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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt Nr. 125 — Mittwoch, den 31. Mai 1933 Skagerrak. Es knattert der Sturm um Luv und um Lee, Dumpf brüllt und gurgelt die kochende See. Stolz weht die Flagge schwarz-weiß-rot. Aus Morgennebeln schaut düster der Tod. Sie sehn nicht sein drohendes Angesicht. Sie denken an Weib und an Kinder nicht. Ein Ziel nur steht ihnen klar und fest Dom Maschinenraum bis zum Krähennest Vorm Auge, und vom Kommandoturm Bis zum jüngsten Mann nur ein Sehnen, ein Sturm Der Herzen, der ehern sie alle vereint: Ran an den Feind! In Frankreich stehen die feldgrauen Brüder, In Rußland und Polen als Heimathüter. Im Gletschereis trotzt das deutsche Blut Zum Tode getreu unsrer Feinde Wut. Im Granatenhagel, im Mörsergeschrei Hält die feldgraue Front die Heimat frei. Nun schlägt auch der Flotte die große Stunde. Ein Jauchzen geht flüsternd von Mund zu Munde. Wie Stahl so hart klingt der Herzen Schlag: Die Stunde ist da! Es kam der Tag! Am Lauf des Geschützes liegt fest die Hand: Wir fahren, wir fahren gen Engeland! Da naht sich der Gegner in peitschendem Lauf. Die Hölle tut ihre Schlünde auf, Knd durch Eisenhagel, durch Blut und Tod » Weht sieghaft die Fahne schwarz-weiß-rot. Die Donner brüllen, rings Gas und Brand — Sie wißen nur eins noch: das Vaterland! Mit verbrannten Fäusten schaufeln sie noch, Die Heizer vorm glühenden Feuerungsloch, Und die Brust zerfetzt, die Hände zerrißen Stehn sie, die Zähne zusammengebißen, Im Geschützturm und feuern Stunde um Stund' Den Gegner hinab auf den Meeresgrund. Bis die Nacht auf das Graun sich herniedersenkt, And der Gegner flüchtend gen England lenkt. Bis die Schlacht gewonnen, gebrochen der Bann. — Und die Welt hielt erschauernd den Atem an ... . Km Skagerrak aber jauchzt und zieht Auf ewig das deutsche Heldenlied, Das Lied, das von heldischer Größe durchdrungen, Sterbend die blauen Jungen gesungen, Das Lied von der Treue in Not und Tod Zu der heiligen Fahne schwarz-weiß-rot! Felix Leo Göckeritz. Die Skagerrak-Wache beim Reichspräsidenten. Zur Erinnerung an den Tag der Seeschlacht am Skagerrak Laben auch in diesem Jahre die Skagerrak-Wachen der Reichsmarine die Reichswehrehrenwachen in Berlin abgelöst. Auf unserem Bilde sieht man unsere blauen Jungens während der Begrüßung durch Reichspräsident von Hindenburg. Von Klagenfurt nach Passau. Güdmark im Kamps. Zur Pfingsttagung des VDA. in Passau. Von Fritz Heinz Reimesch, mit Originalzeichnungen von Ragimund Reime>ch Die von Klagenfurt in Kärnten nach der Drei- stromstadt Passau verlegte Tagung des Vereins für das Deutschtum im Ausland wird trotz der Verlegung ein Bekenntnis zur deutschen Südmark sein. Passau hat vor 1000 Jahren zahllose deutsche Men schen nach dem Süden und Südosten geschickt. Die bayerischen Herzoge, die in Passau residierten, waren führend in dem großen Ringen um Neu land für die überschüssigen Kräfte des bayerischen Hier wird die Pfingsttagung des VDA. stattsinden. Blick aus Passau mit dem Dom Haydn und Beethoven' als Mitglieder angehörten. Wolfram von Eschenbach besingt in seinem Parzifal das deutsche Weinland an der Drau beiPettau und Mar burg. Anastasius Grün, ein Graf von Auersperg, ist ein Sohn dieser Grenzlandschaft, ebenso Hamerling und Friedrich von Gagern. Hugo Wolff stammt aus jenem Städtchen Windisch-Graetz, das dem nicht minder berühmten Fürstengeschlecht den Namen gab. Im Sann- tal mit seinen hundert heilkräftigen Quellen erbauten deutsche Bürger das wehrhafte Cilli, dessen gewalt tätiges Grafengeschlecht sich halb Ungarn und den nörd lichen Balkan eroberte. Auch das kleine Herzogtum Gottschee mit seinen 16000 braven, treuen Wald bauern sei nicht vergessen! Im Tal der wilden Kulpa bis hinab an die Karner Bucht, die in Quarnero verwclscht wurde, standen deutsche Brückenpfeiler ebenso wie im Tal der Wochein bis nach Triest. Als das Deutsche Reich nach der Neformationszeit innerlich zusammenbrach, wurden die Autzenp osten vergessen, die, umbrandet von feindlichen Völkern, in ungleichem Kampfe langsam