Volltext Seite (XML)
Mr der Ernennung des Reichsbischoss. I« Berlin traten gestern unter Führung des Vor sitzenden der vereinigten lutherischen Kirchen, 0. Meiser, die lutherischen Kirchensührer zu einer Bischofslonfercnz zusammen, um den Pfarrer Friedrich vonBodelschwingh zum evangelischen Reichsbifchos zu bestätigen. Nachmittags fand eine Konferenz sämtlicher Kirchenführer, d. h. außer der luthe rischen auch der reformierten und sonstigen evangelischen Kirchen, zusammen. Nach der Bestätigung von Bodel- schwinghs durch diese Führerkonferenz des gesamten kirchcnevangelischen Deutschland gilt der Genannte als zum evangelischen Reichsbischof ernannt. Seine Nominierung erfolgte übrigens durch das Drei- männerkollegium, v. Kapler, v. Marahrens und v. Hesse selbst. * Eine zweite Kandidatur für den Reichsbischof. Die Deutschen Christen stellen Wehrkreispfarrer Müller auf. Die Reichsleitung der Glaubensbewegung Deutsche Christen (stellvertretender Reichsleiter Pfarrer Lörzer) ver breitet eine Mitteilung, wonach die Bischofsfrage noch keineswegs entschieden sei. Der kom mende Reichsbischof müsse vom Vertrauen des ganzen evangelischen Kirchenvolkes getragen sein. Der Mann, dem der Führer und Kanzler sein Vertrauen geschenkt habe, der habe das Vertrauen auch des Kirchenvolkes. „Die Deutschen Christen", so heißt es in der Mit teilung weiter, „begehren Wehrkreispfarrer Müller zum Reichsbischof, weil sie ihre Kirche lieben. Die Stunde der Neugeburt unserer Kirche, die Stunde des Heim- kommens von Millionen Entfremdeter zur Kirche ist da. Der Führer hat den kirchenfeindlichen Marxismus zerschlagen. Die deutschen Menschen, welche die Fesseln des Marxismus abgeschüttelt haben, warten auf den Ruf der Kirche. Indem die Kirche Wehrkreispfarrer Müller an ihre Spitze stellt, erhebt sie diesen Ruf so, daß er gehört wird. Die Führer der Glaubensbewegung Deutsche Christen aus allen deutschen Gauen haben sich einmütig zu diesem Manne bekannt. Er muß der erste deutsche evan gelische Reichsbischof werden." Kurze politische Nachrichten. Reichsminister Dr. Goebbels und Frau reisen am Sonnabend nachRom. In der Begleitung Dr. Goebbels' befinden sich sein persönlicher Referent Hanke, Prinz Schaumburg-Lippe und der Führer der Deutschen Arbeitsfront, Staatsratspräsident Dr. Ley. * Nach dem Ausweis der Reichsbank hat sich in der verflossenen Bankwoche die gesamte Kapitalanlage der Bank in Wechseln und Schecks, Lombards und Effekten um 65,7 Millionen auf 3249,9 Millionen Mark verringert. An Reichsbanknoten und Rentenbank schei- nen zusammen sind 97,4 Millionen Mark in die Kassen der Reichsbank zurückgeflossen. Der Umlauf an Scheide münzen nahm um 55 Millionen auf 1344 Millionen Mark ab. Die Bestände an Gold und deckungsfähigen Devisen haben sich um 13,7 Millionen auf 458,9 Millionen Mark vermindert. Nach Abzug der noch bestehenden kurz fristigen Devisenverpflichtungen in Höhe von 45 Millionen Dollar stellt sich die Deckung auf 8,3 Prozent gegen 8,5 Prozent am Ende der Vorwoche. * Der Völkerbund rat hat den Danziger Völker bundkommissar Rosting zum Direktor der Minderheitenabteilung des Völkerbundsekre- tariats ernannt. In Amsterdam wurden von jungen Leuten, ver mutlich Kommunisten, einige Fensterscheiben des deutschen Konsulats mit Steinen ein geworfen. Die Täter sind entkommen. Das Konsulat ist unter ständige Polizeibewachung gestellt worden. Besuch im Konzenirationsfager Sonnenburg. Ausländische Presse überzeugt sich vom Wohlbefinden der Häftlinge. Vertreter der angelsächsischenPresse : Berlin hatten Gelegenheit, sich von dem Wohlbefin den kommunistischer S ch u tz h ä ft l i n g e in der Straf anstalt Sonnenburg (Neumark) zu überzeugen. Die einige Kilometer östlich von Küstrin am Südrand des Warthebruchs gelegene Anstalt ist seit 1931 ihrer Bestimmung als Zuchthaus entzogen worden; sie beher bergt bei einer Aufnahmefähigkeit von über 800 Mann zur Zeit 414 