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Tagesspruch. Still geh du Leinen stillen Pfad Und achte nicht des Lohn's der Erde; Froh hoffend, streue deine Saat, Daß sie dereinst gedeihen werde. Brichst du auch selbst die Früchte nicht All deiner Sorgen, deiner Mühen: Die Seligkeit erfüllter Pflicht Wird dir aus Kampf und Not erblühen. A. Triebler. 1 Sie Dresdner Skagerrakfeier. Rede des sächsischen Ministerpräsidenten. Zu einem überaus feierlichen Gedenkakt für die sieg reiche Schlacht vom Skagerrak, gestaltete sich die auf der Jlgenkampfbahn in Dresden veranstaltete Kundgebung. Nach Eröffnung durch den Kreispropagandaleiter Lesch ke führte Landtagsabgeordneter Cuno Meyer aus, wie 14 Jahre lang das deutsche Volk die Ehrfurcht vor seiner Geschichte vergessen habe. Heute sei dies endlich anders geworden. Mit besonderem Stolze erfülle es das sächsische Volk, daß sein Ministerpräsident den großen Tag der deut schen Marine, die Schlacht am Skagerrak, als Führer eines Torpedobootes kämpfend miterlebt hatte. Stürmisch begrüßt, trat Ministerpräsident von Kilinger nun selbst an das Mikrophon und gab zunächst einen kurzen überblick über die Seeschlacht, die größte der Geschichte überhaupt, um dann an Hand seines Erinnerungsbuches „Ernstes und Heiteres aus dem Seemannsleben" ein Bild seiner persönlichen Erlebnisse als Jünger der „schwarzen Kunst" der Torpedobootsleute, zu geben. Mit dem Tage bucheintrag „Ich bin dem Schicksal dankbar, daß es mich Liesen Tag erleben ließ", schloß die Reihe der persön lichen Erlebnisse des sächsischen Ministerpräsidenten, der dann die Zuhörer aufforderte, nicht mehr trauernd, immer aber ehrend des Opfers der Gefallenen zu gedenken. Die Menge, die sich bei den letzten Worten des Ministerpräsi denten von ihren Plätzen erhoben hatte, indes die Reichs wehr durch Präsentieren und die Verbände in Achtung- Stellung die Toten grüßten, stimmte begeistert ein in das dreifache Siegheil, das der Ministerpräsident auf die deutsche Zukunft, auf die Führer des deutschen Volkes und auf die toten Helden ausbrachte. Anschließend nahmen der Ministerpräsident, Generalmajor Boltze, Polizeiober kommissar von Detten und die Vertreter der Polizei und der Verbände den Vorbeimarsch der Reichswehr, der Schupo und der Wasserpolizei, der Wehr- und der Marine organisationen ab. * Die Chemnitzer Skagerrakseier. Die NSDAP, veranstaltete in Chemnitz auf der Rad rennbahn eine große Skagerrak-Gedenkfeier, an der auch die Kieler Gäste teilnahmen. Nach der Begrüßung durch Kreisleiter Mutz und der Flaggenparade ergriff Ober führer Lasch das Wort, um der 2600 Deutschen zu ge denken, die in den Fluten am Skagerrak im Kampfe für Deutschland den Heldentod starben. Die Menge erhob sich darauf von den Plätzen, während die Melodie des guten Kameraden erklang. Minister Fritsch, der die Grüße des ReichsstatchalLers überbrachte, betonte, daß die zwei Millionen Gefallenen des Weltkrieges nicht umsonst ge storben feien. Mit der Machtübernahme habe der Na tionalsozialismus aber noch nicht den endgültigen Sieg errungen; er werde erst alles Niederkämpfen müssen, was sich ihm in den Weg stelle, bis Deutschland nach innen und außen frei fei. Mit dem gemeinsamen Gesang des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes schloß die Feierstunde. Gm reichlich iiir die S-fer der Arbeit Lösung von Schuldfesseln Die Entschuldung der Landwirtschaft Der Inhalt des neuen Gesetzes. Der Inhalt des Gesetzes zur Entschuldung der Land wirtschaft wurde belanntgegcben, und zwar zunächst in einer amtlichen Erläuterung, in der cs u. a. heisst: Entschuldungsverfahren. Die Entschuldung soll die Voraussetzungen für eine allmähliche Zurücksührung der Verschuldung bis auf die Grenze der Mündelsicherheit schaffen. Die Festsetzung der Mündclsicherheitsgrcnze, die im all gemeinen zwei Drittel des Grundstückswertes beträgt, ist de« Durchführungsvorschriften überlassen. Das im Gesetz