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Wilsdruffer Tageblatt : 28.10.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193310282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19331028
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19331028
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-10
- Tag 1933-10-28
-
Monat
1933-10
-
Jahr
1933
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.10.1933
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k2. Jahrhunderts etwa hatte die neue religionsphilosophische' Richtung der Scholastik durch ihre Anziehungskraft auf die Jugend der Zeit eine gewaltige'Uebcrfüllung des theologi schen Berufes geschaffen. Tausende junger Geistlicher fanden leine Pfründe und suchten als fahrende Dichter und Straßen musikanten, ihre lateinische Gelehrsamkeit ausnutzcnd, über die Wartezeit hmwegzukommcn. Hatten sie anfänglich noch auf Ordnung in ihren Reihen und auf Standesehre gehalten, so waren sie gegen Ende des 13. Jahrhunderts völlig verwahrlost. Den besseren Elementen wurde die Rückkehr zu einem ge regelten Leben durch geeignete staatliche und kirchenrechtliche Maßnahmn noch einmal ermöglicht; besonders für eine ge rechtere Verteilung der Pfarrstellen hatte man Sorge getragen. Eine große Menge aber blieb weiterhin im „Orden". Es war die Hefe der mittelalterlichen Gesellschaft. Verlottert und zer lumpt durchzogen sie das Land; an den Türen der Geistlichen bettelnd oder auch gewaltsam in die Pfarrhäuser eindringeud, erwarben sie ihren Unterhalt. In den Dörfern hielten sie falsche Reliquien feil, verkauften widerrechtlich Ablässe, schändeten die Altäre dör Kirchen durch Würfelspiel. Schließ lich sah sich die Kirche selbst, die gegen diese enterbten An gehörigen des Klerus lange Milde hatte walten lassen, zum Durchgreifen veranlaßt. Das Naionalkonzil zu Würz burg im Jahre 1287 sprach ihnen die studentischen und geist lichen Vorrechte ab, um sie als Genossen der Landstreicher der weltlichen Gerichtsbarkeit zu überliefern. Die seltsame Gesell schaftsschicht der studierten Vagabunden ging in der großen Masse der übrigen Fahrenden auf. Einen merklichen Einfluß übten beim Beginn der Neuzeit die emporblüh enden Städte auf das Vagabunden tum aus. Freigebig stifteten die wohlhabenden Bürger Ein richtungen für Arme und Kranke. Der die Welt verachtende, dem Jenseits zugewandte Sinn der Zeit förderte die private Fürsorge für die „elendigen Leut" gewaltig. Die rheinischen Städte erhoben eine förmliche Armenstcuer, die Gründnngen von Spitälern, Herbergen, Sundersiechenhäusern schossen nicht selten weit übers Ziel hinaus. So konnten das 15. und 16. Jahrhundert den traurigen Ruhm beanspruchen, das goldeneZeitalter der Bettelei gewesen zu sein. Künstlich wurde ein Nichtstuertum großgezogen, das alle früheren derartigen Erscheinungen ^n Umfang und Mannig faltigkeit der Auswüchse weit übertraf. Die „starken Bettler" ftvalicli menöieairtes), das heißt die betrügerischen und ge funden, übertreffen jetzt an Zahl die wirklich Hilfsbedürftigen. So konnte im 16. Jahrhundert ein Handbuch große Ver breitung finden, das unter dem Titel „ITHer vaßakorum. Der Betler orden" das gebefreudige Publikum zu größerer Vorsicht erziehen will. In jener Zeit entstanden vollends alle die betrügerischen Methoden, Mitleid zu erwecken und Not vorzutäuschen, die sich bis in unsere Zeit erhalten haben. Be denkt man, welche Riesensummen das Volk im Laufe der Jahr hunderte nutzlos an das Untermenschentum