männliche Schutzhäftlinge aus verschiedenen Landesteilen, und zwar ausschließ lich Kommunisten. Die Haft hat lediglich den Cha rakter der Freiheitsentziehung, und es ist der Belegschaft innerhalb der Anstalt eine recht großzügige Bewegungs- und Betätigungsfreiheit gewährleistet. Allerdings müssen sie sich der straffen Anstaltsdisziplin unterwerfen. Kom- mandos der Schutzpolizei und SA. versehen den Be wachungsdienst. , Die ausländischen Pressevertreter konnten sich in mehr stündiger Besichtigung von dem gesamten Anstaltsbetrieb, von der Sauberkeit der Anlagen und der beinahe mehr als humanen Behandlung der Häftlinge überzeugen. Die Befragung der verschiedensten Insassen ergab in keinem Fall Klagen über ungerechte Behandlung, schlechte Beköstigung, Schikanierung oder gar Mißhandlung. Die Häftlinge, die einheitlich graue Anstaltskleidung tragen, können ih 'ssauberen Ein zelzellen und Gemeinschaftsräume mit Blumen und Bildern schmücken, ? isätzliche Lebensmittel, Wäsche, Post, die natürlich überp äst wird, empfangen, einmal in der Woche unter Kont )lle auch selbst Briefe schreiben. Sie können rauchen, all nicht verbotenen Zei tungen lesen, in besonderen Werks tten, selbstverständlich ohne Entlohnung, zur Deckung dcs Bedarfs der Anstalt und ihrer Insassen dem gelernten Handwerk nachgehen und alle vier Wochen 20 Minuten lang unter Bewachung Besuche empfangen. In ganz besonderen Fällen wird auch Urlaub gegeben. Im übrigen müssen sich die Häftlmge selbstverständ lich der strengen und regelmäßigen Anstaltsdiszkplin unterwerfen. Verstöße gegen die Zucht und Ordnung sind mit Diszi plinarstrafen bedroht, die bisher aber nicht verhängt zu werden brauchten. Ein genauer Dienstplan regelt den Ablauf des Tages. Die derbe Kost wird in ausreichenden Mengen gewährt. Der frühere kommu nistische preußische Landtagsabgeordnete Kasper, der den Mitgliedern dieses Parlaments als erstklassiger Schreihals bekannt war, hat hier Gelegenheit, sein Organ weiter in Übung zu halten. In graues Drillichzeug ge kleidet wie seine „Untergebenen", befehligt er nämlich auf dem Anstaltshof Tag für Tag vormittags und nach mittags zu den festgesetzten Zeiten eine Rotte von etwa hundert Häftlingen, die sich unter seinen tönenden Kom mandos langsam wieder an Preußische Disziplin gewöhnen. Die Pressevertreter konnten sich durch persönliche Rück sprache mit ihm davon überzeugen, daß er sich bei dieser Betätigung durchaus wohlfühlt und seine schon beim Militär ass Feldwebel ansgenutzte Fähigkeit wieder gut an den Mann zu bringen weiß. Reue Anruhen in Spanien. Fünf Tote, zahlreiche Verletzte. In der an der Bahnlinie Madrid—Valencia gelegenen Stadt Plasencia kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Landarbeitern und Polizei. Ein Polizeioffizier wurde getötet, während die Landarbeiter vier Tote und zahlreiche Verletzle zu verzeichnen hatten. In Granada wurden zwei Bombenanschläge verübt, durch die jedoch niemand verletzt wurde. In Bilbao ent gleiste ein Personenzug, wodurch zahlreiche Fahrgäste ver letzt wurden. Danzig von polnMen SMugMkM überschwemmt. Eine über die Danziger Post durchgeführteFlug- blattpropagandaistzu einem wesentlichen Teil von der Polizei unterbunden worden, nachdem es sich herausstellte, daß es sich UM Fälschungen gröb lich st e r A r t handelt. Die beschlagnahmten Flugblätter, die in sehr schlechtem Deutsch abgefaßt sind, lassen un schwer die Urheber ernennen. Ser Text richtet sich mr wesentlichen gegen die NSDAP. Die Postauflieferungen erfolgtem vielfach auch durch fingierte Absender. Die meisten beschlagnahmten Sendungen trugen die Firmen von Banken und Spar kassen als Absender. Da sehr beträchtliche Mengen solcher Flugblätter versandt worden sind, müssen die Fälscher bedeutende Mittel zur Verfügung haben. Kommunistischer Anschlag gegen SA.-Proviant!ager. Die Wache schwerverletzt aufgefunden. Der große SA.