 Hafer inl. 142-146 141-145 Karwffclfl. 14,0-14,2 13,9-14,1 Trockschtzl. 10,0-10,2 10,0-10,2 Futtermehl 12,0-14,0 12,0-14,0 Weizenkleie 10,4-10,7 10,2-10,6 Roggenkleie 9""^« Weizen sächs. 186-187 186-187 Roggen sächs. unnotiert Type 70°/° . Rogg.-Nachm. 16,2-18,2 16,2-18,; Weiz.-Nachm. 17,7-19,7 17,7-19,1 Nossener Produktenbörse am 10. November 1933. Weizen hiesiger neu 76 Kilo 9,15; Roggen hiesiger neu 72 Kilo 7/50; Wintergerste neu 62 Kilo 7,50—7,70; Braugerste 8,50—8,80; Hafer 6,40—6,80 Weizenmehl, Kaiserauszug 0. S- 19,35; do. 60^ aus Inlandsweizen 16; Noggenmehl 6025 12,39; do. 70A 11,95; Nachmehl ohne Sack 7,50; Futtermehl 6,50; Roggenkleie inländische 5,10—5,40; Weizenkleie grob 5,20 bis 5,60; Maiskörner 10,40; Kartoffeln rot 1,55; do. gelb 1,60 bis 1,70; Stroh in Labungen (Gebun-stroh) 0,40; do. Preßstroh 0,50; Heu neu in Ladungen 2,50—2,75; Butter ab Hof 0,70 bis 0,73; Kartoffeln neu Zentner 2,20—2,40; Gebun-stroh 1,40; Pretzstroh 1,50; Eier Stück 0,10—0,11; frische Landbutter Pfund 0,75—0,80. Amtliche Berliner Notierungen vom 19. November. Börsenbericht. Die Berliner Börse eröffnete in fester Haltung. Am Montanaktienmarkt lagen größere rheinische Kauforders vor, die im Zusammenhang mit der kräftigen Ent lastung am Arbeitsmarkt trotz der sich aus Saisongründen er gebenden Widerstände allgemein eine zuversichtliche Stimmung aufkommeu ließ. Auch aus Publikumskreisen waren Kauf orders eingetroffcn, denen sich die Spekulation anschloß. Auch am Rentenmarkt war die Stimnmng fest. Altbesitzanleihen erreichten den Kurs von 80 Prozent. Neubesitz stiegen um 15 Pfennig. Reichsschuldbuchforderungen waren leicht be festigt. Der Geldmarkt war sehr leicht. Tagesgeld ging auf 4ft° Prozent zurück. Zehn Minuten vor 1 Uhr würde der Börsenverkehr unterbrochen. Er wurde erst nach der Rede des Führers wieder ausgenommen. Die Börse hat sich also auch in diese Beziehung voll in die Volksgemeinschaft eingeschaltet, eine Tatsache, die wirklich nicht nur äußeren Wert hat. Zum Zeichen der besonderen Bedeutung waren die Börsensälc mit Hakcnkreuzflaggen geschmückt Lautsprecher übermittelten den Anwesenden die Rede des Führers. Im späteren Verlauf konnten dann Montanwerte Weiler anziehen. Steucrgutscheine Gruppe I wareu unverändert. Privatdiskonte unverändert 3?/°. Devisenbörse. Dollar 2,60-2,61; engl. Pfund 13,35—13,39, holl. Gulden 169,13 -169,47; Danz. 31,62—81,78; franz. Frane 16,40—16,44; schweiz. 81,12—81.28; Belg. 58,49- -58,61; Italien 22,08—22,12; schwed. Krone 68,83 -38,97; dän. 59,64—59,76; norweg. 67,08—67.22; tschcch 12,4?--I2,44; öfter-. Schilling 48,05 bis 48,15; Argentinien 0,96—0,96: Spanien 34,92- -34,98. Getreide und — 10. 11. Weiz., märk. 190 pommersch — Rogg., märk. 154 pommersch. — Futtergerste — Sommerg. 162-169 162-169 Wtrgerste 4zl. 163-172 163-172 Wtrgerste 4zl. 157-160 157-160 Hafer, märk. — -— pommersch. — >—< Weizenmehl per 100 kx inkl. Sack 31,1,32,1 31,1-32,1 Roggenmehl per 100 Kg inkl. Sack 20,9-21,9 20,9 21,9 Weizkl. s. B. 11,1-11,3 11,1-11,3 10. 11. 9. 11. Roggkl. f. Bln 10,0 10,2 10,0-10^ Raps — Leinsaat — — Viktoriaerbs. 