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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzelle 20 Rpsg., Lie4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs« Pfennige, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vorge- Ichriedene Eisch-inungs- . , „ tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, kein Anspruch aus Lieferung Ler Zeitung oLer Kürzung Les Bezugspreises Rücksendung ^ng"fandter"^chriklftü'cke e bis norm. 10 Uhr. Für die Richtigkeit der erfolgt nur, wenn Rückvnrto Auckfendung elngefandtcr ^chriflftucke burch Fernruf übermittelten Anzeigen udern. wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch " ociuegl. Klage eingezogen werden mutz oder »er Auftraggeber in Konkurs gerät. Zur Veröffentlichung -er amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, -es Amis- gerichis und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt «M- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^vewalt.Kneg od. sonstiger . ' » - Betriebsstörungen beliebt Nr. 127 — 92. Jahrgang Freitag, den 2. Juni 1938 Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Zur Rettung des deutschen Sauern. „Vor allem aber stehen zwei Wirtschaftsaufgaben erster Ordnung vor uns: die Rettung des deut- 1 ch e n Bauern mutz unter allen Umständen durch- gcführt werden. Die Vernichtung dieses Standes in unserem Volke würde zu den denkbar schwersten Konse quenzen führen . . . Nur im Zusammenhang mit der unter allen Umständen zu erreichenden Renta - Dilität unserer Landwirtschaft kann die Frage eines Vollstreckungsschutzes bzw. einer Entschul dung gelöst werden. Würde diese nicht gelingen, so mützte die Vernichtung unserer Bauern nicht nur zum -Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft überhaupt, sondern vor allem zum Zusammenbruch des deutschen Volkskörpers führen." Diese Sätze aus der Regierungserklärung vom 23. März sind die Leitmotive für den Erlatz des Gesetzes Zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse gewesen. Was damals angekündigt wurde, soll nun in die Tat umgesetzt werden durch ein Gesetz, dessen Einzel- Lestimmungen auf das Ziel lossteuern: Wiederher stellung des Reinertrages der landwirtschaft- Betriebe — der Rentabilität also — und Lösung von den S ch u l d f e s s e l n, die seit 1924 um die Landwirtschaft gelegt sind. Jahrhunderte hat das deutsche Volk gebraucht, um den Boden Mitteleuropas östlich der Elbe nicht blotz m i t dem Schwert wiedcrzuerobern, sondern ihn vor allem mit dem Pflug sich zu eigen zu machen, ihn zu be siedeln. Die Not der Landwirtschaft aber droht dieses Werk unser Vorväter zu vernichten und diesen Raum Dieder freizumachen für die sich langsam vorschiebende Slavenflut. Schon aus diesem Grunde sind die seit langem -eingesetzten Hilfsmaßnahmen für die ostdeutsche Land wirtschaft viel mehr als nur solche, die für irgendeinen Zweig der deutschen Volkswirtschaft bestimmt waren. Sie -wollten und wollen vielmehr den Boden und die auf ihm wirtschaftenden Menschen retten für unser Volkstum. Im Osten Deutschlands führt der Bauer.den Kamps um mehr als nur um das Stück Land, das sein Eigentum ist. Er steht dort im Schützengraben heute genau so wie 1914, als längs der ganzen deutschen Östgrenze Landwehr und Landsturm die Heimat schützten. Heimat — keine andere Sprache kennt dieses Wort! Das deutsche Bauern tum des Ostens aber steht in Wehr und Waffen zur Ver teidigung dessen, was das ganze deutsche Volk als „Hei mat" fühlt und begreift. Aber ebenso die früheren