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MMMTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, dolcn.unlneAuskäaeru. .... . Geschafisltelle, neymen zu Wochenblatt für W.lsdruff u. Umgegend tein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung Les Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fer»spxecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 ZANAS Lurch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Be^ag durch Klage erngezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 3Z — 9Z, Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 7. Februar 1933 Ter PreuM LMM MM Re Begründung für die neue Preußenverordnung. Seit breidiertel Jahr hat das Parlament des größten Deutschen Landes, hat der am 20. April 1932 gewählt« -preußische Landtag getagt — nicht allzu oft übrigens! — und hat es nicht zustande gebracht, an die Stelle des -Nmisteriums Braun, Hirtsiefer, Severing usw. ein neues Kabinett zu setzen, das den ganz anders gearteten Mehr- ycitsverhältnissen dieses Parlaments entsprach. Preußen dut ja verfassungsgemätz keinen Staatspräsidenten, der etwa, wie im Nsich, eine Eingriffsmöglichkeit dagegen patte, daß nur ein „geschäftsführcndes" Ministerium die Ehrung des Landes Preußen inneh'atte. Die Einsetzung Reichskommissars fürPreußen am 2O.Juli 1932 und der stellvertretenden Kommissare konnte aber auch nicht durch emen verfassungsmäßig endgültigen Zustand — also durch die Neuwahl eines Ministerpräsidenten — ersetzt werden und die Aussicht darauf wurde noch unwahrscheinlicher uts im Reich eine Negierung gebildet wurde, die ohne da« Zentrum und sogar in politischem Gegensatz zu ihm zu stände gekommen ist; im Preußischen Landtag war aber ^we geschäftsordnungsmüßige, nämlich absolute Mehr Mt ohne das Zentrum zu erreichen. Die Selbstauß lchung des Preußischen Landtages ist bekanntlich ebenso abgelehnt worden wie der Versuch des Landtagspräsi- dcnten Kerrl, den Staatsrats- und den durch Notverord uuftg auf die Wahrnehmung der Hoheitsrechte be schrankten Ministerpräsidenten Braun zur Zustimmung zu veranlassen, daß nun auf diesem zweiten, von de: preußischem Verfassung vorgezeichneten Weg die Auflösung ocs Preußischen Landtages zustande käme. In diese Lage der Dinge hat nun der Reichspräsident wlbst eingegriffen durch die Notverordnung vom 6. Fe bruar, die sich auf den Absatz 1 des Artikels 48 der Ver fassung stützt. In diesem Artikel heißt es: „Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichs- stcsetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten." Das ist dadurch geschehen, daß der Reichs- bräsident bis auf weiteres dem Reichskommissar für Preußen — also dem Vizekanzler von Papen, der die Ver ordnung übrigens in Stellvertretung des Reichskanzlers hegenzeichnete — »die Befugnisse überträgt, die nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 25. Oktober 1932 dem Preußischen Staatsministerium und seinen Mitgliedern Sustehen". Zu diesem Vorgehen des Reichspräsidenten werden außer der bereits in der Notverordnung angedeutetcn Begründung noch amtliche und ausführliche Mit teilungen veröffentlicht, in denen zunächst wiederholt wird, es habe keine Möglichkeit bestanden, auf Grund des Staatsgerichtshofurteils „zu geordneten Verhältnissen in Preußen zu kommen". Die Wiederherstellung der Staats autorität verlange eine Beseitigung des bis herigen Nebeneinanders zweier Regie rungen. Kein Beamter könne zwei Herren