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Sehr geehrder Herr Redakdähr! Es wird langsam Zeit, den Wintermantel einzufetten und die Wintersportgeräte gegen Motten zu schützen. Die Sonne steigt jetzt täglich höher. Bloß weil die Hähne off den Hiehnerhöfen jetzt schon so frieh krähen, guckt ooch sie schon zeitig aus den Wolken und da klappt es sehr fein zusamm, daß die Kalender den Friehlingsanfang ab gedruckt Ham. Also stellen wir uns auf Spinat, weiche und ge kochte Eier und Kartoffelsalat um und feiern wir den Lenz, weil er da is und weil wir uns darieber freuen. Nicht ieberall herrschen solch harmlose Freuden wie in un serem Falle. In Amerika zum Beischbiel freut man sich augen blicklich ieber einen Prozeß, durch den festgestellt worden is, wie lange ein Ehemann in seinem Keller bleiben darf, ehe die getreue Gattin ernstlich böse und ihn mid oder ohne handgreif liche Bewegungen oder Einschlägen zur Raison bringen darf. Der hohe Richter hat bestimmt, daß der Ehemann nur Sonn abends einige Stunden in seinem — Weinkeller zubringen dürfe. Das Prohibitionsgesetz verbietet in Amerika nur den Verkauf von alkoholischen Getränken, nicht aber das sich Du- del-volltrinken. Aus diesem Grunde mußte die betreffende Ehe frau anscheinend ein bißchen nachhelfen und der Richter hatte ein Einsehen mit ihrem Kummer. Es gibt im Lande der un begrenzten Möglichkeiten aber noch schlimmere Fälle. Da mußte sich z. B. das gleiche Gericht mit einem Mann beschäf tigen, der seine holde Gattin in eine Badewanne mit eiskaltem Wasser zwang, wenn sie gegen sein abendliches Ausgehen pro testierte. Was sind wir in Europa da doch fier herrliche Engel, wir bleiben einfach daheim, wenn die Frau das nicht anders will. (Wer hat hier gelacht? Solche Fälle können nachgewiesen werden und das genügt.) Gänzlich unverständlich, aber echt amerikanisch ist dagegen ein dritter Fall, in welchem ein Rich ter bestimmte, daß ein arbeitsloser Musiker sich zum Unterhalt seiner Frau solange wöchentlich 25 Dollar borgen solle, als er dies bekomme. Das hält man nicht fier möglich, wird aber allen Ernstes schwarz auf weiß von drüben berichtet und wir haben die Pflicht, das zu glauben, wenns einem auch schwer fällt. Da unter meinen Fremden viele Liebhaber von Rätseln sind, soll ihnen hiermit mal eine besondere Nuß zum knacken gegeben werden. Also was ist das: „Sie winkt ihm. Er hält um sie an. Sie gibt ihm ihr Geld und er läßt sie sitzen?" Das ist nicht etwa herzlose Gesinnung, das ist nur ein Mietwagen chauffeur. Und was ist der Unterschied zwischen einem Esel und einem Schnurrbart? Wenn man den Esel wichst, geht er, wenn man den Schnurrbart wichst, steht er. Einen feinen Schbaß habe, ich da neulich im Gericht er lebt, wo ich als Zeuge geladen war. Aus dem Publikum, das ja bekanntlich immer gescheiter is als die anderen, wurden oa immer Zwischenrufe gemacht, bis schließlich der Vorsitzende sagte: „Wer hier noch eine einzige Bemerkung, Beifallsbezeu gung oder Mißfallensäußerung tut, wird in Ordnungsstrafe genommen und aus dem Saale verwiesen. Mit kräftiger Stim me brüllte der Angeklagte: „Bravo", ohne daß er die ersehnte Freiheit erhielt. Vorgestern höre ich off der Straße folgendes Gespräch zwischen einem Vater und seinem Jungen. „Vater, ich hab 'nen Ball gefunden". — „Bist du sicher, daß ihn niemand ver loren hat, dem du ihn hättest geben können", fragte der Vater. Worauf der Klehne sagte „Natürlich, ich sah doch die Tennis spieler und die Balljungen suchen ihn wie die Verrückten, ich habn aber doch!" Der Junge is gut, dachte ich, da heulte er aber auch schon . . . Off Wiederhärn! Ferchdegodd Schdrammbach. Spielplan der Dresdner Theater. Vom 19.