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Gin Gnerschniit durch di« Neunkirchener Ratastrsphe. Auf unserer Bildzusammenstellung sieht man einige Bilder von den entsetzlichen Folgen der Explosionskatastrophe in Neun kirchen (von links): unzählige Häuser sind zusammengestürzt. Die Todesopfer der Aeunkirchener Katastrophe. Die Beisetzung der Toten. Nach der amtlichen Verlustliste beträgt die Zahl der Todesopfer der Explosionslatastrophe von Neunkirchen bisher 54, darunter 24 Männer, 22 Frauen und acht Kinder. Von den 24 Männern sind 21 Werksangehörige, von den weiblichen Toten sind 13 Ehefrauen von Werks angehörigen. Die Zahl der Vermissten beträgt 14. Die Bcisenungsfeicrlichlciten finden am Dicnstagnachmittag in Anwesenheit des Reichsvizekanzlers von Papen und, wie es heisst, des französischen Arbeitsministers statt, auch der Neichsarbeits- Minister Seldte soll an der Beisetzung teilnehmen. Nm 3 Uhr nachmittags findet zunächst auf dem Markt platze eine Trauerfcicr, verbunden mit der Einsegnung der Toten, statt. Der Traucrzug wird sich dann zum Friedhof bewegen, wo die Toten in einem gemeinsamen Grabe beigcfcist werden. Die letzte Ruhestätte der Opfer der Katastrophe wird zu einem Ehrcnhain ausgestaltet. Die kirchlichen Zeremonien werden Weihbischos Lenz aus Trier, früher Pfarrer in Neunkirchen, und Generalsuperintendeut Soltenhof - Ko blenz vornehmen. Tie zuständigen Stellen sind eifrig bemüht, die Frage der Unterbringung der Obdachlosen einer möglichst raschen Lösung zuzuführen. Durch die Erplosion sind über 100 Wohnungen verlorengegangcn. Die Wcrksverwaltung sowie die Haus- und Grundbesitzerorganisation fordern in einem Aufruf die Bereitstellung der erforderlichen Räume in leerstehenden Neubauwohnungen. Daneben werden ini Laufe der nächsten Tage für ungefähr 69 Familien Baracken errichtet werden. Dabei handelt es sich natürlich nur um eine Notmaßnahme. Die zerstörten Häuser sollen noch im Laufe des Jahres aufgebmtt werden. Die am meisten in Mitleidenschaft zerstörte Saarbrücker Straße soll nicht wieder gufgebaut werden Soweit die anliegenden Häuser nicht zerstört wurden, sind sie derart baufällig geworden, daß an eine Nutzbarmachung nicht mehr zu denken ist. Geplant ist ferner, in den Stein waldwiesen im Anschluß an die dort bereits vorhandene Siedlung für die Hinterbliebenen der Erplosionskata strophe Neubauten zu errichten. Die Finanzierung hofft man in erster Linie ans den eingehenden Spenden sicher stellen zu können. Die Häuser sollen den Hinterbliebenen zu eigen gegeben werden. Die Aufräumungsarbeiten in den zerstörten Häusern gehen verhältnismäßig schnell vor sich. Schwieriger stellt sich die Beseitigung des un geheuren Trümmerhaufens in den Hüttenwerken. Die im Gelände verstreuten Stücke des Gaskessels werden mit Schweißbrennern zerlegt und wcggcschafft. An den Berg von verbogenen und zerknäulten Eisenträgern, Rohren und Blechen, der sich an der Stelle des Gasometers er hebt, wird man jedoch erst nach einiger Zeit herankommen können. Vorläufig müssen die schwelenden Wäschtürme der Benzolfabrik noch unter Wasser gehalten werden. Eine Weitere Explosionsgefahr soll aber nicht mehr bestehen. Bei den Aufräumungsarbeiten wurde ein Helfer ver schüttet und ziemlich'schwer verletzt. Aufruf zur Nolhilfe. Die Negierungskommission, die staatlichen und kom munalen Körperschaften des Saargebietes, die politischen Parteien des Landesr^ts, die Organisationen der Unter nehmer und Arbeitw^rner, die Vergwerksdirektion Saar brücken, die Beamten- und Angestelltenverbände und die charitativen Verbände des Saargebiets erlassen einen Auf ruf zur Nothilfe, in dem es heißt: „Ein unermeßliches Unglück ist über die Stadt Neun kirchen und ihre Bewohner, einer Naturkatastrophe gleich, hcrcingebrochen. Noch unübersehbar sind die Schäden an Leib und Leben nnd die Verwüstungen, die das Unglück angerichtet hat. Unsagbares Leid lastet aus den von dem Unglück betroffenen Familien. Uns allen drängt sich die heilige Pflicht auf, mitzuhelfen und mitzuwirken, ein jeder nach seinen Kräften, daß sich zu der seelischen Not der Betroffenen nicht noch die leibliche Not gesellt, daß allen Familien, die durch die Katastrophe betroffen würden, rasche und wirksame Hilfe zuteil wird. Ohne Unterschied der Parteien und Konfessionen rufen wir unsere