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o« nicht nur in allen größeren Städten Nordwestböhmens mit außerordentlichem Erfolge auftrat, sondern auch im Ausland, so in Paris und London, zusammen mit seinem Prüder, der derzeit in Rewyork lebt und dort als Klavier- oirtuose einen geachteten Namen besitzt, Triumphe feierte. Krankheit und Engagemenislosigkeit haben den Be dauernswerten den Boden unter den Füßen verlieren lassen. Man vernahm lange nichts von ihm, jetzt aber stellt sich heraus, daß der arme Mensch schon seit Jahren sein Leben als Bettelmusikant fristete. In der letzten Zeit hatte er auch noch sein Instrument eingebüstt und war nun nur auf das Betteln angewiesen. Mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Künstlers ist auch ein seelischer Niedergang verbunden gewesen. Sein Gesund heitszustand ist schlecht, und seine Nerven sind zerrüttet. Bei dem Verhör gab er Antworten, die Zweifel an seiner geistigen Klarheit aufkommen lassen. Der Unglückliche ist auch äußerlich ganz verwahrlost und bietet für alle, die ihn einst als ausüben den Künstler von großer Zukunft auf dem Podium sahen, ein erschütterndes Bild * Zu der Osthilscaussprache im Haushaltsausschutz. Berlin. Die Generalversammlung des preußischen Königs hauses teilt mit: „Die im Haushaltsausschutz des Reichstages von sozialdemokratischer Seite ausgestellte Behauptung, daß Ihre Majestät die Kaiserin Hermine die Osthilfe in Anspruch genommen habe, ist unzutreffend." Domprobst Professor Linneborn gestorben. Paderborn. Infolge Herzschlages verstarb der Domprobst Professor Dr. Johannes Linneborn. Der Verstorbene war seit längerer Zeit Mitglied des Preußischen Landtages als Ver treter des Zentrums für Westfalen-Süd. Glücklich abgelaufcner Gebirgsschlag. Breslau. Wie das Oberbergamt Breslau mitteilt, wurden aus der Gräfin-Johanna-Schachtanlage bei Beuchen (O.-S.) bei einem Gebirgsschlag im Heinitz-Flöz sechs Mann ver schüttet. Die Leute waren in einem Bremsberge mit Jnstand- sctzungsarbeiten beschäftigt. Drei von den Verschütteten konnten sich alsbald selbst befreien, die drei anderen sind noch in der Nacht durch Rettungsleute lebend geborgen. Polen entläßt widerrechtlich Danziger Eisenbahner. Danzig. Die Danziger Regierung hat eine Note an den Hohen Kommissar des Völkerbundes gerichtet, in der sie sich Über die Verdrängung von deutschstämmigen Beamten bet den Danziger Eisenbahnen beschwert und die Entscheidung des Oberlommissars anrust. Es handelt sich darum, daß Polen bei angeblichen Rcorganisationsmaßnahmen der Eisenbahn- Verwaltung verschiedene deutsch-Danziger Beamte entlassen hat. Polen ist aber verpflichtet, in erster Linie die deutsch-Danziger Beamten. Angestellten und Arbeiter zu beschäftigen. Bombenanschlag auf ein sozialdemokratifches Volkshaus. Madrid. In Sevilla warfen Extremisten zwei zehn Kilo schwere Bomben gegen das sozialdemokratische Volkshaus. Eine der Bomben erplodierte und richtete großen Schaden an. Zwei Personen wurden schwer und zehn weitere leicht verletzt. Montagu Norman heiratet. — Ein furchtloses Brautpaar. London. Hier fand die standesamtliche Trauung von Montagu Norman, dem 6ljährigen Gouverneur der Bank von England, und Priscilla Worsthone, einem 33jährigen Mit- glied des Londoner Stadtrates statt. Um der großen Menschen menge zu entgehen, die das srischgebackene Ehepaar begrüßen wollte, verließen Montagu Norman und Frau das Standes amt über eine Hintertreppe, wobei sie ein Leichenschau- Haus zu durchgucren hatten. Geheimnisvolle Explosion in Moskau. Moskau. In Moskau wurden vier russische Gelehrte be erdigt, die bei Versuchen im Gebäude des Starkstromtrusts ums Leben gekommen sind. Außer diesen vier Gelehrten soll noch eine Gruppe von sechs Arbeitern umgekommen sein. Von amt licher Seite wird über die Todesursache nichts mitgeteill. Nach privaten Meldungen soll es sich um eine Explosion beim Ausprobieren einer auf militärischem Gebiet liegenden Erfindung handeln. 