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In Baden hat der in Schutzhaft genommene Staatspräsident Dr. Schmitt telegraphisch beim Reichspräsidenten gegen die Untersagung von Amtshandlungen Einspruch erhoben. Als Hilfskommissare wurden noch ernannt Major außer Dienst Universitätsprofessor Dr. Schmitthenner-Heidelberg (DNVP.) und Major außer Dienst Hildebrand-Oberkirch (Stahlhelm). Reichskommissar in Lübeck. Für Lübeck hat der Reichsinnenminister die Wahr nehmung der Befugnisse der Obersten Landesbehörde, so weit dies zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötig ist, dem Syndikus Dr. Nöltzer über tragen. In Bremen wurden von Reichskommissar Dr. Markert die wichtigsten Posten des Senats bereits neu besetzt. Besetzung von Gewerkschastshäusern. In Königsberg (Ostpr.) wurde das Gewerk schaftshaus von der SA. nach kurzem Feuergefecht mit Reichsbannermitgliedern besetzt; im Anschluß daran auch das Otto-Braun-Haus, in dem das sozialdemokratische Blatt gedruckt wurde. Auch in Lübeck wurde das Ge werkschaftshaus und die sozialdemokratische Druckerei be setzt, ebenso das Gebäude der Ortskrankenkasse. Der Schweriner Polizeimajor Kriegbaum hat die Führung der Lübecker Polizei übernommen/ Frankreich und die deutsche Hilfspolizei. Die Nachricht, daß eine französisch-englische Aktion wegen der deutschen Hilfspolizei bevorstehe, wird nun vom französischen Außenministerium als falsch be zeichnet. Allerdings beabsichtigt die französische Regie rung in Genf, die angeblich militärische Bedeutung der so genannten militärähnlichen Formationen, insbesondere der Hilfspolizei, zur Sprache zu bringen. * Das Vorgehen gegen Warenhäuser. In verschiedenen Städten ist es noch im Laufe des Sonnabends zur Schließung von Warenhäusern gekom men, so in Duisburg-Hamborn, Gladbach-Rheydt, in Ham burg. Die Schließung auf polizeiliche Anordnung erfolgte in Leipzig und in Breslau. * Nachträglicher Fund im Karl-Liebknecht-Haus. Material für bewaffnetenAufstand. Die Pressestelle des Berliner Polizeipräsidiums teilt mit: Bei der Durchsuchung des Karl-Liebknecht- Ha u s e s hat die Polizei nachträglich in der aufgerissenen Polsterung einer Tür einen Bries gefunden, dessen Inhalt sich mit der Zersetz» ng'd er Reichswehr befaßt sowie Angaben über militärische Angelegenheiten enthält, die als solche nicht veröffentlicht werden können. Die KPD. hat dieses Material gesammelt, um es im Falle eines be waffneten Aufstandes zu verwenden. Ein Aufruf -es Stahlhelm. Die Bundesführer des Stahlhelm erlassen eine Kundgebung zur politischen Lage, in der es heißt: Die nationale Erhebung, für die der Stahlhelm seit der Novemberrevolte gearbeitet und die deutschen Men schen innerlich reif gemacht hat, ist im Gange. Durch die Erringung der nationalen Mehrheit bei den letzten Wahlen ist eine wesentliche Stufe dazu erreicht. Sie kann die Weiterführung der nationalen Gesundung erleichtern. Die nationale Regierung wird aber trotzdem nie vergessen dürfen, daß ihre Autorität nicht auf Masse und Mehrheit, sondern in erster. Linie auf dem Ansehen des Reichspräsidenten, Generalfeldmarschalls von Hindenburg, beruhte, und daß sie im Vertrauen, in der Ltraft und Entschlossenheit der Heeressäulen der nationalen Bewegung die starke Stütze für die Fortführung ihres Kampfes findet. Die gewaltige Auflehnung gegen Weimar und Versailles, gegen alles, was uns im Innern und von außen her überfremden und vernichten will, muß klug, zäh und geschickt weitergeführt werden. Gerade gegenüber, der natio nalen Regierung werden die vorhandenen Schwierigkeiten vom gesamten deutschfeindlichen Ausland mit allen Mitteln gesteigert werden. Deshalb ist ein eisen harter Zusammenschluß aller derer, die sich zur Nation be kennen, notwendiger als je. Stahlhelmaufgabe ist es, von unserem unverrückbaren