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WÜSdruKer Tageblatt 2. Blatt Nr. 43 — Montag, den 20. Februar 1933 Tagesspruch. Zufriedenheit ist große Kunst, Zufrieden scheinen großer Dunst, Zufrieden werden großes Glück, Zufrieden bleiben Meisterstück. Hilfe für Forstwirtschaft und Arbeitsmarkt. Neuregelung der Holzzölle. Im Deutschen Reichsanzeiger wird eine Verordnung veröffentlicht, durch die die Zölle für Holz neu ge regelt werden. Hervorzuheben ist insbesondere die Er höhung des Zolles für hartes Rundholz aus 36 Pfennig und für stärkeres Nadelrundholz auf 40 Reick^pfennige je Doppelzentner. Dementsprechend sind die^Zölle für Schnittholz aus hartem Holz auf drei Reichsmark und für solches aus Nadelholz auf 2,50 Mark je Doppelzentner festgesetzt. Die ZöllefürHolz- waren sind entsprechend gestaltet worden. Diese Zollerhöhung war notwendig, um der schwer notleidenden deutschen For st Wirtschaft in stärkerem Mäße, als das bisher möglich war, den deutschen Markt zu sichern und überflüssige Einfuhren fernzuhalten. Die «durch diese Maßnahme zu erwartende Verbesserung des Absatzes für deutsches Holz wird auch zu einer günstigen Beeinflussung derPreise führen, die zur Zeit nur etwa auf der Hälfte der Friedenspreise liegen. Dadurch wird nicht nur der privaten Forstwirtschaft geholfen, son dern auch den Ländernund Gemeinden, in deren Besitz etwa 50 Prozent der gesamten Waldfläche find und die infolge der bisherigen niedrigeren Preise nicht mehr wie bisher Einnahmen aus ihrer Forstwirtschaft hatten, sondern sogar aus allgemeinen Steuergeldern erhebliche Zuschüsse leisten mußten. Die Bemessung des neuen Schnittholzzolles wird ferner die Beschäftigungsmöglichkeit in der Sägeindustrie wesentlich heben und damit von unmittel barer Wirkung auf den Arbeitsmarkt sein, der gerade in der Holzindustrie einen besonders hohen Hundertsatz von Arbeitslosen aufweist. Gemeindewahlen in Dudweil"r Kommunistische Mehrheit gebrochen. In Dudweiler (Saargebiet) fanden die Ge.../>nde- ratswahlen statt. Es erhielten (in Klammern die Zahlen der vorigen Wahl): KPD. 5621 (5861) 17 (19 Sitze), SPD. 838 (871) 2 (2), Zentrum 3316 (2944) 10 (9), NSDAP. 1657 (708) 4 (2), Bürgerliche Vereinigung 1113 (1275) 3 (4 Sitze). Die bisherige absolute Mehrheit der Kommunisten ist damit gebrochen. Dudweiler ist eine Industrie- und Berg arbeiterstadt in der Nähe von Saarbrücken, eine kommu nistische Hochburg. Vor dem Seamtenstreik in Paris. Auch Post und Verkehrsmittel betroffen. Die Unzufriedenheit der Beamten mit den vom Finanzausschuß des Senats beschlossenen Steusrmaß- nahmen wird ihren vorläufigen Höhepunkt in einem Teil- streik in allen städtischen und staatlichen Betrieben in Paris erreichen. Es wurde beschlossen, auf der U-Bahn, de, Straßenbahn, den Elektrizitäts- und Gaswerken ebenft wie in Post- und sonstigen Verwaltungsbetrieben auf eine Stunde zwischen 10 und 11 Uhr die Arbeit ruben zu lassen, um eine letzte Warnung an die Regierung zu richten. Die Postbeamten wollen einen oder zwei Post gänge ausfallen lassen. Es soll sich aber auch hierbei nur um eine letzte Warnung an die Regierung handeln. Mensch und Maschine. Ser Kaiser zur MMosenfrage. Die seelische Not der Arbeitslosigkeit. Die amerikanische Presse veröffentlicht einen Brief des deutschen Kaisers an den bekannten amerika nischen Schriftsteller Gaffney, in dem es u. a. heißt: In unserem Zeitalter der übers chätzungderMaterie ist es nur folgerichtig, wenn man glaubt, die Arbeitslosig keit mit materiellen Mitteln beheben zu können. Das Ergebnis ist so gut wie völlig unzulänglich, cs konnte auch nicht anders als unzulänglich sein; denn die Gründe der Arbeitslosigkeit sind nicht materieller Art. Das Arbeits losenelend ist vielmehr die größte seelische Not, die seit Jahrtausenden über die Menschheit gekommen