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Vertreter von Industrie und Handel bei Hugenberg. Reichsminister Dr. Hugenberg empfing Vertreter der Wirtschaft und des Handels zu einer vertraulichen Aussprache. An dem Empfang nahmen u. a. Vertreter vom Neichsverband der Industrie, vom Deutschen In dustrie- und Handelstag und vom Reichsverband des Deutschen Groß- und Überseehandels teil, ferner die Ge sandten von Hamburg und Bremen sowie Herren vom Verwertungsverband Deutscher Spiritusfabrikanten und vom Neichsverband des Deutschen Gartenbaues. Verwendung von Giaaismitieln für andere Zwecke. Eine Erklärung der Reichskommissare für Preußen. Amtlich wird mitgeteilt: „Am 5. Februar 1933 hat das Kabinett Braun in der Presse eine Erklärung ver öffentlicht, in der die im Preußischen Landtag am 4. Februar 1933 von einem Abgeordneten aufgestellte Be hauptung, das Kabinett Brann habe Staatsmittel für Parteizwecke zur Verfügung gestellt, als objektiv unrichtig bezeichnet wird. Wie der amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, müssen die Kommissare des Reiches demgegenüber fest stellen, daß die Mittel, die bis zum Betrage von zwei Millionen Mark durch einstimmigen Beschluß des Kabi netts Braun vom 6. April 1932 durch Überschreitung des Haushaltsfonds „Bekämpfung des Verbrechertums" ge wonnen werden sollten, nach den amtlichen Unterlagen nicht der Zweckbestimmung des Fonds entsprechend, son dern fast ausschließlich für andere Zwecke verwendet worden sind. Im übrigen wird über die Angelegenheit mit Beschleunigung ein Gutachten der Oberrech nungskammer erbeten werden. Die Kommissare des Reiches behalten sich weitere Schritte vor, sobald dieses Gutachten erstattet ist." Sraun über den „Verbrechersonds". Zu der Verlautbarung des R e i ch s k o m m i s s a r s für das Land Preußen, daß die unter dem Haushaltstitel „Zur Bekämpfung des Verbrechertums" bewilligten preu ßischen Haushaltsmittel nicht der Zweckbestimmung des Fonds entsprechend, sondern „fast ausschließlich für audere Zwecke, offenbarzurWahlpropagan da der da maligen Koalitionsparteien" verwendet worden seien, er klären die preußischen Staatsminister u. a. folgendes: Die Behauptung sei unrichtig. Die zur Verbrechens bekämpfung verbuchten Mittel seien für diesen Zweck auch tatsächlich ausgegeben, wobei bemerkt werde, daß hoch verräterische Unternehmungen, Sprengstoffattentate, Ge walttaten, Terror und Staatsverleumdung nach dem Strafgesetzbuch zu ahnende Vergehen und Verbrechen sind. Im übrigen sei nur ein Bruchteil der genannten Summe verausgabt worden. Die preußische Regierung habe im Einvernehmen mit der Reichsregierung, zum Teil auf ihre Veranlassung, zum Schutze des Staates und der Ver fassung gehandelt. Das vom Reichskommissar eingeforderte Gutachten der Oberrcchnungskammer könne nur diesen Sachverhalt bestätigen. Leichte Erhöhung der Arbeitslosigkeit. Ansätze beginnender Saisonbelebung. Die Entwicklung des Arbeitsmarkles wurde durch den strengen Frost, der während der zweiten Januar hälfte in den meisten Teilen des Reiches herrschte, un günstig beeinflußt. Trotzdem blieb die Zahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Arbeitslosen mit rund 6 014 000 nach einer Zunahme um rund 484)00 Ende Januar hinter der entsprechenden Zeit des Vorjahres (6 042 000) zurück. In der zweiten Januarhälfte 1932 belief sich die Zunahme noch auf rund 76 000. Die Kurve, die zur Zeit dicht vor ihrem jahreszeitlichen Höhepunkt angelangt sein dürfte, hat sich also weiterhin verflacht. Für die Unterstützungseinrichtungen des Reiches und der Reichsanstalt hat sich die wachsende Belastung des Arbeitsmarktes der vorigen Berichtszeit erst fetzt nach Ablauf der Wartezeiten ausgewirkt. In der Arvettslosenve r sich e r u n g wurden Ende Januar rund 953 000 (Zunahme: rund 85 000), in der Krisen fürsorge rund 1 419 000 (Zunahme: rund 71 000) Hauptunterstützungsempfänger gezählt. Damit wurden insgesamt rund 2 372 000 Arbeitslose, also wieder rund die Hälfte der Unterstützten — von der Reichsanstalt unter stützt. Die Zahl der anerkannten Wohlfahrts erwerbslosen belief sich Ende Januar auf rund 2 427 000. Im Freiwilligen Arbeitsdienst wurden trotz planmäßiger Beendigung oder durch Frost erzwungener Unterbrechung zahlreicher Maßnahmen Ende Januar noch immer etwa 175 000 Dienstfreiwillige be schäftigt. Zur gleichen Zeit waren schon mehr als 100 000 Jugendliche vom Notwerl der Deutschen Jugend erfaßt. Die Zahl der Jugendlichen, die an den beruflichen Bildungsmaßnahmen der Neichsanstalt teilnahmen, geht weit darüber hinaus. In allen Berufsgruppen, die von der Witterung abhängen, ist die Arbeitslosigkeit gestiegen. Im übrigen zeigten sich jedoch mehrfach Ansützeeiner beginnenden Saisonbelebung. Das Namensschild -er „Emden". Minister Bruce wird es dem Reichspräsidenten überreichen. Das Namensschild des Kreuzers „Emden" wird in etwa vierzehn Tagen dem Reichspräsidenten von Hinden burg vom australischen Minister in London, Bruce, als ein Zeichen des guten Willens Australiens gegenüber Deutschland übergeben werden. Die deutsche Regierung hat, wie in London mitgeteilt wird, Bruce eingeladen, zu diesem Zwecke nach Deutschland zu kommen. Das Namensschild der „Emden" ist jetzt auf australi schem Rosenholz befestigt worden. Der Kriegshistoriker Bean hat dazu eine Inschrift verfaßt, die ins Deutsche übersetzt wurde und so lautet: „Das australische Volk und seine Regierung geben dieses Namensschild des berühmten Kreuzers ,Emden' dem deutschen Volke zurück in An erkennung der Tapferkeit seines Kommandanten, der Offiziere und der Besatzung in dem Hochseegefecht auf den Kokosinseln am 9. November gegen den australischen Kreuzer ,Sydney' und zur Erinnerung beider Nationen, die ihr Leben im Weltkriege Hergaben." Der Kapitän ohne Schiss Unsere Aufnahme zeigt Kapitän P. Eikcnboom, dessen Küstenpanzerschiff „De Zeven Provincien" von ein geborenen Meuterern entführt wurde. Sine paßfülfcherzentrale ausgehoöen. Ein Fälscher und seine Geliebte festgenommen. Beamten des Fremdenamts der Berliner Polizei ist ein guter Fang geglückt: sie haben eine Paß- und Geld fälscherzentrale ausgehoben, die von dem wegen ver schiedener Verbrechen vorbestraften Zeichner Hans Won- tarra unterhalten wurde. Wontarra hat in großem Maß stäbe Pässe gefälscht und außerdem 100-Dollar-Noten her gestellt. Es ist möglich, daß man mit seiner Verhaftung endlich dem seit Jahren vergeblich gesuchten Fälscher amerikanischer Dollars auf die Spur gekommen ist. Der Fälscher und seine Geliebte wurden verhaftet. Die Polizei sucht jetzt nach den Helfern des Fälschers. 43IV Waggons Liebesgaben. Großer Erfolg der Winterhilfe. Die Winterhilfeaktion hatte im Januar einen Erfolg, der alle Erwartungen übertrifft. 4370 Wag» gons waren erforderlich, um die Liebesgaben an ihren Bestimmungsort zu schaffen, und der Frachtwert dieser Mengen beziffert sich auf rund 330 000 Mark, die also die Reichsbahn ihrerseits spendet, da sie ja für diese Transporte Frachtfreiheit gewährt. Der Sachwert dieser Sendungen geht natürlich in die Millionen. Vor allein sind es Naturalspenden, die mit größter Opferwilligkeit gegeben werden. Kohle und Kartoffeln stehen an erster Stelle. Und diesmal sind es besonders Süddeutsch land und der deutsche Osten, die sich an Gebefreudigkcit hervortun. Die Organisationen und Persönlichkeiten, die vor allem an der Aktion tätig sind, hatten eigentlich be fürchtet, daß die Verhältnisse der Zeit das Hilfswerk be einträchtigen könnten. Aber auch jetzt zeigt die Bevölke rung einen Opfersinn, der überrascht. Aber die obenerwähnten Mengen sind auch not wendig, waren es doch im Dezember nicht weniger als 11,5 Millionen Menschen, die irgendwie, sei es durch die