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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. Urei Hau-, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstaltcn und Post boten, unsereAusträgeru. , , .. ,, Geschäftsstelle, nehmen zu ged-rZ-ÜBestellungenent. Wochenblatt sUk WtlsdrUfs U. UMgLgeNd «egen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg ob. sonstiger — — Betriebsstörungen besteht »ein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2a Rpsg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs» Pfennige, die 8 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dorgc- schrieben« Etscheinungs. ,, „ - tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig,. Anzeigen, annahme bisoorm.lvUhr. - > —— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Räbattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 258 — 92. Jahrgang Sonnabend, den 4. November 1933 Postscheck: Dresden 264» Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresen Zn der Abwehr. ^Wer ist der Störenfried? — Das Schild des Binnen- Marktes. — Fort mit der Lügenlast! „In Deutschland herrscht Ruhe und Ord nung; die Welt mag sich um ihre eigenen Probleme kümmern." Hitler. „Was können wir uns überhaupt anderes wünschen, als daß die Welt uns in Ruhe läßt, daß sie uns nicht in unserer Arbeit stört und daß sie einsieht: Wir haben ein Recht darauf, nach unserer Fasson selig zu werden." Das hat der Führer des neuen Deutschland als das gegen wärtige Ziel der deutschen Außenpolitik be zeichnet. Oft schon tat er dies mit solchen und ähnlichen Worten. Aber immer wieder ist es notwendig, den Vor wurf des Auslandes abzuwehren, als seien wir der „Störenfri e d". Ein Friede aber läßt sich nur stören oder gar zerstören, wenn er — da ist. Und ist das etwa ein Friede, in dem das offene oder heimliche Wasfengeklir» nicht etwa aushört, sondern immer lauter wird! „Die Welt mag sich um ihre eigenen Probleme kümmern", — und das braucht nicht bloß dafür zu gelten, daß es in so manchem Staat mit der inneren Ruhe und Ordnung wesentlich schlechter bestellt ist als in dem von Unwissenden oder Melwollenden so böse verleumdeten Deutschland, sondern es gibt doch auch weltpolitische Probleme über genug, um die sich jene Mächte kümmern sollten, die maß gebender als Deutschland die Geschichte und Entwicklungen der Welt zu beeinflussen vermögen. All die „Probleme", die sich durch das knappe Wort „der Ferne Osten" an- dcuten lassen und von dort ans hinnberrcichen nach Amerika einerseits, nach dem europäischen Rußland andrerseits, und die einen wirren, gefahrdrohenden Knäuel machtpolitischer, Wirtschafts- und kulturpolitischer Art darstellen, dürften doch Stoff genug für eine sehr intensive Beschäftigung der Diplomatie abgeben! Ist es denn nicht geradezu ungeheuer charakteristisch für die fast unheimlich rasche Verschiebung der machtpolitischen Ver hältnisse, wenn jetzt das japanische Kabinett beschließt, eine Weltkonferenz nach Tokio einzuberusen — als ob es gar kein Genf, keinen Völkerbund und sonstiges gebe, was nach außen hin die weltbeherrschende Macht der weißen Rasse dokumentierte? Und noch nicht einmal vierzig Jahre ist es her, daß diese Weitze Rasse den Japanern einen Frieden aufzwmgen konnte, Japan sich zähneknirschend fügen mutzte. Den siegreichsten seiner Kriege hat Japan dann gegen — den Völkerbund geführt! denn der ergab sich ohne Widerstand im Gefühl seiner inneren Ohnmacht. Und es gibt