dienen. Außerdem müsse im Reich und im größten deutschen Lande eine einheitliche politische Willensbildung erreicht werden, und schließlich kämen die Erfordernisse der Sparsamkeit hinzu. Bereits im Leipziger Prozeß hat der Vertreter des Reiches darauf hingewiesen, daß die dort von der früheren preußischen Regierung verlangte Teilung der Staatsgewalt eine unerträgliche Lage herbeiführen würde. Ter Staatsgerichtshof vertrat die Auffassung, bei einer Pflichtverletzung der Landesregierung gegenüber dem Reich würde der Reichspräsident auf Grund des Artikels 48 Abs. 1 weitergehende Eingriffe in die Rechte des Landes vornehmen können. Nun stehe fest, so fährt die Begründung der Not verordnung fort, daß im Urteil nicht ausdrücklich fest gelegte, also strittige Hoheitsrechte überhaupt nicht aus- geübt worden seien, wie z. B. das Gnadenrecht. Die Ver tretung Preußens gegenüber Reich und Land habe vor allem durch die widersprechende Instruktion von Beamten einen Konflikt entstehen lassen, der mit dem Wesen des Beamtentums schlechthin unvereinbar sei; der Beamte könne so wenig wie der Soldat zwei Vorgesetzte mit verschiedener Befehlsgewalt haben. Und endlich sei das verträgliche Zusammenarbeiten nicht gelungen; es sei fraglich, ob ein solches überhaupt gelingen könnte, soweit cs sich um die Ausübung der Hoheitsrechte handle. Durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom W. Juli 1932, also mit der Einsetzung der kommissarischen Regierung, sei ein Provisorium geschaffen worden; der Preußische Landtag habe auf dem verfassungsmäßigen Wege aber keine neue Landesregierung gebildet, und habe cs, ebenso wie der Ministerpräsident Braun, abgelehnt, durch Auflösung des Landtages den Weg zu einer even tuellen Bildung einer neuen Regierung frei zu machen. Dabei stehe, so erklärt die Begründung, fest und sei auch unter den Beteiligten kaum bestritten, daß der gegen wärtige provisorische Zustand unerträglich und mit dem Wohle des Staates unvereinbar sei. „In Pen Handlungen des Landtages und des Ministerpräsidenten, die tatsächlich bewirken, daß dieser Zustand aufrechterhalten bleibt, liegt die Pflichtver letzung des Landes, auf der die gegenwärtige Notver ordnung beruht." Hinzugefügt wird noch — was einige nichtpreußische Länder besonders interessieren wird —, daß eine nur ge schäftsführende Regierung in einem Lande keinen Grund zum Eingreifen des Reichspräsidenten bietet. Oie Auslösung beschlossen. Das Drcimänncrkollcgium hat am Montagabend nach zweistündiger Sitzung in der durch die Verordnung des Reichspräsidenten gegebenen neuen ^Zusammensetzung mit ven Stimmen des Reichskommissars von Papen und oes Landtagspräsidenten Kerrl die Auslösung des Preußischen Landtages zum 4. März beschlossen. Der Präsident des Staatsrates, Dr. Adenauer, beteiligte sich an der Abstimmung nicht, mit der Begrün dung, daß er die Verordnung des Reichspräsidenten für verfassungswidrig halte. * Ore Erklärung Or. Adenauers im Oreierausschuß Der Präsident des Preußischen Staatsrates, Dr. Adenauer, gab in der Sitzung des Dreierausschusses, in der die Auflösung des Landtages beschlossen wurde, solgende Erklärung ab: Die Verordnung des Reichspräsi denten vom 6. Februar widerspricht dem Artikel 17 der Reichsverfassung und den vom Staatsgerichtshof in dem Urteil vom 25. Oktober 1932 daraus gezogenen Folgerun gen. Ich bin daher nicht in der Lage, anzuerkennen, daß der Herr Reichskommissar von Papen das nach