Volltext Seite (XML)
MsdrufferTageblalt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt" «rscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Erei Haus, bei Poftbestellung ?,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanftalten und Post- doten, unsere Austräger u. .. . Geschäftsstelle, nehmen zu ßederZeitBestellungenent- Wochenblatt für Wllsdrusf u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt,Kriegod.sonstiger Betriebsstörungen besteht Lein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 2V Rpfg.» die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs^ Pfennige, die :r gespaltene Reklamezcile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge» schrieben« Erscheinungs. - , /D tage und Platzvorschristew werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wllsdrusf Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr. - Fgr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch) Klage eingezogen werden must oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 339 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Donnerstag, den 12. Oktober 1933 Postscheck: Dresden 2640 Brandgranaten. Täglich fast schwillt das internationale Trommel feuer an, mit dem von allen Seiten her die deutsche Stellung in der Abrüstungsfrage beschossen wird. Daran beteiligen sich nicht nur die „großen Kanonen", also die mehr oder weniger offiziellen Persönlichkeiten Ner internationalen Politik, sondern man hat ganze Batterien von Feldgeschützen auffahren lassen, die ein Schnellfeuer aus ihren Zeitungsschlünden auf Deutschland unterhalten. Je niederträchtiger die Verleumdung ist, desto beliebter scheint sie als Geschoß verwendet zu werden! So zum Beispiel hatte schon von vierzehn Tagen ein ehemaliger russischer Emigrant, der aber die englische Staatsangehörigkeit und dazu die politisch wichtige Stellung eines „Times"-Nedakteurs besitzt, in einem großen Pariser Boulevardblatt einen langen Artikel darüber veröffentlicht, der deutsche General st ab — den cs übrigens gar nicht gibt — habe geradezu fabel hafte Pläne für einen Angriff auf Frankreich vor bereitet, und zwar mittels eines Durchbruchs durch die Schwerz. Trotz des militärisch gerade zu Kind lichen der ganzen Darstellung erregte jener Artikel auch deswegen Sensation, weil gleichzeitig in London und in Warschau ähnliche Schreibereien erschienen, — und das bat den Autor offenbar nicht schlafen lassen. Er hat sich hingesetzt und jetzt einen zweiten Artikel dieser Art ver brochen; denn das ist ein V e r b r e ch e n! Bezeichnender weise ist er in einer französischen Lausanner Zeitung er schienen, also unweit von Genf, wo man ja zur Zeit be kanntlich eifrigst über die Abrüstung verhandelt! Gleich zeitig ist es sehr beabsichtigt, daß dieser Artikel in der Schweiz veröffentlicht wird, weil dieser russische Eng länder oder englische Nüsse dort nicht den großen „Erfolg" mit seinem ersten Elaborat erreicht hat, wie er cs wohl geglaubt haben mag. Denn für ganz so einfach, wie er das ausmalt, hält man in der Schweiz doch wohl nicht das Überrennen dieses Landes durch den „deutschen Generalstab mitsamt seinem Millionenheer! ' Die Aufregung also, die der Artikelschreiber in der Schweiz Hervorrufen wollte, blieb doch im wesentlichen auf einige deutschfeindliche Zeitungen und Abgeordnete beschränkt, während das militärisch verantwortliche Mit glied des schweizerischen Bundesrats nicht bloß zur Ruhe und Besonnenheit mahnte, sondern sehr deutlich von der „S e n s a t i o n s l u st" sprach, die