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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. srci Haus, bei Postbestellung IM RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten und Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Gewalt, Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Äefcrung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Raum,eilt 20 Rpsg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen «0 Reichs» pscnnige, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Borge« schrieben- Eischeinungs. . , , , „ tage und Platzvorschriste« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b-rü-ksichtigt. Anzeigen, annahm-bisvorm.lOUHr. — ' Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muff oder der Austraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 240 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 13. Oktober 1933 Du und das Handwerk. Verwundert ob dieser Zusammenstellung magst du vielleicht denken: „Was geht mich das Handwerk an? Ich weiß, es ist eine Wirtschaftsgruppe wie viele andere auch, die ein Sechstel der deutschen Bevölkerung Arbeit und Brot gibt, aber ich persönlich habe keine Verbindung mit dem Handwerk!" Und doch bist auch du mit dem Handwerk enger verbunden, als es dir im ersten Augenblick scheinen mag. Folge mir eine kurze Strecke, und du wirst erkennen, daß viele Dinge auch deines täg lichen Lebens Erzeugnisse des Handwerks sind. Daß ein großer Teil der Nahrung, die Brötchen am Morgen, das Fleisch zu Mittag, Brot und Wurst am Abend und der verlockend aussehende Kuchen am Sonn- tagnachmittag vom Han'dwerk kommt, wird dir bekannt sein. Menfalls auch noch, daß der Schneider dir deinen gutsitzenden Anzug hergestellt hat und ihn, wenn er einmal eingeregnet oder ausbesserungsbedürftig ist, wieder aufarbeitet, und daß der Schuhmacher deinen ausgetretenen Schuhen wieder neue Form und Glanz gibt. Auch den F-riseur, der zu deinem guten Aus sehen beiträgt, kennst du, ebenso die Putzmacherin, deren Laden deine Frau oft mit Interesse beachtet. Wenn dir nach deiner Tagesarbeit einen kleinen Spaziergang durch die Stadt machst und an so manchem Schaufenster stehen bleibst und dir die geschliffenen Glas schalen und die kunstvoll gearbeiteten Gold- und Silber gegenstände anstehst, so weißt du jedoch kaum, daß erst der Glasschleifer, der Gold- und Silberschmied, der Gra veur und Ziseleur — Kun st Handwerker, die heute schwer zu kämpfen haben, hier tätig gewesen sind. Deine Aufmerksamkeit wendet sich wieder dem Straßenbild zu. Die leuchtenden Reklamen über den Geschäften sehen dich an. Sagen sie dir nicht, daß Schilderhersteller, Schlosser und Elektroinstallateure an ihnen gewirkt haben? Kehrst du dann in deine Vorstadt zurück, so freust du dich zu weilen an den schmucken neuen Häuschen, die an dem Wege stehen. Denkst du dann auch daran, daß hier Maurer, Zimmerer und Dachdecker gearbeitet und den Bewohnern zu einem gemütlichen Heim ver- holfen haben? Nein, daran denkst du nicht. Du bist von dem Laufen müde geworden — und froh, zu Hause an gelangt zu sein, streckst dich behaglich auf deinem Ruhesitz aus und hast deine Freude an deiner sauberen Wohnung mit ihren guten Möbeln und all ihrer Bequemlichkeit. Auch hier kommt dir nicht zum Bewußtsein, daß Tischler, Tapezier, Maler, Glaser und Klempner dir deine Ruhestündchen erst behaglich machen und dir zu dieser Freude verhalfen haben. Die Tage werden jetzt schon kürzer und unfreund licher. Beim traulichen Schein der Lampe (der Elektro installateur ist dir heute schon einmal begegnet) greifst du zu einem guten Buch, das erst des Buchdruckers und Buchbinders Hände für dich hergestellt haben. Du emp findest es angenehm, daß der Ofen schon eine behagliche Wärme ausstrahlt und glaubst immer noch, wenn man dich nicht besonders an den Töpfer erinnert, daß dich nichts mit diesem Handwerk verbindet. Gewohnheits mäßig siehst du nach der Uhr, um festzustellen, ob deine übliche Zeit zum Schlafengehen herangekommen ist, ohne natürlich daran zu denken, daß der Uhrmacher für den richtigen Gang sorgt, und auch den Wecker, der dich morgen früh wieder zur Arbeit ruft, auf die richtige Zeit eingestellt hat. ' Meinst du jetzt noch, daß du nicht viel mit dem Handwerk zu schaffen hast? Du erkennst, daß es wenig Dinge deines täglichen Lebens gibt, die nicht irgendwie mit dem Handwerk Zusammenhängen, dessen Zweige sich vier unmöglich alle ausführen lassen. Denke doch auch nur daran, wie auf dem Lande z. B. der Schmied und der Stellmacher dem Bauern bei Instandhaltung seiner