45 Grad Kälte im Uralgcbiet. Moskau. Aus Leningrad wird gemeldet, daß dort die Temperatur auf 28 Grad unter Null gesunken ist. Im Ural- gebie« wurden 45 Grad gemessen. 120 chinesische Soldaten erfroren aufgefundcn. Peking. Wie hier verlautet, sind bei der Stadt Pekpm (Provinz Dschehol) 12V chinesische Soldaten erfroren auf Munden worden. Die Abteilung war eine Zeitlang von de: Außenwelt abgeschnitten und hatte keinerlei Lebensmittel. ! Neuer sur aller weil , Die Düsseldorfer und Siegburger Schulen wegen der Grippe geschlossen. Infolge der immer weiter um sich greifenden Grippe haben die staatlichen Kreisärzte für den Stadtkreis Düsseldorf die Schließung sämtlicher Schulen für die Zeit vom 21. bis 28. Januar einschließlich angeordnet. Auch in Siegburg mutzten alle Schulen geschlossen werden. In Braunschweig und in Wolfenbüttel hat die Krankheit weiter um sich ge griffen. Zwölf Jahre Zuchthaus für einen Sittlichkeitsver brecher und Mörder. Das- Schwurgericht beim Land gericht I in Berlin verurteilte den Arbeiter Wilhelm Ketzerich, der im März v. I. die sechsjährige Elfriede Woitschek in seine Wohnung gelockt, vergewaltigt und dann erwürgt hatte, zu zwölf Jahren Zuchthaus. Der Staatsanwalt hatte acht Jahre Zuchthaus beantragt. Raubübcrfall auf ein Lastauto der Reichspost. Ein Lastauto der Reichspost wurde auf der Straße von Köln- Brück nach Rath-Heumar von drei Männern, die denen zwei Polizeiuniformen trugen, durch rotes Licht zum Halten gebracht. Die Räuber hielten den Posthelfer mit einer Pistole in Schach, erbrachen das Auto und erbeuteten neben einigen Briefbeuteln einen weiteren Beutel mit 480 Mark Bargeld und einen mit Briefmarken im Werte von 400 Mark. Die Täter sind unerkannt nach dem Königsforst entkommen. Verhaftung eines Geheimen Regierungsrates. Auf Grund eines Steckbriefes, den die Staatsanwaltschaft Karlsruhe erlassen hatte, ist in Berlin der 70 Jahre alte Geheime Regierungsrat Dr. S. Douglas verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Doktor Douglas wurde wegen Betruges gesucht. Raubmord an einer Greisin. In Oppeln wurde die 75jährige Rentnerin Anna Czajka ermordet. Man fand die Greisin angekleidet tot in ihrem Bette. Die Leiche wies am Halse Würgemale auf. Die polizeilichen Fest stellungen ergaben einwandfrei einen Raubmord, da die Behältnisse in der Wohnung teilweise geöffnet und durch wühlt waren. Der Tat dringend verdächtig sind mehrere Männer, die bereits in einer früheren Wohnung der Er mordeten einige Einbrüche ausgeführt hatten. Eine Mutter mit fünf Kindern bei einem Brande umgekommen. In Granada brach in einem Drogerie warenlager ein Brand aus, der rasch an Umfang zunahm, da dis Löscharbeiten durch Wassermangel erschwert wurden. Das Feuer griff mit so rasender Geschwindig keit um sich, daß die Frau des Lagerbesitzers sich und ihre fünf Kinder nicht mehr retten konnte. Alle sechs fanden den Tod in den Flammen. Im Gefängnis verhundert. Im Gefängnis von Turnu Severin in Rumänien sind zwei Gefangene ver hundert. Die rumänische Presse ist darüber sehr erregt und stellt fest, daß die Lebensmittellieferanten schon seit Jahr und Tag nicht mehr bezahlt worden