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Tagesspruch. Nur Weise kann Erfahrung lehren. Die Narren macht sie niemals klug. Wahlabkommen der Mitte. Deutsche Volkspartei, Christlich-Sozialer Volksdienst und Deutsche Bauernpartei haben ein von ihren Partei leitungen vorbereitetes technisches Wahlabkommen in Kraft gesetzt, das dazu dienen soll, alle Möglichkeiten des Wahl gesetzes zugunsten der Sicherung aller für diese Parteien abgegebenen Stimmen auszuschöpfen. Die drei genannten Parteien stellen zu diesem Zweck einen gemeinsamen Reichswahlvorschlag auf, an den alle einzelnen selbständigen Kreiswahlvorschläge dieser Parteien an geschlossen werden. Die Deutsch-Hannoveraner sind ihrer seits wiederum dem Christlich-Sozialen Volksdienst an geschlossen. Ein gleiches Abkommen ist für die preußischen Land lagswahlen zwischen der Deutschen Volkspartei und dem Christlich-Sozialen Volksdienst geschlossen worden. Ob nun auch wirklich der Verlust von Stimmen für diese Parteien verhütet wird, wird stark bezweifelt. Nach dem Reichswahlgesetz erhält jede Partei auf der Reichsliste nur so viel Mandate, als sie in den Wahlkreisen und Wahlkreisverbänden gewinnen kann. Die letzte Wahl aber hat schon gezeigt, daß die kleinen Parteien kaum mehr in einem einzelnen Wahlkreis genügend Stimmen für einen einzigen Abgeordneten aufbringen. Es würde also nicht viel nützen, wenn alle Reststimmen auf die Reichsliste kommen. Bei den letzten Wahlen hatte die Deutsche Volks- Partei ihre Reststimmen der deutschnationalen Reichsliste zuführen lassen, und hat damit eine volle Ausnutzung ihrer Reststimmen erreicht. Ser GehaMerzicht des Reichskanzlers. Die Nachricht, Reichskanzler Adolf Hitler habe auf sein Gehalt als Reichskanzler verzichtet, ist, wie amt- nch mitgeteilt wird, in der Öffentlichkeit vielfach mit der Pehauptuntz angegriffen worden, ein Gehaltsverzicht eines Reichsministers oder eines Beamten sei rechtlich un zulässig. Dem Reichskanzler ist sehr wohl bekannt, daß einem generellen Gehaltsverzicht rechtliche Bedenken entgegen stehen. Hier handelt es sich jedoch um die U b er - Weisung des monatlichen Gehalts auf Anweisung des Reichskanzlers Adolf Hitler an ein noch zu bildendes Kuratorium, das die eingehenden -Beträge für noch näher zu bestimmende wohltätige Zwecke verteilen wird. Oeuischer Schritt in Siockholm. Göring protestiert gegen Beleidigung Hitlers. Der deutsche Gesandte in Stockholm, von Rosen- b e r g, hei dem stellvertretenden Außenminister Unden Vorstellungen wegen der unfreundlichen Haltung eines Teiles der schwedischen Presse gegenüber der neuen Retchsregierung erhoben. Der deutsche Gesandte hat dar- M hingewiesen, daß solche Presseäußerungen die poli- Me Atmosphäre zwischen den Staaten verschlechtern konnten. Er hat dafür, wie von Berliner unterrichteter Aeite erklärt wird, bei den schwedischen Instanzen volles Verständnis gefunden. In Stockholm ist zugesagt worden, entsprechend auf die Presse einzuwirken. Reichsminister Göringhat wegen der besonders un- sreundlichen Stellungnahme einer Göteborger Zeitung an weses Blatt ein Telegramm gerichtet, in dem er bittet, die Angriffe auf Hitler und die neue Reichsregierung em- zustellen. Dieses Telegramm stellt, wie von unterrichteter ^eite erklärt wird, keine Negicrungsaktion dar, da es der Privatinitiative Görings mit Rücksicht auf seine guten Be ziehungen zu Schweden entsprungen sei. Als private Äußerungen sind auch die Telegramm wechsel des Reichsministers Göring und anderer Negie- kUNgsmitglieder mit italienischen Ministern zu betrachten. kMaKELv. Roman von ! Oop^klgkt bx Bertin ksuobtwanger, Uslls (8ga1s) s37 Dann wurde der Koffer wieder sorgfältig verschlossen. Die „Geschwister" sahen sich lachend an. Das schien gut geglückt zu sein. Vor morgen mittag würde wohl keiner der Schiffspassagiere einen Verlust bemerken. Der Ball würde sehr lange dauern, und die Schiffsgäste würden ermüdet sein und sich nicht mehr um ihr Gepäck kümmern. Und bis ihnen die