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Tagesspruch. Der Ehre kannst du wohl von anderen leicht entbehren. Wenn du dich selber nur zu halten weißt in Ehren. Rückert. Im trauten Heim. Willst du das Weib in ganzer Größe seh'n, Sv steh' es nicht umstrahlt von Glückes Glänzen, Wenn unumwölkt die Freudensterne steh'n — So sieh's, wenn Dornen seinen Psad bekränzen. Der reinste Ton, der durch das Weltall klingt. Der reinste Strahl, der zu dem Himmel dringt, Die heiligste der Blumen, die da blüht, Die heiligste der Flammen, die da glüht: Ihr findet sie allein, wo fromm gesinnt Still eine Mutter betet für ihr Kind. landesverwaltung und Arbeitsbeschaffung Der Reichskanzler vor OberprSsidcntcn und Regierungs präsidenten. Unter Leitung des Reichskommissars für das preußische Innenministerium, Reichsminister Dr. Bracht, sand eine Besprechung der preußischen Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten über Fragen der Arbeits beschaffung und Siedlung statt. Reichskanzler von Schleicher nahm zu Beginn der Konferenz Ge legenheit, die Oberpräsidenten zu begrüßen und nach kurzen Ausführungen über die politische Lage auf die Aufgaben hinzuweisen, die sich für die allgemeine Landes ver- Wallung bei der Durchführung der von der Neichs- regierung in Angriff genommenen Aufgaben ergeben. Neichskommifsar Dr. Gereke unterrichtete die Ober- und Regierungspräsidenten über die sich aus dem Arbeits beschaffungsprogramm ergebenden Fragen. Llm die 4v-Gtun-en-Woche. Beratungen aus ver Genfer Konferenz. Auf der Genfer Konferenz für die Einführung der 40-Stunden-Woche vertrat der Reichstagsabgeordnete Spliedt den Standpunkt der deutschen Arbeiterschaft. Er trat nachdrücklich für eine Kürzung der Arbeitszeit als eine geeignete Maßnahme zur Linderung der Arbeits losigkeit ein. Nach deutschen Berechnungen würde die Ein führung der 40-Stunden-Woche 900 000 Arbeitern Be schäftigung bringen. Selbst wenn die Kürzung der Arbeits zeit zu einer Verteuerung der Produktion führen sollte, müßte sie doch angesichts der großen Gefahr der Arbeits losigkeit durchgeführt werden. Jedoch dürfe die Kürzung der Arbeitszeit nicht eine Senkung der Lebenshaltung der Arbeiterschaft zur Folge haben. Der italienische Arbeitgebervertreter Olivetti suchte den Nachweis der praktischen Undurchführbarkeit der 40-Stunden-Woche zu erbringen. Bei Einführung der 40-Stunden-Woche würde zwangsläufig entweder eine Steigerung der Warenpreise oder eine Senkung der Löhne und damit eine Senkung der Kaufkraft der gesamten Arbeiterschaft der Welt eintreten. Die Arbeiterschaft könne somit in keinem Falle aus einer Kürzung der Arbeitszeit Nutzen ziehen. Der dänische Arbeitgebervertreter Oersted wandte sich gleichfalls nachdrücklich gegen die Einführung der 40-Stunden-Woche, die bei der gegenwärtigen katastro phalen Wirtschaftslage völlig undurchführbar sei. Da gegen trat der spanische Arbeitervertreter nachdrück lich für eine Kürzung der Arbeitszeit, insbesondere in der Landwirtschaft, ein. Der Vertreter der schweize rischen Regierung wies auf die großen Gefahren einer Verteuerung der Herstellung durch Kürzung der Arbeitszeit hin und unterstrich die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung der Arbeitszeit in sämtlichen In dustriestaaten. 5 5 k ki4 -4 7 k? /V /z 25 7" ist 0 l. eopxrlZkt dx Martin reucktw-mgei-, New« s19 Es blieb fast kein Auge auf dem Friedhof trocken. Die tragischen Umstände, unter denen die Bäuerin aus dem Leben geschieden war, stimmte selbst die Herzen jener weich, die eingestimmt hatten in den Jubel bei dem Ab stimmungssieg über den Verkauf der Heimat. Nur ein einziger Mensch nahm den Tod der Bäuerin als willkommenes Geschehen an. Der letzte Stein, der sich immer noch merklich in den Weg gestellt hatte, war ver schwunden. Als der Stangassingerbauer zum Steinmetz nach Reutte fuhr, um für die Verstorbene und für die Familie