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L das Volk schwer unter dem französischen Joche zu tragen hatte. Schon am 13. No vember erhielt der Richter zu Blankenstein vom Postverwalter in Herzogswalde folgenden Befehl: „Da sowohl bei Tag als der Nacht zu jeder Stunde zu Fort- schaffung der Französischen Kaiserlichen und anderen Couriers und Estaffetten zwei Züge angeschirrter und zwei gesattelte Pferde bereitstehen sollen, solche aber nicht zu jeder Zeit hier vorhanden sind, also werden die Gerichte zu Blankenstein ersucht, täglich sechs angeschirrte Pferde nebst dem benötigten Futter für dieselben anhero zu schicken und solche aller ?4 Stunden und zwar jedes Mal zu Mittag um 11 mit sechs andern Pferden abzulösen."° Zum Kriegführen brauchte Napo leon Menschen und Geld. Beides wurde auch aus Sachsen herausgepreßt. 1808 marschierten auf der Wilsdruff—Nossener Heerstraße französische Bataillone westwärts, um an der Niederringung Spaniens teilzunehmen. Der spanische Feld zug Napoleons ermunterte Oesterreich, die französische Fremdherrschaft abzu schütteln. Auch in Deutschland gärte es. Kühne Männer suchten auf eigene Faust die Ketten der Fremdherrschaft zu zerbrechen, neben dem Major von Schill war es vor allem der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig. Im Frühling 1809 sammelte er in österreichisch Schlesien seine „Schwarze Legion der Rache". Mit ihr unternahm er einen tapferen Zug durch Döhmen, Sachsen und das Königreich Westfalen. Auf diesem Zuge kam das Freikorps auch durch unsere Heimat und betrachtete sie selbstverständlich als Feindesland. Pfarrer Neubert schreibt in der Kirchenchronik von 1837: „Das kleine Braunschweigisch-Oelsische Korps hat bei seinem Durchzuge unvergeßliche Proben freibeuterischer Zügel- losigkeit hier abgelegt." In einem Briefe an den Superintendenten berichtet er: „Am 12. Juni 1869 habe ich durch die bekannte sieben Stunden lang anhaltende Plünderung der schwarzen Husaren, Uhlanen und Scharfschützen, nach den er- duldetsten niedrigsten Mißhandlungen über 360 Thaler verloren." Die Kirchen rechnung von 1808/09 schloß mit einem Barbestände von 79 Thalern 14 Groschen 15"/, Pfennigen. „Von diesem baren Bestände sind den 13. Juni 1809, nachdem Tags zuvor die Pfarrwohnung von feindlichen Truppen gegen sechs Stunden ge plündert und Kommoden und Schränke theils erbrochen, theils sowie auch die Kirchenlade zerhauen worden sind, bey Durchzählung 45 Thaler 25 Groschen 8 Pfennige vermißt worden." Das Jahr 1812 sollte Rußland auf die Knie zwingen. Napoleon rüstete ein gewaltiges Heer. Große Teile dieses Heeres berührten auf dem Zuge nach dem Osten unsere Heimat. Ende März setzte der Durchzug ein. Welch buntes Leben und Treiben! Da kamen Franzosen, Bayern und Italiener, dazwischen hinein der Stallmeister des Kaisers mit Teilen des kaiserlichen Wagenparkes, eine Schlacht- vchsenherde, die Generäle Albussi und Diemzowsky m.-l ihren Stäben, der italie nische General Bind, am 7. und 8. April die Kaisergarve, Spannbauern mit 507 Pferden und polnische Ulanen. Dann trat Ruhe ein. .zehn Monate lang währte sie. Gegen Ende des Jahres tauchten Gerüchte von einer französischen Niederlage auf. Diese wurden zur Gewißheit, als im Februar 1813 die kläglichen Reste der einst so stolzen Armee zurückkehrtcn. Ausgehungert, halb erfroren und in unzu- längliche Kleidung gehüllt wankten sie daher. An die Verpflegung stellten sie nicht mehr so hohe Ansprüche wie beim Ausmarsch. Sie waren mit trockenem Brote zufrieden. Das geflügelte Wort: „So hat sie Gott geschlagen mit Mann und Roß und Wagen" ging ihnen voraus. Die ersten trafen am 27. Februar hier ein. d Archiv der Amtehauptmannschaft