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Lubbe und die Bulgaren. Nächster Termin: Reichstagsgebäu-e. Prozeß gegen die Reichstagsbrand st ifter. Senatspräsident Dr. Bünger teilt in der letzten Ver handlung vor der Übersiedlung des Senats in das Reichs- tagsgebäude nach Berlin mit, das? die weitere Verband- lung am Dienstag im Reichstagsgebäude er folgen wird. Der Scnatsprüsidcnt gibt dann die Mit- tcilung des Verteidigers des Angeklagten Dimitroff bekannt, wonach Dimitroff zu den gestrigen Vorfällen eine en 1 schuldigendc Erklärung abgeben will. ", erhält das Wort und führt u. a. aus: Es sind vielleicht gestern meine Worte mißverstanden worden. Für mich ist es nicht so leicht, bei meiner Fremdsprache für alles richtige und treffende Ausdrücke zu finden. Ich erkläre aber, daß es nicht meine Absicht gewesen ist, weder gestern noch früher jemand persönlich oder das Gericht und andere Behörden zu beleidigen. Ich brauche weder Sympathie noch brauche ich Gnade; ich brauche mich nur als Kommunist verteidigen zu können. Vorsitzender: Das ist bisher im vollen Maße gewährt worden. Ich nehme davon Kenntnis, daß Sie durch Ihre gestrige Erklärung niemanden beleidigen woll ten und daß, wenn es zu Beleidigungen gekommen ist — und das ist es — das auf ihre mangelhafte Kenntnis der deutschen Sprache zurttckzuführen ist. Damit ist der Zwischenfall mit Dimitroff erledigt. Oberreichsanwalt Werner nimmt dann das Wort, um auf eine Unstimmigkeit in der Aussage des Angeklag ten Torgler hinzuweisen. Er kommt zn dem Schluß, daß am 27. ein Gespräch zwischen Torgler und Florin gar nicht hat stattfinden können. Demgegenüber bleibt der Angeklagte Torgler bei feiner Darstellung, daß Florin ihn im Reichstag aufgesucht hat. Landgerichtsdirektor Parrifius erinnert daran, daß Dimitroff zugegeben hat, mit Münzenberg, dem bekannten kommunistischen Zeitungsverleger, zweimal zu- fammengekommen zu sein. Münzenberg selbst hält sich jetzt im Ausland auf und ist einer der Mitverfasser des be rüchtigten Braunbuches. Er hat zuletzt in der früheren Wohnung Dr. Magnus Hirschfelds gewohnt. In Lieser Wohnung haben wiederholt Verhandlungen von Kommunisten stattgefunden. Die letzte war am 30. Januar. Es wird nun dem Angeklagten Dimitroff die Frage vorgelegt, ob er jemals in der Wohnung Münzenbergs an den Sitzungen teilgenommen habe. Dimitroff gibt zu, MünAmberg im Jahre 1931 kennengelernt zu haben. In dessen Wohnung sei er aber nie gewesen. Der Angeklagte Popoff behauptet, Münzenberg niemals gesehen zu haben und niemals in seiner Wohnung gewesen zu sein. Die Hauptbelastungszeugin zu dieser Frage, Fräulein Krüger, wird im Nahmen des Berliner Verhandlungs abschnittes der Beweisaufnahme gehört werden. Es wird dann noch einmal festgestellt, daß die Geldvorräte der Bulgaren recht erheblich waren. Es hatte Dimitroff 350 Mark und eine Zehndollar note bei sich, Taneff 70 Dollar und 20 Mark. Der nun folgende Verhandlungsabschnitt bringt eine Schilderung der Umstände, unter denen es zur Verhaftung der drei Bulgaren kam. Der Oberkellner aus dem „Bayernhof" teilte am 7. März der Polizei mit, daß im „Bayernhof" verdächtig erscheinende Personen verkehrten. Darauf sind nach ge nauer Prüfung der Anzeige diese Persönlichkeiten fest- geuommen worden. Es waren Dimitroff, Popoff und Taneff. Helmer hat dann bei der Gegenüber stellung van der Lnbbe mit absoluter Gewißheit als einen der gelegentlichen Gäste wiedererkannt. Van der Lubbe bestreitet, im „Bayernhof" mit den bulgarischen Angeklagten zusammengetroffen zu sein. Dimitroff versichert, daß im „Bayernhof" an seinem Tisch niemals ein deutscher Kommunist gewesen fei und erklärt: Und daß ich mit van der Lubbe dort ge wesen