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8 § Nr. 6 LMsäruHer Lagrblatt II. 2. >HAZ Religrouskulte. Von G. In allen Zonen liegt die Menschheit auf den Knien Vor einem Göttlichen, das sie empor soll ziehen. Verachte keinen Brauch und keine Bittgeberde, Womit ein armes Herz emporringt von der Erde. Ein Kind mit Lächeln kämpft, ein andres mit Geschrei, Das von der Mutter Arm es ausgenommen sei. Rückert. Der Glaube an eine höhere Macht und die dadurch ent stehende Verehrung derselben ist allen Völkern eigen. Er liegt in dem Menschen selbst begründet. Auch der Atheist mag noch so leugnen, er ist den ewigen Weltgesetzen genau so unter worfen wie alles und diese abzuleugnen wäre Narrheit. Jede Religion hat ihre besondere Symbolik, weil ein geistiges Wesen, außerhalb menschlicher Vorstellung liegt, sucht man nach irdischen Begriffen es darzustellen. Nur der Monismus hat keine Symbole, ihm ist Gott-Natur eins. Goethe sagt: „Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen, Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare." Je höher bei dem Menschen das sittliche Bewußtsein entwickelt ist, desto mehr nähert er sich göttlichen Gesetzen. Die meisten Religionen sind dualistisch, d. h. Gott und die Welt sind getrennt, auch kommen bei manchen mehrere Gott heiten in Frage. Alle sind reichlich mit Geheimnisvollem durch drungen. Daß dabei auch der Aberglaube eine gute Pflanz stätte hat, ist leicht verständlich. Durch das Aneinander-Strömen verschiedener Völker haben sich in langen Zeiträumen auch die Religionsanschauungen gewandelt. Nicht immer ist dies auf friedliche Weise vor sich gegangen. Unendlich viel Blut ist um die Religionen vergossen worden, vielleicht das meiste, und heute noch. Viele altreligiöse Gebräuche, welche tief in der Volksseele verankert sind, haben sich oft unbewußt bis auf den heutigen Tag erhalten, wie die Baumverehrung, das Mitgeben von Gegenständen an den Toten, Namen der Tage, Feste und anderes bei den Deutschen. Zn den alten nordischen Religions kulten ist noch vieles in Dunkel gehüllt. Die alten Heldensagen geben manchmal Aufschluß darüber. Die alten nordisch-germa nischen Völker dachten sich die Welt in zwei Teilen, nördlich war Nifl- oder Nebelheim, südlich Muspel- oder Feuerheim. Ueber die Welt schattete die Esche Pggdrasil. Unter Niflheim war das finstere Reich der Königin Hel. Ueber der Welt wohn ten die Äsen in einer goldstrotzenden Heimat, wo auch Thor wohnt. Die himmlischen Reiche Asgard und Midgard sind durch die Brücke Bifrost verbunden, vielleicht ist damit die Milch straße gemeint. An Asgard war die Heldenwohnung Walhall mit 500 Toren. Wodan der Allvater sitzt auf dem höchsten Göttersitz in Walhall. Neben seinem Haupte sitzen die beiden Raben Hugin und Munin: der Gedanke und die Erinnerung. Seine Gemahlin war Freya. Von gewaltiger Kraft war die Gestalt Donars. Rotes Haar umwallte sein Haupt. Sein Riesenhammer fuhr krachend durch die Luft, daß die Blitze herniederschmetterten. Aegir war Gott des Meeres. Der Früh lingsgöttin Nerthus wurden Feste gefeiert und geopfert. Drei Schwestern, die Nornen, leiten die Geschicke der Menschen: Urd, Verdandi und Skuld: die Vergangenheit, Gegenwart und Zu kunft. Nixen, Zwerge, Kobolde bevölkern heute noch in der Sage unsere Gewässer und Wälder. Was sind auch einige tausend Iabre in dem Weltgeschehen, ein Nichts, ein Pendel schlag der Zeit. Am stärksten tritt das Religionsgemisch in Asien hervor, namentlich in Andien, wo sich im Laufe der Zeit der Religions kult stark tsewanbelt hat. Der Brahmaismus gehört mit zu den ältesten. Brahma der höchste Gott des Himmels und der Erde. Zieschang. Die