vorgesehene Entschuldungsverfahren zerfällt in zwei Abschnitte. Im ersten Abschnitt besteht die Möglichkeit einer Kapitalkürzung nicht. Ist die Entschuldung so nicht durchführbar, so kann das Ver fahren in den zweiten Abschnitt übergeleitet werden, in dem die Möglichkeit von Kapitalkürzungen im Wege des Zwangsvergleichs besteht, und für dessen Dauer ein besonderer Pollstreckungsschutz gilt. Die Entschuldung soll von Entschuldungsstellen im Zusammenhang mit den Amtsgerichten durchgeführt werden. Entschuldungsstelle kann eine öffentliche oder unter Staatsaufsicht stehende Kreditanstalt, eine unter Deckung ihrer genossenschaftlichen Zentralkasse arbeitende landwirtschaftliche Genossenschaft, oder eine sonstige Kreditemrichtung oder gemeinnützige Siedlungsgesellschaft fein. Die Entschuldungsstelle hat zunächst zu versuchen, ohne einen Zwangsvergleich aus zukommen. Gläubiger der nicht durch eine mündel sichere Hypothek gesicherten Forderun gen, soweit sie am 13. Juli 1931 bestanden, müssen sich folgende Eingriffe gefallen kaffen: 1. Herabsetzung des Zinssatzes auf 4 >2 Pro zent (in den ersten drei Jahren erhält der Gläubiger ein weiteres Prozent vom Reich); 2. Umwandlung der Forderung in eine unkünd bare Tilgungsforderung; die jährliche Tilgung kann zwischen 14 und 5 Prozent vereinbart werden; im Streitfälle erfolgt die Festsetzung durch das Amtsgericht zwischen 14 und 2 Prozent.; 3. die Tilgungsraten werden an die Ent- schulditngsstelle gezahlt, die dem Gläubiger das Kapital auszahlt, sobald die Tilgung beendet ist. Forderungen, die nach dem 12. Juli 1931 entstanden sind, werden bar aus gezahlt. Ist die Entschuldung ohne Zwangsvergleich nicht durchführbar, so hat die Entschuldungsstelle zu prüfen, ob die Entschuldung im Wege eines Zwangsver gleichs durchführbar ist. Verneint sie diese Frage, so hat sie die Aufhebung des Entschuldungsverfahrens zu beantragen, andernfalls erbittet sie mit Zustimmung des Gläubigers beim Amtsgericht die Ermächtigung zum Ab schluß eines Zwangsvergleichs. Zwangsvergleich. Im Wege des Zwangsvcrgleichs sollen ave Forde rungen, die nicht durch eine mündelsichere Hypothekgesichertsind,bisausdieHälfte gekürzt werden, Roggen- und Sachwertschulden eben falls. Die Gläubiger erhalten in d^sem Falle als Ersatz Neichsschuldbuchsorderungcn. Eine Kürzung ist unzulässig, a) bei jeder Forderung, wenn der Gläubiger mit der Hinausschiebung der Verzinsung und Tilgung seiner Forderung bis zur Tilgung anderer Schulden des Betriebes einverstanden ist, und wenn unter dieser Vor aussetzung die Entschuldung durchführbar erscheint; b) bei bestimmten Arten von Forderungen, z. B. D ü n g e- mittelkröditen, Pächterkrediten, Lohnforde rungen, Deckungsforderungen von Ausländsanleihen, Aufwertungsforderungen. Rückständige Steuern unterliegen dagegen der Kürzung, wenn sie vor dem 1. Februar 1933 fällig geworden sind. Mittelbeschaffung. Die Entschuldungsstellen erhalten für jedes Entschuld dungsversahren als U n k 0 st e n z u s ch u ß ans der Neichskasse eine Pauschalvergütung, die sich nach der Größe des entschuldeten Betriebes richtet, außerdem einen einmaligen Risikozuschlag. Die für Barauszahlung er forderlichen Beträge werden in Form von verzins lichen Schatzanweisungen in Höhe von 300 Mil lionen Mark der Nentenbankkreditanstalt zur Verfügung gestellt, die diese Mittel an die Entschuldungsstellen ohne jede Verteuerung weiterzuleiten hat. Entschuldung durch Landabgabe. Das Gesetz sieht weiter die Möglichkeit einer Ent schuldung durch Landabgabe durch den Betriebs inhaber vor. Die nähere Regelung erfolgt in den Durch führungsbestimmungen. Rechtsverhältnisse. Betriebe, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes entschuldet sind, sollen mit Realkredit nur innerhalb der Grenze der Mündclsicherheit in Zukunft belastet wer den dürfen. Der restliche Wert des Grundstückes gilt als mit einer Sicherungshypothek zugunsten der Rentenbank kreditanstalt