sei, behauptet nur dieser Licblingszeuge von Parrifius. Der Vorsitzende unterbricht Dimitroff und erinnert ihn daran, daß er beim geringsten Rückfall in seine früheren Ungezogenheiten wieder aus dem Saal verwiesen werden müsse. Popoff bezeichnet die Aussage des Oberkellners als Lüge. Taneff behauptet, in diesem Lokal nur einmal gewesen zu fein, und zwar am Tage seiner Verhaftung. Senatspräsident D r. Bünger hält Dimitrosf dann die Aussage eines Zeugen vor, der zusammen mit Dimitroff im Untersuchungsgefängnis in Moabit nntergebracht war. Dieser Zeuge hat Dimitroff darauf hingewiescn, daß fein Bild in der Zeitung steht. Dimi- troff soll darauf gefragt haben, ob auch ein Mann ver haftet worden ist, dessen Namen der Zeuge nicht verstand. Der Zeuge hat erklärt, es sind nur noch Popoff und Taneff verhaftet worden, worauf Dimitroff, sichtlich beruhigt, sagt: „Na, die sind ja mit mir verhaftet wor den!" — Dimitroff: Das ist ein Märchen! Tau sendundeine Nacht, Herr Oberreichsanwalt! Weiter kann der Vorsitzende dem Angeklagten Popoff die sehr bestimmte Aussage eines Zeugen Buguhn ent gegenhalten, wonach kurz nach 9 Uhr abends jemand eilig aus dem Reichsportal H in Richtung Siegessäule herausgelausen ist. Nach Ansicht dieses Zeugen hat es sich um Popoff gehandelt. — Popoff: Das ist absolut unwahr! Der Vorsitzende möchte darauf wissen, wo sich denn eigentlich Popoff um diese Zeit befunden hat. Popoff er klärt darauf, er sei von 14 bis 23 Uhr mit Taneff zu sammengewesen. Der Vorsitzende leitet dann über zu der Frage des von dem Angeklagten angetretenen Alibis. Darauf tritt die Mittagspause ein. Popoff hat bezüglich seines Alibis am Abend des' Reichstagsbrandes früher andere Angaben als heute ge macht. Bekanntlich hat ihn ein Zeuge am Abend des Brandes aus dem Reichstag herauslaufen sehen. Der Angeklagte Taneff, der die ganze Schilderung aufmerksam verfolgt hat, erklärt es zunächst für über flüssig, das zu wiederholen, was Popoff richtig dargefisllt hätte. Er tut es aber auf Verlangen doch und erzählt im wesentlichen das gleiche mit einigen zusätzlichen Angaben. Die Verhandlung wird dann geschlossen, sie soll am Dienstag in Berlin im Reichstagsgebäudej fortgesetzt werden. Vreffebesprechung der sudetendeulschen Selmalsroni polizeilich aufgehoben.^ Die vökn Gründer der sudetendeutschen Helmatftont? Henlein, nach Prag einberufene Pressebesprechung wurde nach einem Bericht Henleins über die Ziele seiner Bewe gung und nach einer Reihe von Anfragen deutscher und tschechischer Pressevertreter über die Einzelheiten seines Programms besonders über die Judenfrage und die Frage der Wehrhaftigkeit im deutschen Turnverband von der, Polizei aufgelöst. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Zum Gedenken an Horst Wessel, den unvergeßlichen nationalsozialistischen Vorkämpfer, dessen Geburtstag sich am 8. Oktober wieder jährt: das letzte Porträt Horst Wessels. (Photo Hoffmann.) Mff-MsseWW MWMffWMMiff. Wie die „National-Zeitung", Essen, erfährt, wird das! Propagandaministerium die zum Geburtstage Horst Wessels angesetzte Uraufführung des Horst-Wessel- Films verhindern und außerdem dafür Sorge tragen, daß der Film in seiner gegenwärtigen Form nicht in der Öffentlichkeit erscheint. Das Ministerium sei der Auf fassung, daß das Filmwerk nicht die künstlerischen Quali täten besitze, die von einer Darstellung des nationalsozia listischen Vorkämpfers und der gewaltigen Ereignisse des! deutschen Freiheitskampfes verlangt werden müsse. Diel Maßnahme dürfte vor allem daraus zurückzuführen sein, daß zwar die Massenszenen auf dem ehemaligen Bülow platz, am Brandenburger Tor usw. eine gute technische Leistung darstellten, daß aber die eigentliche