verschwendet hat und wie viel das heuchlerische Bettlerwesen gerade wieder in der jüngsten Zeit der Arbeitslosennot den wahrhaft Bedürfti gen wegnahm, so fühlt man Wohl die Verpflichtung, mit der deutschen Regierung dem Uebel endlich einmal ganz gründlich an die Wurzel zu gehen. In vieler Hinsicht ist für uns ja der Kampf aussichtsvoller als für unsere Vorväter; besonders darum, weil heute die allzuvielen, Kräfte zersplitternden Grenzen der kleinen Oerwaltungsgebiete wegfallen. Wenn sich die einzelnen Landesteile nicht mehr nur damit zufrieden geben, die unerwünschten Gäste zum Nachbarn abzuschieben, sondern mit vereinter Kraft Ordnung schaffen, dann muß auch diese Aufräumearbeit gelingen. Gegen Hunger und Kölle! Öffentliche Versicherungsanstalt der Sächsischen Sparkassen (öva). Die Öva, unsere sächsische öffentlich-rechtliche Versicherungs anstalt, hat, wie alle Versicherungsunternehmungen, im Jahre 1932 unter dem Drucke des wirtschaftlichen Rückganges und der ins riesenhafte gesteigerten Arbeitslosigkeit gestanden; gerade Sachsen mit seiner hoch entwickelten Wirtschaft hatte ja im Jahre 1932 eine weit über dem Reichsdurchschnitt liegende Arbeitslosigkeit aufzuweisen. Wenn es der Öva trotzdem gelungen ist, den Versicherungsbestand auf ungefähr gleicher Höhe wie im Vorjahr zu halten, so ist damit der Beweis für eine gründliche, erfolgreiche Arbeit erbracht worden. Nicht zuletzt ist der verhält nismäßig geringe Rückgang des Bestandes an Kapitalversiche rungen auf die von der Öva zum Schutze der notleidend gewor denen Versicherungen geschaffene Einrichtung eines besonderen Außendienstes zurückzuführen, der den in Frage kommenden Ver sicherten mit sachgemäßen Vorschlägen für die Erhaltung ihres in schwerer Zeit ganz besonders wertvollen Versicherungsschutzes zur Seite stand. Die erfolgreiche Arbeit der Öva im Jahre 1932 findet ihren Ausdruck darin, daß sich der Eesamtübcrschuß des Jahres 1932 gegenüber dem im Jahre 1931 um etwa V- Million auf fast 3 Milli onen erhöht hat. Dabei muß besonders betont werden, daß die Öva auch in diesem Jahre von irgendwelchen gesetzlich zulässigen Bilanzerleichterungen keinerlei Gebrauch gemacht hat. Die vor sichtige Rechnungslegung wirkt sich jetzt insofern zu Gunsten der Versicherten aus, als die ttberschußanteile nicht ermäßigt werden müssen; es konnte vielmehr die geschäftsvlanmäßig vorgesehene Steigerung der llberschußanicile durchgefiihrt werden. Dabei darf nicht übersehen werden, daß sich im Jahre 1932 erstmals die gesetzlich ungeordnet« Zinssenkung für Hypotheken ausgewirkt hat. Für die einzelnen Versicherungszweige hat das günstige Eeschäftsergebnir folgend« Auswirkung: In der großen Lebensversicherung beträgt der llberschußanteil für 1934 vom 3. bis 5. Versicherungsjahr 19A, vom 6. bis 10. Versicherungsjahr 1b?L, vom 11. Versicherungsjahre an 20A, daneben entfallen aus Versicherungen, für dis im Jahre 1934 das 6. oder 11. Versicherungsjahr beginnt, noch besondere Ausgleichs- übcrschußanteil«. Die Verteilung der erzielten Überschüsse in der kleinen Lebensversicherung erfolgt nach den gleichen Richtlinien. Bemerkenswert ist es, daß in beiden Abteilungen der Sterb- kichkeitsvsrlauf ein durchaus günstiger war. Für Todesfälle ist im Berichtsjahr in der großen Lebensversicherung ein Betrag von rund 1,9 Millionen Reichsmark, in der kleinen Lebensver sicherung ein Betrag von rund 185 000,— fällig geworden. Beide Beträge bleiben erheblich hinter dem zur Verfügung stehenden