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Wilsdruffer Tageblatt : 13.01.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193301138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19330113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19330113
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-01
- Tag 1933-01-13
-
Monat
1933-01
-
Jahr
1933
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 13.01.1933
- Autor
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Für Skedlungszwecke steht ausreichend Land zur Verfügung, um in diesem Jahre etwa 3000 Siedler anzusetzen. Bei der Entschulduna namentlich größerer Güter dürfte weiteres Land in erheb lichem Umfang anfallen. Man ist der Ansicht, daß in nächster Zeit Siedlungsland in Hülle und Fülle zur Ver fügung steht. * Das Präsidium des AelK-landbundeS an Hindenburg. Wie auS unterrichteten Kreisen verlautet, hat das Präsidium des Reichslandbundes an den Reichsvcäsiden- len von Hindenburg einen herzlich gehaltenen Brief ge richtet, in dem das Präsidium des Reichslandbundes seiner Genugtuung darüber Ausdruck gibt, daß der Reichs präsident anläßlich des Besuches des Präsidiums des Reichslandbundes für die Nöte und Leiden der deutschen Bauern Verständnis gezeigt habe. In dem Bries wird nochmals der Standpunkt des Reichslandbundes zn der Politik des Kabinetts von Schleicher klargelegt und die dem Reichslandbund von dem Kabinett zum Vorwurf gemachten Dinge als unbegründet bezeichnet. SutterdeimWmgszwcmg bleidt. Wie an zuständiger Stelle verlautet, hat die Reichs regierung nicht die Absicht, auf die Inanspruchnahme der Ermächtigung für den Vutterbeimtfchungs- zwang für Margarine zu verzichten. Sollte die Margarineindustrie von sich aus entsprechende Maß nahmen ergreifen, so dürfte sich naturgemäß ein Ein schreiten der Regierung erübrigen. Notverordnung über Sollstreünngsschutz. Veröffentlichung in der nächsten Woche. Für Montag ist eine Sitzung des Reichskabinetts vor gesehen, auf der die Notverordnung über den Voll streckungsschutz verabschiedet werden wird. Die Notver ordnung dürste am Dienstag oder Mittwoch veröffentlicht werden. Der Reichsverband des deutschen Groß- und Übersee handels hat gegen den Vollstreckungsschutz für die Land wirtschaft Protest erhoben, da hierdurch eine schwere Schädigung des Kredits zu erwarten ist. Der Reichslandbund hat im Zusammenhang mit dem Konflikt mit der Reichsregierung verschiedene Zustim mungserklärungen aus Schleswig-Holstein, der Grenzmark und dem Siegkreis erhalten. * Gegen de« Vollstrecknngsschntz. Berlin, 12. Januar. Der Reichsverband des Deutschen Groß- und Ueberseehandels teilt mit: Obwohl der am Im- und Exportverkehr beteiligte deutsche Groß- und Ueberseehandel in wiederholten Erklärungen sich zur engen Verbundenheit mit der Landwirtschaft bekannt und ihr dauernde Sanierung aller dings mit erfolgversprechenden Maßnahmen als eine der wich tigsten staatspolitischen Forderungen dieser Zeit immer wieder gefordert hat, hält es der Landbund für richtig, in einer Er klärung, die nach Form und Inhalt einer sachlichen Behand lung der Fragen abträglich ist, gegen die in der Exportwin- schaft tätigen Wirtschaftskreise heftige Angriffe zu richten. Unter entschiedener Zurückweisung dieser Angriffe hat der Reichsverband des deutschen Groß- und Ueberseehandels in einer Eingabe an die Reichsregierung gegen die offenbar in Aussicht genommenen Svfortmaßnahmen insbesondere