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MdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ,Ml-Lrufier Tageblatt- «Mein, an allen Werklagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,- RM. Ire, Haus, bei Posldcstellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rnsg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austrägern. „ Geschästssselle, nehmen zu iederZeilBestellungenent- WSHeNvkatt fUk WllsdkUff U UMgegeNd gegen. Im Falle höherer Gewall,Krieg od. sonstiger — 2 Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2» Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs» Pfennige, die 3 gespaltene Reklamezcile im textlichen Teile I RM. Nachweisungsgebühr 2V Reichspfennigc. Borge- fchriebenc Erscheinungss —, . . ... x—tage und Platzuorschrifton werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Ami Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bisvorm.lüUhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radattanspruch erlischt, wenn der Bettag durch Klage eingezogen werden mutz oder »er Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 57 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postzchcck: Dresden kuU- Mittwoch, den 8. Mäz 1933 Amerikas Bankenkrise. Obwohl das Goethejahr Himer uns liegt, ihn zu zitieren augenblicklich also nicht mehr ganz so zeitgemäß ist wie früher, drängte sich seit einigen Tagen doch reich lich oft das Wort Goethes über die Lippen oder über die Feder — diesmal allerdings nur von einem gewissen Gefühl der namentlich uns Deutschen naheliegenden Schadenfreude diktiert —, wonach es Amerika viel besser habe als unser Kontinent, der alte. Weil eben Amerikas Bankenkrise und Währungserschütte rung zeige, daß es dort auch nicht viel besser bestellt ist als im alten Europal Weil erst Deutschland die schwere Krise vor: 1931, England ein paar Monate später die Pfundkrise durchzumachen hatte und nun auch in Amerika die Banken ihr Auszahlungsmoratorium erhielten und die Auszahlung der Banknoten in Gold ebenso verboten wurde wie die Goldausfuhr! Und weil die Panik, der „Run" auf die Banken und Sparkassen, die Geldhamsterei und die aus all dem entspringenden Verlegenheiten ähn liche Erscheinungen darstellen, wie wir sie in den Sommer tagen 1931 kennenlernten und durchleben mutzten! Und doch sind das alles Folgen einer Krise, die nur zum Teil mit der damals bei uns zum Ausbruch gelangten zu vergleichen ist. Denn was uns — übrigens auch England im September 1931 — in den Sturz hineinjagte, ist in Amerika nicht wirksam gewesen: der Kredit- und Kapitalentzug vom Ausland her, der mit Gold beglichen werden mußte. Dieses Druckmittel hat Frankreich namentlich seit dem September 1931 auch Amerika gegenüber anzuwenden versucht mit dem End effekt, daß Amerika prompt bezahlte und ausländische Goldguthaben nur noch in verhältnismäßig geringer Höhe bei den amerikanischen Bundesbanken bestanden und bestehen. Vom Ausland her also läßt sich ein Druck auf den Dollar oder den amerikanischen Siaatskredit nicht aus üben, sondern Amerika, das übrigens heute mit sech zehn Milliarden Mark immer noch über ein Drittel des Weltgoldbestandes verfügt, hat kredit- und währungs politisch bei der Ordnung der augenblicklichen Wirrnisse völlig freie Hand. Obwohl der Warenaustausch gerade Deutschlands mit Amerika recht groß ist, eine Erschütte rung des Dollars also sehr unangenehm zu verspüren wäre, hat man bei uns — und nur bei uns — die D o l l a r n o t i e r u n g an der Börse nicht ein gestellt. Und siehe da: der Dollar wurde ganze viel bis fünf Pfennige unter Parität notiert! Die „New Nork Times" schrieben