Deckungskapital zurück, was wiederum zur Stärkung der Rücklagen für dis Uberschußanteile beiträgt. Erfreulich ist es, daß die Zahl der Celbstmordfälle gegenüber dem Jahre 1931 eine Senkung erfahren hat. Die Krankenversicherung hat ebenfalls mit gutem Erfolg gearbeitet. Die notwendigen Rücklagen konnten ergänzt werden, außerdem wurden in besonderen Fällen über die tariflichen Leistungen hinaus Beihilfen gewährt. In der Unfall-, Haftpflicht- und Kraftfahrzeugversicherung nahm das Jahr 1932 einen günstigeren Verlauf als die früheren Jahre, obwohl es sich die Öva auch in diesem Versicheruiigszweig besonders angelegen sein läßt, möglichst ausreichenden Versiche rungsschutz zu gewähren; in keinem Schadenfall ist es zu einem Rechtsstreit zwischen ihr und dem Versicherungsnehmer gekommen. Ppau am MünLlemlprecher. Erlebtes von Alois Brunner. Nein, so konnte die Sache unmöglich weiter gehen! Ich gab einfach meinen Fernsprcchcmschluß auf. Den ganzen Tag riß das Klingeln nicht ab, ein so begehrter Mensch bin ich. Daraus könnte ich mir beinahe etwas einbilden. Aber die Leute tun mir leid, die Schneider, Schuhmacher und sonstigen Gläubiger, die dauernd am Hörer hängen und mit nutzlosen Versuchen ihre kostbare Zeit an mich verschwenden. Schon denen zuliebe mußte ich den Anschluß aufgeben. Seitdem ging ich ganz einfach zum Münzfernsprecher, wenn ich etwas zu sagen habe. Das kam, da ich nicht ver heiratet bin, von Zeit zu Zeit einmal vor. Dann stecke ich ein fach zehn Pfennig in den Schlitz, erhalte meinen Anschluß, und alles ist in Ordnung. Wieviel Aerger erspare ich dann mir und anderen! — So gehe ich wieder einmal zum Münzfernsprecher. Leider komme ich nicht gleich an die Reihe. Ahnungs los mache ich die Tür auf und — fahre entsetzt zurück. „Können Sie nicht warten!?" faucht es mir aus der Zelle entgegen. „Können Sie nicht sehen, daß ich spreche!?" Ich lasse vor Schreck die Tür wortlos wieder zufallen. Ich will nicht warten. Ich kaufe mir eine Zigarre. Bis ich wiederkomme, ist der Drachen aus der Zelle verschwunden. Nach fünf Minuten stehe ich wieder vor der Tür. Die Frau ist noch immer da. Sie tobt dort drinnen, schreit, schimpft. Der Fernsprecher rasselt und stöhnt. Ich gehe ganz nahe an die Scheibe heran, kann ein wenig vom Innern der Zelle überblicken und sehe, wie die Frau mit wahrer Wut die Wählerscheibe nach rechts dreht und wieder zurückschleudert. Ich öffne die Tür und wage ein Wort: „So kann es nicht gehen! Sie müssen die Scheibe von selbst zurücklausen lassen." Ich glaube, mein Ende naht. Die Frau verschlingt mich mit den Augen. Stürzt auf mich los: „Kümmern Sie sich um Ihren Kram!" Ich Weiche aus. Sie braust wut schnaubend davon: „So ein dämliches Ding!" Vielleicht meint sie mich, vielleicht den Münzfernsprecher. Mir ist es einerlei. Die Zelle gehört Vir. — Ich will wieder ein Gespräch führen. Dieses Mal bin ick vorsichtiger, reiße nicht gleich die Tür auf, sehe erst nach. Es hätte übrigens nicht schlimkn werden können, denn eine recht niedliche junge Dame steht vor dem Apparat. In angeborener Höflichkeit belästige ich sie nicht durch Weiteres Beobachten. Ich höre sie drehen. Und nochmals drehen. Und immer wie der drehen. „Halloh, wer ist dort?" Eine Zeitlang schweigt es. Dann geht das Drehen und Hallorufen von neuem an: „Ach bitte, melden Sie sich doch! Fräulein, ich bekomme keine Antwort." Es klingt zaghaft, weinerlich, verzweifelt. Ich muß eingreifen, muß helfen. Ich öffne die Tür. Ein Blick genügt, um das ganze