Handlung Les Films ebenso wie die künstlerischen Leistungen der Hauptdarsteller absolut dürftig und unangemessen feien. Es stehe zur Zeit noch nicht fest, ob der Film geändert oder verbessert werden könne, oder ob er überhaupt iw der Versenkung verschwinden werde. Bereinigung beider Mecklenburg. Der Zusammenschluß der beide« Länder Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg- Strelitz steht unmittelbar bevor. Am Freitag, dem 13. Oktober, findet im Rathaus zir Rostock die zweite Vollsitzung des Mecklenburg- Schweriner Landtages und die fünfte Sitzung des Mecklcnburg-Strelitzcr Landtages statt. Aus derTages- ordnung der beiden Sitzungen steht die erste, zweite und dritte Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinigung von Mecklenburg-Strelitz und Mecklen burg-Schwerin. Im Zusammenhang mit diesem Gesetze, das mit den« 1. Januar 1934 in Kraft tritt, erklärte Reichsstatthalter Hildebrandt, Generationen und Regierungen hätten! Jahre hindurch nicht das vermocht, was national sozialistische Regierungsarbeit nun in sq kurzer Zeit zum Abschluß gebracht hätte. In den nächsten: Wochen werden beide Mecklenburg zu einem Lande zu sammengelegt. Dadurch werde eine Ersparnisinde« Verwaltung und wohl auch eine direkte und indirekt«! Steuersenkung erreicht. Kurze politische Nachrichten. Reichspräsident von Hindenburg hat,, anläßlich der 250jährigen Wiederkehr der « Gründung von Germantown, der ersten deut schen Siedlung in den Vereinigten Staaten von Nord amerika, an die Festteilnehmer ein Glückwunschtelegramm gerichtet. * Das Personal des Preußischen Landtages spendet monatlich rund 1000 Mark für die Winter hilfe und zur Förderung der nationalen Arbeit. Der Landcsleiter der NSDAP. Österreichs, Proksch, hat einen Artikel „Betrachtungen der wirtschaftlichen Lage Österreichs" veröffentlicht, in dem er feststellt, daß Öster reich im August 1933 40 000 Arbeitslose mehr habe als im August 1932. Todesurieil gegen Kommunisten. Das Sondergericht in Braunschweig fällte daß Urteil in dem Prozeß gegen sieben Kommunisten, die am 10. Februar d. I. einen planmäßigen überfall aus Mitglieder eines SA.-Sturmes in Nickelkulk ausge- führt hatten. Es fielen dabei zehn Schüsse, die den SA.°Männern galten Zwei von ihnen wurden durch Streifschüsse verletzt. Das Urteil lautete gegen den Ar beiter Heinrich Wolf auf Todesstrafe, gegen den Arbeiter Hagemann auf fünf Jahre Zuchthaus. Drei Angeklagte erhielten je vier Jahre Gefängnis und zwei wurden sreigefprochen. Chinesischer Dampfer gesunken. 28 Tote. Der chinesische Dampfer „Tiochan" sank nachts in der Nähe von Tschifu, wobei 28 Personen ertranken. Nur elf Personen konnten gerettet werden. 86. Fortsetzung Nachdruck verboten Aber als sie die Türe ihres Zimmers aufriß, blieb sie jäh auf der Schwelle stehen. „Du .... du bist gekommen?" Von der Ottomane erhob-sich die große, hagere Gestalt eines Mannes, dessen Gesicht eine fahle Bläffe zeigte, die einen unheimlichen Kontrast zu dem tiefschwarzen Haar bil dete, das etwas in die Stirn hereingekümmt war. Eine heiser klingende Stimme antwortete: „Hast du mich nicht erwartet? Ich depeschiert« dir doch.: Sonja Jegorowna zog die Türe hinter sich ins Schloß und trat näher: „Ja ... ja ... ich wußte um dein Kommen." „Aber ich scheine keinen günstigen Augenblick getroffen zu haben. Deine Blicks verraten mir, daß du schlechter Laune bist..." Da aber eilte Sonja auf ihren Besucher zu. Ihre Hände krallten sich an dessen Nock, während sie erregt rief: „Weißt du, wen ich soeben gesehen habe?" „Nein ... Aber es muß ein Gespenst der Vergangenheit sein, weil du so erregt bist." Sonja schaute sich vorsichtig nach allen Seiten um, als fürchtete sie unberufene