ist. Wir befinden uns zweifellos in einem Zeitab schnitt, in der die Maschine unser gesamtes wirtschaftliches Leben bedroht. Die Kapazität der Maschine hat in zunehmendem Umfange eine ungeheure Menge an menschlicher Arbeitskraft über flüssig gemacht. Mari wird sich klar darüber sein müssen, daß selbst bei einer — nicht zu erwartenden — steil an steigenden Wirtschaftskonjunktur die Arbeitskraft des Menschen niemals auch nur annähernd in vollem Umfange wieder in den Arbeitsprozeß der Industrie wird ein geschaltet werden können. Tenn abgesehen von ihrer sich ständig steigernden Leistungsfähigkeit hat die Maschine noch in den Zeiten, in denen allein wegen der geringer werdenden Absatzmöglichkeiten immer mehr Men schen arbeitslos wurden, eine Position nach der anderen erobert. Angesichts dieser Umstände wird ohne weiteres klar, daß das Problem, welches die Arbeitslosigkeit stellt, durchaus nicht nur ein solches der Gegenwart, daß es nicht nur eine Frage ist, wie man die Arbeitslosen durch diese Zeit wirtschaftlicher Depression hindurchbringt, sondern eine Frage der Wirtschastsgestaltung in der Zukunft, eine Frage von Dauer, vielleicht sogar eine solche noch zunehmenden Umfanges, wenn und solange die Wirtschaft auf den bisherigen Wegen weitergeht. Klar mutz es aus gesprochen werden, daß die große Masse der entlassenen industriellen Arbeiter keine Aussichten haben dürfte, ihre industrielle Arbeit wieder aufzunehmen, weil die Maschine den wesentlichen Teil der entlassenen Arbeiter endgültig von seinem Arbeitsplatz verdrängte. Es ist höchste sittliche Pflicht, allen diesen Arbeitern anderweit Arbeit zu verschaffen. Das bedeutet, daß der Staat neueArbeitsgebietezu schaffen, daß er bis dahin für die einkommenslos gewordenen Menschen zu sorgen hat. Ter Staat muß also neue Arbeits- und Existenzmöglichkeiten finden. Die Aufgabe, ganze Schichten bisher industrieller Arbeiter in neue Arbeitsbedingungen zu überführen, ist brennend. Sie ist es nicht in erster Linie aus materiellen, sondern vornehmlich aus ethischen, moralischen Gründen. Eine Bezahlung ohne Gegenleistung, an sich ein wirtschaftlicher Widersinn, ist demoralisierend, und der Arbeitslose empfindet das im allgemeinen auch so, jeden falls bei uns in Deutschland. Selbst wenn die Möglichkeit geschaffen werden würde, dauernd einem Heer von Mil lionen von Arbeitslosen eine Eriftenz zu geben, ohne daß sie arbeiten, so wäre das Problem also noch keineswegs gelöst; es kommt vielmehr darauf an, das gesunde Leistungsverlangen des Menschen zu befriedigen und ihm sein gottgewoll tes Recht auf Axbeit zu verwirklichen. Die große und schwierige Aufgabe liegt nun aber auf dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung, denn nur solche Arbeiten sind ans die Dauer volkswirtschaftlich tragbar, die eine Rente bringen. Letzten Endes werden die besonderen Verhältnisse der einzelnen Länder zu bestimmen haben, welche Arbeits möglichkeiten geschaffen werden können, ob der Bau von Straßen und Kanälen, die Kultivierung von Sdländereien, die Urbarmachung von Sümpfen, im Verein damit die Durchführung großer Siedlungsproiekte oder was sonst dafür in Frage kommt. Mit der Abnahme industrieller Arbeitsmöglichkeit und der künftigen Betätigung auf Ge bieten, die den Einsatz von Menschenmassen ausschließen, wird eine örtliche Umschichtung der Bevölkerung einsetzen. Die Abwanderung aus den für Leib und Seele ungesunden Riesen st ädten wird eine neue Struktur menschlicher Siedlung zur Folge haben. Wenn es richtig ist, daß die Technik und im besonde ren die Maschine unser wirtschaftliches Leben bedroht, und die Arbeitslosigkeit von heute bestätigt die Ausfassung in weitem Umfange, dann wird es nötig sein, der Maschine wieder den ihr gebührenden Platz als Hilfsmittel menschlicher Arbeitskraft zuzuweisen. In dieser