-26. März 1933. Opernhaus. Sonntag (19.) 6 Die Walküre; Montag 8 Friedemann Bach; Dienstag 1^7 Lohengrin; Mittwoch Geschl. Vorstellung; Donnerstag 8 Die Boheme; Freitag 8 Friede- mann Bach; Sonnabend Geschlossene Vorstellung; Sonntag (26.) )46 Siegfried. Vorstellungen für den BVB. Gr. 1 Don nerstag 4101—4400, Gr. 2 201—350; Freitag 5201—5500, 9901—10000. Schauspielhaus. Sonntag (19.) 8 Agnes Bernauer; Mon tag 8 Ein Wintermärchen; Dienstag 148 Auftakt zum „Tag des Buches"; 4<9 Andreas Hollmann; Mittwoch 148 Götz von Berlichingen; Donnerstag 8 (für die Dresdner Theatergemein de des BVB.) Die göttliche Jette; Freitag 8 Die Braut von Messina; Sonnabend 8 Agnes Bernauer; Sonntag (26.) 8 Traum einer Nacht. — Vorstellungen für den BVB. Gr. 1 Dienstag 4001-4100, 9201—9300, 10001-10200; Donners tag 2501-2700, 3501—3900, 5801—6100, 7201-7309, Albert-Theater. Sonntag (19.) 8 Der Trompeter von Säckingen; Montag 8 Der Schildpattkamm; Dienstag 8 Wie- selchen; Mittwoch 8 Die vier Musketiere; Donnerstag 8 Die Kreuzelschreiber; Freitag 8 Die vier Musketiere; Sonnabend 8 Der Trompeter von Säckingen; Sonntag (26.) 11 Viertes Orchesterkonzert der Dresdner Philharmonie; 8 Der Raub der Sabinerinnen. Vorstellungen für den BVB. Gr. 1 Sonntag (19.) 11801—12000; Montag BVB.-Karten in der Geschäfts stelle; Dienstag 1101—1300; Mittwoch 6101—6300; Don nerstag 2201—2400; Freitag 1701-2000, Gr. 2 901—960; Sonnabend BVB.-Karten in der Geschäftsstelle; Sonntag (26.) 2001—2200. Die Komödie. Allabendlich 8.15 Uhr Arm wie eine Kir chenmaus. Vorstellungen für den BVB. Er. 1 Sonntag (19.) 11401—11550; Montag 4801—4900; Dienstag 3101—3200; Gr. 2 401—425; Mittwoch 1301—1400, Er. 2 426—450; Donnerstag 3201—3300, Gr. 2 651—375; Freitag 3301 bis 3400, Gr. 2 676—700; Sonnabend 3401—3500; Sonntag (26.) 9001—9200, Gr. 2 1001—1050. Residenz-Theater. Sonntag (19.) 5 Der Vogelhändler; 8.15: Friederike; Montag und Dienstag 8 Friederike; Mitt woch 8 Der Vogelhändler; Donnerstag 8: Friederike; Freitag 8 Der Vogelhändler; Sonnabend 8 Der fidele Bauer; Sonn tag (26.) 4 Der Vogelhändler; 8 Friederike. BVB.-Karten nur in der Geschäftsstelle, Amalienstraße 13, 10—2 und 144 bis 5 Uhr. Central-Theater. Allabendlich 8 Uhr Der Graf von Luxemburg. BVB.-Karten nur in der Geschäftsstelle, Ama- lienstraße 13, 10—2 und 144—5 Uhr. Börse. Sandel. Wirtschaft. Amtliche sächsische Notierungen vom 17. März. Dresden. Auf allen Gebieten kam es zu lebhaften Umsätzen. Besonders große Abschlüsse waren am Rentenmarkt zu ver zeichnen. Hier gewannen Reichsanleihe-Altbesitz, Dresdner Alt- besitz und 7proz. Dresdner Stadtanleihe je 3 und Sproz. 2 Proz. Auch Goldpsandbriefe und Kreditbriese sowie Landwirtschaft!. Auswermngspsandbrieje stiegen bis zu 2,75 Prozent. Weiter gewannen Geraer Strickgarn 12, Zeiß-Ikon 9,5, Deutsche Ton 5, Gorkauer Brauerei 4, Dresdner Chromo und Gebr. Unger je 3 Prozent. Es verloren Per. Photo 3,75 und Wanderer- Werke 3,5 Prozent. Nossener Produktenbörse am 17. März 1933. Weizen hiesiger neu 76 Kilo 9.85; Roggen hiesiger neu 70 Kilo 7.90; Futtergerste neu 7.40—7.90; Braugerste 8.25 bis 8.50; Hafer neu 5.80—6.20; Landwirtspreise: in Posten unter 5000 Kilo Weizenmehl Kaiserauszug v. S. 20.50; do. Semmelmehl —.