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MISdeM« Tageblatt - 2. MM Nr. 241 SonnabeaS, den 14. Sltabee 1S3S Handwerk und Arbeitsbeschaffung. Von W. G. Schmidt, Präsident des Reichsverbandes des deutschen Handwerks. Man spricht soviel von der großen Bedeutung des Handwerks. In weiten Kreisen aber ist man sich er- fahrungsgemäß nur selten klar bewußt, in welchem Um- fange diese Behauptung zutrifft. Siebzig Prozent der gewerblichen Betriebe in Deutschland gehören noch heute zur Handwerkswirtschaft. Etwa acht Millionen Men schen leben als selbständige Betriebsinhaber, Gesellen, Gehilfen, Arbeiter, Lehrlinge, Angestellte, mithelfende Familienangehörige und Kinder vom Handwerk! Acht Millionen, das sind rund 12 Prozent der gesamten Bevölkerung des Reiches oder rund 25 Prozent der Er werbstätigen. 20 Milliarden beträgt der Umsatz der Handwerkswirtschaft bei 134 Milliarden Umsatz der gesamte« deutschen Wirtschaft! Die Zahl der Handwerks- Letriebe stieg von 1,3 Millionen im Jahre 1926 auf 1,4 Millionen im Jahre 1931. - Es leuchtet ohne weiteres ein, einen wie wichtigen Faktor demnach das Handwerk allein als Kon sument, für die Arbeitsbeschaffung darstellt. Acht Millionen Menschen verbrauchen deutsches Mehl, deutschen Rübenzucker, deutsche Kartoffeln, Milch, Butter, Eier, einheimisches Obst, Fleisch, deutsche Kohlen usw. Ähnlich ist es mit den Erzeugnissen und Waren der In dustrie und des Handels. Das Handwerk kleidet sich mit deutschen Stoffen, Schuhen, Leinen, und ist dergestalt auch jfür all die tausend Dinge des täglichen Lebens ein sehr beachtlicher Auftraggeber. Und durch seine Produktion schließlich gibt das Handwerk unmittelbar als Arbeit geber und mittelbar als Verbraucher von Rohstoffen Hunderttausenden Arbeit und Brot. Der Zimmerer, der Schreiner, der Drechsler, der Steinmetz, der Glaser, der Schlosser, der Korbmacher, der Schneider, der Buchbinder, der Sattler oder wen man auch immer man herausgreift, alle verbrauchen sie inländisches Holz, deutsches Glas, Steine aus einheimischen Brüchen, Maschinen, Werkzeuge, Geräte von deutschen Fabrikaten und aus deutschem Material. Treffender ist das wirtschaftliche Gewicht eines Berufsstandes kaum zu belegen. Das Handwerk gibt Aufträge und schafft Arbeit. Darum aber verlangt es das gleiche von den anderen Berufs ständen. Sie bilden ja alle eine Gemeinschaft, und alle müssen sie mtthelsen, das Ausbauwerk des Kanzlers und Führers Adolf Hitler voranzutreiben. Alle tragen wir das gleiche Schicksal, gerade deshalb haben wir alle, wo immer wir im Berufsleben stehen, zu unserem Teil zur Förderung des Gänzen beizutragen. Arbeits beschaffung um jeden Preis, das ist heute die Parole. Ihr Gelingen ist nicht nur eine Magenfrage, darüber wird sich niemand täuschen. Das Handwerk ist sich seiner Aufgabe als Wirtschafts faktor und seiner ganzen Bedeutung für die Kultur und für den Ausgleich der sozialen Gegensätze allzeit bewußt gewesen, wenn das in den letzten Jahren auch nicht immer die gebührende Anerkennung gefunden hat. Es litt, wie ave anderen Wirtschaftsgruppen, unter Krieg, Inflation und der ganzen Misere des damaligen innen- und außenpolitischen Lebens — und konnte doch keine Subventionen oder sonstige Hilfsmittel des Staates in Anspruch nehmen. Desto beachtlicher ist die Aktivität, mit der dieser oft