auf dem Gebiete des Vollstreckungsschuhes für die Landwirtschaft ent scheidenden Einspruch erhoben. Cs wird darauf hingewiesen, daß nach dem verhängnisvollen mit dem Vollstreckungsschutz insbesondere in der Osthilfe gemachten Erfahrungen der Not der Landwirtschaft mit einer solchen Maßnahme nicht gesteuert werden kann. Lahmlegung jeder Initiative, schwere Schädigun gen des Kredites der noch gesunden Träger der Landwirtschaft sind mit Sicherheit zu erwarten. Dke Regierung wird eindring lichst davor gewarnt, sich ohne eingehende vorherige Fühlung nahme mit allen beteiligten Kreisen zu Maßnahmen dieser Art drängen zu lasten. ReichsbankprSsideut Dr. Luther über Wirtschastsfragen der Gegenwart. Breslau, 12. Januar. Am Donnerstagabend sprach Reichsbankpräsident Dr. Luther in einer Veranstaltung der In dustrie- und Handelskammer über Wirtschaftsfragen der Ge genwart. Er führte u. a. aus: Die Währung sei der Ausdruck der nationalen Einheit. Wir müßten uns allmählich wieder daran gewöhnen, in der Währung als solcher überhaupt kein Problem mehr zu sehen, sondern die selbstverständliche Grund lage alles wirtschaftlichen und politischen Lebens. Das deutsche Volk habe bereits die kritischste Stunde überstanden. Die Din ge hätten sich bereits wesentlich geklärt. Für uns liege heute der Ton weniger auf dem währungsmäßigen als auf dem kre- ditmäßigen Gebiet. Reichsregierung und Reichsbank hätten der Wirtschaft stets so viel Kredite wie nur möglich zur Ver fügung gestellt. Es gäbe aber Grenzen in der Kreditgewährung, die unbedingt eingehalten werden müßten. Deutschland habe seit dem Zeitpunkt der höchsten Auslandsverschuldung etwa um die Mitte von 1930 bis heute mehr als sieben Milliarden An leihen zurückgezahlt. Er hob weiter hervor, daß die Reichs bank stets bemüht gewesen sei, den Diskontsatz soweit als ir gend möglich zu senken. Die Reichsbank werde, sobald eine Diskontsenkung unter vier vom Hundert verantwortet werden könne, nicht einen Augenblick zögern, dies zu tun. Bestimmend sei für die Reichsbank immer der Gesichtspunkt, ausländische Kredite zu erhalten und die Kreditlinie zu beachten, weil sonst Devisenverluste entstehen würden. Eine der obersten Aufgaben der Reichsbank und der Reichsregierung sei es, entsprechend dem Grundsatz des ehrbaren Kaufmanns die Zinsverpflichtun gen für die Ausländsanleihen pünktlich zu erledigen und sobald die entsprechende Menge von Devisen vorhanden sei, auch die Schulden zu bezahlen. Das kommende Stillhalteabkommen werde noch nicht die endgültige Konsolidierung unserer kurzfristigen Auslandsschul den bringen. Die Stillhalteverhandlungen würden voraussicht lich dahin führen, daß auf dem Wege der Schweizer Klausel wenigstens ein Teil der kurzfristigen Schulden auf einige Jahre festgelegt werden würde. Die Umwandlung der gesamten kurz fristigen Schulden werde erst dann möglich sein, wenn eine Ge- famtkonsolidierung eingetreten sei. Das werde das Ziel sein, das Deutschland auf der Weltwirtschastskonferenz vertreten werde. Der Fall SentsK im Lichte der Parteien. Die Aufhebung der Immunität Dr. Benneckes beschlossen. Sächsischer Landtag. <97. Sitzung.) Dresden, 12. Januar. Im Sächsischen Landtag wurde die Mordsache Henltch be- hanoelt. Der Andrang zu den Tribünen war ziemlich. stark, und von Anfang an herrschte eine gewiße Spannung im Saale, die leicht zur Entladung hätte kommen können. Zunächst wurde über den vom Nechtsausschuß eingebrachten