Arbeitsgeräte zur Seite stehen! Jetzt erkennst du die Bedeutung des Hand werks für dein tägliches Leben. So nebenbei beschäftigst du dich auch mit Wirtschaftspolitik und willst mit ganzer Kraft der nationalsozialistischen helfen, die unseligen Klassengegensätze zu überwinden. Hier bietet sich dir eine Gelegenheit: Hilf dein Handwerk von dem du weißt, daß es als gewerblicher Mittelstand eine starke Säule des Staates bildet und stets em Mittler zwischen Kapital und Arbeit war! Wenn du mir gefolgt bist, so bin ich sicher, auch du wirst einem Handwerker in der R e i ch s w e r b e w o ch e einen Auftrag geben, d Hm Ausführung nicht nur Arbeitsbeschaffung im kleinen bedeutet, sondern auch für dich em Mehr an Be- ancmlichkeit und Behaglichkeit. Schaffe Arbeit, schaffe Brot, dringe Segen, brich die Not! Vas Vin und Her in Senf Tie wieder aufgefrischle Entente. England und Frankreich Arm und Arm gegen Deutschland. Soweit die Pariser Blätter nicht die Geschäfte der französischen Rüstungsindustrie besorgen und daher noch schroffere Absagen an die Gleichberechtigung ver treten, als sie jetzt von der englisch-französischen Front gegenüber Deutschland gegeben werden, sind sie ein ein ziger Au-Wruck tiefster Genugtuung, ja des Triumphes. Man glaubt in Paris die erneute Verdaue- rung des Versailler Diktates ohne alle Einschränkung ebenso gesichert wie eine Belastung Deutschlands mit der Schuld an einem etwaigen Zusammenbruch der sogenann ten „Abrüstungskonferenz". Vom französischen Standpunkt aus, so liest man etwa im „Petit Parisien", habe die Abrüstungsfrage noch nie so befriedigend gestanden wie jetzt. Nie habe die französisch-englische Soli darität gegenüber der „deutschen Gefahr" sich so fest gezeigt wie heute. Die englisch-französische Überein stimmung bedeute in dem Augenblick, wo die entscheiden den Beratungen begönnen, eine neue Tatsache von außer ordentlicher Wichtigkeit, ,um so mehr, als sie ergänzt würde durch eine „Auswertung" der Verträge von Locarno. Berlin wisse, daß die Verträge in Anwendung gebracht werden würden, wenn nachgewiesrne Ver letzungen der entmilitarisierten Zone oder der zukünftigen Konvention vorkämen. Englands ttmfall. Es ergibt sich die Frage, welchen besonderen Grund Frankreich zu dieser Genugtuung und dieser betont schroffen Haltung gegenüber Deutschland hat. Der Grund heißt England. Die Haltung Englands in der Abrüstungsfrage bedeutet einen weitgehenden Rückschritt gegenüber dem Früh sommer. Es hat — nicht offiziell, aber praktisch — den Kompromißplan seines eigenen Ministerpräsidenten Mac donald, den Deutschland bekanntlich trotz schwerwiegender Bedenken als Verhandlungsgrundlage angenommen hatte, einfach fallen lassen und sich, vermutlich schon in den Pariser Besprechungen vor Genf, wieder einmal völlig Frankreichs Forderungen zu eigen gemacht. Es entsteht dadurch einschrofferWiderspruch zu den Erklärungen des englischen Außenministers Simon vom September 1932: man müsse Deutschland die Gleich berechtigung zugestehcn und ihm daher auch alle künftig nicht verbotenen Waffen zubilligen! Es macht gegenüber diesem hundertprozentigen Um fall Englands wenig ans, daß sich nach Londoner Mel dungen England und Frankreich noch nicht über die Dauer der ersten Kontrollperiode einigen können; der französische Außenminister Paul-Boncour besteht auf vier Jahre, der englische will es bei zwei bewenden lassen, übrigens hat der Franzose bei den Verhandlungen mit dem Bundes genossen von jenseits des Kanals auch jetzt wieder seine alte Forderung nach Auflösung der „militä rischen" Verbände in Deutschland vorgebracht. Wie so manche Reichsregierung aus der Zeit des Systems hat einsehen müssen, daß jede Spekulation auf ein englisch-französisches Zerwürfnis sehlgeht, so zeigen auch die gegenwärtigen Genfer Verhandlungen erneut, daß die beiden ungleichen Brüder am Kanal über mancher lei interne Streitfragen (wie etwa die U-Boot- und die Fliegerfrage) hinweg sich grundsätzlich einigen, sobald Deutschland irgendwelche noch so bescheidende Rechts ansprüche vertritt. Wie Gngian- über Gleichberechiigung -enki. Die Genfer Abrüstungsbesprechungen sind wieder in ein äußerst heikles Stadium getreten. Man will die end gültige Stellung des französischen Kabinetts zu den letzten amerikanischen Anregungen und ferner das Eintreffen des italienischen Botschafters Baron Aloisi abwarten, der, wie verlautet, im Besitze neuer weit gehender Instruktionen seiner Regierung sein soll. Nach amerikanischen Mitteilungen ist die englische Weigerung, auf den Bombenabwurf zu verzichten, eine