so stiefmütterlich behandelte Berufsstand stets hervor- getreten ist, und es spricht auch gegenwärtig wieder für die schöpferischen Kräfte und die erstaunliche Frische und geistige Regsamkeit, die i m Handwerk lebendig sind, daß es gerade jetzt mit einer- großzügig aufgebauten A k- tton zur Bekämp fung der Arbeits los i g k e i t an die Öffent lichkeit tritt. Das Handwerk wirbt in der Kundgebung „Segen der Arbeitsbeschaf fung im kleinen". Es bemüht sich, in zäher auf reibender Kleinarbeit Auf träge bei allen Schichten der Bevölkerung zu mobili sieren, den Wohlhabenden wie den Schlechtergestellten zum Arbeitgeber der Gesamtheit zu machen. Nur Engstirnigkeit oder böser Wille kann die weiten Ziele dieser Veranstaltung übersehen oder herabsetzen. Das Handwerk will leben. Es kämpft um einen Platz an der Sonne — seine Be mühungen um Arbeitsbeschaffung kommen aber allen zu gute. Nicht das Materielle, nicht der nackte Egoismus stehen dabei im Vordergründe, sondern die Aktion ist getragen von dem Bewußtsein, mit ihr eine befreiende Tat für die ganzedeutscheVolksgemein schäft zu vollbringen. Hoffen wir, daß dieses Bewußtsein bei allen Volksgenossen lebendig ist und daß es seinen sicht baren Ausdruck in der Stützung und Förderung der Kundgebung des Handwerks findet. Die Veranstaltung muß zu einer Angelegenheit des ganzen deutschen Volkes werden, keiner darf abseits- stehen, jeder muß mit dem ganzen Herzen dabei sein, jeder muß aktive Arbeitsbeschaffung treiben, denn jeder einzelne hat einen Auftrag zu vergeben, sei er auch noch so bescheiden. Halte sich jeder vor Augen, daß es gerade auf ihn ankommt, ob das Werk des Aufbaues zur Reife gebracht werden kann. Und schließlich noch eines: Mi- Modernes Knnsthandwerk: ein Ofen. vität, Verständnis für die „anderen", Vertrauen auf die allgemeine Besserung nicht nur in diesen Wochen und Tagen der Veranstaltung. Opferfreudig keit und Gemeinsinn müssen sich dauernd bewähren. Denn nur wenn dieser Geist des Optimismus, der tätigen Hilfe, des Lebens und Lebenlassens tiefe Wurzel» schlägt, kann dem Handwerk, kann dem ganzen Volke ge holfen werden. Wir wollen das Gewissen der Millionen äufrüttcln und damit die Bemühungen des Handwerks im Kamps gegen die Krise und Not eingliedern in das System der Arbeitsbeschafsungsmaßnahmeü unseres Volkskanzlers Adolf Hitler, Modernes Kunsthandwerk: Prunksaß. Dieses fast 4000 Liter fassende Prunksaß wurde zum Mjährigen Jubiläum des Münchener Ratskellers hergestellt. Handwerk und Kunst. Handwerk, das war in früheren Zeiten ein viel weiterer Begriff als heute. Die Griechen zum Beispiel rechneten auch die Arzte zu den Handwerkern, was keines wegs den ärztlichen Beruf irgendwie verächtlich machen sollte, sondern einfach zum Ausdruck brachte, daß man Handwerk lediglich als einen Gegensatz zu Kopfarbeit, geistiger Arbeit ausfaßte. So war es auch in unserer deutschen Geschichte von der frühchrist lichen Zeit durch das Mittelalter bis zur Zeit der Renaissance und Reformation. Erst als die Manu faktur, vor allem aber, als die maschinenmäßig betriebene Industrie aufkam, bekam der Begriff Handarbeit vielfach einen Beigeschmack von etwas Mechanischem, Geistlosem und Kunstlosem. Es ist klar, daß, solange jedes Gerät, jedes Möbel- und Schmuckstück, jede Waffe, kurz, jeder Gegenstand des täglichen Gebrauchs