seien. Auch hätten der Direktor und das übrige Personal des Ge fängnisses seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen, Brennholz sei schon seit langem nicht mehr vorhanden. Viele Gefangene seien so geschwächt, daß sie sich kaum noch auf den Füßen halten könnten. Riesiges Schadenfeuer in Rumänien. In der kleinen Stadt Dorohoi brach ein Schadenfeuer aus, dem zwei Straßenzüge zum Opfer fielen. Zerstört wurden zahlreiche kleine Krämerladen. Der Schaden wird auf 15 Millionen Lei geschätzt. Menschenleben sind dem Feuer nicht zum Opfer gefallen. Eine neue russische Schisfshavarie. Aus Archangelsi wird berichtet, daß das sowjetrussische Expeditionsschiff „Persej" auf der Fahrt nach Spitzbergen in einen schweren Sturm geraten ist und ernstlich beschädigt wurde. Die „Persej" hofft aber, aus eigener Kraft Murmansk zu er reichen. 100 Häuser eingeäschert. In dem Dorfe Nikitowka im Amurgebiet brach ein Feuer aus, durch das über hundert Häuser vernichtet wurden. Große Mengen von Getreide sind dem Brande zum Opfer gefallen. Acht Bauern werden vermißt. Kullmaufgaben dürfen nicht leiden! Glossen zu einer Theaterkrisis. Da es der gesamten Wirtschaft schlecht geht, kann es auch dem Theater nicht gut gehen, denn das Theater ist ein Bestandteil der Wirtschaft so gut wie irgend etwas anderes. Die große Schicht derer, welche das deutsche Theater Jahrzehnte hindurch gestützt haben, der gehobene Mittelstand, das solide Bürgertum, aber auch die Arbeiter schaft, ist in wirtschaftlicher Not und kann als ständiges Theaterpublikum, mit dem auch in kritischen Zeiten einiger maßen zu rechnen wäre, kaum noch in Frage kommen. So dringen denn von vielen Seiten immer wieder und immer häufiger Nachrichten über ernste Theaterkrisen, die eine Theaterdämmerung anzukündigen scheinen, an unser Ohr. Alte, bewährte Theater müssen ihren Betrieb schließen oder wesentlich einschränken, Stadttheater mit gemischtem Programm — Oper und Schauspiel — müssen einen Teil des Programms restlos ausgeben, Subven tionen, die zugesagt waren, müssen Wegfällen, Gagen müssen mitleidslos gekürzt werden, und ein großer Teil des Personals wird entlassen, ohne daß ihm auch nur der Schimmer einer Hoffnung auf ein neues Engagement übrigbleibe. Aber es besteht trotz alledem weiter der Glaube, daß das Theater ein Kulturfaktor ersten Ranges sei, und es besteht weiter der Wunsch, daß es die Kulturauf gäbe, die ihm zuteil geworden ist, weiter und möglichst unbehindert erfüllen möge. Alle, die es angeht — und das ist das ganze deutsche Volk —, sollen und müssen helfen, ihm seine Aufgabe zu erleichtern. Alle Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, dürfen uns zum Beispiel nicht abhalten, die Wandertheater in den deutschen Grenz gebieten, in Ostpreußen, in Schlesien, in Schleswig-Holstein und an den Rheingrenzen, aber auch die Wander bühn e n im Binnenlande nach besten Kräften zu fördern. Der Staat stellt für solche Zwecke einige Mittel zur Ver fügung, aber sie reichen bei weitem nicht aus, und es wird immer Sache des Bürgers sein, seinem Theater, solange er noch dazu imstande ist, helfend beizuspringen, indem er es fleißig besucht und auf eine würdige Gestaltung des Spielplanes Einfluß nimmt. Mit der hier geschilderten Theaternot, die eine be greifliche Folge wirtschaftlicher Schwäche ist, ist nicht zu vergleichen, was jetzt im Theaterleben der Reichshauptstadt, das vorbildlich sein sollte, ge schieht. Hier ist eine schleichende Theaterkrise zum offenen Ausbruch gekommen, aber diese Krise ist nicht durchaus und in allem auf wirtschaftliche