Antrag auf Strafverfolgung des nationalsozialistischen Abgeordneten Dr. Bennecke verhandelt. Wie im Rechtsausschuß trat auch hier der Wirt- schaftsparteiler Dr. Wilhelm als Berichterstatter auf. Er begründete noch einmal ausführlich den Antrag und trug die Unterlagen vor, die der Generalstaatsanwalt für seinen Antrag auf Strafverfolgung Benneckes beigebracht hat. Diese Dinge sind der Öffentlichkeit bereits bekannt. Am Schluß seiner Ausführungen beantragte der Berichterstatter, die nachgcsuchte Genehmigung zur Strafverfolgung Dr. Benneckes zu erteilen. Als erstes Redner begründete der Kommunist Sinder mann die bereits bei der Abstimmung im Nechtsausschuß geübte Stimmenthaltung seiner Fraktion, die, wie er an kündigte, auch im Plenum in Erscheinung treten würde. (Bei dieser Erklärung erhob sich großer Lärm bei den Sozialdemo kraten, und es kam zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen den feindlichen Brüdern von der Linken.) Für die Nationalsozialisten sprach der Abg. Schreiber, der betonte, daß seine Fraktion das größte Interesse an der Aufklärung des Falles Hentsch habe und infolgedessen für Aushebung der Immunität stimmen werde, damit der Fall Hentsch vor einem ordentlichen Gericht zum Austrag kommen könne. Der Sozialdemokrat Edel wiederholte die in der sozial demokratischen Presse erhobenen Vorwürfe gegen die Dresdner Polizei und die Untersuchungsbehörden. Edel bestritt, daß es sich im Falle Hentsch um ein politisches Verbrechen handele, während doch bisher die sozialdemokratische Presse alles getan hat, um den Fall Hentsch als einen Fememord htnzusteüen. Auf Antrag der sozialdemokratischen Fraktion wurde namentliche Abstimmung über den Antrag des Rechtsnus- schusses vorgenommen. Bei Stimmenthaltung der Kommunisten wurde die Aufhebung der Immunität Dr. Benneckes mit achtzig Ja-Stimmen beschlossen. Bevor in der Tagesordnung weiter fortgefahren wurde, nahm ZnnenmlMer Richter das Wort zu längeren Ausführungen zu der Angelegenheit Hentsch. Er sagte unter anderem: Ich verstehe und teile das Gefühl der allgemeinen Empörung über das verabscheuungS- würdige Verbrechen, und ich bin Ihrer Zustimmung sicher, wenn ich hier das tiefste Mitgefühl mit der schwergeprüften Mutter zum Ausdruck bringe, der der Sohn und Ernährer auf so furchtbare Weise geraubt worden ist. Ich finde es auch menschlich begreiflich, daß aus dieser Erregung heraus Vor würfe gegen die in der Sache beteiligten Behörden erhoben werden, weil sie die Personen, die wir heute als die mut maßlichen Täter ansehen müssen, nicht festgehalten haben. Selbstverständlich mutz ich mich aber von jeder gefühlsmäßigen Einstellung freihalten, mich vielmehr ganz objektiv einstellen, wenn ich zu prüfen habe, ob und in welchem Umfange einzelnen Beamten hierbei ein wirkliches Verschulden Heizumessen ist. Der Minister schilderte noch einmal den Gang der Untersuchung. Zu dem Vorwurf der Begünstigung der mutmaßlichen Täter sagt das Polizeipräsidium: Sämtliche beteiligten Beamten haben unter Berufung aus ihren Diensteid erklärt, daß sie nicht Mitglied der NSDAP, seien, und daß sie die in die Angelegenheit verwickelten Per sonen — auch Dr. Bennecke — vor Erstattung der Anzeige über haupt nicht persönlich gekannt hätten. Die deck Kriminalrat Vogel in der Presse und im Landtag in den Mund gelegten Äußerungen sind nicht wortgetreu wiedergegeben. Sie sind außerdem in einem ganz anderen Sinne gefallen. Der Minister