Forderung stimme ich mit pro minenten Wirtschaftlern in den USA. überein. Ihre Er füllung ist aber nicht ohne gewisse Eingriffe zu erreichen. Im großen gesehen steht es fest, daß die Wirtschaft einen Zwang nicht duldet. Aber das Zusammenleben der Men schen fordert eine Einordnung des einzelnen und des Einzelbetriebes in die menschliche Gemeinschaft. Warum soll, so frage ich mich, der Gebrauch der Maschine, die Heuke unser ganzes Wirtschaftsleben bedroht, nicht ebenfalls durch gewisse Gesetze geregelt werden, damit ihre planlose, unorganische Vermehrung und Betätigung, die so ungeheures Unheil anrichtete, auf hört? Hat die Maschine als ein werteschaffender Faktor denn das Recht, den ebenfalls werteschaffenden Faktor Mensch, der aus tiefem ethischen Empfinden heraus schafft, zu verdrängen? Man wird also um einen gewissen gesetzlichen Zwang hier nicht herumkommen, und es kann nur das Wie die Frage sein. Möchte die gemeinsame Not, die heute über den Völkern liegt, möchte die Erkenntnis ihrer Schicksalsver bundenheit daran mithelfen, daß die großen wirtschaft lichen Aufgaben der Zukunft mutig und energisch, und daß sie baldigst angefaßt werden, denn es darf keine Zeit mehr verloren werden. Dann werden von selbst so manche Gegensätze, die heute unüberbrückbar erscheinen, schwin den. Dann wird sich die heute über der Welt liegende Not doch noch als ein Segen auswirken. Zeitungsverbote. Die Germania, das Organ der Katholiken Deutsch lands, und die Märkische Volkszeitung, das Organ der Berliner Katholiken, sind für drei Tage bis einschließlich Dienstag nächster Woche verboten worden. Die Sonnabendausgabe des Zeritrumsorgans ThüringerVolkswacht wurde von der Polizei be schlagnahmt, und zwar wegen Veröffentlichung eines Auf rufes verschiedener katholischer Organisationen, der sich u. a. scharf gegen die Reichsregierung wendet. Der Oberprüsident der Provinz Hessen-Nassau hat die in Frankfurt erscheinende Tageszeitung Volks st imme bis einschließlich 23. Februar 1933 verboten. Von der Polizei wurde die im Druck befindliche Nummer der Wochenzeitschrift. Der Nazispiegel be schlagnahmt. Die Zeitschrift wurde von der Polizeidirektion auf die Dauer von zwei Monaten verboten. Die Polizeidirektion München hat die in München er scheinende kommunistische NeueZeitung Wege« Anreiz zu Gewalttätigkeiten auf sechs Tage verboten. Sie Verboie -er Zenirumszeiiungen wieder ausgehoben. Am Sonntag hat zwischen dem Vorsitzenden des Volksvcreins für das katholische Deutschland, Reichs kanzler a. D. Marx, und dem Generalsekretär Voüel auf der einen Seite und dem Reichskommifsar für das preußische Innenministerium, Göring, auf der anderen Seite eine Besprechung über den Ausruf der katho lischen Verbände stattgcfunden, dessen Veröffentlichung ISE 7N07Ä6L / vo/, Oop^rigbt bx disrtin beucbtvLNZsr, Halls (Laske) f1 Erstes Kapitel. „Lore, es bleibt kein anderer Weg. Du rettest uns vor dem Untergang. Wir werden es dir ewig danken. Ueber- lege es dir doch nur recht — was hast du als Fritz Rohr becks Frau? — Nichts! — Nichts! — Nichts! — Immer sparen, jeden Pfennig umwenden ... Du darfst das nicht, jenes nicht, was du vielleicht gern möchtest. Glaube mir, Kind, an solch einer Lebensmisere scheitert dann gewöhn lich auch die Liebe. Und Papa hat in Erfahrung gebracht, daß Fritz Rohrbeck spielt! Das allein schon würde ge nügen, um uns immer gegen ihn einzunehmen. Papa sagt, zu dieser Heirat gibt er nie und nimmer seine Ein willigung." Frau von Loringen blickte die Tochter beschwörend an. — Diese Tochter, die der Stolz und der Liebling der ganzen weitverzweigten Familie der Loringens war. Und die sich nun opfern sollte! Opfern? War es wirklich ein so großes Opfer, Frank Dahlmanns Frau zu werden? Groß, dunkel» breitschultrig schob er sich vor das geistige Auge Frau von