Mit bürger auf, schnell und ausreichend zu helfen." Unter den Beileidskundgebungen, die in Neunkirchen eingetroffett sind, befinden sich Bei leidstelegramme des Neichstagspräsidenten Göring, des Württemberg ischenLandtages und des Präsidenten des Danziger Senats. Italien gedenkt der Opfer von Neunkirchen Anläßlich der Katastrophe in Neunkirchen hat zwischen dem König von Italien und dem Reichs präsidenten von Hindenburg ein Telegrammwechsel stattgefunden. König Viktor Emanuel hatte in bewegten Worten die herzliche Teilnahme des gesamten italienischen Volkes an dem Unglück im Saargebiet zum Ausdruck ge bracht. In seiner Erwiderung sagte der Reichspräsident: „Die herzliche Anteilnahme, die Eure Majestät mit dem ganzen italienischen Volk an der über zahlreiche deutsche Familien hereingebrochenen Trauei nehmen, wird in ganz Deutschland mit dem Gefühl tiefer Dankbarkeit ausgenommen.» die Bewohner suchen in den Trümmern nach verschütteten Fa milienmitgliedern sowie nach Habseligkeiten — das Schulhaus ist gleichfalls durch die Explosion vollkommen vernichtet wor- den; im Vordergrund sieht man das durch die Gewalt der Ek« plosion abgerissene Dach — dieses Strahenbild veranschaulicht die furchtbaren Verwüstungen — noch ein Straßenbild Ganz Neunkirchen trauert Ein Bild aus der von dem furchtbaren Explo sionsunglück heimge suchten Stadt Neunkir chen: überall künden auf Halbmast gesetzte Fah nen die Anteilnahme der Bevölkerung an. Die anderen Gasexplosionen. Zu der Gasexplosion im Eisenwerk Hamme raubei Bad Reichenhall, wo zwei Gasgeneratoren explo dierten, so daß das Gebäude zum Teil zerdrückt wurde, wird gemeldet, daß der Schaden hauptsächlich wirtschaft licher Natur sein dürfte. Das Walzwerk konnte vor den Flammen bewahrt werden. Infolge der Stickgase und der Gefahr einer weiteren Erplosion gestaltete sich die Be kämpfung des Feuers sehr schwierig. Man hofft, daß in den nächsten Tagen schon ein Hilfsgenerator in Betrieb gesetzt werden kann, so daß die Betriebsweitersührung teilweise ermöglicht werden dürfte. Das Eisenwerk sieht auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurück. In Frankfurta. M. ereignete sich an einer in Bau befindlichen Gasreinigungskanalanlage des Gaswerkes Ost eine Explosion. Der Deckel eines Gaskanalkastens wurde durch die Explosion abgehoben und auf einen zweiten, ebenfalls noch außer Betrieb befindlichen Kasten geschleudert. Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Es entstand lediglich Sachschaden. Neues aus aller Weil j Selbstmord eines Großdefraudanten. In Berlin erschoß sich der 43jährige Oberbuchhalter August Kern, der beim Reichsverband der Deutschen Luftfahrtindustrie 100 000 Mark unterschlagen hatte, in dem Augenblick, als er zur Verbüßung seiner Strafe von Polizeibeamten ab geholt wurde. Selbstmord einer Familie. Ein Wäschereibesitzer in Halle a. S. wurde in seiner Wohnung mit seiner Frau am Tische sitzend tot ausgefunden. Auf dem Sosa lag, eben falls tot, der elfjährige Sohn. Tie Familie hatte sich wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit Gas das Leben genommen. Eine Deutsche im Zug Rom—Florenz ermordet. In furchtbar verstümmeltem Zustande wurde auf der Strecke Rom—Florenz in der Nähe vo* Perugia eine deutsche Dame aufgefunden, deren Alter auf etwa 30 Jahre ge schätzt wird. Die Leiche lag neben dem Bahngleise. In der Handtasche fand man einen deutschgeschriebenen Brief und einen Schlüssel. Es wurde festgestellt, daß die Dame im Schnellzug von Nom nach Florenz erster Klasse fuhr. Die Polizei glaubt, daß sie das Opfer eines Verbrechens geworden ist. Riesiger Schaden durch Heuschreckenschwärme in Tunis. In der Nähe von Nefta in Tunis haben große Heu schreckenschwärme unermeßlichen Schaden angerichtet. Die Ernte ist zum großen Teil zerstört. Allein in der Um gebung von Nefta wurden 2500 Säcke voll Heuschrecken gesammelt. Lindbergh will wegen der Erpressungsversuche Amerika verlassen. Aus London wird gemeldet, daß Lindberghs Schwägerin Elisabeth Morrow-Morgan in einer Unterredung erklärt habe, Lindbergh beabsichtige in folge der andauernden Erpressungsversuche und neuen Entführungsdrohungen, seinen dauernden Wohnsitz an der französischen Riviera oder an der baskischen Küste zu nehmen. 