Augen geöffnet, waren sie beide längst über alle Berge. Unauffällig kehrten Joe und Titus wieder zur Gesell schaft zurück ... Es war schon sehr spät, als Magdalene und Joe ihre Kabine aufsuchten. Magdalene hatte jeden Tanz getanzt, war aus einem Arm in den anderen geflogen und war fröhlich gewesen in der Erwartung des kommenden -ages, der ihr das Glück bringen sollte. Als sie in ihrer Kabine waren, fragte Joe: „Wie geht es dir jetzt, Madelon? Bist du wieder ganz in Ordnung?" „Eigentlich ja, Joe! Ich hab' nur so ein dumpfes Ge fühl im Kopfe. Vielleicht habe ich ein wenig zu viel ge trunken." „Es wäre vielleicht ganz gut, wenn du noch eine Tablette nehmen würdest. Du sollst ordentlich schlafen, damit du morgen frisch bist, wenn wir uns Barcelona an sehen." „Ich weiß noch nicht, ob ich da mitmache. Ich habe ein wenig viel gesehen in den letzten Tagen." „Es wäre eigentlich schade, wenn du dir Barcelona nicht ansehen würdest, Madelon! Barcelona ist die schönste Stadt Spaniens; die solltest du dir nicht entgehen lassen." Vie krckroHelung cler lvahrhett Paris verbietet Abel-Film. Wegen Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit! Der Polizeipräfekt von Paris hat den tönenden Film über den öffentlichen Vortrag gegen die Friedensdiktate von 1919, den der Reichspresfewart des Iungdeutschen Ordens, August Abel, am Sonnabend, dem 21. Januar 1933, im großen Saal des Kristall-Palastes zu Paris gehalten hat, für die Vorfüh rung in Paris verboten. In dem Verbot wird hervorge hoben, dieser Film sei geeignet, die öffentliche Ruhe und Sicherheit der französischen Hauptstadt zu gefährden. * Die Pariser Presse hatte in ihrer Gesamtheit, ungeachtet ihrer parteipolitischen Einstellung für diese Sensation eine gute Reklame gemacht. Während aber die früheren Reden des jungdeutschen Redners in Paris aus den Jahren 1928, 1929, 1930 und 1931 ausführlich besprochen wurden, ist das dies mal nicht der Fall. Die Besprechung ist verboten worden. Warum? — Weil diesmal meine Rede in den wichtigsten Teilen auf der Schallplatte festgehalten worden ist. so unter anderem unsere Auffassung über die Entwaffnungsfrage, die Bedingungen einer deutsch-französischen Verständigung, die Kriegsschuldlüge usw. Die Platte ist unbestechlich, und die Fälscher und Verfälscher waren am Ende ihrer Kunst! Dies mal konnte man nicht sagen, wie man es früher getan hatte, der Redner habe ein zu klassisches Französisch gesprochen, um verstanden zu werden, oder ein zu schlechtes Französisch, um den Sinn seiner Worte begreifen zu können . . . Auch die ebenso billige wie verlogene Herunterreibung mit dem angeb lich schwer verständlichen Akzent konnte man nicht sagen, der jungdeutsche Redner habe Frankreich beleidigt, denn die Platte ist da! — Diesmal — und zwar zum ersten Male! — nahm die sich zur Hälfte aus Nationalisten zusammensetzende, rund tausendköpfige Versammlung die Ausführungen über den Weichselkorridor, über die Saarfrage und über die Kolonien mit Ruhe hin! Diesmal wagten die Polen es nicht — nachdem sie schon im Jahre 1931 ziemlich abgefallen waren, — ihren unmög lichen Standpunkt bezüglich der deutschen Ostgrenze zu ver teidigen! Das französische Volk darf es nicht wissen, daß, wie der jungdeutsche Redner ausführte, das deutsche Volk nicht das französische bekämpft, sondern den durch Versailles geschaffe nen, für Frankreich und Deutschland ungeheuer schädlichen Zustand! Das französische Volk darf es nicht wissen, daß die na tionalistischen Kreise Frankreichs mit ihrer Kriegsschuldthese in der Welt alleinstehen! Das sranzösische Volk darf es nicht wissen, daß der deutsch-französische Gegensatz sehr wohl im beiderseitigen In teresse, unter der Wahrung der Ehre beider Völker, ausge glichen werden kann! Das französische Volk darf nicht wissen, daß die geheim nisvollen Dokumente, die dem Kriegsminister Lefevre und dem Ministerpräsidenten Herriot vorgelegen haben, von einem entlarvten deutschen gewerbsmäßigen Dokumentensälscher na mens Ansbach