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Widerhall aus dem Auslande. MISdrMee Tagevian 2. Blatt Nr. 116 — Freitag, den 19. Mai 1933 Tagesspruch. Und willst du das Geheimnis wissen. Das immer grün und unzerrissen Den hochzeitlichen Kranz bewahrt? Es ist des Herzens reine Güte, Der Anmut unverwelkte Blüte, Die mit der-holden Scham sich paart; Die gleich dem heitern Sonnenbilde Zn alle Herzen Wonne lacht: Es ist der sanfte Blick der Milde Und Würde, die sich selbst bewacht. Schiller. Me lutherischen Landeskirchen vereint. Gemeinsames Direktorium. Die sämtlichen evangelisch-lutherischen Landeskirchen Deutschlands haben sich zusammengeschlossen. Es wird ein Direktorium gebildet, bestehend aus je zwei Vertretern der süddeutschen, der mitteldeutschen und der niederdeutschen lutherischen Landeskirche, die aus ihrer Mitte einen Vorsitzer bestellen. Als solcher wurde Landesbischof v. Meiser in München bestellt. Nie neue Angestettienfront. Der vom Reichskanzler und Schirmherrn der Deutschen Arbeitsfront Adolf Hitler ernannte Führer der Angestell tensäule innerhalb der Deutschen Arbeitsfront, Gauleiter Albert Forster, Danzig, gab vor Vertretern aller deutschen Angestelltenverbände den bisherigen Zustand in der Arbeitnehmerbewegunq bekannt. Weiter gab er einen überblick über das Zieldes gewerkschaftlichen Neubaues und die organisatorische Durchführung. Die gesamte organisierte Angestellteirschaft Deutschlands wird zu- sammengefaßt in der Nationalsozialistischen Angestelltenschaft (NSA.). An Stelle der bis herigen über hundert Angestelltenverbände treten neun Berufsverbände. Der eine davon umfaßt ohne Ausnahme alle weib lichen Angestellten, im übrigen findet eine Gliederung nach Berufen statt. Jüdische Angestellte können den Verbänden nicht beitreten. ArbeMsdienst im neuen Geist! Gi« Erlaß Minister Seldtes und Staatssekretär Hierls. Reichsarbeitsminister Franz Tel die als Reichs- kommisfar für den Freiwilligen Arbeitsdienst hat gemein sam mit Staatssekretär Hierl einen Erlaß heraus gegeben, in dem es u. a. heißt: „Die von der Regierung der nationalen Revolution geschaffene Arbeitsdienst Pflicht ist das hervor ragendste Mittel, das deutsche Volk im neuen deutschen Geiste zu einer Gemeinschaft zu formen, in der deutscher Sozialismus, d. h. die keinen Klaffengeist und keine Eigensucht kennende Frontkameradschaft die Beziehungen aller Volksteile zueinander bestimmt. Ich erwarte von den Führern aller Grade, daß sie den neuen Geist durch die Tat vom ersten Augenblick ihrer Einsetzung an beweisen, und ich werde Führer, welche dieser Forderung nicht entsprechen, rücksichtslos entferne«. An der Spitze der Reichsleitung des deutfchen Arbeitsdienstes, welche zu seinem Ausbau be rufen ist, stehen Nationalsozialisten und Stahlhelmer, beides Träger der na Zonalen deutschen Revolution, gleich berechtigt und kameradschaftlich Schulter an Schulter. Ich verlange, daß dieser Grundsatz der Gleich berechtigung und Kameradschaft sich bis in die kleinste Einheit im ganzen Arbeitsdienst durchsetzt und verpflichte hiermit alle Führer, ihm Geltung zu ver schaffen." Wettecho der Kanzlerrede. Stärkster Eindruck überall. Der Widerhall der großen außenpolitischen Erklärung, die Reichskanzler Adolf Hitler im Namen Deutsch lands gewissermaßen im Angesicht der ganzen Welt abgab, zeigt vor allen Dingen in den Äußerungen der großen Weltpresse, daß die Wirkung selbst weitgesteckte Erwar tungen noch stark übertroffen hat. Wohin man in den Ausgaben der großen Blätter aus allen Staaten auch blickt, überall kann man feststellen, daß die Vereinigung von staatsmännischer Überlegung mit diplo- matischemGe schick eine Wirkung hcrvorgerufen hat, der sich nicht nur die Regierungen und die politischen Fach leute der übrigen Völker nicht entziehen können, sondern die auch den stärksten Eindruck auf die Massen, aus die Völker selbst gemacht hat. Aus einer ganzen An zahl von Hauptstädten des Erdteils wird gemeldet, daß die Abendblätter vom Mittwoch bei ihrem