-Aufmarsch am kommenden Sonntag aus Anlaß der Schlageter-Gedächtnisfeiern erfordert eine größere Bereitstellung von Lebensmitteln. Auf ein solches Lebensmittellager, das von einer SA.-Wache be wacht wird, wurde in den frühen Morgenstunden des Freitag ein kommunistischer Anschlag verübt. Als der wachhabende SA.-Scharführer gegen 4.30 Uhr von einem kurzen Bestellgang zurückkehrte, fand er seinen Kameraden bewußtlos und verletzt am Boden liegend auf. Er war das Opfer eines heimtückischen kom- munistischen Überfalls geworden. Als der SA.-Mann eine zum Lager schleichende verdächtige Person anrief und diese nicht stehenblieb, gab er einen Warnungsschutz ab. Im gleichen Augenblick erhielt er von hinten einen schweren Schlag auf den Schädel, der ihn bewußtlos zu Boden warf. Der verletzte SA.-Mann liegt in bedenklichem Zu stand im Krankenhaus danieder. Oie Sprengaiieniäier von Bruck Marxisten. Wichtiges Beweisstück am Tatort. — Schwerer Schaden. Der Sprengstoffanschlag auf die Kabelleitungen bei Bruck (Steiermark), bei dem außer Jnlandsleitungen auch die Fernkabel nach Italien zerstört wurden, ist nach den bisherigen Ergebnissen der Untersuchung zweifllos von linksgerichteten Elementen verübt worden. Insgesamt sind durch das Attentat 800 Verbindungen zerstört. Am Tatort wurde u. a. ein Verbandpäckchen gefunden, das dieselben Kennzeichen trägt, wie sie un längst bei einer Haussuchung im Heim des roten Schutzbundes, der aufgelösten sozialdemokratischen Wehrorganisation in Bruck a. d. Mur, festgestellt worden sind. Ter Verdacht gegen diesen Kreis wird noch durch die Tatsache verstärkt, daß Schutzbündler bei der Kabellegung beschäftigt waren und daher auch über die Art der Kabellagerung und die Bedeutung der Merkzeichen unterrichtet sind. Hagelwetter über oem Westerwaw. Die Obstblüte größtenteils vernichtet. über demWesterwald ging ein schweres Un - Wetter nieder, wobei Hagelkörner von drei bis vier Zentimeter Stärke niedergingen. Straßen und Wege waren von einer dicken Hagelschicht übersät. Stellenweise lag der Hagel fünf bis zehn Zentimeter hoch. Außer dem Flurschaden hat der Hagelschlag besonders gro ßen Schaden an den Obstblüte n angerichtet, die zum größten Teil vernichtet worden sind. In dem Dorf Elgert schlug der Blitz in eine Scheune und zündele. Trotz des strömenden Regens und Hagelschlags ging die Scheune sofort in Flammen auf. Auch eine zweite Scheune wurde erfaßt, beide Gebäude brannten bis aus die Grundmauern nieder. bS. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Kathrinche!" erschrak die Mamsell. „Man spricht doch, dann stirbt immer jemand im Hause." „Ja nickte das Kathrinche geheimnisvoll. „Das soll wohl wahr sein. Als das Lisettche damals hin macht« vom Bäcker Wittmann, da hat ihre Mutter am Morgen auch eine weiße Tomate im Garten ge sunden. Sie hat mir's selbst erzählt." > „Wie graulich!" Und die jung« Magd rückte Unwillkürlich näher mit ihrem Schemel. „Nun ist's aber genug mit eurem albernen Geschwätz! Denkt lieber an eure Arbeit." -'Scharf klang es vom Vorratsschrank am Fenster her, wo Marga die Einmachbüchsen herausgab. Aber die Reusch-Mutter in ihrer Ecke nickte still herüber. „Es gibt schon Dinge, die über unsern Verstand gehen. Darum soll der Mensch nicht hoffärtig sein und allzeit daran denken, daß es auch ihn einmal treffen kann — eh', daß er's denkt." ! Marga schwieg. Seitdem all ihr Hoffen zerstört durch die Schuld der Großmutter, stand es hart und feindlich in ihren Mienen, wo sie die alte Frau sah. > Es war überhaupt ein scharfer Zug in das schön« Antlitz gekommen. Fühlte sie doch nur zu deutlich, wie man im Hause und auch rm Ort Wohl allerlei ahnte. Es war ja auch auffällig genug, daß Gerhard Bertsch so plötzlich aus dem Hirschen ausgezogen war, noch ehe das Direktorenhaus fertig war, das als letztes Ge bäude nun auch droben bei dem Werk errichtet wurde, und daß er sich im Unterdorf einquartiert hatte. Trotz dem er nun einen