Un heil zu übersehen. Die junge Dame weint vor Aerger und Verzweiflung über den dummen Apparat, und am Haken des Hörers hängt wie die unbeteiligte Unschuld selbst — der Regenschirm des unglücklichen Wesens. „So kann es nicht gehen!" sage ich väterlich lächelnd und ernte auch dieses Mal keinen Dank. Die junge Dame greift nach ihrem Schirm, hastet an mir vorbei, schluchzt in ihr Taschentuch hinein. Schadet nichts! Die Zelle gehört mir. — Wieder muß ich zum Münzfernsprecher. Ich habe da eine kleine Verabredung — mit wem, geht niemand etwas an — und will nur gehorsamst melden, daß ich eine Viertelstunde zu spät kommen werde. Eine Viertelstunde? Mein Freund, ich glaube. Du irrst Die in Sachsen im Jahre 1932 von den Sparkaffen und der Öva gemeinsam eingeführte Sparlebensversicherung— eine neu artige Verbindung des Spargedankens mit dem Versicherungs gedanken — ist im Aufbau begriffen; über ihre Entwicklung läßt sich daher nichts Näheres berichten. Eine sehr wichtige Aufgabe hat die Öva auf dem Gebiete des Kapitalmarktes zu erfüllen. Alle verfügbaren Mittel werden in Form von Hypotheken innerhalb des sächsischen Staatsgebietes dort wieder angelegt, wo sie aufgebracht wurden. Vor allem hilft die Öva damit dem kleinen selbständigen Gewerbetreibenden in Handwerk, Handel, Industrie und Landwirtschaft in tatkräftiger Weise. Die bis zum Ablauf des Jahres 1932 ausgeliehenen 3330 Hypotheken mit einer Summe von über 37 Millionen Reichs mark verteilen sich auf 794 sächsische Gemeinden, darunter befin den sich 347 mit weniger als 1000 Einwohnern. Die Öva hilft damit wohl in einzig dastehender Weise dem Wirtschaftsleben des flachen Landes, was bei allen denen, die es angeht, größte Beachtung verdient. Je mehr die Öva in die Lage versetzt wird, vereinnahmte Beitragsgelder der sächsischen Wirtschaft wieder zuzuführen, um so besser kann sie Helsen. Bei dieser Gelegenheit soll erwähnt werden, daß die Öva in immer stärkerem Maße Mittel für Siedlungszwecke zur Verfügung stellt, sie unterstützt damit entsprechend ihrer Erundeinstellung nach besten Kräften die Bestrebungen der Reichsregierung. Auch aus diesem Grunde verdient die Öva die Unterstützung aller. Die Öva ist gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Anstal ten der preußischen Provinzen und der übrigen deutschen Länder Mitglied des Verbandes öffentlicher Lebcnsversicherungsanstalten in Deutschland sowie des Verbandes öffentlicher Unfall- und Hastpslichtoersicherungsanstalten in Deutschland. Diese so ver bundenen Anstalten, von benen jeder ein fest umrissenes Arbeits gebiet zugeteilt ist, haben am 31. 12. 1932 einen Lebensversiche- rungsbestand über 1813 538 358,— IM Versicherungssumme, Ren tenversicherungen mit einer Jahresrente von 661704,— LM und Vausparversicherungen mit einer Versicherungssumme von 134 258 101,— verwaltet, davon entfallen auf die Öva Lebens versicherungen über 269780390,—ÄA Versicherungssumme, Renten- verstcyernngen über 437 730,— Dl Jahresrente und Bausparver sicherungen über 32 301686,— IM Versicherungssumme. In den anderen Versicherungszweigen weisen die verbundenen öffentlich- rechtlichen Versicherungsanstalten folgenden Versicherungsbestand aus; die auf die Öva entfallenden Zahlen sind in Klammern beigesügt: Es bestanden am 31. 