der großen Schwierigkeiten. Die englische Regierung ver langt ein vollständiges Verbot der Militärluftfahrt für Deutschland, fordert aber andererseits für sich den Bombenabwurf in den englischen Kolonialgebieten. Dieser Gegensatz in der englischen Haltung hat auf ameri kanischer Seite offene Mißstimmung hcrvörgerufen. Wie verlautet, wird sich der deutsche Vertreter auf der Abrüstungskonferenz, Botschafter Nadolny, in Kürze zur Berichterstattung über die Lage in Genf nach B e r l i n beaeben. Greift Mussolini ein? Aus den zahlreichen Besprechungen in Gens hat sich auf deutscher Seite der Eindruck verstärkt, daß die Mei nungsverschiedenheiten zwischen der eng lisch-französischen Auffassung und der ameri - konischen Auffassung noch weiter bestehen. Die Mit teilungen, die aus englischen und amerikanischen Kreisen vorliegen, zeigen, daß die mit ungewöhnlicher Hartnäckig keit gegen Deutschland geführte Propaganda im wesent lichen von derAusnützung des Begriffes „Deutsche Wiederaufrüstung" abhängen. Von englischer Seite wird mit der Begründung des Verbots der deutschen Wiederaufrüstung jegliche Ausdehnung des heutigen deutschen Rüstungsstandes abgelehnt, während nach ameri kanischer Auffassung die Umformung der Reichswehr zwangsläufig eine grundlegende Änderung des heutigen technischen Rüstungsstandes bedingen würde. Der „Evening Standard" berichtet von einem persönlichen Eingreifen Mussolinis gegen die angebliche Absicht Englands, Frankreichs und Amerikas, der Abrüstungskonferenz einen fertigen Ver- eindarungsentwurf vorzulegen und Deutschland vor die Entscheidung zu stellen, diesen Plan entweder anzunehmen oder nicht zu unterzeichnen. Die Möglichkeit, daß Deutschland dann zum Verlassen der Ab rüstungskonferenz gezwungen werden könnte, habe bei Mussolini Besorgnis erregt. Er habe angeregt, einen Ausweg zu finden. Die fünf hauptsächlichsten Mächte sollen eine neue Erklärung abgeben, in der ein genauer Zeitpunkt für das Außerkrafttreten der Deutsch land einseitig anferlegten Rüstungsbenachteiligung fest gelegt werden soll. paul-tzoncour wird beMckwiinW. Zu den Genfer Ergebnissen. Der französische Außenminister Paul Boncour ist in Paris eingetroffen, um an einem Ministerrat teilzunehmen. Paul-Boncour zeigte sich über die letzten Ergebnisse in Genf sehr befriedigt. Während des Ministerrats wurde Paul-Boncour von seinen Minister kollegen für die Haltung der französischen Abordnung be glückwünscht. Der „Paris Soir" weist darauf hin, daß eine Verkürzung der Übergangszeit oder Probezeit praktisch gar nicht möglich sei. Deutschland könne die Reuorganisierung seines Heeres unmöglich in achtzehn Monaten oder zwei Jahren durchführen. In Wirklichkeit läßt sich die französische Regierung von ganz anderen Ge sichtspunkten leiten. Es handelt sich um den Rekruten ausfall, der in den Jahren 1934 bis 1938 eintritt und den die französische Regierung unter allen Umständen über brücken will, ohne daß Deutschland in der Zwischenzeit den Effektivbestand seines HeereD erhöht. * Kommissar für deutsche Flüchtlinge. Einsetzung vom Vötterbundrat bestätigt. Der Völkerbund befaßte sich mit dem Beschluß der Völkerbundversammlung auf Einsetzung eines Kommissars für die deutschen Flücht linge. Der Rat bestätigte den Beschluß der Ver sammlung, daß der Kommissar und der ihm zur Seite stehende Verwaltungsrat eine vom Völkerbund unab hängige autonome Organisation bilden solle. Die Wahl des> Kommissars wurde dem Präsidenten der Völkerbund versammlung, dem Vertreter Panamas, übertragen. Der Berichterstatter betonte, daß der Flüchtlingskommissar die Zentralstelle der gesamten jetzt für die deutschen Flüchtlinge eingeleiteten Aktionen zu bilden habe. Ferner wurde der Verwaltungsrat in der Weise gebildet, daß der Generalsekretär des Völkerbundes an die folgen- den 15 Staaten die Aufforderung zur Teilnahme zu richten hat: Holland, Frankreich, Polen, die Tschechoslo wakei, Belgien, die Schweiz, Dänemark, Italien, England, Schweden, Spanien, die Vereinigten Staaten, Argentinien, Brasilien und Uruguay. Diesem aus den Vertretern dieser 15 Mächte gebildeten Verwaltungsrat bleibt es jedoch überlassen, auch andere Staaten zur Vertretung hinzuznziehen. Ferner wurde der Vcrwaltungsrat er mächtigt, private Verbände mit in den Vcrwal- waltun^srat aufzunehmen. Dem künftigen Ober kommissar wurden vorläufig 25V00 Franken als Kredit znr Verfügung gestellt. Der Vertreter Frankreichs, Massig«, erklärte, die französische Regierung wünsche, daß der Flüchtlingskommifsar feine Tätigkeit noch vor Beginn des Winters aufnehme.