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unerträgliche Verschuldung durch den Abfluß ^er Tnbut- Zahlungen machten sich aber sehr schnell als hemmend bemerkbar. Und so stehen wir vor der traurigen Tatsache, daß bisher kaum ein Fünftel, hoch gerechnet, der deutschen Moorflächen kultiviert ist. Hier stehen insbesondere auch dem Freiwilligen Arbeitsdienst grotzeBetätigungs- möglichkeiten offen. Was aus Moorland gemacht werden kann und was in Deutschland bisher noch allzusehr versäumt worden ist, dafür bietet die deutsch-holländische Grenze an der unteren Ems ein sehr anschauliches Bild. In Holland ist auf dem selben Moorboden jeder Ouadratfuß in Gartenland um gewandelt, auf der deutschen Seite herrscht verkommene Wildnis vor, in die ein paar elende Dörfer und Höfe ein- gestrem sind. Hier liegt also eine große Aufgabe vor, welche das kommende Menschenalter zu lösen haben wird. Alle Vor bedingungen dazu sind geschaffen dank der halbjahr hundertelangen Tätigkeit des Vereins für die Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche. Arbeitsbeschaffung und Landgewinnung. Im Rahmen der Grünen Woche fand eine Haupt versammlung des Verbandes der Landes kulturgenossenschaften statt, die mit Rücksicht auf die augenblicklichen politischen Umstellungen eine be sondere Beachtung verdient. Der Bielefelder Fabrikant Dr. Meyer zu Schwabe dissen entwarf Grundsätze für die Arbeitsbeschaffung, in denen er einen Eingriff des Reiches forderte, weil die Privatwirtschaft versagt habe. Um dem Reiche Be stellungen bei den Einzelwirtschaften zu ermöglichen, müsse die Schöpfung „zusätzlichen Geldes" erfolgen. Der Redner hielt eine Geldschöpfung von 3 Mil liarden zunächst für unbedenklich und wandte sich bei Emp fehlung dieses bekanntlich sehr umstrittenen Planes gegen die Meinung, daß dieses Neugeld zu einer Inflation führen könne. Es sei nur notwendig, daß die private Geldschöpfung, welche die Deflationstendenz der Privat wirtschaft brechen solle, planmäßig kontrolliert und im Be darfsfälle mit Hilfe der Mehreingänge der öffentlichen Kassen durch Rückzahlung an die Reichsbank zu sterili sieren. Es müsse ein Gcneralstab der Volkswirtschaft geschaffen werden, dessen Chef des Stabes dafür verant wortlich sei, daß weder Inflation noch Arbeitslosigkeit herrsche. Das Ganze sei der Anfang einer nationalen Planwirtschaft, die aber anders aussehen werde als in Rußland und Italien. Im Anschluß forderte der Präsident für die Land wirtschaftskammer Pommern, Rittergutsbesitzer von Flem- ming-Paatzig, daß die Erschließung der deutschen Moore und Ödländereien in engster Verbindung mit dem freiwilligen Arbeitsdienst und der Siedlung energisch in Angriff genommen werde. Aus den über 200 000 Hektar Moor und 1,2 Millionen Hektar sonstigem Ödland könne auch im deutschen Osten Land genug gewonnen werden, um den Industriearbeitern eigene Anwesen und eine zusätzliche Nahrung zu schaffen Dieser Redner wendete sich mit größter Schärfe gegen die weitverbreitete Ansicht, daß wir eine landwirtschaftliche Überproduktion hätten. Eine solche bestehe, übrigens auf der ganzen Welt, nur bezüglich bestimmter Erzeugnisse, in Wirklichkeit aber hoben wir einen Unterverbrauch zu beklagen, weil weite Kreise des Volkes notleidend und zahlungsunfähig sind. Die Weltentwicklung zwingt uns zu einer Reagrari- sierung, zu einer Wiederseßhaftmachung weiter Kreise auf der Scholle. Diese verschafft sofort Arbeitsmöglichkeiten im allergrößten Umfang. Es wurde eine entsprechende Entschließung gefaßt, die als Kernstück einer planmäßigen Arbeits beschaffung die landwirtschaftliche Melio ration bezeichnet, die volkswirtschaftlich voll produktiv sei und zudem einen höheren Lohnanteil als alle anderen Maßnahmen habe. Sie sei auch besonders geeignet für den Arbeitsdienst Jugendlicher. Technisch und organisatorisch sei es möglich, in den nächsten Jahren man Vater einer modernen Tochter ist, muß man sich halt umkrempeln. Also kommen Sie; ich freue mich auf die Trakehner und auf das Bergwerk.