noch viele andere Pro- bleme, nm die sich die Welt kümmern sollte. „Der Versailler Vertrag hat tn bei Welt einen wirtschaftlichen Prozeß bei Verelendung ausgelöst, der zwangsläufig zv den schwersten gesellschaftlichen Erschütte rungen geführt hat." Hitler. Selbst das Wenige, was eine andere Weltkonferenz zustandegebracht hatte, die Londyner Weltwirt- schaftskonserenz nämlich, an der die Vertreter von mehr als fünf Dutzend Staaten teilnahmen, ist jetzt in seinen letzten Resten beiseitegeschoben worden: der da mals abgeschlossene Zollwaffen st ill st and. Einig! Staaten, wie kürzlich Frankreich, haben ihn offiziell ge kündigt; die meisten kümmerten sich gar nicht mehr um ihn, — und er war doch erst vier Monate alt! Die „Balkanisierung" Europas durch das Versaillei Diktat war Za nicht nur politischer, sondern auch wirtschaft licher Art und gerade hier wurden natürliche Zusammen hänge aufs brutalste zerrissen; außerdem sorgte die Politik des Versailler Ungeistes dafür, daß die Trennungsmaueru nicht etwa abgetragen, sondern nur erhöht werden durften. Deutschland versucht es nun, innerhalb dieser Mauern, die uns umgeben, die wirtschaftlichen Maßnahmen durch zuführen und auszubauen, die nichts anderes als eine zwangsmäßige Folgerung aus diesem tatsächlichen Zu stand sind. Alle anderen tun es auch, — nur Deutsch land erweckt wieder einmal das übliche „Mißtrauen", wenn diese Maßnahmen, diese wirtschaftlichen Wiederauf bauversuche erfreulicherweise doch einen nicht gerade un bedeutenden Erfolg hatten! Ihn zu verkleinern — weil er nämlich die Frucht der Anstrengungen des unter Hitlers Führung geeinten deutschen Volkes ist —, gelingt nicht recht und ihn zu verhindern vermag man nicht, denn der deutsche Binnenmarkt ist es, der sich in neuer Kraft regte und ausdehnte, also einer weiteren Ver elendung durch die steigende Not und Arbeitslosigkeit end-- werNerte AOWlitik Frankreichs Sarrauts Regierungserklärung in der Kammer. Die Französische Kammer trat zusammen. Der Kammerpräsident und der Ministerpräsident Sarraut widmeten dem verstorbenen ehemaligen Ministerpräsi denten Painlevö ehrenvolle Nachrufe. Bei der Er wähnung der Verdienste PainlevSs während des Krieges ertönte von den Bänken der Kommunisten der Ruf: „Mörder! Nieder mit dem imperialisti schen Krieg!" Im Mittelpunkt der Sitzung stand die Regierungserklärung. Sie besteht im wesent lichen aus vier Teilen- Zunächst wird die Notwendigkeit der Beseitigung des Fehlbetrages im Haushaltsplan dargelegt, dann eine Steuerreform angekündigt, ferner die Ankurbelung der Wirtschaft durch einen nationalen Ausrüstungsplan und durch die Verbindung des Mutter landes mit den Kolonien gefordert. Zum Schluß kommt die Außenpolitik an die Reihe. Die Regierung Sarraut knüpft an die von dei Kammer gebilligte Außenpolitik ihrer Vorgänge rin an, weil sie in ihrer Fortsetzung die Siche rung derober st enJnte ressen Frankreichs sieht Frankreich werde seinen Verpflichtungen trcubleiben uni ebenfalls der Garantien eingedenk sein, die die Vorbedin gung sür diese Verpflichtungen waren und sich von de: in Genf in voller Solidarität mit allen Unterzeichnern de: Friedensverträge und der Völkerbundsatzungen über nommenen Aufgabe nicht abwenden. Frankreick werde das übernommene Werk nach den wich tigsten Grundlinien fortsetzen, die mit England, der Vereinigten Staaten und Italien sowie in voller Über einstimmung mit den anderen Frankreich befreundetem Völkern