solchen Meldungen zu grunde läge. Aber schon das heißt, dem tollen Treiben dieser Sorte von politischen Hetzern allzu viel Ehre an tun. Und noch mehr Ehre hätte es bedeutet, wenn man ihnen aus Berlin amtlich auch nur das geringste Wort der Erwiderung gewidmet hätte. Doch etwas ist — allerdings für den Verfasser Wohl ganz unfreiwillig — in dem Artikel doch nicht uninter essant: Es wird dort nämlich angedeutet, Deutschland werde einen Durchbruch durch die Schweiz versuchen in dem Falle, daß „ein unerwarteter Angriff Frankreichs" auf Deutschland erfolgen sollte. Daß ein solcher Angriff heute militärisch ohne weiteres mög lich ist, weiß natürlich jedes Kind in Deutschland, auch dann, wenn der „reine Verteidigungscharakter" des riesigen Befestigungssystems unweit unserer Westgrcnze von Frankreich und Belgien immer wieder in die Welt hinausposaunt wurde und wird. Doch daß jener russische „Times"-Nedakteur, der bei dem französischen Ver bündeten offenbar über recht gute politische, wenn auch recht schlechte militärische Verbindungen ver fügt, überhaupt von der Möglichkeit eines fran zösischen Angriffs spricht, ist in der gegenwärtigen Welt lage recht bezeichnend! Man Weitz nicht, ob das dem amerikanischen Staats sekretär Hull kürzlich in den Mund gelegte Wort „Europa stehe am Vorabend eines Krieges" wirklich gesprochen worden ist; wahrscheinlich ist es nicht, — aber schlimmer als solche Schwätzereien. vor allem aber gefährlicher sind Brandgranaten der Art, wie sie nun von verant wortlicher und unverantwortlicher Seite in eine Atmo sphäre hineingeschossen werden, in der es zwar nicht nach Pulver, aber nach leicht brennbaren Gasen riecht. Pommerns Sieg in der Arbeitsschlacht. Nur noch 40 000 Erwerbslose. Im September ist die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk des Landesarbeitsamtes Pommern wieder ganz erheblich, und zwar um rund 11 000 auf 40 580, zurück gegangen. Weite Bezirke Pommerns sind jetzt praktisch frei von Arbeitslosen. Wenn Ende September nur noch 40 580 Arbeitslose gezählt, Wurden, so bedeutet dies, daß die Zahl der Arbeitslosen auf rund 28 Prozent des Höchst standes und auf weniger als die Hälfte des Standes von Ende Juni gesenkt werden konnte. Trotz allem wird es der Anspannung aller Kräfte bedürfen, wenn das in dem bisherigen Verlauf der Arbeitslosenschlacht Erreichte auch den Winter über ge halten werden soll. WM -MM M EiWWg in Gens Der englische Abrüstungsplan. Gleichberechtigung Deutschlands in acht Jahren. Der englische Außenminister Sir John Simon hat auf seiner Durchreise durch Paris dem englischen Bot schafter Lord Tyrrell die vier hauptsächlichsten Punkte der Beschlüsse des englischen Kabinettsrats mitgeleilt, damit er sie dem französischen Ministerpräsidenten zur Kenntnis bringen kann. Diese vier Punkte sind die folgenden: 1. Rückhaltlose Zustimmung zu den Ausführungen Baldwins in Birmingham, 2. Notwendigkeit einer Probezeit mit wirksamer Kontrolle, 3. Ablehnung jeder Aufrüstung Deutschlands, ganz gleich in welcher Form, 4. Angleichung des Macdonald-Planes an den französisch-englifch-amerikanischen Plan. Die neue englische These, die angeblich von Frank reich angenommen worden sein soll, sieht die völlige Durchführung der deutschen Gleichberech tigung in acht Jahren vor. Während der ersten vier Jahre soll diese Gleichberechtigung, dem „Echo de Paris" zufolge, nur auf die Effektivbestände und die allgemeine Organisation der Heere ausgedehnt werden. Jedoch soll das Kriegsmaterial auf seinem bisherigen