Erscheinen auf der Straße den Zeitungsverkäufern von der Menge geradezu aus der Hand gerissen und stehenden Fußes gelesen wurden. Kaum ein Blatt, das nicht die bedeu tungsvollste deutsche Regierungserklärung der ganzen Nachkriegsjahre im Wortlaut wiedergibt, mit allen Bei fallskundgebungen und allen Einzelheiten der Reichstags sitzung. In einer großen Anzahl von Äußerungen selbst solcher Auslandsteile, die mit einer erstaunlichen Unselbständig keit im französischen Fahrwasser zu segeln gewohnt sind, kommt übereinstimmend zum Ausdruck, daß die Verantwortung für das weitere völlige Versagen der sogenannten Ab rüstungskonferenz, für eine wertere deutschlandfeindliche Verdrehung aller Tatsachen und darüber hinaus für eine weitere ernste Gefährdung des Friedens unter keinen Umständen bei Deutschland, sondern einzig und allein bei dem führenden Aufrüstungsstaat der Welt, bei Frankreich und bei seinen Trabanten, liegt. Im einzelnen ergeben die bisherigen Äußerungen des Auslandes folgendes Bild: Die französische Staatengruppe. Der politische Anblick Frankreichs und seiner Gefolastaaten am Abend und am Tage nach der Kanzlererklärung wäre unter anderen Umständen geradezu erheiternd. Die französische Presse zeigt sich völlig verlegen, um nicht zu sagen ratlos. Soweit die Pariser Presse noch einen Rest von Anstand und gutem Willen hat, mutz sie wohl oder übel diese Eigenschaften der deutschen Erklärung anerkennen und auch die bei spiellose Wirkung nicht nur auf den Reichstag und die an wesenden, fremden Diplomaten, sondern auch auf die ganze Die Diplomaten lauschen vcr Hitler-Rede. Unser Bild gibt einen Blick in die Diplomatenloge während der denkwürdigen außenpolitischen Rede des Reichskanzlers Hitler in der Reichstagssitzung in der Kroll-Oper. Links der englische Botschafter Str Horace Rumbold, neben ihm der türkische Botschafter Kemalettin Sami Pascha und der italienische Botschafter Vittorio Cerutti. Wen veMNgen. Das WEM Re eksig rmdelehrvarex und grundsätzlich böswilligen Teile der französischen Presse natür lich nicht, nun krampfhaft nach irgendeinem An griffspunkt zu suchen, und sie finde« sich in dem per fiden Gedanken, man werde Deutschland nur nach seinen „Handlungen" beurteilen — ein Deutschland, das nach An nahme des niederträchtigsten Friedensdiktatss der ganze» Weltgeschichte vierzehn Jahre lang nur nach den Wünschen und Befehlen fremder Mächte gehandelt hat! In diesem Sinne versichert dann auch das bekannte Hetzblatt „Echo d'Paris", man werde Deutschland in der fünfjährigen Übergangszeit die Gleichberechtigung nicht zuerkennen, sondern seine „wahre Gesinnung" studieren und die Möglichkeiten einer Abrüstung prüfen. Oder die „Ere Nouvelle" behauptet entgegen dem Wortlaut-der Kanzler rede, also Wider besseres Wissen, Deutschland wolle sich den Pflichten der Verträge entziehen (nicht etwa das seit vierzehn Jahren diese Verträge sabotierende Frankreich!). Aus allevem ist ohne weiteres schon zu entnehmen, mit welchen Mitteln selbst nach dieser von aller Welt anerkannten Erklärung Deutschlands Frankreich seine Gegenarbeit vor allem in Genf fortzusetzen versuchen wird. Auch Frankreichs Gefolg st aalen unterliegen dem zwingenden Einfluß der Kanzlerrede. Gleichwohl scharen sie sich um den großen französischen Bruder und behaupten etwa, ' daß „das Problem der Gleichberechtigung mit dem Programm der Abrüstungskonferenz nichts gemeinsam hat". An dem Völkerbundsitz Genf ist man begreiflicherweise in den französisch orientierten Kreisen in peinlich st erVer- legenheit, besonders über die Fragen des Reichskanzlers nach dem Verhältnis zwischen der Sicherheit Frankreichs und der Sicherheit Deutschlands. England. In England, wo die Bevölkerung stärksten Anteil an der Reichstagssitzung genommen hat, machte sich noch am Abend des Mittwochs ein starker Umschwung der vielfach gegen Deutschland gerichteten öffentlichen Meinung bemerkbar. Es ist aber außerordentlich bezeichnend, daß dieser Umschwung in der englischen Presse nicht voll zum