mit dem Gelbe der französischen Steuerzahler erstanden worden sind und daß das französische Spionage büro, nachdem es die Dokumente für schweres Geld gelaust hatte, seinen Hereinfall erkannte. Das französische Volk darf nicht wissen, daß die Behaup tung von den Tausenden von Bombenflugzeugen, die Frank reichs Bevölkerung angeblich von Deutschland her bedrohen, ein Kindermärchen ist! Das französische Volk darf vor allem nicht wissen, daß Frankreich sich mit seinem sturen Festhalten am Versailler Diktat in der Welt gefährlich isoliert. Wenn das französische Volk die Wahrheit wüßte: dann würde es die Rüstungsausgaben des Generalstabes durch sein Parlament erheblich beschränken; dann würde es nicht Dutzende von Milliarden ausgebsn für die Ostbefestigungen, die seiner Schwerindustrie zu klotzi gen Dividenden verhelfen; dann würde es in der Abrüstungsfrage seine Regierung zwingen, mit gleichem Maß zu messen; dann würde es von seiner ihm durch die Zeitungen der Schwerindustrie eingeimpften hysterischen Furcht vor Deutsch land geheilt werden und dem deutschen Volke die Hand zur Verständigung bieten; dann wäre es aus mit all den blöden chauvinistischen Hetzern, die aufreizende Bücher schreiben, in denen Trier oon Paris aus bombardiert wird, wobei der Rhein zweimal über flogen werden muß . . dann würde die französische Jugend nicht mehr den Auf- peitschern der „Action Francaise" nachlaufen, sondern ihre weltgeschichtliche Zukunftsaufgabe darin erblicken, einen Zu stand herbeizuführen, der beiden Völkern das gibt, was ihnen auf Grund ihrer Keberlieferung und ihres Lebensrechtes zu kommt; dann würde es seine Schwerindustrie daraufhin kontrol lieren, ob diese nicht durch Korruption der französischen Presse dem Volke ein ganz falsches Bild macht von den Zuständen in Deutschland und von den Absichten des deutschen Volkes. Deshalb mußte der Film verboten werden, weil er hiRein- leuchtet in die Gistmischerkammer jener Kreise, die aus mate riellem Interesse oder aus Hysterie die deutsch-französische Feindschaft verewigen wollen „Lettende preußische Beamie." Nach der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 können öffentliche politische Versammlungen sowie Versammlun gen und Aufzüge unter freiem Himmel u. a. aufgelöst werden, wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden. Unter den gleichen Voraussetzungen können auch periodische Druckschriften Verboten werden. Das preußische Staatsministerium (Kommissare des Reiches) hat nunmehr bestimmt, daß als leitende preußische Beamte im Sinne der Reichsverordnung zu gelten haben: die aktiven Staatsminister, soweit sie tatsächlich ein Ministerium verwalten; die Staats sekretäre in den Ministerien; die Oberpräsi denten; der Kammergerichtspräsident und die Oberlandesgerichtspräsidenten; die Regierungspräsidenten; die Polizeiprä sidenten. Zenttumselnfvruch argen die Maßnahmen in Preußen. Die Deutsche Zentrumspartei hat gegen die Maßnahmen des Reichspräsidenten und des Reichskom- miffars sur Preußen vom 6. Februar offiziellEin- spruch erhoben. Die Verordnung „zur Herstellung geordneter Regie rungsverhältnisse in Preußen" wird als verfassungs widrig erklärt; die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 48 Absatz 1 lägen nicht vor und der Vorwurf der Pflichtverletzung gegenüber dem Lande Preußen sei offensichtlich unhaltbar. Das Nichtzustandekommen einer Ministerpräsidentenwahl durch den Preußischen Landtag beruhe auf dem Verhalten des Reiches. Auch die übrigen in der Begründung zu der Verord nung erhobenen Vorwürfe, so heißt es weiter, vermögen eine Pflichtverletzung des Landes Preußen nicht zu begrün den. Hier folgt der Einspruch des Zentrums der bekannten Darstellung der Regierung Braun. Darüber hinaus sei auch die Durchführung der Neichsexekution in der durch die Verordnung bestimmten Art rechtswidrig und mit der in der Reichsverfassung verankerten Eigenstaatlichkeit der Länder unvereinbar. So sei die Mitwirkung eines Reichsorgans, wie es nach