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MdmUrAMM für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Wilsdruff Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 26. Januar 1933 Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 »urch Fernru, Antigen übern, wir keine «°r°n«-. Jeder Aada.cknsprnch erliich^wenn' d^BeLgd.^ck Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, ^'„>^b^rurser Tageblalt- erscheint -n allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. d»>en v Postdestellung i,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend F°u^ i^ L^^-lonit^ Betriebsstörungen besteht Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke - erfolg, nur, wenn Rückporto beiliegt. ' Klage -inge^-V WUsdruffer Sägeblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtshauPtmannschast Meisten des Arnt^ »ÄtadLrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Ar. 22 — 92. Jahrgang Das Reichsehrenmal. Rings nm Deutschland erheben sich vie zahlreichen Denkmäler über den Gräbern von fast zwei Millionen, hinauf bis nach Riga und hinunter bis zum Olberg bei iMusatem stehen sie zum Gedenken an sie Ge fallenen des Weltkrieges. Rings in Dculsch- ^nd haben zahlreiche Städte und Dörfer es als ihre Ehrenpflicht betrachtet, ihrer Gefallenen zu gedenken in Etein oder Erz. Und in Berlin, an der alten Prachtstraße Unter den Linden, die soviel von ihrer Pracht verloren hat, >st Schinkels alte Hauptwache zu einem Tempel des Ge denkens an die deutschen Toten des Weltkrieges umgestaltei worden. Von Kiel her, einst dem größten deutschen Kriegs hasen, der heute klein geworden ist, von Wilhelmshaven aus grüßen die Denkmäler unserer Toten, die ein See mannsgrab gefunden haben, grüßen sie weit über die Mven. Seit Jahren schon wurde der Plan eifrig behandelt, ein Reichsehrenmal zu schaffen. Und ebenso ging der Streit darum, wo dieses Neichsehrenmal errichtet wer de» soll. In Thüringen, der Herzmitte des Reiches? Am Rhein, dem deutschesten der Ströme, ver aber von fremder Macht und Staatsgewalt überschattet wird? Noch viele andere Gaue Deutschlands hatten sich beworben, der Ehre leilhaftig zu werden, in ihren Grenzen das Ehrenmal be herbergen zu dürfen. Schließlich ist aber doch Bad Berka in Thüringen auserkoren worden. Die Durchführung der Errichtung des Reichsehrenmals ist jetzt so weit vorwärts- «etrieben, daß das Preisgericht dieser Stiftung zusammen treten konnte und einer Reihe verschiedenster Entwürfe für ei» Ehrenmal Preise zuerkannt hat. Allerdings ist noch immer nicht entschieden, welcher Entwurf zur Ausführung kommen wird. Denn nun soll «st einmal die Öffentlichkeit ihr Urteil sprechen. Eine Sanz andere Idee als in den sonstigen Denkmälern soll sich 'n den Entwürfen verkörpern, denen das Preisgericht jetzi den ersten Preis zuerkannt hat. Wer z. B. das Tannen bergdenkmal sah, nahm einen Eindruck von gewal tiger Wucht mit sich. Es „steht" breit da in der „breiten' Natur des deutschen Ostens. Anders ist die Natur, der — Geist des Thüringer Landes. Einfach und zwingend fol! ein solches Ehrenmal zu allen sprechen, die sich ihm naher 'M Gedenken an Deutschlands größtes Ringen mit einet Welt von Feinden ringsum. Zeitlos muß dieses Ehrenmal sein, bewußt entfern, bau jeder zeitgebundenen oder gar zeitgemäßen Kunst. Eir anderer, gleichfalls preisgekrönter Entwurf, der sich an der Gedanken des germanischen Hains anlehnt, geht stärker ir die Natur hinaus. Und lauten Beifall hat ein drittel eigenartig-ernsthafter Gedanke erregt. Zu Füßen de, »trauernden Mutter" Deutschlands soll Erde von aller