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Zahlreiche politische Ausschreitungen Wieder Todesopfer und viele Verletzte Der Sonntag und die Sonntagnacht brachten in allen Teilen des Reiches leider wieder zahlreiche politische Zu sammenstöße und Überfälle, bei denen es außer zahlreichen Schwer- und Leichtverletzten auch wieder Tode sopfer gab. In Berlin-Schöneberg wurde die Wirtin eines KPD.-Lokals erschossen. Die Polizei berichtet darüber folgendes: In Berlin-Schöneberg drangen fünf zehn SA.-Leute in das kommunistische Verkehrslokal „Pappschachtel" ein und demolierten, indem sie mehrmals um sich schoflen, die gesamte Inneneinrichtung. Die Wirtin des Lokals erhielt einen Bauchschuß, dem sie im Krankenhause erlegen ist. Die verhafteten SA.-Leute gaben an, aus Rache gehandelt zu haben, da sie am Vor mittag von Kommunisten überfallen worden seien. Bei der Durchsuchung fanden die Beamten des Überfallkom mandos teils bei den Verhafteten, teils auf der Erde zehn Pistolen, zwei Knüppel, eine Stahlrute, mehrere Messer und eine Anzahl Patronen. Zu dem Anschlag auf den Bürgermeister von Staßfurt wird noch mitgeteilt, daß ein Schuß den Mantel Kastens durchschlug; der zweite Schuß drang bei der Wirbelsäule in den Körper ein und an der linken Bauch seite wieder heraus. Der Bürgermeister schleppte sich bis zum Hause hin und gab aus seiner Pistole mehrere Schüsse ab. Darauf sank ihm die Waffe aus der Hand. Die so- sort alarmierte Polizei begab sich an den Tatort. In zwischen hatten die Angehörigen den Schwerverletzten in seine Wohnung geschafft. Der Bürgermeister, der der SPD. angehört, war bei vollem Bewußtsein und machte den Beamten klare Antworten über die Tat und den Täter. Bei der Untersuchung der Tat fiel der Verdacht aus drei Schüler, Don denen jedoch nur der Ghmnasiast Matthes als Täter in Frage kommen konnte. Man konnte seiner zu- uächst nicht habhaft werden. Die Nationalsozialisten rückten von der Tat ab. Sie versprachen, den Täter, so bald er auftauchen würde, der Polizei zu übergeben. Am Sonntag früh erschien dann der Kreisleiter Wie - mecke der NSDAP, bei der Polizei mit dem Ge suchten, der sofort in Haft genommen wurde. Obwohl Matthes die Tat leugnet, verdichteten sich die Verdachts momente so sehr, daß an seiner Schuld kein Zweifel mehr bestehen kann. ' Schüsse ans etncn Tranerzttg. Zu der Beisetzung des am Mittwoch in Homberg er- v- schossenen SA.-Mannes Paffrath waren aus allen Teilen der Nachbarschaft, auch aus Essen, 'SA - und SS.-Leute in großen Lastwagen hcrbeigeeilt. Als der Zug nach Duisburg von der Geschäftsstelle der NSDAP, an der Goldstraße, wo die Leiche^Paffraths aufgebahrt war, in die Kremerstraße an einem Bahngelände sich entlang bewegte, wurde plötzlich von der Bahnseite aus einem stillgelegten Fabrikbetriebe eine Salve in die Menge hineingefeuert. Im Nu war die Straße von Passanten und Zugteil nehmern gesäubert, und Polizei, mit Stahlhelm und Karabinern ausgerüstet, begab sich sofort auf die Suche nach dem Schützen. Ein Nationalsozialist wurde getötet, sechs andere wurden zum Teil schwer verletzt. Die An greifer hatten auch eine Handgranate in die Menge ge- schleudert. Nach Wiederherstellung der Ruhe konnte sich der Drauerzug zum Waldfriedhof begeben. In Köln sollen, nach einem amtlichen Bericht, in der Nacht zum Montag auf ein Verkehrslokal der NSDAP, verschiedent lich Schüsse abgegeben worden sein. Hierauf begaben sich uniformierte SA.- und SS.