Nöte zurückzuführen, sondern zum großen Teile auf eine Schluderwirt schaft sondergleichen, auf die Machenschaften von Theatergeschäftsleuten, denen das Theater Nebensache und das Geschäftemachen die Hauptsache war, auf eine Prominentenwirtschaft zum Schaden der großen Masse der bescheideneren Schauspieler, die an die Wand gedrückt und kläglich bezahlt worden ist, während an die „Stars" und an solche, die es zu sein behaupteten, Tagesgagen, die in die Tausende gingen, gezahlt wurden, aus Theaterkonzessionsschiebungen bedenklich ster Art, auf die völlige Lahmlegung der ernsten dramati schen Produktion, der im Svielplan allerseichtestes Zeug vorgezogen wnrde, auf die Mißachtung unserer Klassiker, auf den unehrlichen schwunghaften Handel, der mit Theaterkarten getrieben wurde, und was solcher Dinge mehr sind. Wenn jetzt eine größere Anzahl von Berliner Theatern, die von einem bekannten Theaterkonzern her- untergewirtschaftet worden sind, kaputtgehen sollte, so wäre das höchstens darum zu bedauern, weil wieder eine größere Anzahl von Schauspielern brotlos würde, - diesen Theatern selbst aber brauchte man keine Träne nach zuweinen, denn sie haben ihr Schicksal längst verdient. Mögen solche Theater sterben — es ist nicht schade um sie! Aber das Theater selbst mutzleben, das Theater besonders in der oft ein bißchen spöttisch von oben herab behandelten „Provinz", wo man trotz aller Not, in der wir leben, noch reine Freude am Theater hat, Wo es kein „Unternehmen", sondern eine Bil dung s a n st a l i im Schillerschen Sinne zu sein sich be strebt, wo es darum ieglicher Förderung teilhaft werden sollte, damit es eines Tages wieder aufblühe. Das ist die tiefere Bedeutung des Kampfes, den der kulturschaffende und wirklich kunstbegeisterte Deutsche für die Erhaltung seines Theaters führen sollte! dy Martin ^'eurZitvLneer. Nail« (Lsalv) j39 Hast du jetzt dieses Lachen gehört? Jst's dir bekannt? Es klingt zwar nicht mehr ganz so hell wie damals, als (hl in den Hasenanlagen von Bregenz auf einer Bank laßet und küßtet — küßtet, ungehindert der Spaziergänger Dann stieget ihr Arm in Arm die Höhen des Gebharts- berges an — es war eine wundersame Nacht. Ja, ja, es ch so; diese Arme, die jetzt wuchtig und breit sich auf den Disch stützen, umschlangen einst deinen Hals — Vieser Mund war es, den du Heitz küßtest. Der Körper ist voller und stärker geworden. Füns Kinder hat dieses Weib seinem Manne geschenkt. Im Alter von dreißig Jahren ist die Frau schon Witwe geworden. In seiner Liebe hat aas Mädchen die Stadt verlassen und ist dem Manne in Einsamkeit des Bregenzer Hochwaldes gefolgt ..." In dieser Nacht, als eine halb offene Tür seine Ruhe stätte mit der Kammer der Bäuerin verband, der Voll- mond sein Licht über die kraftvolle Gestalt des gesunden Weibes warf, als es sich zur Nachtruhe auskleidete — löste stch der Stein vom wunden Herzen. Hans Ttangassinger weinte, wie nur ein vom Schicksal geschlagener Mensch weinen konnte. In dem blau- Mtreisten Kissen vergrub er sein vom Schicksal zerfurchtes ^chmerzensgesicht; die Faust umkrampfte ein großes, wnstlos gesticktes Monogramm am Rande des Kissens. Immer wieder strichen die Finger liebend darüber ... A P- — -An Fräulein Anny Preisinger!" hatte er ihr rinmal eine Karie aus Innsbruck geschrieben. Als am frühen Morgen die Kinder beim Abschied noch lange vor dem Hause standen, dem lieben Fremden nach- wuttten und zujuvelten, sank Hans Stangassinger unter »er Wucht seines verlorenen Lebens zusammen. Als er wieder erwachte, begann der Tag schon zu sinken. Noch