nationalistischen Standpunkt aus tief in das Volk hineinzugreifen und allen die Bruderhand zu bieten, die sich soldatisch mit uns in eine Front stellen wollen. Niemals war der Stahl helm notwendiger als heute. Ore Winkerhilfe. über eine Million Familien mit je 3 Zentner Kohlen versorgt. Die auf freiwilligen Spenden der Bevölkerung be ruhende Winterhilfe weist in diesem Jahre einen besonders erfreulichen Erfolg auf. Nach den Aufstellungen der Deutschen Liga der freien Wohlfahrtspflege sind für die diesjährige Winterhilfe von September 1932 bis Ende Februar 1933 Liebesgaben im Gesamtgewicht von 4,033 Millionen Zentner von der Reichsbahn in die Verteilungsgebiete frachtfrei befördert worden, gegenüber 1,6 Millionen Zentner in der gleichen Zeit 1931/32. Das sind an Gewicht eineinhalbmal soviel. Im einzelnen waren davon 843 000 (546 000 im Vorjahre) Zentner Kar toffeln, über 134 000 (rund 151 000) Zentner andere Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Fleisch und Fette, Kolonialwaren, Getreide und Mehl, 3,05 Millionen (900 000) Zentner Kohlen, Briketts und Holz, über 3000 (1656) Zentner Kleidungsstücke. Besonders erfreulich ist das Zeichen gegenseitiger Hilfsbereitschaft bei der Steigerung der Kleidungsspenden, da wohl in jedem Haushalt die Entbehrlichkeit von Kleidung und Wäsche heute kaum noch vorhanden ist. Die Zahls» bedeuten, daß von den allein auf dem Schienenwege zur Verteilung an die Hilfsbedürftigen beförderten Liebes gaben 421500 Familien mit je zwei Zentner Kartoffeln versorgt werden konnten. Ferner konnten Hundert- tausende von Familien Zuteilungen anderer Lebensmittel erhalten. Über eine Million Familien konnte mit je drei Zentner Kohlen oder Holz durch den harten Winter ge holfen werden. Nicht gerechnet sind in dieser Aufstellung die Spenden, die an Ort und Stelle gesammelt und vor allem nicht die unübersehbaren Liebesgaben, die von Mensch zu Mensch gegeben worden sind. Seefische für Erwerbslose und Wohlfahrtspfleglinge. Im Monat März können von Erwerbslosen und Wohlfahrtspfleglingen auf Reichsverbilligungsscheine für Lebensmittel, und zwar auf Abschnitt 11, zwei Pfund frischer Seefisch oder ein Pfund Fischfilet bezogen werden. Durch reichliche Seefischanlandungen zeigen sich überall mäßige Preise, so daß der genannte Abschnitt 11 im Werte von 30 Pf. vorteilhaft für den Seefischeinkauf ausgenutzt werden kann, worauf die Bezugsberechtigten hiermit aufmerksam gemacht werden. Nach dem Umschwung in München. Auf dem Marienplatz in München haben sich Zehntausende versammelt, um dem Schauspiel der Hissung der schwarz-weitz-roten Fahne sowie des Haken kreuzbanners auf dem Portal des Rathauses beizuwohnen. Die Zukunft der deutschen MM. Reichsminister Göring überdieBefreiung der Fliegerei. Anläßlich der Eröffnung der Deutschen Luftfahrtaus stellung 1933 in Esse« sprach Reichsminister Göring zu dem Kapitel „Vergangenheit und Zukunft der deutschen Luft fahrt". Die Vergangenheit der deutschen Luftfahrt, so hob er hervor, verpflichtet euch, meine Kameraden, für die Zukunft. Sie war so einzigartig, so deutsch, so kühn, daß jetzt nicht aus Zaghaftigkeit zurückgewichen werden darf. Die Vergangenheit soll aber in Ihnen auch das Gedenken an die Helden wachrufen, die ihr Leben gelassen haben, damit sich die deutsche Luftfahrt entwickeln konnte. Wir kämpften im Kriege gegen eine zahlenmäßige Übermacht, die auf keinem Gebiet so groß war, wie zur Luft, wo das Verhältnis im allgemeinen 1:10 war. Und doch: wo immer wir den Feind trafen, haben wir ihn geworfen, im Glauben an die Zukunft unsere s V olkes , der uns aller Schwierigkeiten Herr werden ließ. Als mich das Vertrauen meines Führers und eines gewaltigen Teiles des Volkes an die Verantwortung rief, war es für mich von vorn herein eine Ehrenpflicht, die deutsche Lustfahrt > in meine Hand