vor kurzem, es müsse in Amerika baldigst strengere Bankgesetze geben, „wenn wir unserem Lande den Vorwurf ersparen wollen, die schlechteste Bankcnorganisation der Welt zu besitzen". Wenn man so etwas „drüben" selbst sagt. . .! Die Zehntausende von Kleinbanken haben in Amerika eben denselben ver hängnisvollen Fehler gemacht, wie er bei uns so oft ge- , schehen ist: Kurzfristige Gelder, also Kredite, in lang- I fristiger Form sestzulegen. Namentlich als Hypotheken für die Farmer und das Baugewerbe, da ja die starke natürliche Volksvermehrung und die — Einwanderung ständig wachsenden Wohnraum brauchte, die Wirtschafts blüte zu einer rasend schnellen Ausdehnung der Fabriken und Geschäftsräume führte. Mit all dem ist's vorbei, die Kredite sind fest gefroren und die Farmer werden Baumwolle und Getreide entweder gar nicht oder nur zu Preisen los, die eine Verzinsung und Tilgung ihrer Schulden unmöglich machen. Da außerdem diese Klein banken meist nur örtlichen oder regionalen Charakter haben und nur über sehr geringe Eigenkapitalien ver fügten, sind allein in den drei Krisenjahren 1930 bis 1932 fast 6000 Banken zusammengebrochen. Aber selbst in den Vorhergehenden vier Jahren der industriellen Wirtschafts blüte auch schon 3600! Und von den 18 000, die heute noch bestehen, ist ein großer Teil gar nicht mehr zu retten, weil die von ihnen gewährten Kredite an die Farmer usw. nicht etwa „sestgcfroren", sondern einfach verloren sind. Das hat man gefühlt, gewußt, aber - nicht zugeben wollen, bis die ausbrechende Panik diese papierenen Kredit„schätze" in Brand steckte. Das sorgfältig aufbewahrte Gerümpel in der Bodenkammer brennt, — aber Roosevelt scheint ent schlossen zu sein, diese Zerstörungsarbeit nicht zu hemmen, sondern nur ein Ubergreifeu des Feuers auf die soliden und standfesten Teile des amerikanischen Kredit- und Wahrungsgebäudes verhindern zu wollen. Daß zwischen der Wahl und der „Inthronisation" des Präsidenten immer noch vier Monate verstreichen wie da mals, als der reitende Postbote von San Franzisko bis Newyork die Kunde vom Ergebnis der Präsidentenwahl überbrachte, verzögerte ebenso rechtzeitige Gegenmaß nahmen wie die Ungewißheit über die Wirtschaftspolitik der neuen Regierung. Nun steht diese genau so vor der Aufgabe einer rücksichtslosen Sanierung der gesamten K r e d i t o r g a n i s a N o n wie 1931 die Neichsregierung. Notmaßnahmen müssen vorläufig helfen, Notgeld, mit staatlicher Garantie versehen, soll den Mangel an Bargeld ersetzen, den die wilde Notenhamsterei und die Bankenfeiertage erzeugten. Durch dieses Notgeld sollen aber auch die Banken instandgesetzt werden, den Forderungen ihrer Kunden nach Auszahlung der Gut haben gerecht zu werden. Dieses Notgeld ist aber nicht — wie RSber die Dollarnote - acaen Gold einlösbar, ist MMWsWUMt AnsW Wl Die erste Sitzung des Reichskabmeiis nach den Wahlen. Neichsiagseröffnung zwischen dem 3. u. 8. April Die Notwendigkeit einer einheitlichen Politik in Reich und Ländern. Das Retchskabinett trat am Dienstag in der Reichskanzlei zu einer Sitzung zusammen unter dem Vor sitz des Reichskanzlers A d olf Hitler, um zu der Lage nach den Wahlen Stellung zu nehmen. Zunächst erstattete der Kanzler einen Bericht über die durch die Reichstags ivahlen vom 5. März geschaffene politische Situation. Nach den Beschlüssen des Kabinetts tritt der neu- gewählte Reichstag zwischen dem 3. und 8. April zu sammen. Die feierliche Eröffnungssitzung finde! in der P o tsdamer Garnisonkirche statt. Jedoch steht der Tagungsort für die weiteren Sitzungen bisher noch nicht fest. Die Gottesdienste für die Ab geordneten am