grundsätzlich festgelcgt worden seien. Frankreich sei ruhig und stark nnd wolle leidenschafts los bleiben, weil es sich in der Lage wisse, seinem Recht Achtung zu verschaffen. Dieses Recht falle unter den gegenwärtigen Umstän den mit dem Recht aller Völker zusammen, die aufrichtig an der Aufrechterhaltung des Friedens hängen, vor allemEnglands, das, nachdem essoedelmütig alle Prüfungen mit Frankreich geteilt habe, nun durch die Stimme eines seiner hervorragendsten Staatsmänner die ausdrückliche Zustimmung seiner Regierung zu der Wirk samkeit der Locarno-Verträge bekräftigt habe, ferner Italiens, dessen Freundschaft durch die Politik der vorigen Regierung glücklich gefestigt worden sei und dessen letzte diplomatischen Schritte deutlich den Willen zur Zu sammenarbeit mit Frankreich in den Werken der euro päischen Zusammenarbeit bestätigt hätten, der Ver einigten Staaten, die über den Ozean hinweg dem Friedenswerk ihre Mitarbeit widmeten, die es nicht vermissen könne, Rußlands, das soeben der westlichen Welt den Beitrag seiner Nichtangriffsverträge und der Protokolle über die Bestimmung des Angreifers geliefert habe, ferner der Freunde in Belgien, in Polen und in der Kleinen Entente, die der französischen tiefen Verbunden heit sicher, sich den französischen Plänen und Verhand lungen angeschlossen hätten. Während der Verlesung der Erklärung wurde Sarraut häufig mit lebhaftem Beifall unterbrochen, der bis in die Bänke der äußer sten Rechten festzustellen war, während die S o zi a list en Zurückhaltung übten. — Im Anschluß an die Aus führungen des Ministerpräsidenten begann die Behand lung der Anfragen über die allgemeine französische Politik. * Jas BerttMNMiW aWnmnieu. Paris. Die Kammer hat in der Nacht zum Sonn abend um 1.55 Uhr MEZ. durch Annahme einer vom stell vertretenden Führer der radilalsozialistischen Fraktion Dclbos eingcbrachtcn Entschließung der Regierung mit 320 zu 32 Stimmen bei auffallend viel Enthal tungen das Vertrauen ausgesprochen. Paris, 4. November. Die Kammer hat am Sonnabend um 1L5 Uhr (MEZ.) durch die Annahme einer von dem stell vertretenden Führer der radilaljozialistischen Fraktion, Del- bos, eingebrachten Entschließung der Regierung mit 320 :32 Stimmen bei auffallend viel Enthaltungen das Vertrauen aus gesprochen. Das Abstimmungsergebnis zeigt, daß gegen die Re gierung nur der äußerste linke und der äußerste rechte Flügel gestimmt hat, während die Sozialisten und ein Teil des rech ten Flügels Stimmenthaltung geübt hat. (Die Regierung Da ladier erhielt seinerzeit 370 gegen 200, die Regierung Paul- Boncvur 379 gegen 166 Stimmen.) Damit ist der Tag der Regierungsvorstellung und der Aussprache über die allgemeine Politik abgeschlossen. Dip Verhandlung der Interpellationen hat kein großes Interesse erweckt. Ministerpräsident Sarraut hat vor der letzten Unterbrechung, die gegen 23 Uhr erfolgte, zu den Interpellationen zusammenfassend Stellung genommen. Zunächst hat er sich mit Bergery auseinandergesetzt, dem er das Recht absprach, ihn als reaktionär zu bezeichnen. Seit über 30 Jahren sei er Radikalsozialist. Wenn er auch zeitweise aus geschlossen worden sei, so habe er nicht gegen die Partei intri giert. (Das galt Bergery), sondern sich zurückgehalten, bis der Parteiführer Herriot ihn wieder mit einer wichtigen Ausgabe betraut habe. Den Sozialisten habe er leine Regierungsbetei ligung angeboten, da das in dem Augenblick, wo in ihre Lager ernste Meinungsverschiedenheiten