Artikel 14 der preußischen Verfassung dem Ministerpräsidenten zu stehende Recht auszuüben befugt ist. Ich lehne es daher ab, an der Abstimmung teilzunehmen, und verweise in sachlicher Hinsicht aus meine Erklärung vont 4. Februar. Wie die Pressestelle des preußischen Staatsministe riums in dem amtlichen Bericht über die Sitzung des Dreimännerausschusses mitteilt, nahmen Landtagspräst- dent Kerrl und der Reichskommissar für das Land Preußen, Vizekanzler von Papen, von dieser Erklärung Adenauers Kenntnis und beschlossen: Gemäß Artikel 14 der Preußischen Verfassung wird der Preußische Landtag mit Wirkung vom 4. März 1933 aufgelöst. * Oie Mandatsverteilung im aufgelöflen Preußenparlament. Der durch Beschluß des Dreimännerkollegiums auf gelöste Preußische Landtag, der am 20. April 1932 gewählt worden war, hatte folgende Mandats- Verteilung aufzuweisen: Nat.-Soz. 162, Soz. 93, Ztr. 67, Dtn. 31, DVP. 7, Staatsp 2, Komm. 57, Christlichsoz. 2, Hannov. 1, Sozialrep. 1, zusammen 423 Abgeordnete. * Oer Termin -er Preußenwahl. Ständiger Ausschuß des Landtages einberufen. Präsident Kerrl hat den Ständigen Ausschuß des Preußischen Landtages für Dienstag, 20 Uhr, zu einer Sitzung einberufen, um dem Ausschuß Gelegenheit zu geben, zu der Frage der Festsetzung des Zeitpunktes der Neuwahl des Preußischen Landtages Stellung zu nehmen. Nach dem preußischen Landeswahlgesetz, Art. 6, wird der Tag der Neuwahl vom Statsministerium im Ein vernehmen mit L?m Ständigen Ausschuß bestimmt. Das kommissarische Siaatsministerium wird dem Ausschuß als Termin den 5. März Vorschlägen. Sollte die Mehrheit des Ausschusses, was nach der Ablehnung des national sozialistischen Auflösungsantrages im Landtag wahrschein lich ist, dem Vorschlag des Staatsministeriums nicht ; u st i m m e n , so rechnet man damit, daß das kommissa rische Staatsministerium dann den Wahltermin auf den 5. März durch eine auf der sogenannten Dietrams zeller Sparverordnung des Reichspräsidenten beruhende Verfügung festlegen wird. * Sraun klagt vor dem Staatsgerichishos. In einer längeren Mitteilung über die Auffassung des preußischen Stagismintkteriums rur Ver. ordnung des Reichspräsidenten zur Wiederherstellung ge ordneter Verhältnisse in Preußen vom 6. Februar wird erklärt, daß die neue Verordnung gegen die Reichs verfassung und gegen die Grundsätze der Entscheidung des Staatsgerichtshofes verstoße Die preußische Staabs- regierung werde daher unverzüglich die Entscheidung des Staatsgerichtshofes anrufen. * Sine Erklärung der Regierung Vraun. über die Auffassung des Staatsministeriums Braun zur Verordnung des Reichspräsidenten zur Wiederherstel lung geordneter Verhältnisse in Preußen vom 6. Februar wird folgendes mitgeteilt: Die preußischen Staatsminister erheben schärfsten Widerspruch gegen die Beschuldigung, daß das Land Preußen seine Pflichten gegenüber dem Reiche verletzt habe. Die amtliche Begründung der Reichsrcgierung sehe das angebliche Verschulden des Landes Preußen darin, daß der Preußische Landtag keine Mehrheitsregierung ge bildet und sich nicht aufgelöst habe, und daß der Minister präsident dazu mitgewirkt habe, Katz die Auflösung unter blieb. Demgegenüber wird folgendes festgestellt: Die Bil dung einer Mehrheitsregierung durch die NSDAP, und das Zentrum scheiterte daran, datz die Reichsregierung ihrerseits keine verpflichtende Zusicherung gab, datz sie nach Bildung dieser Regierung den für Preußen eingesetzten Reichskommissar