zerrieben wurden, bis auf wenige Posten, denen vor fünfzig Jahren der alte „Deutsche Schul verein", der heutige VDA., zn I Hilfe kam. Der österreichische Kaiserstaat hatte kein Interesse an dem Deutschtum von Krain und der Süd steiermark, und so bildete sich in Graz, der stets kampfes- sreudigen steierischen Hauptstadt, der Verein „Süd mark", der mit wirtschaftlichen Mitteln die Be festigung des zerstreuten Deutschtums versuchte. Nur wenige fanden sich im großen, reichen Deutschland um 1900 bereit, kür die Südsteicrmark etwas zu opfern. Unsere Augen hingen schwärmerisch an jedem neuen Dampfer, der aus deutschen Häfen übers große Wasser zog, während im Süd osten ein deutscher Bauernhof nach dem anderen verloren- ging. Als 1918 dre heldische Front am Sudmccr zn- sammenbrach, war das Schicksal der Deutschen im Lande Krain und in der Untersteiermark besiegelt. Sie wurden aus der Heimat vertrieben — mehr als 200 000 deutsche Menschen —, niemand kümmerte sich mn Stammes, der von Kärnten bis tief auf den Balkan, nach Ungarn und bis an die Adria herrschte. Als der slawische Drück von Norden, aus Böhmen, immer stärker wurde, wendete sich die Kraft des Bayernstammes der Urheimat seiner markomannischen Väter zu, die im fünften Jahr hundert Böhmen verlassen hatten, um sich das Donauland zu erobern. Passaus Bischöfe, bayerische Adelsgeschlechter und Mönche leisteten im Böhmerwald ähnliche Rück- deutschungsarbeit, wie Albrecht der Bär und Heinrich der Löwe in Ostelbien. Wenn die VDA.-Tagung auch im Zeichen des Kampfes um die Südmark stehen wird, so werden die Blicke der Tagungsteilnehmer doch hinüber in das Heimatland Adalbert Stifters fliegen, hinein in den herr lichen Hochwald, an dessen Grenzen deutsche Menschen >inen schweren Kampf um ihr völkisches und wirtschaft liches Dasein auskämpfen müssen, ohne bisher genügende Hilfe vom Reich erfahren zu haben. Der Kampf m der Süd mark ist dem V o l k s t u m r i n g en an der bayerischen Ostmark so ähnlich, daß es geradezu begrüßt werden muß, daß die Tagung nach Passau ver legt wurde, denn dadurch werden gleich zwei Gebiete der großen reichsdeutschen Öffentlichkeit erschlossen. Das alte schon im achten Jahrhundert von bayerischen Bauern besiedelte Kärnten wird eine starke deutsche Bastion, von der aus nach der ungarischen Tiefebene hin und über die herrlichen Hochgebirgsmauern der Karawanken deutsche Menschen ausschwärmen und ein deutsches Vorfeld schaffen. Es sind hauptsächlich Berg- mannssiedlungen, die vom 11. Jahrhundert ab entstehen. Aus den Trummen der alten Emona wächst nach 955 Laibach, bis vor 50 Jahren eine deutsche Stadt, mit bedeutendem Kulturleben, als dessen schönste Mani festation die 1702 begründete „Philharmonische Gesell schaft« — der älteste deutsche Musikverein — erwächst, der Marburg a. d. Drau. Marktplatz mit Rathaus 67. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Nm Gottes willen — wie kannst du mich so miß verstehen! Ich dachte ja nur, es wäre dir lieber so. Aber ganz wie du willst — alles, alles. Wenn ich dich nur habe!" Wieder jenes verachtungsvolle Aufwerfen ihrer Mundwinkel. Dann ein Achselzucken, und sie schritt an ihm vorüber — wortlos. Da klang es zu ihr hin, wie ei» kaum noch verhaltenes Aufschluchzen: „Marga — warum trittst du all meine Liebe so mit Füßen?" Ihr Schritt verlangsamte sich und hielt nun ganz an. So sann sie vor sich hin, ihm immer noch abge wandt. Nach dem Ausbruch ihrer Erbitterung war es mit einemmal ruhiger in ihr geworden. Die alle, kühle Vernunft kehrte ihr zurück. Eine Entscheidungsstunde war das auch für sie. Der Mann da hinter ihr, — ein Nichts, ein Schatten. Aber das, was er ihr bot! Aegypten — das Leben in der großen Well drau ßen, umgeben von allem Luxus. Genießen mit vollen Zügen, glänzen, herrschen, beneidet fein! Dahinleben in einem steten vibrierenden Rausch, wie es ihr ja von jeher vorgeschwebt, ehe der fremde Ton in ihre Seele geklungen war, den sie jetzt glühend haßte und ver wünscht« — abertausendmal! Und das alles wollte sie hinwerfen? Warum? Wem zuliebe? Würde sie wohl ßs