Maßnahmen wie jetzt das umfassende Entschuldungsgesetz haben sich noch weitere Ziele gesteckt. Die Not der Landwirtschaft hat ja nicht bloß den Osten zerdrückt, sondern griff auch hinüber auf den Westen, Norden und Süden. Auch dort war es die furchtbare Schuldenlast vor allem, die dem Bauern schon vor Jahren in Not und Verzweiflung die schwarze Fahne in die Hand drückte. Der von Natur aus so ruhige und geduldige Bauer in Schleswig-Holstein ist ebenso zur Selbsthilfe getrieben worden, wie der Weinbauer an der Mosel und der um die Heimat und die Scholle ringende Ostpreuße. Die Landwirtschaft des gesamten Reichsgebietes ist derart in Gefahr, daß die gesamte Volkswirtschaft in ihrem Bestand erschüttert ist, also auch die Masse der Gläubiger, die direkt oder indirekt ihr Geld unserer Landwirtschaft als Kredit oder Kapital zur Verfügung gestellt haben. Hier eine Sanierung durchzuführen ist also vor allem eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit und die Zurückführung der Verschuldung bis auf die Grenze der Mündelsicherheit dabei das letzte Ziel. Heißt das wirklich heute noch für die Gläubiger, Opfer zu bringen? Auf dem Papier, gewiß; zum mindesten in der Regel nur auf dem Papier; denn ein großer Teil der Forderungen an die landwirtschaftlichen Betriebe steht nur noch auf dem Papier. In den sonstigen Teilen unserer Wirtschaft ist die Sanierung durch Beseitigung dieser „papiernen" Forderungen schon durchgeführt worden; im Osten Deutschlands wurde das gleiche auch seit einiger Zeit in Angriff genommen. Jetzt soll dieses Sanierungswerk in der ganzen deutschen Landwirtschaft durchgeführt werden. Gefchwa-erflug Hauptmann Köhls über -en Südatlantil. Hauptmann a. D. Köhl wird an der zweiten dies jährigen Südamerikafahrt des „Graf Zeppelin" teilnehmen. Vor der Abreise nach Friedrichshafen erzählte er Einzel heiten über die Vorbereitungen für einen von ihm für das nächste oder übernächste Jahr geplanten Geschwaderflug über den Atlantik. Danach arbeitet Köhl fchon seit längerer Zeit an der Konstruktion eines neuartigen Flugzeugtyps, für den die Vorarbeiten soweit gediehen sind, daß vor aussichtlich im Herbst des Jahres die ersten praktischen Vorversuche beginnen können. Die jetzige Reise Köhls mit dem Zeppelin dient besonders der Erforschung der meteorologischen Verhältnisse auf dieser Route. WMWssW im Men Stil Offensive gegen die MeiNosigkett. Das neue Reichsgesetz. Nachdem das Neichskabinett in seiner letzten Sitzung einen Gesetzentwurf zur Verminderung der Arbeitslosigkeit verabschiedet hat, machte Staats sekretär Reinhardt vom Neichssinanzministerium nähere Mitteilungen über den Inhalt dieses vom Reichssinnnz- ministerium vorgeschlagenen Gesetzes. Es umfaßt sechs Abschnitte: 1. Arbeitsbeschaffung, 2. Steuerfrei heit für Ersatzbeschaffungen, 3. freiwillige Spenden zur Förderung der nationalen Arbeit, 4. Überführung weib licher Arbeitskräfte in die Hauswirtschaft, 5. Förderung der Eheschließungen sowie schließlich 6. Bestimmungen über die Durchführung und Ergänzungen. Staatssekretär Reinhardt äußerte sich zunächst über die Steuerfreiheit für Ersatzbeschaffungen. Es ist, wie er betonte, vorgesehen, daß Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung von Maschinen, Geräten und ähnlichen Gegenständen des gewerblichen oder landwirtschaftlichen Anlagekapitals im Steuerabschnitt der Anschaffung oder Herstellung voll von dem Einkommen bei der Steuerberechnung abgezogen werden können. Voraussetzungen dafür sind, daß der Steuerpflichtige