herrschten, wie ein Manö ver ausgefehen hätte. Von einem Abgleiten nach rechts sei keine Rede. Er, Sarraut, werde nach wie vor radikalsozialistische Politik treiben. Er sei für die parlamentarische Freiheit, für die Autorität der Regierung und gegen die Diktatur. Lieber sein Finanzprosekt habe er heute nicht viel sagen können; wenn es soweit sei, werde die Kammer in der Lage sein, sich dazu zu äußern, ob seine Maßnahmen die richtigen seien. Nach einer kurzen Pause erfolgten noch einige Erklärun gen verschiedener Abgeordneter zur Abstimmung. Bedouce teilte mit, daß die Sozialisten sich der Stimme enthalten wür den, weil sie befürchteten, daß die Regierung dieselbe Politik einschlagen werde, wegen der ihre Vorgängerin gestürzt wor den sei. Der Neusozialist Renaudel verlangte von Sarraut Aufklärung darüber, ob er Anschluß nach rechts zu suchen ge denke. Er erklärte dann, daß seine Freunde für die Regierung stimmen würden, nachdem Sarraut betont habe, daß er als Radikalsozialist eine Politik der Linksmehrheit sortsetzen werde, aber entschlossen sei, weder von links noch von rechts Bedin gungen anzunehmen. kich und erfolgreich entgegenzuwirken vermochte. Und in diesem Bemühen „soll uns die Welt zufrieden lassen und uns nicht in unserer Arbeit stören!" * „Wir können nicht oft genug vor ver Well wststellen, daß die Behauptung von der Schuld Deutschlands am Kriege unwahr ist." Hitler. Ganz unerträglich aber wird jene politische Ein mischung und dieses wirtschaftliche Beargwöhnen, wenn es sich in einen allerdings stark zerschlissenen „moralischen" Mantel hüllt, durch dessen Löcher und Risse der Wille zu sehen ist, auch dem neuen Deutschland ebenso die Gleich berechtigung versagen zu wollen wie den früheren Regie rungen seit jenem Tage„als in Versailles das „S chuld - bekenntnis" Deutschlands „Wider besseres Wissen und nur aus Angst" unterschrieben wurde. Auch in der Welt, die uns damals feindlich gegenüberstand, ist viel fach schon das Urteil über die unmoralische Erpresser politik in Versailles recht eindeutig geworden, aber die Nutznießer dieser Politik wollen sich ihre Errungenschaft nicht ganz entreißen lassen. Und wenn es am !l2. November gilt, mit einem Ja! Deutschlands Ehre !zu verteidigen, dann soll diese Abwehr auch unserer „moralischen Diskriminierung", der schweren Schmach gelten, die man Deutschland antat, als man ihm die Schuld am Kriege zwangsweise auf die Schultern legte. Wir denken nicht daran, diese Lügenlast noch länger tragen zu sollen! Dr. Pr. Sie Welt wird es nun glauben müssen 6. Seit dem entscheidenden Schritt Deutschlands in Genf, der auch die Lauen, die Gleichgültigen, die „Un politischen" zur Erkenntnis bisher gemiedener Wirklich keiten zwang, hat es wohl niemanden unter uns gegeben, der nicht die deutsche Politik der vergangenen vierzehn Jahre rückschauend wieder und wieder überprüfte. Dabei drängt sich jedem die naheliegende Frage auf: wenn wir schon die Rolle des Besiegten übernahmen, warum mußten wir es dann darüber hinaus noch den äußeren Feinden so leicht machen, uns vollends in den Dreck zu treten? Warum mutzten wir in einer Lage, in der jedes andere Volk zu einem einzigen Block gegenüber den fremden Unterdrückern geworden wäre, uns erst einmal jahre lang gegenseitig die Köpfe einschlagen, Parteien über Parteien gründen, alle möglichen gegeneinander arbeitenden Verbände schaffen und unter allen Un befugten ausgerechnet dem in der ganzen Welt