Ausdruck kommt. Statt der vorbehaltlosen Zustimmung, die am Abend des Mittwochs in Londoner PublÄumskreisen allenthalben zu hören war, verlangen manche englischen Blätter, entsprechend ihrer frankreichsreündlichen Einstellung, nach „prakischen Be weisen" für die Ankündigungen Hitlers; sie verlangen also mit anderen Worten eine Fortsetzung der bedingungs losen Unterwerfungspolitik Deutschlands während der vergangenen vierzehn Jahre. Italien. Die italienische Presse spricht in vielfach starken Worte» ihre freudige Zustimmung zu der Erklärung des Reichskanzlers aus. Da liest man etwa, daß niemand be haupten könne, daß Deutschland der Saboteur der Abrüstungs konferenz fei; Deutschland habe nun das Recht, zu fordern, daß die schwergerüsteten Staaten loyal seinem Beispiel folgten. Oder die „Stampa", ein führendes Mailänder Blatt, schreibt, die französischen Manöver und Täuschungs versuche feien mißglückt; der Kanzler habe Frankreich die Waffen aus der Hand geschlagen. Amerika. Welch ungeheures Interesse man t« den Vereinigten Staaten von Amerika an der offizieLeu deutschen Erklärung genommen hat, geht u. a. aus der Tatsache hervor, daß die amerikanischen Berichterstatter den vollen Wortlaut der Rede, ungesähr 4000 Kabelworte, Mld außerdem ausführliche Schilderungen aus dem Reichstag unmittelbar nach der Sitzung nach Amerika durchgaben. , Auch tu Amerika tst man von der maßvollen sachlichen Darstellung und der Würde der Haltung Deutschlands stark beeinflußt. Im übrige» ist für die Wirkung der Erklärungen des Reichskanzler auf den nüchtern denkenden Amerikaner nichts kennzeichnender, als daß noch währerch der Rede die Finanz männer und Börsianer umfangreiche Börsenaufträge erteilten, so daß die Kurse an der RetvhorLr Börse »m einen bis sechs Punkte stiegen. Die Reichsregierung sehr befriedigt. Berücksichtigt man die Wirkung der vergangenen vierzehn Jahre, die angefüllt waren mit einer unaufhörlichen Hetzpropa ganda der westlichen Mächte, vor allem Frankreichs, gegen Deutschland, einer Hetze, die sich in den letzten Monaten ünr Wochen ins Ungeheuerliche steigerte, so darf man sagen, das die Erklärung des Reichskanzlers in der Wirkung auf das Ausland in der deutschen Nachkriegszeit einzig da steht. Mit Recht kann die Reichsregierung ihrer ticscv Befriedigung über diese Wirkung Ausdruck geben. Wolkenbruch, wie ihn der Rauhe Grund feit einem Menschenalter nicht mehr gesehen. Trotz der Mittagstunde ein Nachtdunkel. Nur ein schwefelgelber Höllenschein jedesmal, wenn die Blitze das Firmament aufrissen. Dazu herniederpeitschende Wassermassen, die voller Gier alles Menschenweick ver schlingen zu wollen schienen. In wenigen Minuten war der Fluß ein reißendes Untier, das aus seinem Lager aufsprang und gurgelnd nach Beute heulte. Scheu Bargen sich die Menschen in ihren Häusern. Bei jedem krachenden Donnerschlag duckten sich un willkürlich die Häupter, und Hände falteten sich, die das Beten längst verlernt hatten. In den Ställen riß das Vieh in Todesfurcht an den Ketten. Sein dumpfes Brüllen jagte neue Schauer in die Menschrn- herzen. In dem Gotteshause war ein großer Teil der Tal- bewohner versammelt. Das unvermittelte Losbrechen des Unwetters hatte sie verhindert, sich heimzuflüchtsn. Nun harrten sie hier in zitternden Aengsten. Wohl hatte der weißhaarige Mann im Priesterrock da oben auf der Kanzel ihnen tröstend zugerufen: „Seid ohne Furcht! Ihr feid hier in der Hut des Herrn!" Aber ein Blitz und ein entsetzlicher Donnerschlag, so furcht bar, daß die ganze Kirche in Flammen zu stehen schien, hatte darauf geantwortet. Das hatte eingeschlagen — sicherlich! Und jeder zitterte um die Seinen daheim, uw Haus und Habe. Halb hörten sie nur noch auf die Worte des Alten droben hin, der doch mit so wuchtiger Stimme weiterpredigte. „Vernehmt ihr die Stimme Gottes, die da zu euch spricht, aus dem Krachen seiner Donner? Versteht ihr wohl, was sie euch sagt? Ein Warnen ist es — ein schweres, ernstes Warnen in letzter Stunde! Ein böser Geist ist