12.1932 Unfallversicherungen mit einem Jahresbeitrag von 4 069 892,— Mk (322 423,— All), Haftpflichtversicherungen mit einem Jahresbeitrag von 7 705 092,— Mk (761450,— Ml) und Kraftfahrzeugversicherung mit einem Jahresbeitrag von 852 278,75 ( 78 708,— Alk). . Die verbundenen öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten haben also einen wesentlichen Teil aller in Deutschland laufen den Versicherungen auf sich vereinigt. Die Entwicklung im Jahre 1933 ist bisher günstig gewesen; gerade in letzter Zeit macht sich ein Rückgang in der Auflösung von Versicherungen und eine Steigerung im Antragszugang in Übereinstimmung mit der wachsenden Besserung der Wirtschafts lage bemerkbar. Es ist deshalb damit zu rechnen, daß die Öva dem unver kennbaren Aufschwung der Wirtschaft folgend auch im Jahre 1933 in steigendem Maße erfolgreiche Arbeit im Dienste der sächsischen Volkswirtschaft leistet. Dich. Zehn Minuten stehe ich nun schon vor dem Häuschens Aber nicht etwa, weil die junge Dame dort drinnen keinen Anschluß bekommen kann. Im Gegenteil, der Anschluß will nicht mehr abreitzen. Sie redet, sie lacht, sie erzählt. Ich höre leider nur einzelne Brocken: „Ach nein, Inge, das war zu ulkig gestern... jaja, in der Georgstraße... und stell' Dir nur vor... er machte so ein dummes Gesicht..." Meint sie etwa mich damit? Nein, sie sieht mich ja gar nicht. Sie dreht mir den Rücken zu. Und redet, lacht und redet: „Ja, und die Ursel hat gesagt..., nein, heute gehe ich nicht ins Theater... ich mag ihn nicht mehr, den Pasches er wird immer dicker..." Ach, liebes Kind, was liegt mir daran, ob Du den Poschek, den Heldentenor, magst oder nicht, wenn Du nur endlich auf hören wolltest! Sie tut es nicht. Sie hat sich Wohl umgedreht und sieht mich. Aber sie lächelt nur, als wollte sie sagen; „Ich bin gleich fertig". Und dann redet und lacht und erzählt sie eine weiters geschlagene Viertelstunde. Alles unendlich interessante, un endlich belanglose Sachen. Und wie sie schließlich den Hörer anhängt, denkt sie noch gar nicht daran, die Zelle zu verlassen. Sie kramt den Spiegel hervor und legt, damit sie sich „hübsch" machen kann, die Handtasche gerade vor das Plakat mit der dringenden Mahnung: „Fasse Dich kurz! Nimm Rücksicht auf die Wartenden!" Endlich ist sie fertig; frisch und unbefangen tritt sie aus der Zelle, sieht mich, lächelt: „O, ich habe Sie hoffentlich nicht lange warten lassen!" — „Nein", sage ich, „durchaus nicht lange, nur fünfundzwanzig Minuten, und jetzt brauche ich überhaupt nicht mehr zu telephonieren, weil ich meine Ver abredung doch verpaßt habe." „O wie schade!" bedauerte sie so freundlich und un bekümmert, daß ich... kurz und gut, ich habe an diesem Tag einen Ersatz für das ins Wasser gefallene Stelldichein gehabt^ und heute sind wir verheiratet. Meinen alten Fernsprech anschluß habe ich wieder, aber es wird kaum noch bei mir angerufen, denn meine Frau hat mit ihren Freundinnen so vieles und so Wichtiges zu reden, daß Schuhmacher, Schneider und sonstige Gläubiger immer nur das schöne Zeichen zn hören bekommen: „Besetzt!" Eintopfgerichte, di« zeitgenrnfte Mahlzeit. Aus der Küche geplaudert von Lore Stein. Man braucht sich nicht darüber zu wundern, daß die Neichs- regierung sich so lebhaft sür die Eintopfgerichte einletzt. SiS schmecken gut, find nahrhaft, sättigen und paffen ihre Kosten der heutigen Zeit an. Die Zusammenstellung, so bunt und voller Abwechslung sie auch sein mag, hängt eng mit der Jahreszeit zusammen. Wo bei das Mischgericht aber sichtlich mit Herbst und Winter, schließlich auch noch mit dem Lenz einen Vertrag eingegangen ist zu gegenseitiger Begünstigung. Es sind vor allem die Ge müse, die sich zu schmackhaftem