Tage der Reichstagseröffnung werden in der evangelischen Nikolaikirche und in der katholischen Stadtpfarrkirche in Potsdam stattfinden. Reichspräsident von Hindenburg wird am Er öffnungstage am Grabe Friedrichs des Großen einen Kranz niederlegcn. In der Sitzung des Reichskabinetts hob Reichskanzler Adolf Hitler hervor, daß nunmehr eine großzügige Propaganda und Aufklärungsarbeit einsetzen müsse, damit keine politische Lethargie auskommt und daß diese Volksausklärung von einer neu zu errichten den Zentralstelle ausgehen müsse. Ferner betonte der Reichskanzler die Notwendigkeit einer ein heil- lichenPolitikin Reich und Ländern. Dem Reichstag wird ein Ermächtigungsgesetz vorgelegt werden, das verfassungsänderndcn Charakter trägt. Vizekanzler von Papen sprach dem Reichskanzler und der nationalsozialistischen Organisation den Dani des Reichskabinetts für die bewundernswerte Leistung bei der Wahl aus. Für die Kampffront Schwarz-Weiß-Rot brachte Rcichsarbeitsminister Seldte den Dank zum Ausdruck. Reichsinnenminister Dr. Frick berichtete über die Vorgänge in Hamburg, Bremen, Lübeck und Hessen. Dr. Frick führte aus, daß die Maßnahmen des Reiches erfolgen müßten, weil sonst höchste Gefahr sür Ordnung und Sicherheit in diesen Ländern bestehe. Die bisherigen Machthaber in diesen Ländern hätten keine Resonanz im Volke, und die Disziplin der Polizei erscheine gefährdet, wenn das Reich nicht eingrcife. * Mchsie KabinellMmg am Sonnabend. Erörterung der landwirtschaftlichen Fragen. Zu der Sitzung des Neichskabinetts wird noch bekannt: An dem späten Zusammentritt des Reichs tages — zwischen dem 3. und 8. April — sind technische Gründe maßgebend gewesen. Was das Ermächti gungsgesetz anbetrifft, so steuert man auf ein ver- safsungsänderndes Gesetz hin und hofft bei der Abstim mung auf die Unterstützung des Zentrums, über die Lage in Gens ist in der Sitzung nicht ge sprochen worden. Es ist nicht beabsichtigt, einen Aus ruf der Reichsregierung zu erlassen. Möglicher weise wird allerdings Reichskanzler Hitler Ende der Woche im Rundfunk über die politische Lage sprechen, über die zu gründende eineArt „Binnenwährung" und könnte als solche natürlich nicht bestehen bleiben, sobald die Goldeinlösung wieder vonstatten geht: denn dann hätte Amerika zweierlei Geld, wöbe! das schlechtere erfahrungsgemäß immer das bessere verdrängt. Die Hamsterei der Dollarnoten würde also noch viel wilder werden. Und gar erst das Hamstern von Gold! Auch an Amerika ist jetzt die Notwendigkeit heran getreten, zu einer „S ch u l d e n r e g u l i e r u n g" zu kommen. Es mutz erbarmungslos „abgeschrieben" werden. Genau so wie dies 1931 in halbjähriger Arbeit in Deutsch land erzwungen wurde mit dem Erfolg, daß unter schwer sten Opfern unsere Kreditorganisation im großen und ganzen erhalten und neu gefestigt wurde. Schulden, denen keine Werte mehr gegenüberständen und -stehen, müssen in das Nichts geworfen werden, wohin sie gehören. Dabei wird man in Amerika aber auch hinsichtlich der Kriegs schulden keine Ausnahme machen dürfen, denn Amerikas Schuldner wollen diesen Shylock-Schein auch nicht mehr anerkennen. Propagandazentrale ist in der Kabinettssitzung nur ganz allgemein gesprochen worden. Weder personell noch sachlich ist bisher irgend etwas entschieden. Reichs kanzler Hitler wird zuvor mit den zuständigen Ressorts Rücksprache nehmen. Die nächste Kabinettssitzung findet am Sonnabend statt und wird sich mit landwirt schaftlichen Fragen befassen. Gegenüber einer Zeitungsmeldung, daß die Prokla mation des militärischen Ausnahmezustandes bevorstehe, wird von zuständiger Stelle erklärt, an einen militärischen