200 Todesopfer der Kälte in Amerika. Der furcht baren Kältewelle, die jetzt zum zweitenmal den mittleren Westen der Vereinigten Staaten heimgesucht hat, sind mehr als 200 Personen zum Opfer gefallen. Nach heftigen Schneefällen ist jetzt im Osten der Staaten die Temperatur etwas gestiegen. 182 Meuterer von „De Zeven Provincien" in Ge fangenschaft. Aus Batavia wird gemeldet, daß die Zahl der auf der kleinen Insel Onrust gefangenen Meuterer von „Der Zeven Provi,«een" 182 betrage; davon seien 32 Europäer und 150 Eingeborene. Die Insel ist vom Verkehr mit der Außenwelt völlig abgeschlossen. —— .. — —— - .'S Akademie -er Feinschmecker. In Turin ist eine gastronomische Akademie gegründet worden, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, das Interesse für guterfundene leibliche Genüsse in allen 'Teilen des Publikums wachzuhallen und zu fördern. Zu diesem Zweck werden im Hause der Akademie von Zeit zu Zeit kleine Festlichkeiten veranstaltet, bei denen den Gästen kalte Gänge gereicht werden. Diese Art von Veranstaltun gen haben in Turin ein machtvolles Echo gefunden, denn ganz Turin drängt sich zu diesen Festlichkeiten. Auf der Akademie wird natürlich hauptsächlich dis Kunst des Kochens gelehrt. Es gibt theoretische und praktische Kurse, und man kann Wohl sagen, daß schon nach dem Lehrplan diese Stätte als eine wahre Universität der gastrosophischen Wissenschaften gewertet werden kann. Die Schüler müssen eine gewisse Vorbildung haben und lernen praktisch. Sie müssen unter Anleitung kochen und backen. Sie hören Kollegs, die wie andere wissenschaftliche Doktrinen mit historischem Stoff beginnen, in diesem Falle mit der Geschichte der Kochkunst in vergangenen Zeiten. Besonders besucht sind die rein wissenschaftlichen Kollegs, in denen Professoren der Naturgeschichte Vor träge über in der Küche Verwendung findende Produkte halten. Es wird ferner Medizin, Botanik, Biologie und Mineralogie getrieben. An jede Kleinigkeit wird gedacht, selbst die verschiedenen Arten von Wasser werden be sprochen, um ein alles umfassendes Bild der gesamten Materie zu geben. Die Akademie befindet sich in einem der typischen kleinen Turiner Paläste. Im Erdgeschoß findet man einen großen Festsaal mit spiegelblankem Parkett. Für das Auditorium und die Gäste sind an den Wänden lange Reihen von hohen Stühlen aufgestellt. Das Ganze mutet rein räumlich ein wenig mittelalterlich an und der Gegen satz zwischen den Räumen und der modern gelehrten Kunst ist erheblich. Durch einen Gang gelangt man in eine riesenhafte Küche, in der sich eine große Anzahl von Ofen und Herden befinden. An den Wänden hängen ganze Batterien von Kochtöpfen und Küchengeräten, denn auch der Verwen dung von diesen Geräten ist ein Kolleg gewidmet. Im ersten Stock liegt ein Saal, in dem die hergestellten Kost proben gereicht werden. Ganz hervorragendes Interesse beansprucht die Bücherei der Hochschule. Aus aller Herren Ländern sind hier die Werke zufammengetragen, die von den reichen Erfahrungen früherer Zeiten auf dem Gebiete der Koch kunst berichten. Bücherschau. Die grcsze Berliner Autoschau zeigte eine Fülle neuer technifcher Errungenschaften, von denen das soeben erschienene neue Heft der „Eleganten Welt" (Verlag Dr. Selle-Eysler A.-G., Berlin SO. 16) einen Ueberblick gibt und zwar nicht in Form der üblichen Katalogbilder, sondern an Hand von künstlerisch gesehenen, reizvollen Detailaufnahmen. In dem gleichen Maße wie diese Publikationen den automobilistisch geschulten Lesern interessieren, werden die über über die Neu heiten der Frühjahrsmode plaudernden Artikel den Beifall der modisch interessierten Leserin finden. Die vornehm ausgestatte- le Zeitschrift ist für 1 Mark überall zu haben. Karneval in jeder Stube, Stimmung, ohne Dekoration, Fröhlichkeit ohne Maskentreiben, schaffen nud verbreiten die Fliegenden Blätter. Ihr Witz, ihr Humor, ihre Lustigkeit und Satire bringen jeden Leser in die fröhliche Laune angeregter Faschingsunterhaltung, ohne daß er sich dazu von seinem ge mütlichen Stuhl erheben und in ein tönendes Tanzhaus be geben müßte. Das Abonnement auf die Fliegenden Blätter kann jederzeit begonnen werden. Bestellungen nimmt jede Buchhandlung und jedes Postamt entgegen, ebenso auch der Verlag in München 27, Möhlstraße 34. Die seit Beginn eines Vierteljahres bereits erschienenen Nummern werden neuen Abonnenten auf Wunsch nachgeliefert.