zu nehmen. Ihr Schicksal brannte mir auf der Seele, als ich zum letztenmal das Geschwader meines ruhmreichen Vorgängers Richthofen vor mir sch und gezwungen war, es aufzulösen. Ich habe einen der fähigsten Männer als Staatssekretär an meine Seite be rufen. Einen zweiten Mann stellte ich an die Spitze »er Abteilung, die gerade Sie, meine Kameraden, am meisten interessiert, an die Spitze der sogenannten Fliegerfront: unseren alten Kameraden C h r i st i a n s en. Ich habe ihu als Kameraden aus r Front des Krieges an die Spitze dieser neuen Front gestellt und allein dadurch wohl be wiesen, wie ernst es mir damit ist, den Luftsport zu stärkster Geltung zu bringen. Ich werde auch alle die Grüppchen und Verbände, jenes Durcheinander mit einem Strich beseitigen. Der Luftsport gehört in eine Hand, ineinheitlicheFührung. In diesem großen Rahmen möge sich der einzelne frei regen und frei arbeiten. Möge dann im Innern jene Vielgestal tigkeit Platz greifen. Aber die Führung muß ein- heitlichsein. Wenn man jetzt in Genf nicht mehr über die militärische Luftfahrt sprechen will, sondern in scheinheiligem Ton über die zivile Luftfahrt, so liegt dahinter der Vernichtungswille unserer Gegner, der Wille, die Luftfahrt zu zerschlagen, kaum daß sie ihre ersten Regungen gezeigt hat. Aber seien Sir überzeugt: in dieser Richtung werden die Gegner an mir zerschellen. Ich verspreche Ihnen, mich diesen Widerständen wie ein „rochcr de bronce" entgegen zustellen. (Stürmischer Beifall.) Ich habe es Nsher trotz verschiedener Aufforderungen abgelchnt, selbst nach Genf zu gehen. Gehe ich aber dorthin und spreche ich dort, dann, rief der Minister unter erneutem Beifall aus, ist das letzte Wort gesprochen! Kurze politische Nachrichten. Die Nachricht einiger Blätter, daß der Reichs kanzler sich in die Regierungs Verhandlun gen in Bayern einschalten wolle, wird von zustän diger Stelle als unrichtig bezeichnet. * Die Ausführungen des Reichsministers Dr. Huge n- berg im Rundfunk über die Schuldenregelung bei Gemeinden und Kreisen haben in der Öffentlichkeit zu Mißverständnissen geführt. An zustän diger Stelle erklärt man, daß diese Mißverständnisse nicht erklärlich seien. Wie schon wiederholt dargelegt, sind zwangsmäßige Eingriffe nicht beabsichtigt. Daß eine Regelung der auswärtigen Schulden erfolgen muß, ist schon wiederholt ausgesprochen worden; ebenso liegt es auf der Hand, daß eine Schuldenregelung der Überla st eten Gemeinden dringend notwendig ist. IM II ! Lop^rigbt dlsrtio koucbtvLngsr, Halls (Laals) s45 „Es ist so wenig — ich schäme mich!" sagte sie leise. „Ja, es ist wenig! Die Hauptsache wirst du mir noch schenken, Lore: einen freiwilligen Kuß! Hörst du, Lore?" „Einen Freundschaftskuß, Frank?" Da lachte er hart heraus. „Ja, einen Freundschaftskuß, Lore!" Lores dunkelblaue Augen waren fast schwarz vor müh sam unterdrückter, innerer Erregung. Dann aber reckte sie sich an ihm hoch, schloß die Augen und küßte ihn. Und das war Wohl nun eine der vielen Unbegreiflich keiten im Leben eines aufrechten, kraftvollen Mannes, der den Kampf mit einer Welt aufnahm, wenn es sein mußte, daß er nun hier nicht spürte, wie ein junges Menschen kind nur darauf wartete, gleichfalls geküßt zu werden. Doch Doktor Dahlmann stand nur straff aufgerichtet da und sagte mit seltsam, metallisch klingender Stimme: „Ich danke dir, Lore! Mein Wunsch wäre wahrschein lich noch weitergegangen; da du aber heute abend in Loringen draußen spielst, so höre ich dich ja doch." Sie nickte nur, zu sprechen vermochte sie nicht. Und jeder wartete auf ein erlösendes Wort des anderen. Nach einer Weile sagte Frank: „In einer halben Stunde fährt der Wagen vor. Ich nehme an, daß du in diesem Kleid bleiben wirst; es kleidet dich entzückend!" „Ja, ich bleibe so, und ich freue mich, daß dieses Kleid dir