einzeln hergestellt werden mußte, sich die individuellen Fähigkeiten des Her stellers, des Handwerkers und die besonderen Wünsche des Auftraggebers mehr ausleben konnten. Jeder Hand werker als einzelner und jedes Handwerk in sich hatte feine bestimmten Geheimnisse, Methoden und Formen. Das entscheidende Merkmal des alten Handwerks aber ist die Verbindung von Handwerk und Kun st. Der Handwerker war Künstler und der Künstler verstand etwas vom Handwerk. Es ist gerade das deutsche Handwerk, das im Verlauf der Geschichte einen Weltruf erworben hat. Primitiv und schwerfällig war es noch in den An fängen: in der romanischen Zeit: an Bucheinbänden, Truhen und Kirchenportalen verwendet man noch hauptsächlich pflanzliche Ornamente, verschlungene Linien und Bänder, in Erinnerung an die einfache Kunst der Zeit, als die deutschen Stämme noch nicht in die Welt geschichte eingetreten waren. Neue Eindrücke, neue Künste und Formen werden für das Handwerk wie für die ganze Kultur durch die Kreuzzüge vermittelt. Die Völker des Ostens waren durch jahrtausendatte Kultur den mitteleuropäischen noch überlegen. Aber unser Handwerk hat viel von ihnen gelernt und die Eindrücke zu Eigenem verarbeitet. Es bildeten sich berühmte Handwerkszweige: inSolingen machte man weithin, auch im Ausland, berühmte Messer, Schwerter und Panzer, in Nürnberg später neben einer Reihe von anderen Dingen die Spielwaren, die bis heute in die ganze Welt ausgeführt werden. Großartige Leistungen vollbrachten die Stein metze in ihren Bauhütten unter Leitung von großen Künstlern, die großenteils anonym blieben: sie schmückten die gotischen Dome mit herrlichen Figuren, sie übersäten später in der Renaissance die Bürgerhäuser förmlich mit steinernem Schmuck. Peter Vischer, Adam Kraft, Veit Stoß und viele andere gingen ans dem Handwerk hervor und blieben mit ihm verbunden. Berühmt waren auch die deutschen Goldschmiede, deren Erzeugnisse nach ganz Europa gingen. Mit der Steigerung des Reichtums und dem Erwachen größerer Menschenmassen zur Kultur im frühbürgerlichen Zeitalter wuchs der Bedarf, die Nachfrage und damit auch die Bedeutung und Macht des Handwerks. Die Handwerker zünfte wurden mächtige Organisationen, die nicht jeder mann aufnahmen. In den Gesellen- und Meisterstücken wurden Höchstleistungen hervorgebracht. Mit der Ausbreitung der Industrie, mit dem industriellen Zeitalter, das kunstvolle Einzelleistung immer mehr durch mechanisch angefertigtes Mafsen- produkt ersetzte, ging die Bedeutung und die Leistung des Handwerks zurück. Es zerfielen die festen Organi sationen, durch die Aufhebung des Zunftzwanges wurde jedem Tür und Tor geöffnet, jeder konnte sich selb ständig machen und es gab keine Kontrolle der Befähigung mehr. Aber gerade in der neuesten Zeit sind Bestrebungen im Gange, das künstlerische Hand werk wieder zu fördern und zu dem zu machen, was es früher war. Ganz ist überhaupt niemals das kunstvolle Handwerk verdrängt worden. Immer gab es und gibt es Handwerker, die für ihr Gewerbe echte Liebe und künst lerische Fähigkeit mitbrachten, und es fehlt auch heute nicht an schönen Zeugnissen dieser Handwerkskunst. Jungvolk, herhören! Eure Eltern tun es vielleicht noch nicht. Für euch aber ist es ein Muß: Nicht Tand, nicht gleißender Schund, der den Stempel der „Wohlhabenheit" trägt. Einfachheit, Bescheidenheit, Natürlichkeit sind die Grundbedingungen eures Denkens und eures Handelns. Das gilt es auch in die Tat umzusetzen, wenn ihr als Käufer auftretet. Seid ihr euch überhaupt darüber klar, welche Macht ihr darstellt? Wenn ihr selbst kauft oder wenn ihr eure Eltern zum Kaufen veranlaßt? Vor euch liegen große Aufgaben. Eine der wichtigsten ist es, deutscher Handwerksarbeit wieder das Feld zu schaffen, das ihr nach Tradition und Leistung zukommt. Nicht der niedrige Preis ist entscheidend. Billig- keitist volkswirtschaftlich kein Segen, sondern Verschwen dung, Ausbeutung der Arbeitskräfte, Verbildung unk> Verflachung. Auf zum Kamps! Gebt Raum dem deutschen SandwerM Nach dem Willen unseres Volkskanzlers Adolf Hilter beginnt jetzt im Herbst die zweite Welle des Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit. Es ist jedem klar, daß dieser zweite Kampfabschnitt, der Jahreszeit entsprechend, erhöhte Anstrengungen erfordert. Der Ent scheidungskampf gegen die Arbeitsnot hat aber aus breiter Front eingesetzt, dank der weitsichtigen Maßnahmen der Reichsregierung. Aber diese können nicht allein zum Endersolg führen, es muß die nachhaltige Selbsthilfe der Wirtschaft hinzukommen, wenn wir unseren arbeitslosen Volksgenossen wirklich ernsthaft helfen wollen. Die Werbewoche vom 15. bis 21. Oktober 1933 stellt eine großzügige Aktion für das gesamte deutsche Handwerk dar, die Ankurbelungsmatznahmen der Reichs regierung zu unterstützen und weiterzuführen; denn die Arbeitsbeschaffung ist der Angelpunkt aller Auf baupolitik des neuen Staates. Zweck der Veranstaltung ist, die große Masse der Be völkerung auf die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Bedeu tung des Handwerks für die Gesamtheit hinznwcisen, daß die Vergebung e i n e s w e n n a u ch n o ch so kleinen Auftra- gesandasHandwerk nicht nur als selbstverständ lich, sondern als Pflicht eines jeden einzelnen an gesehen wird. In den ver gangenen Jahren war die öffentliche Meinung dem Handwerk nicht günstig ge sinnt. Die nationalsoziali stische Bewegung hat sich die geistig-moralische Um formung des dcntschen Men schen zum Ziel gesetzt, nm damit die unerläßliche Vor aussetzung für eine Um gestaltung auch der mate riellen Lebensformen und Lebenserscheinungen, ins besondere der Wirtschaft und der sozialen Verhält nisse, zu schaffen. Wie die geistige Einstellung, so die praktische Tat! Der handwerklichen Arbeit ist damit der Weg ge ebnet, sich ihrer Bedeutung für die Gesamtheit ent sprechend durchzusetzen. Während der Handwerkswerbe woche wird diese geistige Auflockerung unserer Bevölke rung so aufgefangen, daß der h a n d w e rk li ch e Wertarbeit erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet wird^ zumal damit die Ärbeitsnot im allgemeinen gelindert und die großen Erfolge der Reichsregierung in der zwei ten Angriffswelle zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiter vorgetragen wird. Die Worte des alten nationalsozialistischen Kampf liedes „Gebt Raum derdeutfchen Arbeit" sind erfL dann voll erfüllt, wenn unser Volk auch die Worte be<^ ,-herzigt: „Gebt Raum der deutschen Handwerks^ -erbeit!"- Altes Knnsthandwerk: Prunkpolal. Prunkpokal aus dem Schatz eines Benediktinerklosters im Donautal. Der Pokal ist aus reinem Gold und mit Perlen und Diamanten verziert.