ihn nach dem 30. Juni 1933 und bis zum Ablauf des Jahres 1934 angeschasft oder hergestellt hat, daß der neue Gegenstand einen bisher dem Betrieb dienenden gleichartigen Gegenstand ersetzt und daß schließ lich die Verwendung des Gegenstandes nicht zu einer Min- derbeschästigung von Arbeitnehmern führt. Es soll mit dieser Maßnahme eine ansehnliche Belebung der deutschen Maschinenindustrie erreicht werden. Was wei ter die Spenden zur Förderung der nationalen Arbeit anlangt, so verwies der Staatssekretär auf die zahlreichen Gesuche um eine Steueramnestie von Leuten, die glauben, irgendwie sich der Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben. Es soll diesen Volksgenossen die Mög lichkeit gegeben werden, die Steuern nachzuzahlen, ohne daß sie der Gefahr einer Bestrafung ausgesetzt sind. Es ist vorgesehen, daß jeder bei einem Notar einen Betrag als freiwillige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit einzahlen kann. Der Notar leitet diesen Betrag an das Finanzamt weiter, ohne den Namen des Spenders zu nennen, den das Finanzamt nicht erfährt. Das Finanzamt quittiert über den Betrag, der Notar gibt die Quittung dem Spender. Wird später festgestellt, daß der Betreffende Steuern hinterzogen hat, was nicht bewußt geschehen zu sein brauchte, so kann er sich auf den Spendenschein berufen. Erreicht der Betrag der Spende mindestens die Hälfte des hinterzogenen Steuerbetra ges, so bleibt der Steuerpflichtige straffrei, und der Be trag der Spende wird auf die hinterzogene und nun nach zuzahlende Steuer angerechnet. Außerdem wird der Spenderschein mit einem Aufgeld versehen, das 25, 20 und 15 Prozent beträgt, je nachdem die Spende bis zum 1. Oktober d. I., im letzten Kalendervierteljahr 1933 oder in den ersten drei Monaten des Jahres 1934 gegeben wird. über diese verschwiegenen Spenden hinaus ist eine offene freiwillige Spende vorgesehen. Auch wer keine Steuern hinterzogen hat oder hinterzogen zu haben glaubt, soll freiwillig zur Förderung der nationalen Arbeit spenden; er bekommt einen Spen denschein und darf diesen Betrag vonseinemsteuer- pf richtigen Einkommen absetzen. Die aus beiden Spendenarten aufkommenden Beträge werden ausschließlich für Zwecke der Arbeitsbeschaffung Ver wendung finden. Die Bestimmungen über die Überführung weib licher Arbeitskräfte in die Hauwirtschaf ten befreien Hausgehilfinnen von der Arbeitslosenhilfe und setzen sie beim Haushaltsvorstand in einkommen steuerlicher Hinsicht einem minderjährigen Kinde gleich. Staatssekretär Reinhardt beschrieb dann die Maß nahmen, die zur Förderung der Eheschließungen ergriffen werden. Jungen Leuten, die heiraten wollen, soll ein zinsloses Ehestandsdarlehen im Be trage bis zu 1000 Mark gegeben werden. Voraussetzung dabei ist, daß die künftige Ehefrau in den letzten zwei Jahren mindestens sechs Monate in einem Arbeitnehmer- Verhältnis gestanden hat, aus ihrer gegenwärtigen Stellung ausscheidet und die Verpflichtung übernimmt, ein Arbeitsverbältnis erst nach T'launa des Darlehens wieder aüszunehmen. DieTilgung des' Darltzhns er folgt mit ein Prozent. Das Darlehen wird nicht in bar gewährt, sondern in Form eines Bedarfsdeckungsscheines, der zum Bezüge von Möbeln und Hausgeräten berechtigt. Der Umtausch der Bedarfsdeckungsscheine wird beim Finanzamt vorgenommen. Die Mittel für die Ausgabe der Bedarfsdeckungs- scheine werden aufgebracht durch eine Ehcstandshilfe, mit der alle ledigen Männer und Frauen bedacht werden. Der bisherige Ledigcnzuschlag wird mit Wirkung vom 