-Leute auf die Straße und stellten Passanten zur Rede, von denen sie annahmen, daß sie die Täter seien. Im Verlauf dieser Auseinandersetzun gen kam es nach Zeugenaussagen zum Waffengebrauch. Durch Schüsse wurden vier Personen verletzt, davon zwei schwer. Acht Verletzte bei und in Düsseldorf. Ans der Rückfahrt von Leverkusen nach Düsseldorf wurden vier offene Lastautos, die mit Angehörigen der NSDAP, besetzk waren, aus Fenstern heraus beschossen. Dabei erhielt der Führer eines nationalsozialistischen Sturmbannes einen Kopfschuß. Am Oberbilker Markt wurde eine Anzahl Schüsse auf das Restaurant Ratskeller abgegeben. Eine Frau wurde am Arm verletzt. Bei einer Schießerei zwischen Kommunisten und National sozialisten gab es sechs Verletzte, darunter zwei Schwer verletzte. In Viersen gaben, wie die Polizei mitteilt, in der Nacht zum Montag vier uniformierte SS.-Leute mehrere Schüsse auf die Schaufenster eines Möbelgeschäftes ab. Eine Polizei streife, die auf die Täter zuging, um ihnen die Waffen abzunehmen, wurde beschossen. Einer der Beamten er hielt einen Kopfschuß, ein zweiter einen Bauch- und Ober schenkelschuß. Ihr Zustand ist ernst, doch besteht keine Lebensgefahr. Ein dritter Beamter, der seinen Kollegen zu Hilfe eilen wollte, wurde gleichfalls beschossen, aber nicht getroffen. Die Täter sind flüchtig, aber bekannt. Schießereien in Wuppertal. In Wuppertal kam es verschiedentlich zu Schieße reien. Ein Zug mit Angehörigen der NSDAP, wurde auf dem Wege von Remscheid nach Kronenberg aus dem Hinterhalte beschossen. Dabei wurde ein Zugteilnehmer durch Schüsse in die Wade und ins Gesicht verletzt. In Wuppertal-Sonnborn wurden die Schaufensterscheiben einer Wirtschaft, in der Reichsbannerleute Verkehren, nach Mitteilung der Polizei, von Nationalsozialisten beschossen. In Freiburg i. Br. kam es, wie die Polizeidirektion mitteilt, nach einer Ver sammlung der Eisernen Front zu Zusammenstößen zwischen Versammlungsteilnehmern und National sozialisten, wobei fünf Personen verletzt wurden. Sie wurden in der Chirurgischen Klinik verbunden, konnten aber bald darauf wieder entlassen werden. Don einem Polizeibeamten in Notwehr erschossen. In Mannheim-Seckenheim kam es nack einem Ball der Freien Turnerschaft auf der Straße zr einem Streit, bei dem der angetrunkene Schlosser Seif wegen Lärmens von einem Polizeibeamten festgenommer werden sollte. Dabei wurde dem Beamten der Gummi knüppel und das Seitengewehr entrissen. Auf deni Boden liegend, gab er zunächst einen Schreckschuß und dann einen zweiten Schuß ab, der den Angreifer Seih in den Bauch traf, fo daß er starb. Ein an dem überfall auf den Beamten beteiligter anderer Schlosser wurde festgenommen. Weitere Zusammenstöße werden aus Barby und aus Danzig-Neufahr wasser gemeldet. In Barby wurden anläßlich eines Aufmarsches der SA. zwei SA.-Männer hinterrücks von Kommunisten niedergestochen. Sie mußten dem Kranken haus zugeführt werden. In Danzig - Neufahrwassei wurden drei Nationalsozialisten von drei der SPD. an gehörigen Leuten angegriffen. Der Nationalsozialist Erich Richter wurde durch Messerstiche an der Stirn, an der Hand und am Unterarm verletzt, die beiden anderen Nationalsozialisten wurden blutig geschlagen. Die Täte: konnten verhaftet werden. * Kommunistische Setze in -er niederländischen Mrine. In Soerebaja (Java) herrschte im Zusammenhang mit der Entführung des Panzerschiffes die Besorgnis, daß das Pulverlager durch radikale Elemente in Besitz ge nommen werden könnte. Es sind jedoch entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen worden. Vor sämtlichen Marineämtern stehen Offiziere mit der Waffe in der Hand auf Posten. Zu Zwischenfällen ist es jedoch nicht gekommen. Die Ereignisse in Niederländisch-Jndien haben dazu geführt, daß in dem holländischen Kriegshafen Ten Helder anscheinend von kommunistischer Seite aus ver sucht wird, unter den Angehörigen der Marine Unruhe zu stiften. In Flugblättern wird zum Aufruhr gehetzt. Heer und Marine werden aufgefordert, Soldalenräte zu bilden und dem Beispiel der Eingeborenen-Vesatzung der „Zeven Provincien" zu folgen. Um revolutionären Ele menten den Zugang nach Den Helder unmöglich zu machen, sind besondere Schutzmaßnahmen ergriffen worden. Nichtanerkennung des immdWmWkn Staates dmch den Völlerbmd? Der Ncunzehncrausschuß erkennt