gefällt!" „Sehr! Wie gesagt, du wirst die Festkönigin sein!" Lore stellte den schwarzen Kasten zurecht, in dem ihre Geige lag. ^Aber .ihr Herz weinte; „Spielen soll ich? Und Frank Dahlmann läßt sich vielleicht noch einen Freundschaftskuß dafür geben? Oder er gibt ihn mir? Für ihn ist doch die Hauptsache, daß vor der Welt der Schein gewahrt wird? Und mein Vater denkt doch auch so? Es wird sich alles gut einfügen in Frank Dahlmanns Plan. Mein Herz hat zu schweigen." Frank überreichte seiner Frau dann noch einen großen Strauß süß duftender rosa Rosen, die wie ein Gruß aus einer fernen Welt an diesem eisig kalten Weihnachtsabend anmuteten. Schnell brachte der Wagen sie nach Loringen hinaus. Schweigend lehnten die beiden Menschen neben einander. Diese zwei schönen Menschen, die ein großes, wahres Glück nicht sahen, das trauernd neben ihnen stand. Elftes Kapitel. In Loringen wurden die zwei Ankommenden stürmisch begrüßt. Die Mama hatte hochrote Wangen und ließ sich nur flüchtig einmal sehen, küßte Lore und gab dem Schwiegersohn die Hand. „Na, da seid ihr ja; mich müßt ihr noch entschuldigen, ich habe noch zu tun, werde aber bald fertig sein." Der Vater kam aus dem Weihnachtszimmer, umarmte seine Jüngste und schmunzelte: „Donnerwetter, Mädel, du siehst ja wundervoll aus. Du, stich deine Schwestern nicht noch in letzter Minute aus, das sag' ich dir. Aber nein — du Blitzmädel du!" Lore ging zu den, Schwestern, die sie in die Mitte nahmen. Es war ein schönes, anmutiges Bild, auf das Frank und Herr von Loringen blickten. Und Prinz Leuchtenberg und Stetten standen beisammen und lächel ten auch glücklich auf die vier schönen Geschöpfe hernieder. „Alles durch Frank! Nur durch ihn. Niemals wäre Prinz Leuchtenberg in unsere Familie gekommen, wenn er nicht Franks Freund gewesen wäre. Und ob Stetten sich nicht doch zurückgezogen hätte, wenn es bekannt- geworden wäre, daß Herr von Loringen von seinen Gläubigern aus Schloß Loringen vertrieben wurde? Und das heutige Leü, daä morgige alles^ Mes bezahlt Frank! Es ist entsetzlich, daß alles, alles durch ihn kommt und daß er ohne Dank aus unserer Familie gehen mutz." Lore dachte es und lachte dabei mit den Schwestern. Elisabeth sagte: „Du wirst ja immer schöner, Kleine — sag, macht das das Glück?" Da waren Lores Lippen schneeweiß, und sie sagte laut: „Ja, es macht das Glück!" Der Abend wurde sehr schön und feierlich. Frank war höflich und freundlich wie immer. Später ging er mit seinem Schwiegervater in dessen Arbeitszimmer hin über. Dort besprachen sie erst einige Kleinigkeiten, und dann sagte Frank: „Ich werde Lore in Berlin ausbilden lassen. Sie hat das Zeug zu einer großen Künstlerin in sich!" Herrn von Loringen blieb der Mund offenstehen. „Ausbilden lassen? Große Künstlerin? Ja, weißt du denn, Frank, in was für Gefahren du deine eigene Frau da schicken willst?" „Gewiß! Lore ist aber vornehm genug, sich nicht in diese Gefahren zu begeben. Zudem wird sie ja auch nie allein sein. Ich habe alles so geordnet, daß ich immer be ruhigt sein kann." „Frank, auf dein Wort: Ist Lore dir etwas schuldig geblieben?" „Nein! Denn sie war mir nichts schuldig. Ich liebe sie heute mehr denn je; aber ich will ihr Gelegenheit geben, selbst viel Geld zu verdienen — Männer mit hochtönen dem Namen werden ihr die Ehe anbieten. Wenn sie sich dann noch zu mir zurückfindet, dann erst werde ich wissen, daß sie nur mich allein liebt. Ich bin überzeugt, daß sie sich jetzt schon langsam zu mir findet — doch das will ich nicht. Sie ist in diese Ehe gezwungen worden — warum sollen wir zwei reifen Männer nicht einmal offen darüber sprechen? Wie kommt gerade Lore dazu, ihr junges Leben ohne Ideale zu verbringen? Ihre Schönheit hat ein Recht auf Besseres. Vorläufig bleibt sie ja auch meine Frau, dem Skandal ist noch lange nicht Tür und Tor ge-?j