« * » Theobald Fischer war ein eifriger Erzähler, der viel von Schloß Löbbaus Vergangenheit zu berichten wußte. Lucie hörte aufmerksam zu und besah sich alles ganz genau. Als sie auf die Terrasse zurückkehrten, fanden sie die Gesellschaft nicht mehr vor. „Darf ich Sie in meinem Wagen hinüberbringen, Herr Fischer?« fragte Lucie, und Theobald setzte sich begeistert neben Lucies Steuerrad. Leicht glitt der Wagen dahin, von der Lenkerin spielerisch geschickt gesteuert. „Wie alt sind Sie eigentlich, Fräulein Lucie?« „Aber, Herr Fischer, so etwas fragt man eine Frau doch nicht.« „Na, bei Ihnen darf man das noch, Fräulein Lucie. Sie sind doch noch schrecklich jung, noch nicht einmal heiratsfähig.« Entrüstet fuhr die junge Dame auf. „Was glauben Sie, Herr Fischer? Ich bin gerade im richtigen Alter, um zu heiraten ...« In diesem Augenblick machte der Wagen einen Hopser. Lucie hatte nicht auf den Weg geachtet, war über einen Stein gefahren. Im nächsten Augenblick hatte sie den Wagen wieder in ihrer Gewalt. Aber das Gespräch blieb unterbrochen, so lange, bis man am Bergwerk angelangt war. Sie hielten an und stiegen aus. Lächelnd streifte Lucies Blick das Gesicht Theobald Fischers, das etwas ärgerlich aussah, des unterbrochenen Gesprächs wegen. Das war ja ein richtiger Draufgänger, man mußte ihn wirklich hier und da stoppen. Lucie war eifrig bei der Sache, als man im Tagebau herumstieg. Sie konnte nicht genug setzen und hören, Meliorationen im Iltnfänge NN MVDftM'DNE durchzuführen. Eine Vermehrung dieser Arbeiten auf 400 Millionen Mark jährlich sei aber nur möglich unter der Voraussetzung einer planmäßig geführte« Nationalwirtschaft mit dem Ziel der Ausnutzung aller inländischen Erzeugungskräfte unter Sicherung des Absatzes auch für die Mehrerzeugung. Konzentration der Wirtschaftspolitik. In der Übernahme des Reichswirtschafts ministeriums und des Reichsministeriums für Er nährungund Landwirtschaft durch Dr. Hugen berg allein kommt bereits die beabsichtigte Zusammen fassung der Wirtschaftspolitik unter einheitlicher Leitung zum Ausdruck. Daß die Konzentration der Wirtschasts Politik zur Verbürgung einer unbedingten Einheitlichkeit noch über den bisherigen Ressortvereich der beiden Ministe rien hinausgreifen wirb, hat Neichsarbeitsminister Seldte bereits bei der Übernahme feines Amtes angekündigl. Seine erste Aufgabe dürfte Reichsminister Dr. Hugenberg darin erblicken, eine e i n h e i t l i ch e u n d klare natiönalwirtsch östliche Linie fest zustellen, um dem inneren Wirtschaftskrieg, der in den letzten Monaten foviel Unheil angerichtet hat, ein end gültiges .Ende zu bereiten. Aus den bisherigen Äußerun gen Dr. Hugenbergs kann man schließen, daß ihm jede einseitige Wirtschaftspglitik völlig fernliegt. An ein industriefeindliches Regime ist nicht zu denken. Es ist be kannt, daß Dr. Hugenberg die ausgeglichene Förderung der Nationalwirtschaft erstrebt. Für ihn ist die Förderung des Binnenmarktes der Mittelpunkt des wirtschaftlichen Denkens. Man sollte also damit rechnen können, daß die bisherige Zurücksetzung der Landwirt schaft, die zu einer so schweren Schädigung auch der In dustrie geführt hat, ihr Ende gefunden hat. Die ersten wirtschaftspolitischen Entscheidungen sind bereits in der allernächsten Zeit fällig. Nach den handelspolitischen Terminen haben diese Wochen eine schicksalshafte Bedeutung, ähnlich der handelspoliti schen Festlegung von 1925 auf den Exportwahn der Er- süllungspolitik. Ta Dr Hugenberg wiederholt handels politische Sicherung des Binnenmarktes bei pfleglicher Be handlung eines gerechtfertigten und lohnenden Exports als dringende staatspolitische Aufgabe bezeichnet hat, darf man damit rechnen, daß die Entscheidungen der Handels politik und der damit zusammenhängenden Auslandsver schuldung im Sinne eines positiven nationalwirtschaft- lichcn Interessenausgleichs fallen. Deutsche Klage gegen Polen vor dem Saager Gericht. Polens Terror gegen die deutsche Minderheit. Auf der Sitzung des Völkerbundratcs in Genf teilte der deutsche