Wohlfahrt, sei es durch die Arbeitslosenversicherung oder durch sonst eine Hilfsorganisation unterstützt werde« mußten. In Wirklichkeit werden aber sicherlich wesent lich mehr Unterstützungen und Hilfeleistungen gegeben, denn es gibt kaum einen Haushalt, kaum eine Familie, die nicht einem Angehörigen ganz private Hilfe angedeihen lassen. Kurze politische Nachrichten. Der Staatsgerichtshoffür das Deutsche Reich wird über die Klagen der preußischen Minister gegen das Reich in folgender Besetzung zu befinden Habens Vorsitzender Reichsgerichtspräsident Bumke, Beisitzer' Neichsgerichtsräte Hagemann, Schmitz und Dr. Epping und Oberverwaltungsgerichtsräte Dr. von Müller, T« Gümbel und Dr. Striegler. * Nach dem Ausweis der Reichs bank hat sich in der verflossenen Bankwoche die gesamte Kapitalanlage der Bank in Wechseln und Schecks, Lombaros und Effekten um 105,3 Millionen auf 2891,0 Millionen Mark ver ringert. Die Bestände an Gold und deckungs" fähigen Devisen haben sich um 2,3 Millionen aus S2Ü,2 Millionen Mark vermindert. Die Deckung der Noten durch Gold und deckungsfähige Devisen betrug 28,4 gegen 27,6 Prozent am Ultimo Januar d. I. * Staatssekretär Dr. Zweigert, der bekanntlich aus dein Innenministerium ausgeschieden ist, hat auch den Vor' sitz der Stiftung Reichsehrenmal nieder- gelegt. An seine Stelle ist der neue Staatssekretär i«' Neichsinnenministerium, Dr. Pfundtner, getreten. * Kardinal Früh Wirth ist in Bonn im Alter von 88 Jahren gestorben. Nach dem Tode Frühwirihs, der an Jahren der älteste Kardinal des Kollegiums war, beträgt die Zahl der Kardinäle nur noch 52. Es sind also 18 Kardinalshüte zu vergeben. Der Deutsche Sparkassen-und Girover band hat an den Reichskanzler, den Vizekanzler und de« Reichsminister Geheimrat Dr. Hugenberg ein Protest telegramm gegen die oldenburgische Sparkas" senverordnung gesandt, in dem dringend gebeten wird, die erforderlichen Maßnahmen zur Aufhebung der oldenburgischen Verordnung in die Wege zu leiten und dafür Sorge zu tragen, daß die Selbständigkeit der deutschen Sparkassen im Interesse ihrer acht Millionen Sparer nicht angetastet wird. * Wie verlautet, sind die Verhandlungen, die zwische« der deutschen Gesandtschaft in Buenos-Aires und der argentinischen Regierung wegen des Han delsvertrages geführt werden, zur Zeit noch im Gange. Man hofft, die Verhandlungen in nicht allzu langer Zeit zu einer befriedigenden Regelung führen zu können. (38 Inzwischen hatte er einige Gegenstände in seine Akten tasche gesteckt und die Tasche zugeklappt. Er stellte sie auf einen Stuhl in der Nähe der Tür. Dort stand auch schon sein fertig gepackter Koffer, Ehe indes Titus noch etwas fragen konnte, hatte, er die Kabine verlassen. Titus hatte sich fertig angekleidet. Seine Aktentasche stellte er auf einen Stuhl neben jenen, auf dem Doktor Richters Tasche stand. Seinen Schlafanzug hängte er an einen Nagel an der Wand. Auch sein Koffer blieb hier. Zunächst sollte ja der Steward nicht merken, daß van Jolliet nicht mehr auf das Schiff zurückkam. Als Titus fertig war, kam Doktor Richter noch einmal herein, zusammen mit dem Steward. „Also die Tasche und den Koffer bringen Sie mir ans Land, sobald ich gefrühstückt habe. Ich kann mich darauf verlassen — nicht wahr?" „Jawohl, Herr Doktor — wird besorgt!" „Was ist das, Herr Doktor?" fragte jetzt Titus. „Sie wollen uns verlassen? Fahren Sie denn nicht mit bis Genua?" „Nein, ich habe mich anders entschlossen! Ich verlasse das Schisf und fahre von hier aus gleich mit der Bahn nach Hause zurück!" In diesem Moment klopfte es an die Tür. Titus öffnete. Joe stand draußen, zum Ausgehen bereit. „Ich wollte nur nachsehen, Titus, wo du bleibst! Wir wollen doch zeitig in die Stadt. Madame bleibt auf dem Schiff; aber sie war liebenswürdig genug, mir den Aus- ftug zu gestatten." „Es ist gut, daß ich Sie sehe, gnädiges