belastet. Im Nahmen dieser Sicherungs hypothek können jedoch Personalkredite ausgenom men werden. Mündelfichere Hypotheken werden in uw kündbare Tilgungsforderungen mit einem Zinssatz vor 4,5 Prozent, und einer Tilgung zwischen 0,5 und 5 Pro zent umgewandelt. Der Gläubiger soll seine mündel sichere Hypothek in Pfandbriefe Umtauschen können, die mit 4 Prozent verzinslich sind. Mit der Aus gabe dieser Pfandbriefe soll der Konvertierung der jetzt im Umlauf befindlichen sechsprozentigen Pfandbriefe in vierprozentige Pfandbriefe der Weg geebnet werden. Auch solchen Betrieben, die nicht durch das Entschuldungsver- sahren gegangen sind, ist die Möglichkeit gegeben, Ent- schuldungsbetriebe zu werden, wenn keine Anstände vor liegen und die Art der Verschuldung es zuläßt. Durchführung der Entschuldung im Ostgebiet. Das Gesetz sieht die sofortige Aufhebung des Reichskommissariats für die O st Hilfe und seine Eingliederung in das Reichsernährungs ministerium vor. Die Landstellen sollen bis zum 31. 12. 1933 aufgelöst sein. Die anhängigen Entschul dungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt, wobei diese jedoch dem neuen Gesetz an gepaßt werden. Auch die Wiederaufnahme bereits ab gelehnter Entschuldungsanträge kann bis zum 1. Juli beantragt werden. Schlußvorschristen. Diese sehen vor, daß der Mißbrauch des Gesetzes (Vorteilerschleichung und unwahre Angaben) bestraft wird. Ferner wird eine ausgedehnte Ermächtigung zum Erlaß von Durchführungsvorschriften vorgesehen. * Minister Dr. SugenSerg zum landwirt schaftlichen EntschuidunMesetz. Reichsminister Dr. Hugenberg gab vor Ver- trctcrn der Presse Erläuterungen über die Bestimmungen des Entschuldungsgesetzes für die Landwirtschaft und über die Auswirkungen dieses Gesetzes. Dr. Hugenberg hob einleitend hervor, daß eine Schuldcnrcgclung für die Landwirtschaft ohne gleichzeitige Anpassung der Wirt schaftspolitik aus die Dauer leine Wirkung habe. Die Frage der Zinsen sei nicht allein ausschlaggebend. Alles müsse an dem Ziel Vorbeigehen, wenn nicht die Regelung der Wirtschaftsnöte der Landwirtschaft voranginge, denn eine Mchrcinnahme von einen Pfennig je Liter Milch bedeute für den Land wirt die Herabsetzung seiner Zinsenlast um etwa ein Drittel. Die Zinsfrage sei nicht nur angefaßt worden IS. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Marga Steinsiefen war wieder im Ort, aber nur zu einem flüchtigen Besuch im Auto mit ihrem Mann aus der Großstadt herübergekommen, wo sie seit ihrer Verheiratung wohnte. Steinsiefen selber war freilich seit der Rückkehr von der lang ausgedehnten Hochzeits reise alle paar Tage einmal hier. Es galt nach fast halbjähriger Abwesenheit geschäftlich manches nachzu holen. Marga aber begleitete ihn heute zum erstenmal. Und auch nur aus besonderem Anlaß, ihrem Bruder zu Gefallen. Die neue Ansiedlung drunten bei der Sperr mauer, wo jetzt die Hauptgebäude unter Dach und Fach gekommen, war heute feierlich mit einem Namen be legt worden. Reuschfelde sollte der Ort fortab heißen, dem Gründer zu Ehren. Ein glänzendes Fest hatte Hermann Reusch aus der Sache gemacht, eine kolossale Reklame für ihn und die Baugenossenschaft. Alle, die ihr Geld hergegeben hat ten, waren geladen und als seine Gäste prunkvoll bewirtet worden im Saal des neuen großen Hotels, das dort unten auch mitbegründet war. Beim Sekt waren Reden über Reden gehalten worden, und Hermann Reusch war der Held des Tages. Sein Ruhm stand im Zenit. Wie die Tafelredner, alle mehr oder minder selber an der Gründung geschäftlich interessiert, mit lauttönenden Worten beteuerten, war er der weit vor» ausschaucnde, geniale Kopf, der große Wohltäter seiner Heimat. Einen Goldstrom würde er nun ins Land rin nen lassen, aus dem sie alle schöpften, überreich. So hatten sie's ihm in den schwungvollen Ansprachen ver sichert, einmal über das andere, und er hatte es hinge nommen als den ihm gebührenden Tribut. Aber unter seinem