indische Dreifaltigkeit ist Brahma, Wischnu und Schiwa. Dargestellt wird sie als männliche Figur mit mehreren Köpfen und Armen. Brahma als die Erde, Wischnu das Wasser, Schi wa das Feuer. Auch bedeuten sie noch Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung. Brahma ist Herrscher über Leben und Tod. Den Gottesdienst versehen die Priester, nur sie dürfen die hei ligen Bücher lesen und erklären, opfern und Geld zur religiösen Verwendung sammeln. Die Mönche in den Klöstern müssen Armut, Keuschheit und Nüchternheit geloben und gehen in gel ber Leinwand gekleidet. Aus ihnen entstehen oft die Büßer und Fakire, welche sich die furchtbarsten Körperpeinigungen aufer legen. Ueber die in Indien stark verbreitete Religion Buddhas ist noch vieles dunkel. An riesenhafter Gestalt mit untergeschla genen Beinen sitzend, bewohnt er oft die prächtigsten Tempel, mit unermeßlichen Reichtümern geschmückt. Die Lehre Buddhas hat weite Verbreitung, namentlich in Hinterindien, Birma, China, Siam, Tibet, der Mongolei und anderen Ländern. Das Sektenwe'en hat auch hier eine starke Verbreitung, was bei den ungeheuren Menschenmasfen nicht anders zu erwarten ist. Die Lehre hat viele Himmel, welche übereinander liegen, in dem obersten thront Buddha. Die Seelen steigen nach ihrer Läuterung bis zu ihm empor. Ver schiedene Tiere werden als heilig verehrt, wie der weiße Ele fant, der Vogel Abis und Schlangen. Nördlich, in Tibet, Mon golei und Tartarei, hat sich aus dem Buddhismus der Lamais mus entwickelt. Als oberster Gottesvertreter gilt der Dalai- Lama. Die Gottheit Amida wird mit einem Hundekopfe dar gestellt, den Fuß auf einen Löwen gestützt, welcher auf einem toten Menschen steht. Viele Götter werden hier verehrt. Für einen Europäer ist es mit Lebensgefahr verbunden, in ein sol ches Tempelheiligtum oder Kloster einzudringen. Sven Hedin hat dies ja so gut geschildert. Der Dalai-Lama hat eine un heimliche Gewalt über das Volk samt seiner Priesterkaste, wei che auch über Mönchs- und Nonnenkloster herrschen. Den tau senden von Priestern ist das arme Volk vollständig ausgeliefert in seiner Unwissenheit. Auch in China hat sich der Buddhismus gewandelt und sich in zwei Hauptreligionen geteilt. Als höchster Gott gilt hier Kungfutse, gewöhnlich Confucius genannt. Viele Millionen zählen seine Anhänger. Der Geschichte nach soll ein Bauern bursche, welcher sich viel mit religiösen Fragen beschäftigte, namens Lootsö, den Buddhismus aus Tibet eingeführt und neue Sittengesetze aufgestellt haben, nach welchen als höchster Grundsatz strengste Mäßigkeit der Leidenschaften, Erstrebung geistiger und leiblicher Vollkommenheit gilt. Unter den ver schiedenen Götterdarstellungen ist der Gott der Unsterblichkeit mit seinem großen kugelförmigen Leibe, zu Seiten den Hirsch und den Ibisvogel, bemerkenswert. Nach der Lehre besteht der Mensch aus Körper und Seele, welche nach dem Tode zum Himmel fliegt. Die zweite Hauptreligionsgemeinschaft ist die des Fo. Un geheuer ist die Zahl dieser Priester. Sie werden mit dem Namen Bonzen bezeichnet. Es sind die allein Wißenden. Das niedere Volk dient ihnen in größter Unterwürfigkeit. Sie woh nen in prächtigen Tempeln, bringen die Zeit mit Eßen, Trin ken, Dpfern und Musik zu. Sie leiten die Prozessionen, welche in der heißen Zeit hinausziehen und den Gott um Regen bit ten. Auch andere abergläubische Gebräuche, wie die Befragung des Schicksals, sind im Gebrauch. Ueberall, in Städten, Dör fern, im Freien, stehen diese Tempel. Wer etwas unternimmt, befragt erst das Schicksal mit dem Stäbchenbecher. Sonderbar ist in der Menschheit der Wunsch, die Zukunft entschleiert zu