Vertreter, Gesandter von Keller, mit, daß die NeichSrcgierung sich infolge des Scheiterns der Verhand lungen entschlossen habe, den gesamten Fall der einseitigen Behandlung der deutschen Minderheit in Polenbei der Durchführung der polnischen Agrarreform im Klageweg vor den Internationalen Haager Gerichtshof zu bringen. Gesandter von Keller lehnte die polnische Auf fassung, wonach der Minderheitenschutz zu einem politischen Vorgehen mißbraucht werde, kategorisch ab. Die deutsche Regierung sehe es als Mitglied des Völkerbundes als ihre heilige Pflicht an, den Minderheitenschutz wirksam zu machen und über die in den Minderheitenverträgen fest gelegten Rechte zu wachen. Die Reichsregierung treffe keine Schuld an dem Scheitern der Verhandlungen. Die wahre Ursache für die Tatsache, daß sich der Rat fast in jeder Sitzung mit Klagen der deutschen Minderheit in Polen befassen müsse, liege eben in der Tatsache, daß eine unterschiedliche Behandlung der deutschen Minder heit in Polen stattfinde. Die Reichsregiernng würde es durchaus begrüßen, wenn die Lage der deutschen Minder heit in Polen sich s o gestalten würde, daß zu weiteren Klagen keinAnlaß vorliege. und alle Herren beeilten sich, der reizenden jungen Dame jede Einzelheit zu zeigen. Theobald halte für dieses Mal keine Gelegenheit mehr, sie für sich allein zu haben. Dann saß Herr von Löwen wieder neben Lucie in dem kleinen Kabriolett, um nach Hause zu fahren. Er bat August und Theobald, zusammen mit den leitenden Bergwerksbeamten, sobald als möglich nach Löwen zu Besuch zu kommen, um einen gemütlichen Abend drüben zu verleben. Theobald war gar nicht entzückt von der Idee, LucieS Gesellschaft mit so vielen Männern teilen zu müssen. Aber er konnte es nicht verhindern, daß schon am übernächsten Abend die ganze Gesellschaft nach Löwen hinüberfuhr. Bald saß man vergnügt in der großen Halle des Löwenschen Gutshauses. Es gab ein vorzügliches Mahl und einen herrlichen Tropfen. Die Stimmung war bald sehr angeregt. Theobald brannte vor Eifersucht, wenn er sehen mutzte, wie alle Herren der reizenden Lucie den Hof «muhte». Man riß sich um einen Tanz mit ihr. Aber man konnte sehen, daß Theobald trotzdem der Bevorzugte blieb. Sie tanzte mit ihm öfters als mit den übrigen, und so war er einigermaßen zufrieden, «l» sie sich endlich auf den Heimweg machten. Zu Hause saßen die Freunde noch ein wenig z»- sammen. „Also, Theo«, meinte August Richter, „diesmal hat es dich scheinbar mächtig gepackt. Und ihr scheint es nicht viel anders zu gehen. Wir übrigen waren nur not wendiges Uebel.« „Aber Gust, du übertreibst. Gewiß, ich mag Fräulein Lucie sehr gern ...« „Warum sagst du mir nicht die Wahrheit, Theo? Du liebst sie, und du steuerst mit vollen Segeln darauf zu, vie Sache so ernsthaft wie möglich zu nehmen. Dein Vater wird sicher sehr beglückt sein, wenn du dadurch die Boxerei aufgibst und ihm eine entzückende Schwiegertochter ins HsM lLorlietzuna klaUß Lop^riZkt Martin keucktnanger, ttaUs (Laale) m Lucie von Löwen interessierte sich vor allem für das Schloß selbst; der alte Bau imponierte ihr, der Park zog sie mächtig an. Als sie den Wunsch äußerte, Schloß und Park zu be sichtigen, sprang Theobald eifrig aus, sich als Führer anzubieten. Herr von Löwen war gerade in einem Gespräch mit August Richter und Direktor Blümler. Erst als seine Tochter aufstand und die Terrasse verlassen wollte, sah er auf. „Was ist los, Lucie? Wo willst du hin?« „Ich möchte mir das Schloß ansehen und den Park, Pa. Herr Fischer will mir alles zeigen. Aber du kannst ruhig einstweilen mit den beiden Herren zum Bergwerk gehen. Wir kommen dann nach.« Eine Sekunde später war sie mit Theobald Fischer hinter einer Taxushecke verschwunden. „Wenn es Ihnen recht ist, Herr von Löwen, können wir uns gleich auf den Weg machen«, sagte jetzt August. „Vielleicht benutzen wir meinen Wagen; es ist zwar kein Auto, aber meine Trakehner sind auch nicht ohne, und sie bringen uns ebenso sicher und gut zum Bergwerk hinüber.