bemerkte, daß er leinen Anlaß habe, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Durch die gegebene Darstellung sehe ich den in der Presse erhobenen allgemeinen Vorwurf als widerlegt an, daß die Polizei sich nicht genügend des Falles angenommen und daß es erst des Anstoßes der Presse und des Eingreifens des Landtages bedurft habe, um die Angelegenheit vorwärts zu treiben. Es haben sich keinerlei irgendwie stichhaltige Anhaltspunkte dafür ergeben, als hätten die Kriminalbeamten, insbesondere Kriminalrat Vogel, die mutmaßlichen Täter etwa aus partei politischen Rücksichten begünstigt oder zu begünstigen versucht. Die in dieser Richtung erhobenen Beschuldigungen und Ver dächtigungen gegen an sich wehrlose Beamte mutz ich nunmehr als eine schwere und unberechtigte und unbegründete Kränkung nachdrücklich zurückweisen. Auf Grund der Landtagsverhand lung vom 29. November mutzte der Eindruck entstehen, als ob über den Gang der polizeilichen Erörterungen aus der Behörde selbst an dritte Personen unzulässige Mitteilungen gegeben worden seien. An einer einwandfreien Klärung dieser Frage hat die Regierung ein um so größeres Interesse, als sie schon einige Male seststellen mußte, daß die Presse verschieden ster Partetrichtungen Nachrichten über Dinge brachte, von denen sie nur auf dem Wege der Indiskretion Kenntnis'erlangt haben konnte, und daß es sich, sollten Beamte die Schuldigen sein, um einen glatten Bruch der im Beamteneid angelobten Verschwiegenheit handeln würde. Leider hat die Untersuchung bisher noch nicht zu einem greifbaren Ergebnis geführt. Auch die Negierung wünscht nichts sehnlicher, als daß die Mordtat sobald wie möglich ihre Sühne findet. Die Rede des Ministers wurde wiederholt durch lärmende Gegenkundgebungen besonders von links unterbrochen. Bei faßt leeren Bänken der Rechten eröffnete der Sozial demokrat Geiser die Aussprache. Schon nach wenigen Sätzen jedoch kam es erneut zu Krawallen im Saale. Als Geiser über die politischen Verhältnisse in Deutschland sprach und drese als unerfreulich bezeichnete, wurde ihm von der Tribüne zu gerufen: „Du kannst ja auswandern, wenn's dir nicht paßt!" und kurz darauf kam, ebenfalls von der Tribüne, der Zuruf: „Bonze!-. Im Nu entwickelte sich ein Masscnzwiegespräch zwischen den Abgeordneten im Saale und verschiedenen Tribünenbesuchern. Der Lärm steigerte sich immer mehr, so daß schließlich Präsident Dr. Eckardt die Sitzung unterbrechen mußte, während der Zwischenrufer von der Tribüne entfernt wurde. In der Pause trat der Ältestenausschuß zusammen. Erst nach einer halben Stunde konnten die Beratungen wieder ausgenommen werden. Nach Wiederaufnahme der Beratungen fuhr Abg. Geiser (Soz.) in seinen Darlegungen fort. Die Erklärung des Mini- sters habe die Geiserschen Darlegungen während der «roheren Landtagsverhandlungen über den Fall Hentsch bestätigt. Geiser glaubte m die Erklärung des Ministers starke Zweifel setzen zu müssen. Seine Ausführungen beschäftigten sich in der Haupt sache mit dem Kriminalrat Vogel, von dem der Abgeordnete behauptete, daß er bewußt mit voller Absicht und aus poli tischen Motiven den Schenk habe laufen lassen. Er forderte die sofortige Entlassung Vogels aus dem Staatsdienst ohne Pen sion Dem Abgeordneten paßte auch der Staatsanwalt Hart mann nicht, den er der Begünstigung der Nationalsozialisten verdächtigte. In einem Zusatzantrag verlangte er einen repu blikanischen Staatsanwalt, der nicht vom Oberstaatsanwalt abhängig sei, sondern direkt der Regierung unterstehe. Geiser forderte, den Gerichtsarzt Dr. med Bennecke und den Ober.