selbstgefälligen, breiten Lachen barg sich eine geheime Unruhe: Würde dieser letzte Trumpf wohl ge nügend einschlagen? Ihm auch von jenen, die sich bis her noch zurückgehalten hatten mit ihrem Kapital, nunmehr die Gelder herbeilocken? Denn er brauchte sie bitter notwendig. Die Mittel der Baugenossenschaft: waren erschöpft, der Kredit überspannt, und es galt doch, noch über eine ganze Weile hinwegzukommen, bis mit der Eröffnung der Talsperre das hier festge legte große Kapital endlich einmal anfangen würde,. Ein fremder Hauch, der alles Persönliche an ihr übertönte. Wie eine Krankenschwester erschien sie ihm, die auch in diesem Hause nur ihres Amtes waltete, ihre Obliegenheiten erfüllte, gewissenhaft, aber kühl. Eben nur Pflicht, nicht Herzenssache. Da kehrte sich Eberhard von Selbach langsam seiner jungen Frau zu, und an seinen traurigen Augen stand ein bitteres Erkennen. Nein — er durfte sich nicht länger selbst be trügen. So sagte er schwer: „Eke - mich friert neben dir.» Eke von Selbach hielt inne in ihrer Beschäftigung. Mit beschatteter Stirn blickte sie vor sich hin. Dann erwiderte sie, doch ohne zu ihm hinzusehen: „Was wirfst du mir vor? Sagte ich es dir nicht damals offen und ehrlich, du dürftest nicht Zärtlich keiten von mir verlangen?" „Gewiß, das tatest dn. Abrr, Eke - ich habe mich getäuscht. Ich — ich kann nicht so hinleben neben dir. Ich leide!" Der leis zitternde Dan hallte nach in der Stille des Gemachs. Ein Schweigen auf ihrer Seite, ein hörbares, tiefes «Atmen, und nun die Antwort, immer mit der gleichen, erstorbenen Ruhe: .„Du tust mir leid, Eberhard-— aber ich kann es nrcht ändern!"- Ein bitteres, kurzes Auflachen, dann verließ Eber- d von Selbach das Zimmer. Eke aber verblieb an hrem Platz. Den Kopf weit zurückgebeugt, beide Hände iber die Augen gelegt. So stand sie starr, lange, lange, s wollte sie sich mit Gewalt den Blick verschließe^ gen ein Sehen, daH doch heute über sie gekommen Nach dem Festmahl waren Steinsiefens von Reusch felde aus mit ihrem Auto herübergekommen nach Ro dig. Um die Großmutter zu besuchen, sagte Marga. Aber es war ihr mehr darum zu tun, sich einmal den Neidern zu zeigen, in all ihrem Luxus. Mit Chauffeur und Diener auf dem Bock, und sie, mit dem kostbaren Seidenkleid unter dem Hellen Staubmantel. Auch ihr Mann war nicht unberührt geblieben von dem Wandel der Dinge, seitdem er das Glück ihres Besitzes errun gen. Sein einstmals herausfordernder wehender Hu sarenbart hatte der modischen, diskreten, englischen Bartform Weichen müssen, und er durfte sich selbst bei seinen geschäftlichen Ausgängen nie anders zeigen, als im distinguierten Cutaway. Heute trug er den Frack eines ersten Modeateliers. So machte er in der Tat, äußerlich, eine ganz gute Figur, und war, wie Marga es erwartet, der stets willfährige Sklave ihrer Wünsche. Aber er langweilte sie auch, wie erwartet, ja reizte sie geradezu mit seiner ewigen Dienstbeflissenheit. Schrecklich gelangweilt fühlte sich Marga Steinsiefen auch heute. Erst das Festessen da unten, zwischen all den Bauern, mit den törichten Redereien, dann die Fahrt allein mit ihrem Mann, der etwas redselig war vom Wein, bis sie ihn anherrschte und er betreten ver stummte, dann die Stunde bei der blinden Großmut ter, beim alten Onkel Manskopf — mehr als lang weilig war das wahrhaftig gewesen. Unglücklicherweise hatte Steinsiefen nun auch noch einmal zum Basalt bruch hinaufgemußt, so daß sie also noch gut zwei Stunden sich hier unterbringen mußte. Aber die Arme leutelust bei der Großmutter ertrug sie nicht länger. Lieber dann draußen im Freien bleiben. So machte sie denn einen Waldspaziergang, obschon das durchaus nicht ihre Passion und ihr Anzug heute erst recht nicht danach war. Still war es um sie her und einsam. KeEn Mensch begegnete ihr. Nur einmal kreuzte ihren Weg ein Jäger mit seinem Hund. Ziemlich weit von ihr, so daß - sie seine Gesichtszüge nickt zu erkennen vermochte.