« „Wissen Sie, Herr Doktor, eigentlich lasse ich mich viel lieber von Ihren Trakehnern befördern als von dem Opel meiner Tochter. Uns Landleuten liegt das, glaube ich, so im Blut. Aber machen Sie was, wenn so ein Teufelsmädel unbedingt ein Kabriolett haben will. Das ist schick, das muß sie haben, dagegen kann man nicht ankommen, sonst ist man altmodisch und Hinterm Mond zu Hause, Wenn I Wilsdruffer Tageblatt I 2. Blatt Nr. 28 — Donnerstag, den 2. Februar 1933 Tagesspruch. Die Liebe koipmt nicht. Sie kennt nicht Tür noch Riegel Und drängt durch alles sich. Sie ist ohn' Anbeginn, Schlug ewig ihre Flügel und schlägt sie ewiglich! Matthias Claudius. Mühendes Land aus Moor. Fünfzig Jahre deutsche Moorerschlietzung. Blicken wir 50 Jahre zurück: Im Jahre 1883 sind wir noch immer mitten in der Romantik des deutschen Auswandererwesens. „Und ihr im Schmuck der blonden Zöpfe, ihr Schwarzwaldmädchen jung und schlank.« Man sah sie nur mit halbem Bedauern scheiden. Irgendwo drüben überm großen Teich würden sie schon eine deutsche Heimat nach deutschem Sinne vollenden. Standen nicht jede Woche in der Gartenlaube, der damals verbreitetsten deutschen Zeitschrift, die Berichte aus Nord- und Süd amerika, aus Australien und anderen weltentlegenen Erd teilen, aus denen zu lesen war, wie innig die dortigen Auswanderer am deutschen Kulturleben teilnahmen, wie sehr sie sich der nach dem Kriege gegen Frankreich her gestellten deutschen Einheit freuten. Da kam der Weltkrieg. Die Söhne dieser Auswanderer standen auf einmal gegen uns im Felde, soweit sie nicht schon überhaupt jeden Zusammenhang mit dem deutschen Mutterland verloren hatten und selbst ihre Namen drüben irgendwo schon undeutsch und lateinisch lauteten. Um dieselbe Zeit aber, wo dieser gewaltige Aus wandererstrom einsetzte, hätten wir in Deutschland Land und Land in Überfluß gehabt, wenn wir nur ver standen hätten, es zu erschließen. Zweieinviertel Mil lionen Hektar lagen unbenutzbar da, die deutschen Moore. Nicht ganz unbenutzbar, muß eingeschaltet werden. Man verstand in den alten Moorgebieten schon, weil man dort kein anderes Land hatte, diesen Acker- und Weidegrund nutzbar zu machen. Aber die Bear- beilungsarten waren doch so, daß eben doch der Über schuß der Bevölkerung auswandern mußte, trotzdem der Besitz der einzelnen Höfe sehr reichlich bemessen war. Was man aus den riesigen Flächen, die in Preußen, daneben besonders in Mecklenburg, Oldenburg, Sachsen und verhältnismäßig gar nicht zum wenigsten in Württemberg vorhanden waren, wirklich gemacht werden konnte, das wußten damals nur ein paar aufgeklärte Einzelgänger. Es war Theodor Hermann Nimpau, ein Mitglied der auf allen Gebieten so selten ausgezeichneten Familie fortschrittlicher deutscher Landwirte, der als erster auf Grund von eigenen Versuchen, die er schon fast ein Menschenalter hindurch erprobt hatte, die Anregung zu einer gemeinnützigen Ausnützung der un geheuren Moorflächen gab. Nicht etwa, daß dieser Mann mit einem großen Aufruf auf den Markt getreten wäre, sondern er hatte durch^seine „Moordamm kulturen« den weitesten Kreisen gezeigt, daß dieses ver achtet Moorland ebenso hohe Erträge abzuwerfen im stande war wie die besten Mineralböden. Darum wählte man Rimpau 1883 zum Ersten Vorsitzenden des „Vereins zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche«. Dieser Verein feiert jetzt sein fünfzigjähriges Bestehen. Das Hauptgewicht seiner Leistung liegt auf dem Gebiete der Forschung und des Vorbildes. Wir sind in der Lage, aus der Mooreinöde blühendes Land, Ackerboden kür Brotgetreide und Kartoffeln, prächtige Viehweideflächen, bestes Gartenland zu machen. Leider fanden die An regungen des Vereins vor dem Kriege nicht das er wünschte Verständnis. Nach dem Versailler Diktat galt es dann, den verlorenen Raum zu ersetzen, und da die Moore im Umfang der geraubten Provinz Posen zur Erschließung bereitstanden, so schien es einen Augenblick, als ob man sich nun mit aller verfügbaren Kraft auf die Moorkultur verlegen würde. Die immer mehr zunehmende Not, die