Mandschukuo «icht an. Der Ncunzehncrausschuß faßte einen Beschluß von großer Tragweite. In großer Übereim stimmung wurde vereinbart, daß in den Empfehlungen des abschließenden Berichtes des Ncunzehnerausschusses an die Vollversammlung des Völkerbundes folgende drei Punkte ausgenommen werden sollen: Annahme der zehn Grundsätze des Kapitels 9 des Lytton-Berichtes, in dem die Oberhoheit Chinas über die Mandschurei anerkannt wird. Nichtanerkennung des neuen mandschurischen Staates, und zwar weder eine rechtliche noch eine tatsäch liche Anerkennung. Uneingeschränkte Einhaltung des Völker bundvertrages, des Kellogg-Vertrages und des Neunmächteabkommen von 1921. Ferner wurde im Neunzehnerausschuß grundsätzlich vereinbart, daß auch die amerikanische und sowjetrussische Regierung aufgefordert werden sollen, sich der Nichtanerkennung des mandschurischen Staates und der Nichtzusammenarbeit mit dem man dschurischen Staate anzuschließen. Der Zusammentritt der Völkerbundversammlung wird für Anfang der nächsten Woche vorgesehen. ASlerate-ellvertretenderGeneralfeftM des Völkerbundes. Was wird aus der Minderheitcnabteilung? Der Völkerbundsrat hat in einer streng geheimen Sitzung den Direktor der Minderheitsabteilung, den Spa nier Askerate, ab 1. Juli zum stellvertretenden General sekretär des Völkerbundes ernannt. Die Ernennung des zweiten neuerdings vorgesehenen stellvertretenden General sekretärs ist bisher noch nicht vorgenommen worden. Für diesen Posten ist der neue italienische Untergeneralsekretär Pilotti vorgesehen. Die Ernennung Askerates, die all gemein außerordentlich überrascht hat, ist auf den drin genden Wunsch des Generalsekretärs Drummond erfolgt. Der Völkerbundsrat beschloß ferner, den langjährigen Privatsekretär Drummond, den Engländer Walters, zum englischen Untergeneralsekretär des Völkerbundes zu er nennen. Bekanntlich ist die bisherige Tätigkeit des Direktors der Minderheitenabteilung, Askerate, auf starke Kritik ge stoßen. Es steht noch nicht fest, ob Askerate auch weiterhin die Minderheitenabteilung des Völkerbundssekretariats beibehalten oder ob die seit langem von vielen Seiten dringend gewünschte Änderung in der Leitung der Minder- heitenabteilung nunmehr doch eintreten wird. Meuterei wegen Soldkürzung. Funksprüche der Meuterer. Nach den in Amsterdam eingetrofsenen Nachrichten aus Batavia dauert die Verfolgung des von der ein geborenen Besatzung entführten Panzerschiffes „De Zeven Provincie n" durch den Regierungsdampscr „Aldebaran" an. Die „Aldebaran" folgt dem Schiffe in einer Entfernung von etwa fünf Meilen. Das Kriegsschiff „Gouden Leeuw" hat gleichfalls die Verfolgung auf- Der Panzerkreuzer „De Seven Provincien". . komm voll ttaWlMMKelmonn. Howrislit hx blartia köu?ktvgngsrflialls (Lssis) s31 „Aber, gnädige Frau, Joe kann natürlich tun und lassen, was sie will. Dort kommt Madelon mit Herrn Doktor Richter. Hallo! Hier sind wir!" Magdalene und August Richter kamen näher. „Wir wollen ein wenig Luft schöpfen", sagte Mag dalene. Ihre Wangen waren gerötet. Man sah ihr das Vergnügen an, das ihr der Tanz bereitet hatte. Jetzt kam eine kühle Brise über das Meer herüber. Die Damen schauerten zusammen, zogen ihre Pelze enger um den Körper. „Es wird reichlich kalt, meine Herrschaften", meinte Herr Reichmann. „Ich schlage vor, wir gehen in den Saal zurück und trinken gemütlich ein paar Flaschen zusammen." Sein Vorschlag fand eifrig Zustimmung. Die kleine Karawane fetzte sich in Bewegung. Magdalene und August Richter blieben einen Augen blick zurück. „Sehen Sie nur, Herr Doktor, diese wundervolle Be leuchtung! Ist das nicht herrlich?" Aufstrahlend suchten ihre Augen die Augusts, der den Blick ebenso leuchtend zurückgab. Gleich darauf schlossen sie sich den anderen an. Als man in einer gemütlichen Ecke des eleganten Saales saß, fuhr Frau Reichmann plötzlich erschrocken in die Höhe. „Was ist