—; do. 60 Prozent aus Inlandsweizen 13.75; Roggenmehl 60 Prozent 13.35; do. 70 Prozent 12.60; Nach mehl ohne Sack 8.25; Futtermehl 7; Roggenkleie inländische 4.80—5; Weizenkleie grob 4.80—5.Ws' Maiskörner Laplatä 11.50; Kartoffeln rot 1.40; gelb 1.60; Stroh in Ladungen Ee- bundstroh 0.75; Preßstroh 0.90; Heu neu in Ladungen 2.25 bis 2.75; Butter ab Hof 0.50—0.55. Kartoffeln neu Zentner 2—2.50; Gebundstroh Zentner 1.75; Preßstroh 1.90; Eier Stck. 0.08; Frische Landbutter 14 Pfund 0.53—0.60. — Dis Preise gelten nur für den Tag der Notierung. Feinste Ware über Notiz. — Stimmung: Ruhig. Leipzig. Es gewannen Glauziger Zucker 5, Stöhr 2,5, Sach senboden 1,5 Leipziger Spitzen, Kirchner, Fritz Schulz, Pinkau und Steingut Colditz je 1 Prozent. Pittler kamen über pari zur Notiz. Altenburger Landkraft verloren Ich, Schubert und Salzer 1 Prozent. Anleihemarkt sehr fest. Verschiedene Werte mußten repartiert werden, weil Material bei beträchtlichen Steigerungen nicht herauskam. Leipzig-Stadt gewannen 2, Altbesitz 3 und Neubesitz 0,6 Prozent. Pfandbriefe erreichten dieselben Gewinne. Dresdner Produktenbörse. 17.3. 13.3. Weiz.77Kg 196-201 197-202 Rogg. 73 Kg. 157-162 158-163 Futiergerste 162-172 162-172 Sommergst. 1751S5 175-185 Haser ml. 130 135 130-135 Kanosfelfl. 16,0-16,3 15,7-16,0 Lrockschtzl. 8,60-8,80 8,50-8,70 Futtermehl 11,0-12,5 11.E12Z Weizenkl. 9.00 9,30 9,00-9,30 Roggenkl. 9,00 10,0 9,00-10,0 gucterschtzl. 8,80-9,00 8,70-8,90 17.3. 13. L. Kais Azgsm. 37ch-39L 37ch-39,5 Bäckermund ¬ mehl 32,5 34,5 32ch-34,5 Welzenm. inl Tvpe 70 °/° 35,0 37.0 35,0-37,0 Roggenmehl I Tvpe 70°,° 25,0-26,0 25.0-26,0 Roggenmehl I Tvpe 60 °/° 26,0 27,0 26,0-27,0 Roag. Nachm. 17,0 20,0 17,0-20,0 Weiz.-Nachm. 18,0-20,0 18,0-20,0 Amtliche Berliner Notierungen vom 17. März. Börsenbericht. Der Rentenmarkl stand weiter im Mittel- punkt. Die Spekulation, die am Aktienmarkt realisiert hatte, schloß sich den großen Kausaufträgen des Publikums mit Neu- eugagements an. Nach dem Wechsel im Reichsbankpräsidium sind die Erwartungen, daß eine Diskonisenkung bevorsteht, wieder gestiegen. Renten erschienen teilweise mit 4- 4- Zeichen. Tagesgeld erforderte 4°/° Prozent. Im Verlaus entwickelte sich aus namhafte Käufe des Publikums eine spontane Hausse bewegung, die alle Märkte erfaßte. Auch am Rentenmarkt wurden bei Millionenumsätzen weitere Kurssteigerungen er zielt. Die Zurückhaltung der Verkäufer war so groß, daß die Nachfrage in vielen Fällen nur mit etwa 25 Prozent befriedigt werden konnte. Die großen Kurssteigerungen bedeuten ein neues Vertrauensvotum für die Regierung und nicht zuletzt für die neue Führung im Reichsbankpräsidium. Devisenbörse. Dollar 4,18—4,19; engl. Pfund 14,45 bis 14,49; holl. Gulden 169,48—169,82; Danz. 82,17—82,33; franz. Franc 16,51—16,55; schweiz. 81,22—81,38; Belg. 58,69—58,81; Italien 21,51—21,55; schwed. Krone 76,42—76,58; dän. 64,44 bis 64,56; norweg. 73,93—74,07; österr. Schilling 48,45—48,55; Argentinien 0,81—0,82; Spanien 35,26—35,34. Getreide und Olsaaien per 1000 Kilogramm, sonst bei 100 Kilogramm in Reichsmark: 17. 3. 16. 3. Weiz., märk. 199-201 198-200 pommersch. — — Rogg., märk. 155-157 155-157 Braugerste 172-180 172-180 Futiergerste 163 171 163-171 Sommergerste — — Wintergerste — — Hafer, märk. 125-128 125-128 pommersch. — — westpreutz. — — Weizenmehl per lOO kg sr. Berl. br. in«. Sack 23,4-27,2 23,2-27,1 Roggenmehl per 100 kg sr. Berl, br inkl. Sack 20,7-22,7 20,7-22,6 17. 