dem Urteil des Staatsgerichts hofes der Reichskommissar darstellt, im Dreimännerkolle gium rechtlich unmöglich. Ein Beschluß, den Preußischen Landtag aufzulösen, könne unter keinen Umständen von einem falsch zusammengesetzten Ausschuß gegen den Protest des Präsidenten des Staatsrats und ohne Mit wirkung des Ministerpräsidenten gültig gefaßt werden. Er stelle eine schwere Verfassungsverletzuna dar „Ich glaube aber doch, daß ich lieber auf dem Schiff bleibe. Es wird besser für mich sein. Ich werde vielleicht später noch einmal nach Spanien kommen." „Dann bleiben wir also auf dem Schiff, Liebste! Du legst dich auf Deck und ich pflege dich. Titus hatte sich zwar schon sehr aus Barcelona gefreut, und er wollte schon ganz früh mit uns losziehen. Nun werde ich noch schnell zu ihm hinübergehen und ihm sagen, daß er allein gehen soll." „Was fällt dir ein, Joe? Natürlich gehst du mit deinem Bruder. Ich dulde es auf keinen Fall, daß du bei mir bleibst. Ich freue mich dann, wenn ihr mir abends alles erzählen könnt. Vielleicht fahre ich, wenn ich mich nach mittags wohl fühle, dann noch auf ein paar Stunden in die Stadt. Begleitung finde ich immer, wenn ich welche suche. Es sind ja Leute genug da, die sich um mich kümmern. Und Schlafpulver werde ich lieber keines nehmen; ich denke, ich werde auch so gut schlafen. Aber wenn du mir, noch ein Glas Wasser herübergeben wolltest; es wird mir gut tun nach dem vielen Sekt." Magdalene sah nicht, daß Joe einige Tropfen aus einer kleinen Flasche in das Wasser gab, das sie ihr jetzt herüberreichte. Sie war mit ihren Gedanken beschäftigt, die sich eifrig um August Richter drehten. Sie hatte gehofft, ihn noch einmal im Tanzsaal zu sehen. Er blieb indes den ganzen Abend über ver schwunden. Obwohl sie jeden Tanz getanzt hatte, waren ihre Gedanken nicht einen Augenblick von August Richter losgekommen, und von dem, was sich am nächsten Tage ereignen würde. Es würde von morgen an endgültig aus sein mit Madelon Wintere. Magdalene Winter würde auferstehen und sich dem Manne offenbaren, den sie liebte und dem sie in sein kleines Dorf folgen wollte. Alles sollte er erfahren. Daß sie früher ein kleines Vüromädel gewesen, daß sie durch das Große Los plötzlich reich geworden war und darüber den Kopf verloren hatte. So verloren, daß sie beinah ihr Glück mit Füßen getreten und verscherzt hätte, wenn nicht die Liebe sie plötzlich über fallen und sehend gemacht hätte. „Was ist mit dir, Madelon, du flehst aus einmal so strahlend aus?" fragte Joe, die seit einer Weile erstaunt Magdalenes Gesicht beobachtete. „Ich träumte vom Glück!" antwortete Magdalene. „Vom Glück, das hoffentlich bald zu mir kommen wird!" Joe mußte sich abwenden, um den höhnischen Zug zu verbergen, der um ihren Mund lag. Morgen würde die Welt anders aussehen für dieses dumme und leicht gläubige Geschöpf. Da würde sie nicht mehr vom Glück träumen, sondern zu einer rauhen Wirklichkeit erwachen. Dann sah sie Magdalene wieder an, ging auf sie zu, streichelte sie. „Jetzt ist es aber Zeit, daß du einschläfst. Es ist spät genug geworden. Hier, trinke noch einen Schluck Wasser. Und dann — gute Nacht!" Gehorsam trank Magdalene, reichte der Freundin die Hand, kehrte sich zur Seite. Bald überfiel sie eine bleierne Müdigkeit, und sie schlief fest und regungslos. Als Titus am anderen Morgen um sechs Uhr die Augen aufschlug, sah er zu seiner grenzenlosen Verwunde rung, daß Doktor Richter fix und fertig angekleidet dastand. „Um Gottes willen, Herr Doktor, weshalb sind Sie schon so früh fertig?" fragte er erstaunt. „Ich will nach Barcelona, Herr van Jolliet!" „Sie haben wohl vor, den kleinsten Winkel der Stadt zu durchforschen, Herr Doktor, weil Sie sich schon so früh auf den Weg machen?" August Richter hatte wenig Lust, sich mit seinem un sympathischen Kabinengenossen in ein Gespräch einzu lassen. Kurz antwortete er: „Ja, ich will bald losgehen, damit ich die große Hitze vermeide! Ich werde gleich zum Frühstück gehen!" (Fortsetzung folgt.)