Kriegsschauplätzen niedergelegt werden, wo deutsches Mui Sefloflen ist. Bei einem besonders empfohlenen Entwurf erhebt sich ein gen Himmel weisender Glockenturm »Lortuos piLnAo". „die Toten beklage ich", wie es aus Mancher Glocke zu lesen ist. Diese Symbolik ist ohne wei teres verständlich, sie braucht niemandem erst „erklärt" zu Merden, sondern spricht für sich, mahnend und klagend Beides ist schön und erhaben, dieses wie jenes. In Paris, London, Nom, Belgrad, ja selbst in der Hauptstädten von Ländern, die erst nach dem Kriege ent standen sind, gibt es das Ehrenmal des „Unbekannter Soldaten", dem auch der Gegner von einst die Ehre des stummen Grußes nicht versagt. Aber wir glauben nicht, baß es dem allgemeinen deutschen Wunsche entsprechen ivürde, nun auch unsererseits ein solches Grabmal zu schaffen. Jene, die wir durch ein Denkmal ehren wollen, fallen zumeist in fremder Erde, die sie eroberten und die be» Toten aufnahm. Erde wurde zu Erde, Staub zr Staub. Aber die Ehre blieb. Sie soll nicht vergesser Melden. Förderung der Znstandsehungsarbeiten des kleinen Sausbesitzes. Die Reichsregierung hat bekanntlich im Dezember eine llveite Rate von 50 Millionen Mark für In stand setzungs- und Umbauarbeiten am vansbesitz bereitgestellt. Dieser Betrag ist jetzt an die Lander zur Verteilung gelangt und wird von den Ländern Meiler an die Gemeinden verteilt werden. Es gelten Mr die Vergebung dieser Mittel die gleichen Bestimmungen wir bei der ersten Nate. Nur zwei Änderungen sind aus genommen worden: Einmal soll es genügen, wenn die Instandsetzungskosten i n s g e s a m t 1 0 o M a r k statt wie bisher 250 Mark betragen. Diese Herabsetzung ist erfolgt, bamit auch dem kleineren Hausbejrtz auf dem «andc sowie in kleineren und mittleren Gemeinden die Zuschüsse mehr als bisher zugute kommen. Weiter können Zuschüsse auch gegeben werden bei der völligen In standsetzung einer Leerwohnung. Es wird besonders darauf hingcwiescn, daß nur solche anträge berücksichtigt werden dürfen, bet denen sofort »der innerhalb ganz kurzer Zeit mit der Arbeit begonnen werden kann, damit die Auswirkungen aus dem Arbcits- fichnochindiesemWinter erkennen lassen. Ein politisches Geheimnis. Was wird mit Schleicher? Verhandlungen zwischen Deutsch- nationalen und Nationalsozialisten. Im Mittelpunkt der politischen Erörterung stand am Mittwoch die Entschließung, die die deutschnationale Reichstagsfraktion gegen das Kabinett angenommen hat. Es wurde lebhaft erörtert, welche Folgen etwa diese Ent schließung für die Entwicklung der Innenpolitik haben könnten. Inzwischen sind die Besprechungen der Parteien zur Bildung einer neuen Regierung weitergeführt worden. Wie bekannt wird, hatte der Vorsitzende der Deutsch nationalen Volkspartei, Dr. Hugenberg, in den letzten Tagen mehrfach Besprechungen mit dem Vorsitzenden ver nationalsozialistischen Reichstagsfraktion, Dr. Frick. Ein geweihte Kreise wollen wissen, daß die Einigungsverhand lungen zwischen Deutschnationalen und Nationalsozialisten schon viel weiter gediehen seien, als man das bisher an nahm. Allerdings auch wieder nicht soweit, daß sie bereits imstande wären, die Bedingungen zu erfüllen, die der Reichspräsident im November vorigen Jahres Adolf Hitler für die Übernahme einer von ihm geführten Regierung im Sinne einer parlamentarischen Mehrheitsregierung gestellt hatte. Wenn nämlich im Rahmen dieser Einigung einer Kanzlerschaft Hitlers nichts im Wege stände, so wäre das Zentrum, dessen Zusage für eine Mehrheitsregierung Hitlers erforderlich wäre, mit einer solchen Lösung keines wegs