3. 16. 3. Weizkl. f. Bln. 8,7-9,0 8,7-9,0 Roggll. s. Bln. 8,7-9,0 8,7-9,0 Raps — — Leinsaat — — Viktoriaerbs. 21,0-24,0 21,0-24,0 kl. Speiseerbj 19,0-21,0 19,0-21,0 Futtererbsen 13,0-15,0 13,0-15,0 Peluschken 13,0-13,7 13,0-13,7 Ackerbohnen 12,5-14,5 12,5-14,5 Wicken 13,5-14,5 13,5-14,5 Lupine, blaue 9,2-10,5 9,0-10,5 Lupine, gelbe 12,5-13,5 12,0-13,2 Serradelle 17,0-23,0 17,0-23,0 Leinkuchen 10,9 10,8 Erdnußkuchen 10,7 10,7 Trockenschntzl. ^.7 8,7 Soyaschroi 9,4-10,4 9,4-10,4 Kariofselslock. — — Baumwollsaatkuchenmehl 4,95 Mark. Ferlelpreste. Auf dem Zucht- und Nutzviehmarkt in Ber lin-Friedrichsfelde war der Auftrieb nur gering. Der Markt eröffnete sehr fest, flaute aber später ab, so daß große Preis veränderungen nicht festzustellen waren. Es waren dem Markt zugeführt: 141 Ferkel und 234 Läuferschweine, welche wie folgt gehandelt wurden: Läuferschweine 4—5 Monate alt 35 bis 46 RM. pro Stück, 3—4 Monate alt 25—38; Ferkel 8 bis 12 Wochen alt 21—28, 6—8 Wochen alt 18-21, bis 6 Wochen alt 13—18. SieVMeMichaei uv^esen-ireESLc^urr ouaco neisre« vecno^u <2. Fortsetzung.) „Als wir unserem Vater unsere Begeisterung mitteilten, lächelte er nur. Aber am nächsten Tage nahm er uns heran, und er hat uns von da an eine sportliche Erziehung an gedeihen lassen, wie sie vielleicht wenige genossen haben " „Welchen Sport haben Sie gepflegt?" „Turnen und besonders Laufen." „Warum haben Sie aber jetzt den Sport an den Nagel gehängt?" Klaus schüttelte lächelnd den Kopf. „Da irren Sie sich, Fräulein Hanna. Wir sind auch heute noch eifrige Sportsleute. Fragen Sie einmal in Lichter felde nach, da spricht man öfters von zwei Studenten, die unbeirrt ihren Lauftraining durchhalten. Und Turnen — das gehört zu unserem Tagewerk." „Warum sind Sie nicht im Deutschmeister-Sportklub?" „Weil wir den Sport nur treiben, um unseren Körper gesund zu erhalten und damit unsere Leistungsfähigkeit für unsere Studien auf das Höchstmöglichste zu steigern." Hanna biß sich mit ihren kleinen Zähnen auf die Lippen. Das tat sie immer, wenn sie überlegte. Werner bemerkte es und klopfte ihr lachend auf den Arm „Na, heraus damit — was haben Sie auf dem Herzen?" „Ich wollte nur sagen, daß Ihre Ansicht richtig ist, und doch halte ich sie für verkehrt." Dabei blitzten die Augen, als wenn sie Wunder was ge sagt hätte. Die Brüder sahen sich höchst erstaunt an. „Richkig, verkehrt — das ist ein kleiner Widerspruch, Fräulein Hanna," sagte Klaus. „Der Sport bringt meines Erachtens doch erst die richtige Befriedigung, wenn man die Kräfte mit anderen messen kann." „An Ihrer Behauptung ist etwas Wahres." „Nicht wahr!" Erfreut, mit geröteten Wangen iah sie auf den Sprecher und fuhr mit keckem Lächeln fort: „Herr Senior, ich hätte eine Bitte." „Und die wäre?" „Treten Sie in den Deutschmeister-Sportklub ein." „Warum. Fräulein Hanna?" „Weil ich auch drin bin und gern möchte, daß zwei so hübschgewachsene Menschen ihre Kräfte regen " Mit unverkennbarer Sympathie lieh sie ihre braunen Augen aus den Brüdern ruhen. „Als Ihr guter Kamerad darf ich es doch sagen," sprach sie herzlich weiter. Die Brüder waren einen Augenblick befangen. Dann aber streckte Werner ihr seine Hand entgegen. „Alles, Fräulein Hanna, dürfen Sie sagen, aber was Ihnen nicht paßt, zuerst." „Nun, das haben Sie