- staatsanwalt Dr. Viermstz — den Väter und den Onkel des Abgeordneten Bennecke — bis zum Abschluß des Verfahrens in der Mordangelegenheit Hentsch im Dienst nicht zu verwenden. Kriminalrat Vogel sei wegen Begünstigung der Mörder des Hentsch unter Anklage zu stellen. Abg. Meyer (Natsoz.) behandelte dann einen Antrag seiner Fraktion, der darauf bezug nimmt, daß linksgerichtete Zeitungen in den Besitz von Untersuchungsergebntssen amt licher Dienststellen gekommen sind. Die Nationalsozialisten ver langen eine strenge Untersuchung über diesen Bruch des Dienst geheimnisses. Abg. Fritzsche (Disch-Soz.) vertrat den Standpunkt, daß bei den Beamten der Untersuchungsbehörden und Polizei dienststellen die Ansicht verbreitet sei, daß die NSDAP, eine seine Partei wäre und ihre Mitglieder keiner schlechten Hand lung fähig seien. Er bedauerte, daß die 16. Zivilkammer in Dresden die sozialdemokratische Broschüre, die sich mit der Affäre Hentsch befaßt, verboten habe und verlangte, daß der Reichsinnenmlnister die deutsche Beamtenschaft über das wahre Gesicht der nationalsozialistischen Bewegung auskläre. Abg. Siegert (Dnat.) erklärte sür seine Fraktion nmer anderem: Bei schärfster Verurteilung des an Hentsch verübten Verbrechens halten wir es sür zwecklos, uns über die Vor gänge selbst zu äußern. Wir erachten es als die selbstverständ lichste Pflicht der beteiligten Behörden, mit allen Mitteln und Kräften um die Aufhellung und strengste Sühnung dieses Mordes besorgt zu sein. Auch die letzten Zusammenhänge nmssen ohne jede Rücksicht ausgedeckt werden. Aber dieser Fall darf nicht zum parteipolitischen Agitalionsgeschäft gemacht wer den. Ebenso müssen wir die maßlosen Verhetzungen gegen Be amte zurückweifen. In diesem Zusammenhang lehnen wir auch die Zusayanträge der Sozialdemokratie und den Ergän zungsantrag ab, unbeteiligte Personen zu maßregeln. Als Abg. Studentkowsski (Natsoz.) mit seinen Aus führungen begann, suchten Kommunisten und Sozialdemokraten durch Lärmen den Redner unverständlich zu machen. Der Ab geordnete wies daraus hin, daß, wenn die Sozialdemokratie den Mord an Hentsch als politisch hinstelle, sie der italienischen Regierung ja selbst die Handhabe gebe, die Auslieferung zu verweigern. Abg. Dr. Kastner (S1.-P.) sagte, daß den an der Auf klärung des Mordfalles Hantsch beschäftigten Polizeibeamten manchmal Glück und Geschick gefehlt habe, die Annahme aber, daß sie aus politischen Gründen die der Lat Verdächtigen be- günstigt hätten, sei abzulehnen. Nach weiterer Aussprache wurde der Antrag, der auf ener gische Verfolgung des Falles Hentsch hinziert, angenommen. Abgelehnt wurden dagegen die Anträge die gegen den Krimi nalrat Vogel gerichtet waren. Nächste Sitzung 24. Januar 13 Uhr. Hur unserer flelmat Wilsdruff, am 13. Januar 1933. Merkblatt für den 14. Januar. Sonnenaufgang 8°° I Mondaufgang 19" Sonnenuntergang 16" I Monduntergang 9" 1896: Der Dichter Karl Gerok gest. Das kritische Quartal. Die Zeit von Neujahr bis Ostern ist in mehr aks einer Hinsicht kritisch. Wir gehen zwar mit immer schnelleren Schritten dem Frühling entgegen, und die Tage werden länger und Heller, aber die Sorge, daß der Winter doch noch streng werden und dann noch lange, vielleicht gar über Ostern hinaus währen könnte, ist nicht geschwunden. Aber das ist es