nock» einmal einen Mann finden, der ihr das alles bot? Bereit, jeder Regung ihrer Wünsche blindlings zu gehorchen? Da war es entschieden. Langsam kehrte sie sich Stein- Aesen zu. „Wenn ich Ihnen wirklich ein solches Glück bedeute nun aut^ und ihre Hand hob sich ein wenig zu ihm hin. „Marga!" Er stürzte sich auf sie, als könnte sie sich doch noch anders besinnen. Erst als er sie in seinen Armen fühlte, jauchzte es in ihm auf, in sinnlosem, trunke nem Glück. * Wieder einmal kam der Lenz ins Land mit lachen dem Sonnengruß, der froh in alle Herzen drang, und schaute sich um, wie's stand im Rauhen Grund. Aber da gab es genug zu bewundern. Gleich bei seinem Eintritt drunten im Tal, wo der Fluß sich seinen Weg durch die Berge gebrochen hatte, wühlten sie wie die Maulwürfe, Statt der lichtgrünen Wiese, die dort sonst stets den Frühling zu grüßen Pflegte, gähnte jetzt eine tiefe, haushohe Grube, und so groß, als wollten sie das ganze Dorf darin be graben mitsamt der Kirche. Und in dieser Riesengrube, wie droben in den be nachbarten Bergen, an den Steinbrüchen, ein Rasseln, Kraüen, Schüllern, Gellen — Tag und Nacht. Ein Ameisengewimmel von Menschen, die sich mühten im Schweiße ihres Angesichts Lasten zu heben und weiter zuschleppen. Hunderte, viele Hunderte. Aber noch diel Verwunderlicheres gab es zu sehen. In der Nähe davon, unterhalb der Sperrmauer, wo schon die riesige Kraftzentrale ausgemauert wurde, draußen in der Ebene, wuchs es aus der Erde. Mitten aus freiem Felde, aus braunem Ackerboden: hochra gende Bauten. Wie drinnen in den Städten der Men schen, mit ihrem wimmelnden Treiben, die riesigen Kaufhäuser, Karawansereien und all die Stätten ihrer rauschenden Lust. Und war doch weit und breit noch keines Menschen Dach hier zu sehen. Die Stätte war es, wo des Reusch-Mannes Gründergeist sein Wesen trieb. — — Der junge Lenz, der so mit Hellem Leuchten ins Land gekommen war, hatte im Vorübergehen auch ins Adlige Haus gelugt, zwischen den alten Kastanien, die gerade die ersten, saftschwellendcn Knospen trieben. Und unter seinem Lachen waren die weißen Anemonen aufgeblüht zu ihren Füßen. Aber sein Sonnenblick traf drinnen in dem dumpfen Gemäuer ein Fraueuantlin. das trotz seiner Jugend in herbem Ernst erstarrt war. Da winkte der Lenz der Amsel zu, die hoch droben auf der Wetterfahne des Turmdaches saß, und schmelzend sang sie ihr erstes Frühlingslied. Süß schmeichelte sich der Ton unten ins düstere Gemach. Aber nur noch starrer ward das stille Frauenantlitz. Was sollte das Singen und Locken da draußen? Ihr galt es nicht mehr, das Lied vom neuen, seligen Hoffen. Vergebens suchten auch die Augen des Mannes dort drinnen in dem dämmernden Gemach nach einem wei cheren Regen in ihren Zügen. Gute Augen waren es, aber sie blickten in Trauer und stillem Sehnen zu de» jungen Weibe, das so selbstvergessen dort saß, als wä» er gar nicht bei ihr. Doch wie nun der hereinlugende Svnnenblick das Blondhaar um ihre Stirn durchleuchtete, wie flim merndes Gold, und einen warmen Schein über die schönen Züge hauchte, da flog es wie ein Abglanz davon auch über die Mienen des Mannes. Schnell stand er auf und kam zu ihr. „Sieh, wie die Sonne draußen lacht. Der Frühling ist da! Komm, Eke — laß uns hinaus. Wir wollen hinauf in den Wald und dann einmal sehen, wie es mit dem Bau droben steht." Sie schrak zusammen unter seiner berührenden Hand. Nun erhob sie sich langsam. „Gewiß — wenn du willst." Aber es klang müde und gleichgültig. Wie sie dann droben in dem nahezu fertigen Neu bau standen, belebten sich Eberhard von Selbachs Mienen. Schnelleren Schritts ging er seiner jungen Frau voraus durch die Räume. „Ganz reizend wird es werden, unser Haus! Alles hell und traulich, ein rechtes Heim." Doch Ekes Blick behielt seine Leere. Ja, ihr Haus würde es werden — aber ihr Heim? Weiter führte er sie von Zimmer zu Zimmer und machte dann halt in einem anheimelnden Eckgemach. „So — und hier, das wird Frauchens Reich. Ein Blumenerker ist auch vorgesehen, als Arbeitsplätzchen. Hier wirst du dich wohlfühlen — nicht, Liebes?" Mortfetzuna folgt.)