einen Grabstein zu bestellen, hatte die Spinne schon ihr Netz wohl vorbereitet. Thessa war von allem unterrichtet. Sie wußte von der Liebschaft mit der Vürgermeisters- tochter, die auf Grund der besonderen Verhältnisse von neuem „angebandelt" wurde. Sie wußte, daß jetzt der Kampf mit den schärfsten Mitteln geführt werden mußte. Sie stand vor dem Spiegel: Thessa . . . jetzt oder nie! Verstoßene oder Siegerin! „Siegerin, Siegerin!" jubelte ihr heißes Blut. Nervös retuschierten Schminkstift und Puderquaste. Ter Neid wußte es zugeben, sie war ein verdammt schönes Weib, ein Weib, das den Steg in der Glut der Augen, in dem Fiebern und Zittern heißer Sinnlichkeit trug. Als Hans in ihr Zimmer trat, wandte sie sich kaum. Und doch hatte er das Mädel noch nie so hübsch, so be gehrlich, so berauschend gesehen wie diesmal, als sie ihn kaum einlud, Platz zu nehmen. „Na, hast du von Fräulein Anny heute Ausgang bekommen?* Kellerung cker Airtlchsftrlage? Optimistische MMerreden. Im Haushaltsausschutz des Reichstages wurde di« finanzpolitische Aussprache fortgesetzt. Äbg. Ersing (Ztr.) hielt es für notwendig, die Finanzpolitik des Reiches, te" Länder und der Gemeinden mit schonungsloser, bru taler Offenheit darzulegen. Die Reichsregierung, die nun Herr in den Berliner Großbanken sei, habe jetzt die Mög lichkeit, die Konzentrierung dieser Banken, die ein Unglück für die Wirtschaft im Reich sei, zu zerschlagen. Der private Unternehmer im Reich müsse wieder zu seinem ortsein gesessenen Bankier gehen können. Reichswirtschastsminister Dr. Warmbold nahm sodann das Wort zu einer Rede über die Lage der deutschen Volkswirtschaft. DcrMinistcr gab der Ansicht Ausdruck, daß die Ab w ärtsb ew egun g in d er Welt wirtschaft sich ihrem Ende nähere. Sinn des Wirtschastsprogramms sei es, diese Aufwärts cntwicklung mit einer aktiven Wirtschaftspolitik zu unter stützen. Bei der gegenwärtigen saisonbedingten Steigerung der Arbeitslosigkeit sei zu berücksichtigen, daß sie sich im Rahmen von zwei Dritteln des Zuwachses der entsprechen den Zeit des Vorjahres halte. Ein Vergleich mit dem Beschäftigungshöhepunkt ergebe sogar, daß die Zunahme der Arbeitslosigkeit im Jahre 1932 nur etwa ein Drittel der Zahlen des Jahres 1931 ausmache. Der Minister erklärte weiter, datz eine Aufwärts bewegung der Börse auch der gesamten Wirtschaft zugute komme, insbesondere auch den mittleren und kleineren Unternehmern, weil die Bilanzen der Unternehmungen gebessert würden und die gesamte Kreditlage, insbesondere die Kreditbereitschaft der Banken eine entscheidende Wendung zur Besserung nehme. Hinsichtlich der Arbeitsbeschaffung gelte es, in Nebeneinanderschaltung geeigneter Maß nahmen sowohl die private Wirtschaft zn entlasten und zu beheben, als auch durch öffentliche Arbeitsbeschaffung der Wirtschaft eine Hilfsstellung zu gewähren. Diese öffent liche Arbeitsbeschaffung könne nur Hilfsmittel sein und dürfe nicht zum Selbstzweck werden, sie finde ihre letzte natürliche Grenze in der Rücksicht auf die Aufrechterhal tung der Währung, die in ihrem Bestände erhalten bleiben müsse.. Wenn es der Weltwirtschaft allgemein gelinge, aus dem Gebiete der Schuldenregelung, des Warenverkehrs, der Zwangsbewirtschastung des Zahlungsverkehrs und der Stabilisierung der Währungen schnelle nnd wirksame Regelungen zu erzielen, so werde damit auch ein Aufstieg verbunden sein. Warmbold erklärte zum Schluß, daß alle Länder ein gleiches Interesse an der Ordnung dieser Fragen hätten. Reichsarbeitsminister Shrup gab Auskunft über die Lage der Sozialversichcrungszweige. Der Minister stellte an Hand dieser Übersicht zusammen fassend fest, daß Invalidenversicherung und Knappschafts versicherung große Sorgen machen; die Reichsregierung ist, wie er erklärte, augenblicklich dabei, für eine Sanierung dieser Zweige auf lange Zeit zu sorgen. Hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Arbeitslosigkeit