eben gehört." Werner sah zu dem Bruder hinüber. Er hatte große Lust, und Klaus merkte es. „Ihretwillen. Fräulein Hanna, wollen wir uns den Deutschmeister-Sportklub einmal ansehen. Wo ist denn sein Sportlokal?" „Am Tiergarten. Ein kleiner, reizender Sportplatz mit einer prächtigen Hundertmeterbahn " „So feudal?" „Allerdings, er ist der erste akademische Sportklub Deutsch lands und will sich zur Olympiade durchsetzen." „Ein kühnes Wollen." „Ja," sagte sie begeistert. „Und diese prächtige Idee hat mich mit fortgerissen, Deutschland muß auch in der Leicht- athletik an die Spitze. Was ist -unser Leben ohne Kämpfen!" Sie sah, wie die Brüder einen ernsten Blick miteinander wechselten. „Haben Sie schon schwer kämpfen müssen im Leben?" „Noch nicht," sagte Werner, und sein jugendfrohes Ge sicht ward plötzlich ernst und von wilder Energie beseelt. „Uns steht der große Kampf noch bevor. Man nahm uns die Heimat, und die wollen wir uns wieder er kämpfen." Hanna hotte noch eine Frage auf den Lippen, aber als sie die trotzigen Gesichter der beiden jungen Menschen iah. schwieg sie Mit ihrem feinen Frauengefühl ahnte sie. daß sie an den wunden Punkt in den Seelen der Brüder nicht rühren durfte Aber eine heiße Freude war in ihrer Seele, daß sie diese beiden jungen Menschen, die den Jahren nach reine Kinder und doch schon Männer waren, als Kameraden gewonnen hatte Sie verabredeten eine Zusammenkunft am kommenden Dienstag im Deutschmeister-Klub. Als sie auseinander gingen, war in allen ein seltsames wohliges Freuen. Und sie fragten nicht: „Warums" Wie glücklich ist doch die Jugend, die sich freuen kann, ohne zu wissen, warum. 2. Der bewußte Dienstag war gekommen. Die inzwischen eingelaufene Karte des Vorstandes vom Deutschmeister» Sportklub. Prosessor Dr. Schwabe, steckte am Spiegel, vor dem sich jetzt, viertel acht Uhr, Werner im Schweiße seines Angesichts bemühte, die Krawatte zu binden. Klaus war längst zum Ausgehen bereit. Im eleganten weißen Sportanzug wartete er in Ruhe, daß Werner seine Toilette beendete. Als die Krawatte endlich gebunden war, zog Klaus die Uhr „Wie spät denkst du, daß es ist?" „Sieben oder knapp viertel acht Uhr." „Bereits halb! Wir werden also nicht pünktlich sein können." „Aergerlich! Na, vielleicht kommen wir doch noch zu recht." „Ausgeschlossen, der Vorortszug rollt soeben." „Straßenbahn!" „Verkehrsstreik!" „Richtig. Vielleicht ein Auto?" „Hast du Ahnung! Du glaubst doch selbst nicht, daß wir eins bekommen." „Wollen wir telephonisch absagen?" „Ich denke nicht daran. Wir werden einfach laufen." Werner stutzte erst einen Augenblick, dann brach er in ein schallendes Gelächter aus. „Klaus, bei Gott, das hätte ich dir nicht zugetraut. Willst du den Berlinern ein Schauspiel geben?" „Ich will lediglich pünktlich sein. Die Berliner mögen denken, was sie wollen. Also, wie ist's?" „Aber natürlich lause ich mit." Und die Brüder liefen gemeinsam nach Bersin. Erst langsam im Tempo einsetzend, es dann mehr vsr- schärfend, in größtmöglichem Gleichmaß passierten sie Straße um Straße. Natürlich fielen sie auf. Die Lichterfelder schauten verwundert, als sie die beiden jungen Männer in gleichmäßig scharfem Tempo laufen iahen. Aber ehe sie sich richtig besonnen hatten, waren die Brüder Michael schon in Steglitz. Als sie die Schloßstraße postierten, hatten sie schon einige Radfahrer und ein Auto im Rücken, die ihnen aus Sports interesse folgten.