Stand beibehalten und die Verein heitlichung erst nach '-Abschluß der vierjährigen Kontrolle erfolgen. Der stündige Abrüstungsausschuß, dem der K o u t r o l l a u s s ch u ß ungegliedert werden soll, wird nach Auffassung des Blattes die Befugnisse einer be schränkten Kontrolle haben und unter Umständen die Ver wirklichung der Gleichberechtigung verfolgen. In Genf besteht in allen unterrichteten Kreisen der Eindruck, daß zur Zeit die Hauptfchwierigkeiten von englischer Seite gemacht werden und daß die englische Regierung mit einer unerwarteten Schärfe das sich allmählich geltend machende Verständnis für den deutschen Standpunkt zu bekämpfen sucht. In englischen Kreisen wird gegenwärtig eine äußerst lebhafte Stimmungsmache gegen Deutschland ge trieben, während auf französischer Seite eine gewisse Zurückhaltung bemerkbar wird. * KlOMWiß Ms Deutschland; Rischen. Aus den Besprechungen zwischen Simon, Paul-Bon- cour und Davis hat sich auf deutscher Seite der Eindruck ergeben, daß wieder versucht werden wird, Deutschland in den Hauptabrüstungspunkten vyr die Annahme oder Ab lehnung zu stellen. Im Mittelpunkt der Besprechungen stand die Frage, ob Deutschland sofort nach Inkrafttreten des Abkommens die geforderten Verteidigungsmittel er halten soll. Es sind verschiedene Kompromißvorschläge auf getaucht, die der deutschen Regierung eine Annahme der gegnerischen Vorschläge erleichtern sollen. Insbesondere will man Deutschland die Zustimmung zu der Aufrechterhaltung des Versailler Zustandes während der ersten Periode des Abrüstungsabkommens dadurch erleichtern, „daß die bisher vorgesehene vierjährige Laufzeit" auf achtzehn Monate bis zwei Jahre herabgesetzt wird. Deutschland soll nach Ablauf dieser Zeit seine Hand lungsfreiheit gewinnen. In diese erste Periode ist jedoch die Kontrolle eingeschlossen, von deren Wirksamwerden Frankreich das Inkrafttreten des Abkommens abhängig macht. Auf das entschiedenste lehnt man Deutschland die Einräumung einer Militärluftfahrt ab. Es ist selbstverständlich, daß Deutschland keinesfalls einen zweiten Versailler Vertrag unterschreiben wird. Man will auf deutscher Seite über den zahlenmäßigen Umfang der Deutschland einzuräumenden Verteidigungsmittel ver handeln, weist jedoch darauf hin, daß selb st dem Irak Militärflugzeuge zugebilligt, Deutschland aber verweigert werden. Es wird eine offene Diskriminie rung Deutschlands angestrebt, die auf machtpolitischem Wege erzwungen werden soll. Es tritt immer deutlicher hervor, daß die englische Regierung die Führung in dem Kampf gegen Deutschland übernommen hat. * Aadolny Sei Slmon. Botschafter Nadolny stattete Außenminister Simon einen Besuch ab. Simon legte Nadolny lediglich den eng lischen Standpunkt dar, ohne ihn jedoch über das Ergeb nis der Dreimächtebesprechung zu unterrichten. In der Unterredung sind die tiefgehenden Gegensätze zwischen der englischen und der deutschen Auffassung in voller Stärke zmn. Ausdruck gekommen. Aut deutscher Seite bat man selbstverständlich von neuem Ne unabweisbar berechtigten' deutschen Forderungen geltend gemacht. Die Aussprache soll fortgesetzt werden. * Sreimächtebesprechung in Gens. Besprechungen Nadolnys mit Henderson und Benesch. Eine fast zweistündige Dreimächtebesprechung hat in Genf stattgefundcn. Auf Einladung Sir John Simons traten die englische, amerikanische und französische Ab ordnung zu einer gemeinsamen Besprechung der Lage zu sammen. An der Unterredung nahmen von englischer Seite Sir John Simon, Staatssekretär Eden, von fran