einverstanden. Das Zentrum würde vor allem nicht bereit sein, die Hugenbergsche Forderung eines einjährigen politischen Moratoriums zu erfüllen. Bei dieser politischen Sachlage steht man der Sitzung des Ältestenrats des Reichstages am kommenden Freitag mit Spannung entgegen, die um so größer ist, als die Reichsregierung neuerdings wieder hat wissen lassen, das sie eine längere Vertagung des Reichstages, wie sie scheinbar von einigen Parteien gewünscht wird, als eim nicht hinreichende Klärung der Lage betrachten würde Der Reichstag müsse gleichzeitig mit der Vertagung der Reichsregierung auch eineArtVertrauensvotum aussprechen, indem er erklärt, daß man ihr eine längere Anlaufszeit zur Durchführung ihrer wirtschaft lichen Maßnahmen lassen müsse. Ob unter diesen Umständen eine längere Vertagung in Frage kommt, mutz dahingestellt bleiben. In Kreisen, die der Reichsregierung nahestehen, hofft man, daß es ge lingen wird, datz das Kabinett Schleicher noch längere Zeit im Amte bleiben kann. Wie das bei der jetzigen par lamentarischen Lage möglich sein wird, ist vorläufig noch ein Geheimnis. * Reichstagsvertagung oder nicht? Berlin, 26. Januar. Von Berliner Blättern wird darauf hingewiesen, daß noch immer keine Klarheit darüber herrsche, ob es zu einer weiteren Vertagung der Plenarver handlung des Reichstages komme oder nicht. Die „D.A.Z" hebt hervor, daß die Regierung gegenüber Vertagungsneigun- gen der Parteien immer noch auf dem Standpunkt stehe, auch eine langfristige Vertagung des Reichstages könne von ihr nur dann als ausreichend angesehen werden, wenn sie mit der aus drücklichen Zwecksetzung versehen werden sollte, daß damit der Regierung hinreichende Gelegenheit zur Ausführung ihres Programms gegeben werden soll. Wenn also die Parteien, wie es setzt als wahrscheinlichste Möglichkeit betrachtet werden müsse, den Reichstag nach der Regierungserklärung wieder ver tagen wollte, ohne die Abstimmungen vorzunehmen, die eine Reichstagsauslösung nach sich ziehen könnten, dann wolle der Reichskanzler den Reichstag vor eine Art Vertrauensfrage stellen. Und wenn der Aeltestenrat von sich aus eine weitere Verschiebung herbeizuführen versucht, so soll das Verfahren nach Artikel 24 der Reichsverfassung in Gang gesetzt werden. Daß Reichstagspräsident Goering sich dieser Aufforderung ent ziehen könnte, wird nicht angenommen. Notfalls würde das Er suchen an den Vizepräsidenten gerichtet werden. Die entschei dende Aussprache zwischen dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler über die weitere Behandlung des innenpoliti schen Wirrwarrs und über die Frage der Vollmachten zu einer Behebung werde voraussichtlich am Sonnabend ftattfinden. * Oie Gründe der deuischnationalen Absage. Der Pressechef der Deutschnationalen Volkspartek, Hans Brosius, veröffentlicht In den Mitteilungen der DNVP. einen längeren Artikel über die Gründe der deutschnationalen Absage an das Kabinett Schleicher. In dem Artikel heitzt es u. a.: Zwei Gründe allein waren für den Vorstoß maß gebend, die Gefährdung des autoritären StaatsgedankenS durch die Politik des Kabinetts und das vollständige Ver sagen auf dem Gebiet einer einheitlichen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Herr von Schleicher kennt diese Gründe, von denen sich die deutschnationale Politik leiten ließ. Der deutschnationale Schritt ist weder eine „Quit tung" darauf, datz der Reichskanzler nicht bereit sei, die Deutschnationalen in die Regierung aufzunehmen, noch darauf, datz die Negierung „zu wenig gegen den Feld zug der Linken wegen der Osthilfemißstände