nicht allein, was die ersten Monate des Jahres so bedenklich erscheinen läßt, als ruhten „in der Zeiten Schoße" lauter Krisen, lauter Dinge, die auf eine Entscheidung hindrängten. Von politischen Wende- und Höhepunkten, die einen Umschlag herbeiführen könnten, soll hier gar nicht die Rede sein, obwohl das besonders nahe zu liegen scheint. Nur den privaten Menschen wollen wir unter die Lupe nehmen, und da bietet sich des Kritischen in der Voroster zeit gerade genug. Der private Mensch ist umringt von einem Kranz von Sorgen. Bilanzen und Inventuren zeigen ihm um diese Zeit, was er hat oder vielmehr nicht hat, und so drängt sich ihm immer wieder die Frage auf: „Wie komme ich weiter? Was muß ich tun, um durchzu finden?" Daß durch solche Gedanken, die das Haus be herrschen, das Familienleben nicht gerade günstig beein flußt wird, kann man sich vorstellen. Am Mcnd, wenn die Familie sich „um des Lichtes gesellige Flamme" schart, ernste Gespräche über Geschäftliches pflegt — das fchafft keine gute Amosphäre. Man ist von vornherein miß mutig, und es will keine rechts Freude aufkommen. Alles, was man an Frende vergeben oder in sich aufnehmen konnte, scheint mit der Weihnachtszeit verbraucht zu sein. Mitten in diese Stimmung hinein schneit dann an einem dieser Tage die „Schätzung", die gefürchtete Steuer einschätzung oder wenigstens die präzise Äufforderung dazu. Es ist durchaus nichts Neues, was da kommt, und man hat es längst erwartet, aber man wird doch immer von neuem grimmig, wenn einem das amtliche Dokument mit seinen vielen Frage«, von denen man nur die wenig sten richtig erfaßt, wenn man nicht gerade Steuersachver- ständiger ist, ins Haus getragen wrrd. An der Beant wortung der von behördlicher Neugier eingegebenen Fragen beteiligt sich nicht selten alles, was in der Familie erwachsen ist, denn einer aller« kriegt das meist nicht fertig. Es wird hin und her erwogen, wie man seine "age darzustellen hat, um Teilnahme zn erregen bei denen, welche ein paar Wochen später unter die Schätzung das amtliche Siegel: „Gelesen und für richtig befunden!" zu setzen haben. „Nach bestem Wissen und Gewissen" macht man die Angaben, aber daß das ein erfreulicher Zustand sei, wird keiner behaupten wollen. Die Lage ist, wie man meinen könnte, nun schon kritisch genug, aber sie kann noch eine wesentliche Ver schärfung erfahren durch etwas, das keiner, der darum weiß, auf die leichte Achsel nimmt. Außer den Erwachsenen, die ihr gerüttelt Maß voll Sorgen haben, gibt es nämlich in der Familie noch die Kinder, die Schulkinder, und diese Schulkinder haben in der allernächsten Zeit ihre Versetzung oder Nichtversetzung, und wenn das Barometer mehr auf „Nicht" steht, liegt Unheil in der Luft. Aus der Schul« kommen kritische Briefe: „Ihr Sohn" oder „Ihre Tochter kann zu Ostern nicht versetzt werden, wenn er" (oder sie) in Mathematik" oder „in Französisch ..." na und so weiter. Und die Frage ist nun bis Ostern hin, bange zehn oder zwölf Wochen hin: „Wird er (oder sie) in Mathematik (oder in Französisch) es noch schaffen? Wird es reichen zur Versetzung?" Hand aufs Herz: Hätte in ein einziges Quartal noch mehr Unangenehmes hineingestopst werden können? Haben wir also nicht recht, wenn wir dieses Quartal als besonders kritisch bezeichnen? Aber wir wollen trotzdem nicht den Mut verlieren und durchhalten, bis wieder -Lie kelleren Quartals" tommer^
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