Ihnen, gnädige Frau?" fragte Joe, die neben Frau Reichmann saß. „Mein Armband!" stammelte die Frau entsetzt und sah auf ihren nackten Arm, von dem das alitzernde Schmuck stück verschwunden war. kam. Sie begriff überhaupt nicht, warum er sich seit gestern etwas zurückzog. Nicht, daß sie sich in den Mann verliebt hätte. Sie war überzeugt davon, in ihm nur den guten Reise bekannten zu sehen, der ihr die Zeit vertreiben half und der interessant zu plaudern verstand. Für ernstere Dinge kam er überhaupt nicht in Frage. Er war nichts weiter als ein armer Doktor, dem diese Schiffsreise durch ein Los zugcfallen war und der sich solch eine Extravaganz sonst nicht hätte leisten können. Jeden falls kein Mann, der für Magdalene Winter ernsthaft zur Diskussion stand. Magdalene wußte, daß sie begehrenswert war, reiz voll und schön. Die bewundernden Blicke der Männer sagten es ihr und der Neid der Frauen. Dazu kam noch ihr vieles Geld. Sie konnte sich de» Mann aussuchen, den sie einmal heiraten würde. Sicher nicht einen so armen Schlucker wie den Doktor Richter. Wenn er ihr auch sonst noch so gut gefiel. Ja, sie verhehlte sich nicht, daß er ihr gefiel, daß sie gern mit ihm zusammen war. Er wußte nicht, daß sie eine Deutsche war. Sie hatte sich ihm als Französin vorgestellt, hatte ihm gesagt, daß ihr deutscher Großvater nach Frankreich gezogen war. Sie<hatte gemerkt, daß Joe recht hatte mit ihrer Be hauptung, daß man als Französin mehr Beachtung fand denn als simple Deutsche. Und niemand erfuhr, daß sie Magdalene Winter hieß und nicht Madame Madelon Wintöre... August Richter hatte sich den Ausflügler« nicht «*» geschlossen. Er machte sich nichts aus solchen Massen^ Wanderungen; er blieb lieber für sich allein. Später als die anderen verließ er das Schiff, M sich allein die Straßen der Stadt zu durchstreifen. Dann saß er in der Sonne vor einem keinen CaD rmtz ließ seine Gedanken spazieren gehen. Bis jetzt gefiel ihm diese Schiffsrekse recht Pkt. Und; daß er dabei die kleine Französin getroffen hatte, war einj belonderes Glück- „Um Gottes willen! Haben Sie es verloren, gnädige Frau?" „Ich weiß es nicht." Dann rief sie ihrem Mann ent gegen, der gerade an den Tisch zurückkam: „Kurt, mein Armband! Es ist nicht mehr da!" Die kleine Tafelrunde war sehr bestürzt. August Richter versuchte zu beruhigen. „Das Armband muß sich wiederfinden, gnädige Frau. Sie haben es ja auf dem Schiff verloren." „Seit wann vermissen Sie es, gnädige Frau? Hatten Sie es noch, als wir den Saal betraten?" fragte Titus. „Ich weiß es nicht", antwortete Frau Reichmann. „In diesem Augenblick ist mir der Verlust bewußt geworden. 'Ich kann aber nicht sagen, wie lange es schon weg ist." Joe frohlockte. Sie hatte das kostbare Schmuckstück an sich gebracht, als man sich gerade gesetzt hatte. Niemand hatte ihre geschickte Arbeit gemerkt. Titus hatte das Arm band, das sie ihm zugesteckt hatte, bereits in Sicherheit gebracht. „Ich vermute, gnädige Frau, Sie haben das Armband verloren, als Sie oben auf Deck die Arme ausbreiteten, vor Entzücken über die Schönheit des Meeres. Dabei wird es ins Wasser gefallen sein!" meinte jetzt Joe, und die anderen stimmten ihr zu. „Wir wollen den Verlust natür lich zur Vorsicht dem Kapitän melden. Vielleicht findet sich das Armband doch noch." „Aber jetzt wollen wir uns den Abend nicht verderben lassen, Kind", sagte Reichmann. „Sobald wir zu Hause sind, bekommst du ein neues Armband. Sei nur vergnügt, das ist die Hauptsache." In Lissabon legte das Schiff zum ersten Male an, in aller Frühe, morgens um sieben Uhr. Ein großer Teil der Passagiere verließ den Dampfer, um entweder die Stadt zu besichtigen oder nach Cintra zu fahren oder zum Schloß Pena; Wagen und Autos standen bereit, die Fahrgäste aufzunehmen. Magdalene, Joe und Titus schlossen sich der Fahrt nach Pena an. - Es tat Magdalene leid, daß Doktor Richter nicht mit