Fräulein!" sagte jetzt August Richter. „Ich möchte Sie bitten, Madame Wintöre meine besten Grüße zu bestellen! Ich gehe an Land, um mit der Eisenbahn die Heimreise anzutreten." Joe Nowakowska hatte Mühe, ihr Erschrecken zu ver bergen. Es paßte keineswegs in ihre Pläne, daß der Doktor so früh schon das Schiff verließ. Da hieß es be sonders klug handeln, daß sie nicht irgendwie mit ihm karambolierten. In diesem Augenblick trat ein Mann in die Kabine, um das Gepäck des Doktors zu holen. Niemand achtete darauf, daß er die falsche Aktentasche erwischte; jene, die Titus van Jolliet gehörte, statt jener des Doktors — um so weniger, als die beiden Taschen sich haargenau glichen. Wenige Sekunden später nahm Titus van Jolliet die zurückgebliebene Aktentasche an sich und begab sich seelen ruhig an den Frühstückstisch... Die Schiffspassagiere lagen alle noch im tiefen Schlummer. Der gestrige Ball schien ihnen in den Gliedern zu liegen. Außer Doktor Richter und den Geschwistern waren nur ganz wenige Frühaufsteher anwesend. Als erster verließ Doktor Richter den Saal. Er war unruhig. Unter keinen Umständen wollte er Magdalene Winter noch einmal sehen. Er hatte sich jetzt zu einem Entschluß durchgerungen, der ihm schwer genug geworden war. Aber — er mußte stark bleiben; es war das beste für ihn. Nachdem er sich vom Kapitän und den Offizieren ver abschiedet hatte, verließ er den Landungssteg. Am Kai standen Fahrzeuge aller Art. Er bestieg eine der Kraftdroschken und ließ sich zum Bahnhos fahren. Er hatte nur einen Gedanken: Fort aus ihrer Nähe, damit er ihr nicht mehr zu begegnen brauchte. August Richter begriff sich selbst nicht mehr. Er spürte nichts mehr von der kühlen Gelassenheit, die ihn sonst auch in den schwierigsten Augenblicken nie verlassen hatte. Die Liebe hatte ihn mit aller Gewalt gepackt, ihn aus den Fugen geworfen. Sein Herz und sein Ehrgefühl war getroffen von diesem Korb. Es peitschte ihn auf, daß die Frau, die er liebte, vie er zum Weibe begehn hatte, ihn zurückwies. Es würde einige Zeit dauern, bis er diesen Hieb ver wunden haben würde. Bis er diese süße, verwirrende Frau vergaß, die ihn völlig bezaubert hatte. Er hatte bisher über diese Art Frauen immer verächt lich gelächelt, hatte sich ihrem Zauber gegenüber immun gesühlt. Und mußte jetzt erleben, daß er Madelon Wintöre ganz zum Opfer gefallen, daß er von ihr ver schmäht worden war. Er litt grenzenlos, und es war keine andere Möglichkeit da, als alle Bande zwischen ihr und ihm zu zerschneiden, sich ganz von ihr zu lösen. Eine Stunde später saß er im Expreßzug, der ihn der Heimat entgegenbringen sollte. Als der Zug den Bahnhof von Barcelona verließ, sah August ein Flugzeug in die Höhe steigen, das eine Zeit lang mit dem Zuge gleichen Kurs hielt und dann in den Wolken verschwand. Er ahnte nicht, daß es Joe und Titus barg, die enteilten, um ihre reiche Beute in Sicherheit zu bringen. August Richter war in traurige Gedanken versunken. Er sah nichts von der Schönheit des Landes, das er durch fuhr. Sah nicht die blühenden Granatbäume, die Orangen haine, die pittoresken Gestalten, an denen der Zug vor überfuhr. Teilnahmslos starrte er vor sich hin — teilnahmslos überflog er auch die deutschen Zeitungen, die er sich in Barcelona gekauft hatte. In Gerona stieg ein Herr zu ihm ins Abteil. Im Laufe der Fahrt kamen sie ins Gespräch; der andere war ein Franzose, Jules Jourdain, Bergbauingenieur. Er wollte in Figuras aussteigen, um dort die interessanten Kupfer- und Goldbergwerke zu besichtigen. Er konnte August Richter manchen fachmännischen Rat erteilen für sein werdendes Braunkohlenbergwerk, und el schlug ihm schließlich vor, in Figuras mit auszusteigen, da ihn doch sicher die dortigen Bergwerke auch interessieren würden. Da es August mit der Heimreise nicht eilte, ging er aus den Vorschlag des Franzosen ein. (Fortsetzung folgt.)