getan habe". Der Vorstoß richtet sich auch nicht „indirekt gegen den Reichspräsidenten". Er liegt vielmehr auf der Linie der Politik des Reichspräsidenten, weil er den Gedanken der autoritären Staaisführung, den Hindenburg mit der Berufung des Kabinetts Papen verfolgte, vor einem Abgleiten in den Parlamentarismus bewahren will. Der Gedanke der autoritären Staats führung sei auf das schwerste gefährdet worden, einmal durch das dauernde Verhandeln mit Parteien und Gewerk schaften und durch das Eingehen auf parteipolitische Prestigewttnsche, wie cs am krassesten in der jedes Rechts gefühl untergrabenden A in nestie in Erscheinung trat. Zum zweiten durch die Untätigkeit des Kabinetts, das über das Verhandeln das Handeln vergaß. Dies kam vor allem ans dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelspolitik zutage. Wenn Hugenberg die Ansicht ver trat, datz eine einheitliche Linie der gesamten Wirtschafts- und Sozialpolitik — denn diese gehört entscheidend dazu — nur durch Zu- s a m m m e n l e g nn g der Ministerien gewähr leiste« werden kann, so zeigt er damit, wie immer, einen Weg. Den Deutschnationalen andere Motive unterzuschieben ist unfair. Geradezu absurd ist es, diese Änderung der Haltung mit dem Vorstotz der Linken in bezug auf die Osthilfe in Verbindung zu bringen. Sind Mißstände bei der Osthilfe vorgekommen, dann sind sie durch die falsche Art bedingt, in der man die Osthilfe entgegen den klaren Vorschlägen Hugenbergs aufzog. Die Deutschuationalcn werden eine Entschei dung erzwingen, die endlich dazu führt, daß man aus dem Zustand des verschleierten Parlamentarismus herauskommt und sich d c u j c n i g e n Aufgaben zuwcndet, die zur B e sc i t i g u n g der wirtschaftlichen und sozialen N o t in Angriff genommen werden müssen. Schwere Tumulte in Dresden. 9 Tote und 11 Schwerverletzte. Dresden, 26. Januar. Z» einem schweren Zusammen stoß zwischen Polizeibeamten und Kommunisten kam cs in der Nacht zum Dvnrrstag gegen 12 Uhr. Eine kommunistische Ver sammlung im Keglerheim wurde von der Polizei aufgelöst. Dieser Auflösung widersetzte sich die Menge und ging gegen die Beamten tätlich vor, die von der Schußwaffe Gebrauch machen mußten. Dresden, 26. Januar. Das Presseamt des Polizeipräsi diums teilt nachts gegen 3 Uhr mit: Im Keglerheim auf der Friedrich-Straße fand gestern abend eine Versammlung des Kampsbundes gegen den Faschismus mit dem Oberleutnant a. D. Frädrich als Redner statt. Da Frädrich auch in dieser Versammlung in außerordentlich ge meingefährlicher Weise zu Tätlichkeiten ausforderte, wurde die Versammlung von dem überwachenden Beamten der Politischen Abteilung aufgelöst. Da der polizeilichen Aussorderung zum Verlassen des Saales nicht nachgelommen wurde, wurde von vorsorglich bereitgehaltenen unisormierten Polizeibeamten vor dem Podium eine Sperrkette gebildet, die mit der Räumung des Saales zunächst ohne Anwendung des Gummiknüppels be gann. In, gleichen Augenblick setzten insbesondere aus den Ga lerien Sprechchöre ein: „Wir hleiben da! Sitzen bleiben!" usw. Auch wurde von den Galerien herab mit Biergläsern, Aschen bechern, Stühlen usw. nach den den Saal räumenden Beamten, die teilweise dadurch auch getroffen wurden, denen auch im Saal stärkerer Widerstand entgegengesetzt wurde, geworfen. Gleichzeitig wurde von Versammlungsbesuchern auf den Ga lerien auf die Beamten scharf geschossen. In der Notwehr mach ten die Beamten nunmehr von der Schußwaffe Gebrauch. Diese Gegenwehr batte neun Todesopfer und, soweit fick bis jetzt hat feststellen lasten, elf Verletzte zur Folge.