1. Juli Wegfällen und durch die Ehestandshilfe ersetzt werden. Staatssekretär Reinhardt ist der Ansicht, daß auf die sem Wege im ersten Jahr mindestens 150 000 Ehen finanziert werden können. Für die Arbeitsbeschaffung werden zur Förderung von Jnstandsetzungsarbeiten an Verwaltungs- und Wohngebäuden, an Brücken und son stigen Baulichkeiten der Länder, Gemeinden und sonstigen öffentlichen Körperschaften, ferner zum Umbau von Klein- Wohnungen, zur Förderung der vorstädtischen Klein siedlung, der Flußregulicrungen, von Ticfbauarbcitcn der Gcmeindeverbände usw. werden zinslose Darlehen und verlorene Zuschüsse gewährt. Auch den Hausbesitzern wird ein verlorener Zuschuß nach dem bisherigen Verfahren gegeben. Außerdem find Sachleistungen an Hilfsbedürftige vorgesehen. Der Reichsfinanzminister ist ermächtigt, Arbeitsschatzanweisungen im Betrage bis zu einer Milliarde Mark zur Förderung der nationalen Arbeit auszugeben. Staatssekretär Reinhardt hofft, daß mit Hilfe der-ge- planten Tiefbauarbeiten schon in den nächsten Wochen 400 000 Mann herangezogcn werden können. Mit der Durchführung der Tiefbau arbeiten mutz spätestens am 1. August begonnen werden. Die Arbeiten müssen mit Hilfe menschlicher Arbeit durchgeführt werden, sofern Maschinen nicht unerläßlich sind. Durch die Heranziehung von Arbeitslosen wird ein Arbeits- oder Dienstrecht nicht begründet. Der für diese Arbeiten herangezogene Arbeitslose erhält: 1. seinen alten Arbeitslosenbeitrag, 2. eine warme Mahl zeit für den Arbeitstag oder hierfür einen angemessenen Betrag, 3. eine Vergütung von 25 Mark für vier Arbeits wochen in Form von Bedarfsdeckungsscheinen. Diese Scheine berechtigen zum Erwerb von Kleidern, Wäsche und Hausgerät. Ferner wird eine noch unbekannte Summe an dis Bezirksfürsorgeverbände gegeben in Form von Bedarfs deckungsscheinen, die zum Bezüge von Kleidern usw. be rechtigen und an die Hilfsbedürftigen gegeben werden. Staatssekretär Reinhardt schloß seine Ausführungen mit einem Aufruf an alle Volksgenossen, an diesem gewal tigen Werk zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach allen Kräften mitzüwirken. -i- Das in dem neuen Reichsgesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit bei den Bestimmungen über die Spenden zur Förderung der nationalen Arbeit vorge sehene Aufgeld wird sowohl bei den sogenannte» verschwiegenen als auch bei den offenen, frei» willigen Spenden als Vergünstigung gewährt. Ein besonderer Vorteil. Liegt keine Steuerhinterziehung vor, so hat der Spender den Vorzug, den um das Aufgeld von 25 Prozent erhöhte« Spendenbetrag von seinem steuerpflichtige« Einkommen absetzen zu können. Bei beiden Arten von Spenden verringert sich diese Aufgeldvergünstigung auf 20 bzw. 15 Prozent, wenn die Spende erst im letzten Kalendervierteljahr 1933 oder in den ersten drei Monaten des Jahres 1934 gegeben wird, * Der Beginn des Vierjahresplanes. Zum Arbeitsbeschafsungsprogramm und Entschuldungsplan. Zum Arbeitsbeschaffungsprogramm der Reichs regierung und dem landwirtschaftlichen Entschuldungs plan schreibt der Völkische Beobachter u. a.: Das Wesent liche bei den Arbeitsbeschaffungswechseln in Höhe von einer Milliarde ist der Umstand, daß si« nicht den öffentlichen Geldmarkt in Anspruch nehmen. Der Entschuldungsplan für die Landwirtschaft will bewußt zu normalen Zuständen überleiten, und zwar> dadurch, daß die jetzt von Staats wegen herabgesetzte Zinshöhe sich mit dem auf dem freien Markte nach der allgemeinen Senkuna der Zinken kickt bildenden Lins be-