eingezogen in dies stille Tal. Ein Geist der Ueberhebung und Hoffart, der sich vermißt, mit nich tigem Menschenwerk die Seelen zu locken und zu blen den, mit eitlem Wohlleben und Schätzen dieser Welt. Aber ein Atemzug des Ewigen droben, — und vom Erdboden geweht sind all die trutzigen Türme und Mauern da droben am Berge, die sich recht wie ein Bollwerk des Bösen erheben, und mit ihnen auch die 8. Fortsetzung. Nachdruck verboten. gesetzt und sah, als w Margas Weitze Hände krämpften sich bei dem Ge- Gönkeu. Wenn ihr das wirklich angetan würde! Nein' j— das durfte nicht geschehen. Und wenn sie das Aeu- Herste wagen sollte! So wühlte sie in ihren eigenen Wunden, und immer wieder kehrten jene verzweifelten Gedanken: Ihn vor die Entscheidung stellen — ihn zwingen! Blasser und schmaler ward Marga Reuschs schönes Antlitz in diesen heißen Sommertagen, die aller Welt die Erfüllung brachten, nur ihr nicht. Aber das ver zehrende Feuer in der Tiefe ihrer dunkel«, großen Augen lohte nur um so ungebändigter. — '-4 Die Sommerwärme über dem Talbett ward zur la stenden Glut. Mensch und Tier schlichen schweißtrie fend, matt einher in dieser Schwüle. Die Natur schmach tete. Alles rief nach Erlösung. Und endlich kam sie. Unter Blitz und Donner. Gerade ein Sonntag war MxMMM. ..Ein Mwltter brach M, M I Entfesselle Gedanken bestürmten sie und kehrten, pbwohl abgewiesen, immer wieder. Und tief aus dem Grunde ihres aufgewühlten Herzens barg sich, kaum sich selber eingestanden, noch ein anderes: Sie liebte Gerhard Bertsch. Nicht mehr allein ihr Ehrgeiz, ihre kühl planende Vernunft suchten ihn, auch ein leiden schaftliches Begehren nach seiner herrischen, harten Männlichkeit. Dieser Männlichkeit, die sie in Flammen ' nun doch so gleichmütig an ihr vorüber- , wäre sie gar nicht da. Aufschreien hätte sie Mögen, so litt ihr Stolz, und doch hätte sie im glei chen Augenblick die Arme breiten mögen, ihn an sich hu reißen. Warum kam und kam er denn nicht, nun, wo doch sein Werk vollendet war und er an sich denken durfte? Stätten unheiliger Lust, die schnöde Gier nach dem Mammon hier zum Aergernis aller Frommen errich tet hat." Dem Hannes Reusch, der sich um des Ansehens in der Gemeinde willen doch öfters im Gotteshause sehen ließ, so auch heute, ward es unbehaglich Lei diesen Wor ten. Mit unsicherem Blinzeln fuhr sein Auge umher über Altar und Chor. Er war ja freilich gut ver sichert, aber immerhin —! Bis ein Neubau stand, gurZ manche gute Einnahme verloren. Vielleicht auch, daß die Konkurrenz drunten im Unterdorf die Situation ausnutzte. Wie um Beruhigung zu suchen, warf er da einen Seitenblick zu dem Sohn neben ihm, der ihn hatte begleiten müssen. Sehr zu seinem Verdruß, denn der Hannes war erst heute morgen in aller Frühe von einem Samstagbummel mit seinem Freunde Steinsie fen im Auto heimgekehrt. Nun saß er schläfrig und übellaunig neb« dem alten Reusch in seinem Kirchen stuhl vorn i« Z^r ersten Reihe, wo die Honoratioren des Orts Plätze hatten, und hielt die Augen müde gesOW^en. Man konnte es ja für Andacht halten Mit einem geheimen Seufzen wandte da der Hannes Reusch seinen Blick wieder ab. Hier fand er keinen Beistand. Und dem sonst so beweglichen, munteren Mann kamen graue Gedanken. Wie das wohl ein mal werden mochte, wenn er nicht mehr da war? Die Tochter wie der Sohn — zusammenhallen hatten sie beide nicht gelernt. Vielleicht ging bald in alle Winde, was er in einem langen Leben vor sich ge bracht. Aber war er schließlich nicht selber schuld daran? Was hatte er auch so hoch hinaus gewollt mit den beiden? Ein Donnerfchlag, daß die Fenster des alten Gottes hauses erklirrten, entriß den Hannes wieder diesen dunkeln Gedanken. Bei ihm daheim aber trieb es Marga Reusch, die bis dahin am Fenster gestanden und rn das Toben des Gewitters geschaut hatte, aus ihrem Zimmer fort, nebenan ins StüLchen der Großmutter. Selten war es, daß sie einmal dort, brü der alten blinden Frau, eintrat. Verwundert hob diese daher den Kopf. - -Magri, tm?" Ms-SMtE«gt.)