war der Minister persönlich der Auffassung, datz doch Wohl ein Stillstand der Wirtschaftskrise auf Grund der Entwicklung der Arbeitslosenzahl festgestellt werden könne und daß auch die neuesten Zahlen, die einen Zugang von 169 000 Arbeitslosen ausweisen, nicht negativ zu werten seien; es handele sich vielmehr um den normalen Zugang. Allerdings werde die Spitze der Arbeitslosigkeit erst Mitte Februar erreicht sein. In der dann fortgesetzten finanzpolitischen Aussprache im Haushaltsausschüß des Reichstages hielt Abg. Dr. Quaatz (Dtn.) eine Reform des verwickelten Steuersystems für dringend notwendig. Die Reichsbahn habe gegenüber 1930 für Arbeitsbeschaffung 300 Millionen Mark weniger ausgegcben. Auch der neue Reichsbankpalast für 27 Millionen Mark sei nicht als rationelle Arbeitsbeschaffung anzusehcn. Wirkliche Ausgabencrsparnis sei nur auf dem Wege einer Staats reform möglich. Das Parlament müsse auf die Rolle einer Kontrollinstanz zurückgeführt werden. Abg. Dr. Albrecht (Nat.-Soz.) bezeichnete die Schaf fung der Steuergutscheine als die Übernahme eines ver fälschten Gedankengutes der Nationalsozialisten. Der Nationalsozialismus denke nicht daran, die Stabilität der Währung irgendwie anzutasten. Der Optimismus, daß die Vorbelastung der kommenden Haushaltsjahre durch Besserung der Wirtschaftskonjunktur ausgeglichen werden könne, werde von nationalsozialistischer Seite nicht geteilt. Dr. Pfleger (Bayer. Vp.) begrüßte die Er klärung des Reichswirtschaftsministers über die Be strebung auf Beibehaltung einer stabilen Währung in Deutschland. Diese Feststellung sei besonders wichtig angesichts der Tat sache, daß von gewissen Kreisen immer noch auf eine Ab wertung der Reichsmark hingearbeitet werde. Arbeitslosigkeit und Weltwirtschaft. Das Programm der Weltwirtschastskonferenz. Das Arbeiisprogramm der Londoner Wiltwirtschafts- konferenz ist nunmehr von dem großen Sachverständigen ausschuß in den großen Richtlinien schematisch auf Grund der Vorschläge der einzelnen Ausschüsse ausgestellt worden. Das Programm gliedert sich in d r e i T ei l e. Der erste einleitende Teil gibt einen Überblick über den gegen wärtigen krisenhaften Stand der Weltwirtschaft und fordert von den Regierungen sofortige wirksame Maß nahmen. Der zweite Teil enthält eine zusammenfassende Aufstellung der von den Regierungen auf der Konferenz zu behandelnden einzelnen Fragengebiete: die politische nnd private Weltverschuldung, Rückkehr zur Goldwährung, Stabilisierung der Währungen, Abbau der Handelshemm nisse und Handelsschranken, Wiederherstellung des freien Kapitalumlaufes und des Kreditverkehrs, Vergebung der öffentlichen Arbeiten zur Behebung der Arbeitslosigkeit, Aufhebung der Devisenbewirtschaftung. Der dritte Teil umfaßt die sachlichen grundsätzlichen Stellungnahmen der Sachverständigen zu den einzelnen Punkten. Dieses Arbeiisprogramm bildet nunmehr die Grund lage der weiteren Ausschußverhandlungen, in denen vor allen Dingen der auftragsgemäß vom Völkerbundrat ge forderte Kommentar der Sachverständigen 'zu d-m Programm festgelegi werden soll. Am Reichsgründungstag wird geflaggt. Am Reichsgründungstag, dem 18. Januar, wird in der gesamten Reichs- und preußischen Verwaltung geflaggt. Der Reichsminister des Innern hat die außer preußischen Landesregierungen gebeten, sich dem Vorgehen der Reichsregierung a n z u s ch l i e ß e n. Die Neichspost im Krisenjahr. Erheblicher Verkehrsrückgang. Das Neichspostministerium veröffentlicht einen vor läufigen Rückblick der Deutschen Neichspost über das Jahr 1932. Die Verkehrsrückgänge sind seit September 1932 meist zum Stillstand gekommen und sogar zum Teil durch mäßige Verkehrszunahme abgelöst worden. Der Gesamtverkehr blieb aber gegenüber 1931 erheblich zurück. Trotz des Verkehrs- und Einnahmerück ganges ist die Neichspost bestrebt gewesen, das Per sonal, soweit irgend