Loringens. Der Millionär! Der Mann, von dem es immer geheißen hatte, er hasse die Frauen. Und wenn das vielleicht auch ein bißchen übertrieben war, so war doch immerhin das als fest stehende Tatsache zu betrachten, daß Frank Dahlmann bis her sehr gut ohne die Frauen ausgekommen war. Ohne eine Frau! Weiber sollten auf seinem Wege genug gewesen sein, Wie Maior Friedlmger. behauptete. Der mußte es ja wissen! Seit kurzem nun bewarb sich der reiche Dahlmann um Lore von Loringen! Ganz offen tat er es. Mit gemischten Gefühlen nahm man diese Angelegen heit aus. Einige Damen wären selbst sehr gern, mehr als gern, Frau Dahlmann geworden. Zudem hatte er den Doktor, und sein Reichtum — mein Gott, dieser märchen hafte Reichtum löschte jedes „Aber" aus. Ein Glückssall, wer Frank Dahlmann zum Manne bekam, ein außer gewöhnlicher Glücksfall. Das war der Standpunkt der Damen. Derjenige der Herren war merklich anders. Ausgerechnet dieser Emporkömmling sollte die schöne Lore von Loringen bekommen? Ausgeschlossen! Ganz ausgeschlossen! Hatte denn der alte Baron keinen Funken Stolz in der Brust? Aber freilich...! Es gab vermögende Herren unter Lores Bewerbern, aber einer, der die gesamten Schulden der Familie Lorin gen mit übernehmen konnte, der fehlte! Bis eben auf Doktor Dahlmann! Der konnte sich das ja leisten! Es war zum Haareausziehen, zum Längelanghin schlagen, zum Auf-die-Bäume-klettern! All das behauptete Fritz Rohrbeck gegen seine Freunde, die ihm scheinheilig recht gaben, es ihm aber im Herzen gönnten, daß er die schöne kleine Lore nicht bekam. Dieser Windbeutel war sie nicht wert. Der nicht. Wenn er auch sonst ein lieber, netter Kerl war und nie einen Spaß ver darb. Aber gerade Lore von Loringen? Nein! Das wäre zu stark. Das wäre zu absurd. Das wäre einfach un möglich. Aber ei,ne ganz unmögliche Sache tauchte da noch da neben auf: Doktor Dahlmann, der sich ganz offen um die schöne Lore bewarb. Alle Herren waren sich einig, daß es das erst recht nicht geben durfte. Aber alles Durcheinanderreden nützte nichts. Man wollte lieber aukvasien. Es gab ja einige Herren, die ganz frei heraus sagten: Frank Dahlmann werde den Sieg davontragen, dafür würde schon die ganze Familie Loringen sorgen — und schließlich: Was man eigentlich habe? Ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle sei dieser Doktor Dahlmann! Man könnte ihm doch absolut nichts weiter nachsagen, als daß er eben als einziger dieses blödsinnig viele Geld habe. Aufruhr! Sturm! Beinah tödliche Feindschaften. Man einigte sich aber dann wieder und vereinbarte, daß man diesem Frank Dahlmann lieber den Spaß ver derben wollte. Dann sollte doch noch lieber Rohrbeck der jenige sein, der die schöne Lore heimführte. So stand es im Klub. General von Eschmannsweg lächelte vor sich hin. Da ereiferten sie sich nun, die jungen Dachse, und da bei war dieser Doktor Dahlmann mehr wert als sie alle zusammen. Ein Prachtkerl war das. Ganz einfach ein Prachtmensch! Und wenn der die kleine Lore von Lorin gen erhielt, dann war sie gut aufgehoben. Und daheim in Schloß Loringen? Dort ließ Lore täglich diese Reden W« sich ergehen, diese Reden, die doch nur eine einzige Forme! waren: „Nimm Frank Dahlmann und rette uns!" Lore von Loringen sah auch jetzt wie abwesend aus ihre Mutter, die sich nun schon seit einer Stunde Mühe gab, wenigstens ein Wort von ihr zu hören, was eine kleine Hoffnung in bezug auf Doktor Dahlmann gegeben hätte. Doch nichts! Immer dieses Schweigen! Dieses Schweigen, mit dem Lore nun seit Wochen eine etwaige Werbung Doktor Dahlmanns ablehnte! Dabei war es doch immerhin möglich, daß Frank Dahl mann sich anders besann. Was sollte dann werden? Dieser reife, ernste Mann würde kaum mit sich spielen lassen; er würde Lore vielleicht nicht einmal eine Bedenkzeit be willigen. (Fortsetzuna ckolatü >