Meißen. Abt XI. Abschnitt 7. Nr. 761, 138 Sie führten 54 gefangene Russen mit sich. Die meisten kamen im März. Am 26. März tauchten bereits Kosakenjchwärme auf. Sie griffen die Fliehenden in einem Gefechte bei Wilsdruff an und beschleunigten den Rückzug. Vor den Kosaken hatte die Zivilbevölkerung große Furcht. Die unglaublichsten Dinge wur den mit ihnen in Verbindung gebracht. „Sie sollten immer zu sechs Mann mit Ketten aneinander gebunden sein, um gleich wilden Tieren losgelasfen zu werden, daß sie sich auf die Feinde stürzen sollten. Statt Lippen hätten sie starke Vogel schnäbel, statt der Menschenaugen kleine Glasaugen."" Große Teile Deutschlands erhoben sich angesichts der Niederlage Napoleons. Freikorps bildeten sich. Am 4. April ritt die preußische Resevvekavallerie durch unsere Gegend. Sie schlug in allen Orten den Aufruf Blüchers an die Sachsen an, der zum Abfall von Napoleon aufforderte. Am 14. April lagen Reiter des Lützowschen Freikorps in Blankenstein im Quartier, unter ihnen auch der Dichter Theodor Körner. Er schrieb von hier aus einen Bief an seine Eltern nach Dresden: „Wir liegen hier und schneiden Speck und keine Seele ruft uns weg. Obendrein Rasttag und vier Stunden von Dresden. Wir sind so frei, dem Herrn General von Gersdorf seine Hasen wegzuschießen. Der Soldat will auch leben. Glück auf!"' Am 29. April reiste Kaiser Alexander von Rußland in Richtung auf Leipzig durch. Am 2. Mai wurden Preußen und Russen bei Großgörschen besiegt. Sie zogen sich daraufhin wieder hinter die Elbe zurück. Die Franzosen drängten nach. An den Flußübcrgängen kam es zu Rückzugsgefechten, so am 6. Mai an der Striegis bei Etzdorf, am 7. an der Mulde bei Nossen. Die Franzosen befehligte Vizekönig Murat. Er drang am Nachmittag des 7. bis zum Rothschönberger Tännicht vor, wo ihn Eugen von Württemberg erwartete. Seine Truppen nahmen bei Alttanne berg 200 Russen gefangen und gingen um 4 llhr bei Neutanneberg in Stellung. Die Vorposten besetzten vor Einbruch der Dunkelheit noch Blankenstein. Zwischen Neukirchen und Tanneberg biwakierte das französische Gros. Limbach blieb von zwei russischen Korps und Milessinos Kavallerie besetzt. Zwei weitere russische Korps standen bei Wilsdrufs. Zwischen Nossen und Wilsdruff brannte in dieser Nacht Lagerfeuer an Lagerfeuer. In Tanneberg unterhielten die Württemberger ihre Feuer mit dem Holz von Zäunen und Toren. Die Gefallenen sind scheinbar an Ort und Stelle beerdigt worden. Auf der Straßenwiese des Gutsbesitzers Kohls dorf gibt es heute noch „das Franzoscngrab". Pfarrer Neubert schildert das Ge fecht bei Blankenstein solgendermaßen: „An welchem Tage die bei Lützen in ihrem Vordringen gehemmten Russisch-Preußischen Heermassen auf der Blankensteins Fluren durchschneidenden Chaussee nach Dresden hinfluteten und die hart folgen den Franzosen durch eine Kanonade von der rechten nach der linken Triebischtal- höhe aufzuhalten suchten. Dem Orte tausend Schritte fern brüllten die nordischen Feuerschlünde und die französischen Antworten stimmten Schauder erregend ein. Vier Stunden lang hatten Erde und Wohnungen gebebt, da wälzten sich Napo leons Kolonnen auf mehreren Punkten über das Triebischtal herüber, und Blan kenstein. wo die Russen nächst Trinkwasser kaum noch einige Rester unschmack. Hafter Kartoffeln und wenig Sal; übrig gelasten hatten, sah sich von einer Ein- quartierung überfüllt, die alle seine Gebäude nicht zu fasten vermochten. In der Pfarrwohnung nahm eine Suite ausgezeichneter Offiziers Platz und hjelt zu frieden ein Salz-Kartosfel-Mahl. Zu gleicher Zeit mußte sich mit dem namlicken « Ki'chengalerie 1837, S 88 r Emil Reinhold: Unter dem Joch« Napoleon«. ISS