40,0-45,0 40,0-45,6 kl. Speiseerbs. 33,0-37,0 33,0 37,; Futtcrerbsen 19,0-22,0 19,0-22,0 Peluschken 17,0-18,5 17,0-18^ Ackerbohnen 17,0-18,0 17,0-18,6 Wicken — . — Lupine, blaue — —, Lupine, gelbe — —. Serradelle — — Leinkuchen 12.0* 12,0* Erdnußk. 10,1-10.6* 10,1-10,6* Trockenschn. 10,0-10,1 10,0-10,1 Sojaschrot 8,5* 8,0-8,4* Kartofselfl. 13,4-13,6 13,4-13,6 *) Ausschließlich Monopolabgabe. Preise für Weizen und Roggen frei Berlin; für Brau-, Futter-, Sommer- und Wintergerste ab märkischer Station. Olsaaten je 1000 Kilogramm, sonst je 100 Kilo- gramm in Reichsmark. 9. 11. 190 154 Butternotierungen. 1. Qualität 126, 2. Qualität 120, ab fallende Sorten 113 Mark je Zentner. Markenbutter auch höher. W « ck M MM Roman von Chlotilde von Stegmann-Stein. 41. Fortsetzung Nachdruck verboten Dann verschafften sie sich durch eine leerstehende Wohnung, die an das Büro grenzte, mit Nachschlüsseln Zutritt. So konnten sie in der Mittagszeit, in der die Büroräume immer leer waren, in aller Ruhe den Geldschrank ausräumen, ge rade als sie ausspioniert hatten, daß eine größere Summe eingezahlt worden war." „Die Berechnungen der Verbrecher," fuhr der Polizei- kommiffar in seinem Bericht fort, „waren leider nur zu richtig. Und nun kommt die krimminalistische Schlußfolge rung: Der Iustizrat, der für die Einlösung des Wechsels seine letzten Barmittel ausgegeben hatte, mußte angesichts der geraubten Mündelgelder befürchten, daß der Verdacht auf ihn fallen würde. Das war für den alten Herrn zu viel — und er fand keinen anderen Ausweg, als zum Re volver zu greifen. Der jüngere Diesterweg, den wir natür lich auch sofort festgenommen hatten, als durch die Fest nahme Pierres die Fäden aufgedeckt waren, ist gänzlich un schuldig an den Verbrechen, die seinen Bruder in den Tod getrieben haben. Pierre hat ein umfassendes Geständnis ab gelegt. Wir haben den jüngeren Diesterweg aus der Haft entlassen und den Bericht nach Köln an die dortige Polizei gesandt." „Und der Uebersall auf Miß Diesterweg?" fragte Allan heftig, „ist er an dem auch unschuldig?" „Ja, auch daran, so merkwürdig das auch klingt, Mon sieur," erklärte der Kommissar. „Diesterweg hat, als er ge rade wieder außerordentlich in der Klemme war und sein Glück beim Turf mit Wetten versuchen wollte, Miß Diester weg wiedergesehen. Sein Gespräch mit ihr ist von Pierre belauscht worden. Und Pierre hat ganz kaltblütig seinen Ge nossen ausgeschaltet, indem er ihn an diesem Abend sinnlos betrunken und aktionsunfähig gemacht hat. Dann ist er statt seiner zu dem Rendezvous gegangen, in der Hoffnung, die Da lächelte die kleine Elvira mit einem blassen und glück lichen Gesicht. Und dann tröstete sie: „Mademoiselle Beate kann ja niemanden Haffen, Ester- cita, wenn du sie nur ein bißchen lieb hast, dann wird sie dich auch sehr lieb haben." Da faltete Lstercita die Hände, als betete sie. Beate hatte den halben Tag tief und ruhig geschlafen. Nun erwachte sie langsam. Alles war wie ein Traum. Ja, sicher, sie träumte noch, sie lag in ihrem Zimmer, auf einem niedrigen Tisch neben ihr stand ein Strauß großer, leuchtender Rosen, und