Ausnahmezustand sei bisher in keiner Weise gedacht worden. Lediglich die bisherige Ham burger Regierung habe um Erklärung des Ausnahme zustandes gebeten. Dies sei jedoch von der Reichsstellc ab gelehnt worden. ch Konferenz bei Hindenburg. Um die Eröffnung des Reichstages Reichspräsident von Hindenburg empfing Reichs kanzler Hitler, Vizekanzler v. Papen, Reichsminister des Innern Dr. Frick, Rcichswehrmtnister Freiherrn v. Blom berg und Reichsminister und Reichstagspräsident Göring zu einer gemeinsamen Besprechung der politischen Lage. Es dürfte sich bei dieser Besprechung im wesentlichen um du Eröffnung und die Form der Eröffnung des neuen Reichs tageL gehandelt haben Eine Entscheidung über dir Frage ob nur die Eröffnungssitzung in der Potsdamer Garnison kirche stattfinden soll, ist noch nicht getroffen. Die Brandstätte im Reichstagsgebäude ist während dieser Woche noch für die Besichtigung durch das Publikum zugänglich. Dann dürfte sofort mit den Aufräumungs arbeiten begonnen werden. Zunächst denkt man daran, die zerstörte Kuppel wiederherzustellen, um vor allem ein mal das Innere vor Witterungseinflüssen zu schützen Das Gerüst der Kuppel wird genau auf seine Tragfähig keit geprüft werden. Das Heransbrechen der zahlreichen zerbrochenen Glasscheiben wird geraume Zeit in Anspruch nehmen, ehe daran gedacht werden kann, wieder neue Scheiben einzusetzen. Erst dann dürften die eigentlichen Aufräumungsarbeiten im Innern des Gebäudes be ginnen. Die hierfür notwendig werdenden Arbeitsauf- träge werden durch die Reichsbaudireknon verteilt. Es ist damit zu rechnen, daß mehrere hundert neue Hilfs kräfte längere Zeit beschäftigt werden können. ch Oie Rationalregierung geht an die Arbeit. Rcichsprcsseches Dr. Funk im Rundfunk. Reichspressechef Ministerialdirektor Dr. Funk hielt im Rundfunk einen Vortrag über die Lage nach den Reichstagswahlen, wobei er u. a. ausführte: Deutschland erlebe in diesen Tagen in der Tat eine Revolution, eine völlige Revolutionierung des Geistes und des politischen Lebens, die das System der vergangenen vier zehn Jahre zerbreche und einen neuen Staat mit einem neuen Inhalt und neuen Formen entstehen lasse. Diese Revolution finde allerdings in Ruhe und Ordnung und in organischer Entwicklung statt. Die Auslandspresse bezeichne das Wahlergebnis als den größten Sieg in der parlamentarischen Geschichte Deutschlands und weise mit Recht darauf hin, daß bei der Wahlbeteiligung von fast 90 Prozent niemand mehr von einer Wahlfarce oder von Einschüchterung reden könne. Schon in den nächsten Tage» würde eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Behebung der Slot der Land wirtschaft und zur Beschaffung von Arbeit und Bro! sür die A r b e i t s l o s e n nnd Arme n ergriffen werden. Nicht zuletzt deshalb sei ja das Wahlergebnis vom 5. März ein für die Neichsregierung so günstiges und an erkennendes gewesen, weil sie in den wenigen Wochen ihres Bestehens bereits eine weithin sichtbare und spürbare Arbeit geleistet, manche Not gelindert und schweren Schaden an Polk und Staat beseitigt habe. Ge stützt auf das Vertrauen und auf die gewährte Frist von vier Jahren könne die Reichsregierung, der das deutsche Volk am vergangenen Sonntag sein Vertrauen ausge sprochen habe, jetzt an das große schwere Werk des Wieder aufbaues vou Staat und Wirtschaft gehen. ch Or. Göbbels Leiter eines Propagandaminiffennms. Wie in Berliner politischen Kreisen verlautet, ist zum Leiter der neuzuschaffenden Propagandazentrake der nationalsozialistische Abgeordnete Dr. Göbbels ausersehen. Man nimmt an, daß ein Ministerium für Propaganda geschaffen werden wird.