angängig, durchzuhalten. Be amtennachwuchs konnte nur in bescheidenem Umfange eingestellt werden. Die noch auf das Rechnungsjahr 1932 übergegan genen Mittel aus dem zusätzlichen- Arbeitsbeschaffungs programm von 1930 sind jetzt vollständig verausgabt. Die Neichspost ist dabei, ein neues zusätzliches Arbeits beschaffungsprogramm in Höhe von 60 Mil lionen Mark dürchzuführcn. „Thessa, quäle mich nicht mit diesen Reden! Latz dir doch erzählen, wie alles gekommen war." Thessa sprang auf, bückte sich, schnellte wieder auf — hoheitsvoll, unnahbar wie eine Königin stand sie da — die Worte fielen wie Dolche von kalten Lippen: „Habe ich dir nicht mein Alles gegeben? Habe ich dir nicht mein erspartes Vermögen zum Ankauf eines Ge schäftes angeboten? An jedem Finger hängen zehn Ver ehrer ... schliesslich und endlich muß es ja nicht der Stangassinger-Hans sein." Hans fiel wie vom Blitz getroffen vor ihre Füße. Wie ein Bettler richtete er seine Blicke in die Höhe. Thessa stemmte ihre Hand gegen den Geliebten beim Versuch, in die Höhe zu kommen. Ein betäubendes Odeur rann aus den Kleidern. Hans umklammerte ihre Knie. „Thessa, Thessa verzeih mir jetzt soll ja alles wieder anders werden." „Ich will mit dieser Bauerndirn keinen Kampf auf nehmen ich will dein Wort dein entscheidendes Wort, ein klares Ja oder Nein." Hans umschlang das Weib, hob es auf, trug es zur Ottomane, bettete es darauf. „Wenn ich auch wollte Thessa ich kann nicht anders mit dir will ich leben und, wenn es sein muß, unlergehen." Ein grelles Lachen ließ ihn das Haupt heben. Im Glanze der Schönheit strahlte das Weib; die Arme hatte es weit ausgebreitet, die schönen Zähne blitzten, die meerestiefen dunklen Augen glühten, eine unheimlich weiche Stimme lockte: „Nicht untergehen — leben, Hans, leben in Lust und Freude... die Welt ist ja so unendlich schön." Dann umschlangen ihre weichen, puderduftenden Arme den Geliebten und drückten ihn an die Brust. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzten ihre Augen in den großen Spiegel ihres Kleiderschrankes. Zu ihren Füßen kauerte ein Bettler, der um Liebe und Verzeihung flehte. „Siegerin!" strahlte das Spiegelbild wider. „Wo warst du gestern, Hans?" „Ich hab in Reutte an Grabstein für d' Mutter a»- gschafft." „Warum bist daun nimmer auf d' Nacht zrückkemma — Hans — gsteh mir ein, dich druckt was!" Der Stangassinger-Hans streckte sich: „Nanni — ich kann net falsch sein, grad dich kann ich nicht anlügn — ich war bei Thessa." Die Heiglhof-Ranni nahm die Hände ihres Geliebten: „Schau mir in d' Augen, Hans — komm, ich sag dir etwas ins Ohr —" Hans zuckte zusammen. Ohne noch ein Wort zu sagen, wandte sich Nanni um und verließ den Hof. Am Abend desselben Tages kam noch ein seltener Be such auf den Hof. Die beiden Männer hatten seit jener denkwürdigen Stunde im Gasthof zum „Hirschen" kein Wort mehr gewechselt. Ohne besondere Höflichkeit streckte der Bürgermeister dem Stangassingerbauern die Hand entgegen. „Hans, seit jenem Handschlag vor der denkwürdigen Abstimmung haben wir uns nicht mehr Äug' gegen Äug' gestanden. Heute bin ich als Vater meiner Tochter — und Großvater deines Kindes vor dir. Du wirst wissen, was du zu tun hast. Ich baue auf deine Männlichkeit... In sieben Monaten bist du Pater. — Kümmere dich um die Papiere. Ich besorge das Aufgebot." Hans wagte keine Widerrede. Der Bürgermeister schickte sich an, zu gehen. Der junge Bauer holte den Heigl hofbauer zurück. Die Dienstboten waren schon in ihre Kammern gegangen. Eine unheimliche Ruhe lag in der Stube. Hans rückte eine Bank vom Tisch: „Setz dich nieder, Heiglhofbauer, und laß mich mit dir reden." „Ich will keine lange Aussprach; ich sag nur dös: wenn du noch einen Funken von Charakter hast, wenn du einigermaßen deine Scharte wieder herauswetzen willst, dann tu, was du Nanni und meinem Hause, unserer und deiner Ehre schuldig bist." MortsMnüMM