zösischer Seite Paul-Boncour und Massigli, von amerika nischer Seite Norman Davis, Gesandter Wilson und Allen Dulles teil. Unmittelbar nach dem Abschluß der Unter redung begab sich Simon zum Präsidenten der Konferenz, Henderson, um ihm über das Ergebnis der Besprechungen Bericht zu erstatten, über den Verlauf der Drei mächtebesprechungen werden von den zuständigen eng lischen und amerikanischen Stellen stark wider sprechende Mitteilungen verbreitet. Von amt licher englischer Seite wird erklärt, daß die allgemeine Lage besprochen worden sei und eine grundsätzliche Über einstimmung in bezug auf das Verbot der Wieder aufrüstung Deutschlands erzielt wäre. In direktem Gegensatz dazu betont man auf amerikanischer Seite, daß von einer einheitlichen Front der drei Mächte-in keiner. Weise die Rede sein könnte, daß keinerlei Beschlüsse ge faßt oder Bindungen eingegangen worden seien. Im Mittelpunkt der Unterredung habe vielmehr die Frage gestanden, in welcher Weise die am 16. Oktober zu sammentretende Konferenz weiterzusühren sei. Der Ge danke einer Fünfmächtebesprechung ge winnt übrigens allgemein an Bedeutung, jedoch liegen bestimmte Pläne hierfür noch nicht vor. Botschafter Nadolny hatte eine längere Unterredung mit dem Präsidenten der Abrüstungskonferenz, Hender son, und stattete in den Nachmittagsstunden dem tschechoslowakischen Außenminister Benesch, dem General berichterstatter der Abrüstungskonferenz, einen Besuch ab. Die Mensrage vor -ein Völkerbund. Zweiter Teil des Minderheitenantrages abgelehnt. Die Völkerbundversammlung behandelte in der Vollsitzung den vom sechsten Ausschuß angenomme nen französischen Entschließungsantrag, in dem die Minderheiten- und Judenfrage behandelt wird. Ohne Aussprache wurde einstimmig der erste Teil der Entschließung angenommen. Der zweite Teil der Entschließung, der ausschließlich auf die deutsche Judenfrage abgestellt war und nach dem die Staaten verpflichtet werden sollen, die allgemeinen Grundsätze des Minderheitenschutzes aus diejenigen Staatsangehörigen anzuwenden, die sich von der Mehrheit durch Raffe, Religion oder Sprache unterscheiden, gelangte nicht zur Annahme. Der deutsche Vertreter, Gesandter von Keller, erklärte, daß die deutsche Abordnung diesen zweiten Teil ab lehnen müsse. Der Präsident der Versammlung stellte fest, daß die für alle Beschlüsse der Völkerbundversammlung erforder liche Einstimmigkeit nicht vorläge und daher dieser zweite Teil nicht angenommen worden sei. Die deutsche Negierung hat damit jede inter nationale Bindung zur Behandlung der Juden- srage abgelehnt und lediglich den allgemeinen Empfehlun gen zur gleichmäßigen Behandlung der allgemeinen Minderheiten zugestimmt. Zum Schluß der Versammlung hielt der Präsident die Schlußrede, die trotz des üblichen Völkerbund- optimismus die mageren Ergebnisse dieser Tagung nicht verschleiern konnte. Die Völkerbundversammlung löste sich sodann bei allgemeiner Teilnahmslosigkeit auf. Orkan über Hamburg. Kleinluftschiff Parsival Nätz vom Ankermast losgerissen. Ein schwerer Sturm, der bis zur Windstärke 12 an-i stieg, richtete in einzelnen Stadtteilen Hamburgs crbcb-j liehen Schaden an. Im Flughafen Fuhlsbüttel wurde das! Kleinluftschifs Parsival Natz vom Anker gerissen. Dev Sturm drückte das Luftschiff zu Boden und riß cs dnuni mit großer Gewalt wieder empor, wobei auch der Ankers mast aus der Erde gerissen und eine Bergung zunäcbst unmöglich wurde. Nach zweistündiger Arbeit gelang cch schließlich, die Hülle des Luftschiffes am Boden fcstzu-j machen.