viel weiteren Weg zur Zeche hatte. Marga, ließ sich daher kaum noch im Ort draußen! vlickärS.Me ^eine^GekanLeneebte^ii»- Fast war es ihr daher lieb, daß jetzt die wilden Tage hier im Hause sie ein wenig ablenkten von sich selber. Aus dem großen Wirtszimmer scholl inzwischen schon das Lärmen der heimgekehrten Männer. Wüst wie die Jägersleut selber war auch ihr Treiben. Beißender Tabaksqualm aus dreißig Pfeifen stand bald im Zim mer, faustdick. Dazu der Blutgeruch des aufgebroche nen Wildes, die Ausdünstungen von Menschen und Hunden nach dem anstrengenden, regnerischen Tag — es war eine rauhe Atmosphäre. Aber so liebte es der Uebach-Fritz. „Kerls, hol' mich der Teufel!" Laut dröhnte seine Stimme durch den Lärm. „Das ist hier doch ein an der Ding, als wenn ich daheim in meiner Villa die aufgeputzten Hansnarren seh', in Frack und Smoking. Bei euch da ist mir's wohl zumut', da kann man reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Wir vertragen 'nen Hieb. Was, Kerls? Na, denn also — prost zusammen!" Und die durstigen Kehlen schütteten den edlen Rhein wein, der ihnen vorgesetzt war, hinunter, als wär's Wasser. Bald fingen die Köpfe, die noch dumpf waren von dem Rausch der letzten Nacht, schon wieder von neuem an zu glühen. Rauhe Lachsalven schlitterten von Zeit zu Zeit durch das ganze Haus. Vatter Harr mußte eins singen, und sein dröhnender Baß, der die Fensterscheiben erklirren machte, ließ die wilde Lust bald wieder hoch aufschlagen. Weithin scholl das rauhe Grölen der Sänger durchs stille Dorf. Stunde um Stunde verrann. Im Hause war längst alles zur Ruhe gegangen, auf der Tafel der Zecher häuften sich die Sektflaschen zu langen Kolonnen. Mit schwimmenden Augen blinzelte der Reusch-Han nes von Zeit zu Zeit vergnügt zu ihnen hin. In all seiner Weinseligkeit blieb er doch der kluge Rechner und überschlug sich's. Ein Paar runde Nullen würde das Geschäft mit Freund Uebach auch diesmal wieder abwersen. Und gerührt stieß er mit dem alten Duz bruder an. Dessen Gesicht glühte; aber er war nicht klein zu kriegen. „Gottverdammich, Hannes. Ich hab' das labbrige , ^MnaL^^n^LeÜ^äeütti-MeL^ü—Woll , Anständiges trinken, 'ne solide Männersache! Hast nicht 'nen schweren alten Rotspon im Keller? Oder noch besser — 'nen Burgunder?" „Ob ich den hab" 'nen Burgunder, 'nen Sechsund neunziger, Schloßabzug — Fritz, ich sag' dir!" Und Reusch schnalzte mit verklärtem Augenaufschlag an dachtsvoll mit der Zunge. . , „Na also — her damit!" Der Reusch-Hannes erhob sich und griff nach dem gewichtigen Schlüsselbund. Doch gleich beim ersten! Schritt kam er etwas ins Schwanken. Ein Mesenhallo der ausgelassenen Zechkumpane, aber ärgerlich winkte der Hannes. „Nur ausgeglitscht! Da seht doch die Näß am Boden. Untern Tisch trink ich euch grünes Volk, noch allzu- sammen." Und würdevoll schritt er zur Tür, aber hielt sich doch vorsichtig nahe der Wand. Ein paar Minuten vergingen wieder in Lachen und Schwatzen. Doch da ries Uebach ungeduldig: „Wo bleibt denn der Hannes mit seinem Bur« gunder? Geht doch mal eins Nachsehen!" Einer der Kumpane verschwand. Nicht lange dar auf kam er wieder und winkte lachend schon von weitem: „Dunnerlittchen, den Hannes hat's gepackt! Der liegt im Keller — voll wie 'ne Haubitze." Ein brüllendes Gelächter. Dann schlug Uebach auf den Tisch. „Kerls, das müssen wir scheu." Er sprang auf und mit ihm die ganze Runde. Lärmend polterten fie hin aus, auf den Flur und di« Kellertreppe hinab. Die Hunde hatten sich mit ihren Herren erhoben. So auch Diana, Reuschs brauner Setter. Mit de» ersten lief sie nun die Stufen hinab. - . Ein Halbdunkel herrschte in dem wetten Keller- raum. Nur schwach gelichtet von der am Weinverschlag aufgehängten Laterne. Aber jetzt hatten M den Han nes entdeckt. Da lag er ja, gerade vor Due« —-.«Her- halb der letzten Stufen. Und wieder drkHnte ihr wildes Lachen auf. Dumpf scholl es in dem LHlen Ge wölbe zurück. >--!