aus dem Nebenzimmer hatte sie eine Männerstimme gehört, die genau wie Allans geklungen hatte. Sie lächelte wehmütig, natürlich, sie träumte, aber so deutlich, so süß und schmerzhaft deutlich. Sie stieß einen lei- sen Seufzer aus. Die weiße Schwester erhob sich still aus dem Sessel neben dem Bett, der Rosenkranz glitt aus den schmalen, weißen Händen, auf das Weiß der Ordenstracht. „Mademoiselle, wie fühlen Sie sich?" Nun erst wußte Beate, daß sie ganz wach war, und nun war ja auch die geliebte Stimme, die sie nebenan zu hören geglaubt, fort. „Wie deutlich man träumen kann, Schwester," sagte sie lächelnd, „ich glaubte im Nebenzimmer jemanden sprechen zu hören, der in einem ganz anderen Land weilt." „Also haben Sie gut geschlafen." Die Schwester prüfte den Puls, „nun, das ist ja herrlich. Würden Sie nicht mehr zu schwach sein, um M. del Pueblo zu empfangen? Er ist jehr besorgt um Sie." Beate nickte, aber ihr Lächeln wich einem angstvollen Grübeln. Langsam entsann sie sich wieder der schrecklichen Vor gänge. Was würde M. del Pueblo denken, daß sie sich mit einem fremden Mann bei Nacht und Nebel heimlich ge- troffen? (Fortsetzung folgt.) junge Dame durch brutale Einschüchterung willfährig zu machen. Sie, Mr. Parkins, sind ja dann im letzten Augen blick dazugekommen." „Gott sei Dank," sagte Allan aus tiefster Seele und sah del Pueblo ernst an — der nickte ihm zu, die beiden Män ner hatten sich in der Nacht gründlich ausgesprochen —, dann wandte er sich zu dem Arzt: „Wenn Miß Diesterweg auch noch nicht zu Protokoll ver nommen werden kann, glauben Sie, daß sie eine kurze Un terredung vertragen können würde, wenn man sie gar nicht aufregt?" „Ich denke wohl," meinte der Arzt, „Temperatur ist nicht vorhanden, auch Anzeichen einer Gehirnerschütterung nicht. Die Ohnmacht ist wohl mehr eine Folge des Schrek- kens. Also, für wenige Minuten will ich es verantworten, wenn Fräulein Diesterweg aus dem Schlaf aufwacht. Ich sehe heute abend wieder nach ihr." Als der Arzt die Treppe des Hauses wieder herabging, kamen schnelle Schritte hinter ihm her, er wandte sich um, es war Estercita, die vor ihm stand, Angst und Scham im Gesicht. „Monsieur, ich bitte Sie, es ist doch keine Lebensgefahr für die arme Mademoiselle zu befürchten?" „Nein, Mademoiselle," beruhigte sie der Arzt, „Sie kön nen unbesorgt sein, es wird in ein paar Tagen alles wie der in Ordnung kommen. Sie hängen wohl sehr an Ihrer Erzieherin?" fügte er freundlich hinzu. Da schluchzte Estercita auf und eilte gleich wieder die Treppen hinauf. „Sie wird wieder gesund, Elvira," schluchzte sie und um armte die Kleine, die blaß, mit verweintem Gesichtchen, wie verloren in dem großen Zimmer saß, „Gott sei Dank, ich bin nicht schuld, daß sie stirbt. So viel Böses habe ich ihr ge wünscht, auf dem Balkon habe ich gehorcht. Hätte ich gleich den Vater gerufen, es wäre nicht so weit gekommen. Wenn sie gestorben wäre, nie mehr hätte ich eine frohe Minute gehabt. Die ganze Nacht habe ich daran denken müssen, wie häßlich ich zn ihr war und wie sie mich hassen muß." Tränenüberjtrömt sank sie auf einem Sessel zusammen.