zurückziehen werde. Zur vorzeitigen Aus lösung eines Landtages besteht im übrigen keinerlei recht liche Pflicht, geschweige denn eine Pflicht gegenüber dem Reich. Die preußische Staatsregierung wird unverzüglich die Entscheidung des Staatsgerichtshofes anrnfen." * Pressestimmeu zu« neuen Preußen- Verordnung. Berlin, 6. Februar. Die Berliner Blätter nehmen in eingehender Weise Stellung zu der neuen Verordnung über die Regelung der Verhältnisse in Preußen. Die „Germa nia" erklärt, das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 25. Okt. 1932 werde durch eine neue Notverordnung außer Kraft ge setzt. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der neuen Aktion gegen Preußen aber stehe auf einem anderen Blatte. Nur durch den ersten gewaltsamen Eingriff in preußische Hoheits rechte vom 20. Juli 1932 sei jene „Verwirrung im Staats leben" entstanden. Verantwortlich dafür, daß es bisher nicht gelungen sei, das preußische Durcheinander durch eine neue ordnungsmäßig kreierte Regierung zu beenden, sei nach über einstimmender Auffassung in allererster Linie die größte Par tei des Landtages, in deren Händen die Initiative zur Regie rungsbildung liegen mußte, nämlich die N.S.D.A.P. Zum Schluß stellt das Blatt fest, daß das neue Vorgehen in Preu ßen einen Vorteil habe, da die Bedeutung des 5. März als Großkampftag nochmals unterstrichen werde. — Der „Völ kische Beobachter" schreibt, mit der Verordnung zur Herstellung geordneter Regierungszustände in Preußen sei dem Treiben der Linken ein Ende gemacht. Das Großreine machen in Preußen unter Hitler könne nunmehr beginnen. Eine Störung der öffentlichen Ordnung sei in Preußen zur zeit nicht zu bestreiten, denn Voraussetzung der öffentlichen Ordnung seien verrfassungsmäßige Zustände und solche herrsch ten in Preußen nicht. Da die Quelle dieser Unordnung der nicht arbeitsfähige Landtag sei, müsse er verschwinden. Be denken gegen eine Auflösung auf Grund des Artikels 48 be ständen in staatsrechtlicher Hinsicht nicht. Die Autorität des Deutschen Reiches erfordere es, daß die Zustände in Preußen geändert werden. — „Der Ta g" weist darauf hin, daß die nationale Bewegung sofort die schwersten Bedenken gegen den Leipziger Spruch vom 25. Oktober geltend gemacht und vor ausgesagt habe, was kommen mußte: Eine Lähmung des preu ßischen Staates und eine schwere Beeinträchtigung der Neichs- gewalt. — Die „Deutsche Zeitung" erklärt, die Hand habe für das neue Vorgehen gegen Preußen sei völlig ein wandfrei. Es sei außerdem zu beobachten, daß der Reichsze- richtspräsident Dr. Bumke am Sonntag in Berlin gewesen sei. Es heiße zwar, daß es sich nur um den offiziellen An trittsbesuch bei der Reichsregierung gehandelt habe, aber es sei wohl nicht daran zu zweifeln, daß man sich auch über die mit Preußen zusammenhängenden staatsrechtlichen Fragen unterhalten habe. — Das „B erliner Tageblatt" greift auf die Urteilsbegründung des Leipziger Spruchs vom 25. 10. zurück und kommt zum Schluß, daß die neue Regierung im Kampf um die Reichsverfassung einen schweren Stand haben werde. Das Verhältnis Bayerns zum Reich. Zu der Mitteilung des Vizekanzlers von Papen über seine Besprechung mit Staatsrat Schäffer erklärt die Reichstagskorrespondenz der Bayrischen Volkspariei, Staatsrat Schäffer habe seinerseits ausdrücklich erklärt, datz vom Standpunkt der Länder wie vom Nechtsstand- punkt aus die Darlegungen des Vizekanzlers vollkommen unbefriedigend seien.