Lauscher. Dann flüsterte sie: „Nikita ... sie ist hier in Berlin, sie, der wir beide Rache geschworen haben..." Osinskis graue Augen bekamen ein böses Funkeln... Und erregt stieß er zwischen den schmalen Lippen hervor: -Sie? ... Die blonde Baronesse?" Sonja Jegorowna nickte, so daß Nikita Osinski drängte: „Erzähle... Ich will alles wissen... Wo hast du sie getroffen? Bist du auch sicher, daß du dich nicht getäuscht hast? War sie es wirklich?" Und Sonja Jegorowna erzählte. Ihre Worte überstürzten sich, wurden dabei zu wüsten Schimpfreden, die deutlich Sonja Jegorownas Abstammung verrieten. Aufmerksam hörte Nikita Osinski zu. Er unterbrach Sonja mit keinem Wort.«, Er stellte keine Fragen... Aber ein heimtückisches, diabolisches Lächeln glitt manch mal Uber sein Gesicht. Und als Sonja Jegorowna schwieg, erklärte er ruhig und gelassen, als wäre er von dieser Angelegenheit nicht im ge ringsten berührt worden: „Höre mir zu, ich habe große Pläne . . . Pläne, die nicht allein einen Gewinn für uns bedeuten, sondern auch Ge legenheit geben werden, uns endlich an der blonden Ba ronesse zu rächen... Sei überzeugt, daß die Stunde nicht mehr fern ist, da wir triumphieren werden..." Ungläubig schüttelte Sonja Jegorowna den Kopf. Aber Nikita Osinski zog sie nach dem Sofa, nahm dort dicht neben ihr Plaß und begann mit leiser, eindringlicher Stimme auf sie einzureden... 19. Kapitel. Noch nie hatte Walter Eysoldt mit so großer Sorgfalt Toilette gemacht wie heute. Lange wühlte er zwischen der großen Anzahl seiner Anzüge und entschied sich schließlich für den eleganten Cutaway, der ihm für diesen Tag der Entscheidung über sein Glück das einzig passende Kleidungs stück schien. Sorgfältig knüpfte er die Krawatte und prüfte, lange sein Spiegelbild, ehe er sein Zimmer verließ. Er traf die beiden Damen bereits am Frühstückstisch, und seine Mutter lächelte ihm verständnisvoll zu. Länger als sonst hielt er heute Elgas Hand fest und versuchte "in ihren Augen zu lesen. Sie aber wich ihm aus, schenkte ihm wie immer den Kaffee «in, strich ihch die Brötchen und plauderte dabei von gleichgültigen Dingen, die sie im Haushalt und bei ihren Besorgungen in der Stadt erlebt hatte. Walter Eysoldt aber schaute wie verzaubert auf ihre schmalen, weißen Hände. Und sein Herz jauchzte... Morgen schon wird an dieser schönen Hand ein schmaler, goldener Reif blinken ... und heute . . . heute noch hole ich mir von diesen süßen roten Lippen den Brautkuß..." So dachte er, während er Clga zuschaute und lächelnd ihrer Stimme lauschte. Aber als sie ihm dann wenige Stunden später in seinem Arbeitszimmer gegenübertrat, fühlte er sich doch befangen. Er, der sonst bei geschäftlichen Konferenzen eine be wunderungswürdige Sicherheit besaß und dessen glänzende Rednergabe schon manchen Gegner bezwungen hatte, fühlte sich plötzlich unsicher und verlegen. Doch Elga schien völlig ahnungslos zu sein, denn sie hatte gewohnheitsgsmäß ihren Platz eingenommen, hielt Notizblock und Bleistift in der Hand und wartete auf sein Diktat. Für einig« Sekunden herrschte tiefes Schweigen in dem großen Arbeitszimmer. Dann aber raffte sich Walter Eysoldt auf und erklärte: „Heute lassen wir die Auslandspost einmal liegen, Fräu lein Elga, denn ich möchte Ihnen die Schlußergebnisse Ler neuen Erfindung diktieren." Jäh horchte Elga auf. „So sind die Experimente also gelungen...?" „Restlos." „Dann werden sich also Ihre Pläne verwirklichen lassen, Herr Doktor? Sie erzählten mir doch davon, daß Sie sich mit diesem neuen Heilmittel den Weltmarkt erobern wollen, und in Amerika und England Zweigunternehmungen Ihrer! Werke gründen müßten, um einen raschen Absatz zu ermög lichen." (Fortsetzung folgt.)'.