Durcheinander im möglichst dicht schließenden Schmortopf zusammenfinden. Häufig werden sie mit einem Eckchen Fleisch gelocht. Fisch wird gern herange« zogen. Es kommt aber auch vor, daß nur Speckwürfelchen das Gelingen vermitteln müssen, und schließlich verzichtet man auf alles und röstet das Gemüse nur in reichlich Fett an, damir der Bratgeschmack sich wohltuend bemerkbar macht. Dann ist der Anguß von Maggi's Fleischbrühe notwendig, um das Gericht im Geschmack zu kräftigen und ihm die nötige Menge Flüssig keit zum Schmoren und Garwerden mitzugeben. Nicht übel ist es, wenn man eine Gänse- oder Putenkiein spendieren kann, das mit Teltower oder Märkischen Rübchen eine kurzfristige Verbindung eingeht. Die Zutaten werden schichtweise, meist mit Kartoffeln eingelegt, mit Maggi-Fleischbrühe übergossen, daß sie knapp damit bedeckt sind, und dann schmort alles sackt und sicher, keiner Fürsorge mehr bedürftig, gar. Das Fleisch wird beim Anrichten in Würfel geschnitten, es sieht dann nach mehr aus und verteilt sich besser. Fischgräten sind sehr unbe- liebt. Nehmen wir also Fischfilet und schmoren die großen Stücke oben auf dem Mischgemüse. Sehr vorteilhaft verändert und bindet man die Soße unter dem Gericht mit einem Mag gi's Suppenwürfel, den man paffend zu dem Gemüse ausiucken kann. Für Helle Kohl- und Rübengerichte eine Königin-, Grün kern-, Pilz- oder Blumenkohlsuppe, für die dunkle Mi chung, in der Mohrrüben, Rosenkohl und rote Rüben farbgebend sind, eine der tiefbraunen oder rostroten Suppen — man denke an Ochsenschwanzsuppe oder Reissuppe mit Tomaten, fta, auch sie Sternchensuppe kann auf Anruf rechnen, denn Teigwaren sind in den Eintopfgerichten mindestens so heimatberechtigt wie die Kartoffeln. Wir wollen nun noch einige Zusammenstellungen als Beispiel für viele andere Möglichkeiten geben. Wohlschmeckendes Weißkohl - Eintopfgericht. Zutaten: 2 Pfund Weißkohl, gereinigt und feingeschnitten, 1 Pfund ge schälte, in dünne Scheiben geschnittene Kartoffeln, HO Gramm Butter, 1 gehackte Mittelzwiebel. 1 Würfel Maggi's Suppe (Reis, Reis-ftulienne, Gersten oder Grieß), etwas Salz, Pfef fer und Muskatnuß. Zubereitung: Schwitze die Zwiebel in der heißen Butter farblos ab, gib den Kohl hinzu und dünste eine Weile, gelegentlich umrührend, bei geschloffenem Geschirr. Hieraus 1"« Liter Wasser zugießen, salzen, pfeffern und ungefähr 1 Slunve langsam sieden lassen. Jetzt die Kartosseln beifügen, ebenso die zerdrückte, mit ll, Liter Wasser glattgerührte Maggi's Suvse; das Ganze nun unter zeitweiligem Durchrühren garkochen, nachher noch 15—20 Minuten auf heißer Herdplatte ziehen las sen. Wer das Gericht geschmacklich verbessern will, verwende beim Anschwitzen 1—2 Eßlöffel würflig geschnittenen, geräu cherten Speck. Bauernfleisch. Zutaten: 1 Pfund Schweine- oder Kalb fleisch, 200 Gramm fetten, geräucherten Speck, 3 große gelbe Rüben, 2 Pfund Kartoffeln, 3 mittelgroße Zwiebeln, Salz, Pfeffer, Liter Fleischbrühe aus 2 Maggi's Fleifchbrüh- würfeln. Zubereitung: Das Fleisch waschen und in große Wür felnden Speck feinwürfig schneiden, ausbraten, die Fleilchwür- fel hineingeben, auch die in Scheiben geschnittene Zwiebel, und alles zusammen von allen Seiten gut anbraten. Dann fügt man die geschälten, gewaschenen und in Scheiben geschnittenen Ka rotten und Kartoffeln dazu, gießt die Fleischbrühe darüber, schmeckt nach Salz und Pfeffer ab, deckt fest zu und läßt auf kleinem Feuer gardämpfen.
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