in dieser Nacht wanderte Hans Stangassinger über die Höhen hinüber in das Tal des Lechs, in das Flußgebiet seiner Heimat. In den Ohren des Wanderers lockte ein fernes Rauschen: ein Rauschen von Wellen über einem Stück Erde, das er verspielt, klang ein Rauschen und Stampfen von Turbinen, die unter heißem Atem und wildem Stöhnen die neuen Söhne des Landes: Licht, Wärme und Kraft, gebaren. Als Hans Stangassinger mit zerrissenen Schuhen, Wunden Füßen und zerfetzten Kleidern an die Felswände seiner Heimat, an den Taneller, kam, griffen lange Wolkenarme über den Kamm. Hans Stangassinger sank in die Knie. Er streckte die Arme: „Mutter, ich bin wieder da — dein verlorener Sohn kommt wieder zurück!" Er küßte, den Heimatboden. Ihm war, als griffen die Hände seiner Ahnen nach ihm. Mit dem Aufgebot der letzten Kräfte stieg er bergan. Er ging einen ihm von der Jugend her bekannten Jägersteig. Als gegen Mitternacht der Mond sich aus einer Wolkenkulisse schob und sein Silberlicht mit vollen Armen über die Bergwelt des Aus fern schüttete, hatte Hans Stangassinger die Höhe des Jägersteiges erreicht. Unter seinen Füßen lag die Heimat im Schweigen der Hellen Nacht — der See von Heiter- wang. Hans Stangassinger bog sich hinab, er horchte in die Nacht. Klangen da nicht Glocken aus der Tiefe des Sees? Sah man nicht aus blauer Tiefe die Schindeldächer eines versunkenen Dorfes leuchten? Glitzerte dort nicht das goldene Kreuz des Kirchturmes? Waren diese Schatten nicht die Grabmale des Friedhofs? „Heimat, da bin ich wieder!" schrie ein vom Leben tod gehetzter Mann in die Nacht. Dann rannte Hans Stan- gassinger, ungeachtet der Felsen, der Wurzeln und der um gestürzten Bäume, die ihm den Weg versperrten und ihm beim Fall blutende Wunden schlugen, talwärts, bis die kühlen Fluten der Heimat den verlorenen Sohn wie eine Mutter erlösend in ihre Arme schlossen. Am Abend des nächsten Tages wurde der Leichnam beim Einlaufwehr des Sees geborgen. Der Schleusenwärter räumte Oelfässer und Werkzeug beiseite, um in der kleinen Halle Platz für den Toten zu schaffen. In dieser Nacht konnte Frau Anny, deren Schlaf zimmer über dem Werkzeugschuppen lag, keine Ruhe finden. Als der Morgen die ersten Strahlen durch die von Oel und Schmutz beschmierten Fenster dränMe, fielen sie mit stumpfem Glanz aus das Gesicht des Toten. Es leuchtete tiefster Frieden aus dem Antlitz. Um dieselbe Stunde, als man Hans Stangassinger im Friedhof zu Bichlbach zur letzten Ruhe senkte, tanzte Thessa zur Teestunde in einer Wiener Bar. — Nach zwei Tagen war in den Zeitungen zu lesen, daß Thessa Vanzoni, eine bekannte Erscheinung der Wiener Lebewelt, beim Verlassen einer Bar nach Mitternacht von einem Ungarn aus Eifersucht erschossen wurde. — * * * Freunde des Toten stifteten ein Grabmal. Auf der Marmorplatte stand in kurzen Worten: „Hans Stan- gassinger — die Liebe zur Heimat trieb ihn in den Tod." Allenthalben geht das Gespräch im Tal des Ausfern, daß man in der Johanninacht bei windstillem Wetter die Glocken von Heiterwang aus dem See klingen hört. Hans Stangassinger zieht an den Glockensträngen, eine volle Stunde lang. Niemand aber darf es wagen, um diese Stunde über das ehemalige Heiterwang mit dem Kahn zu fahren. Das Verderben wäre ihm gewiß. Die Frau des Schleusenwärters Heiglmoser ging auf diese Weise zugrunde. Man fand nur mehr den leeren Kahn. An langen Winterabenden, wenn das Tal des Ausfern verschneit ist und der Wind kalt über die Berge bläst, sitzen die Leute um den warmen Kachelofen und lauschen der Geschichte vom untergegangenen Dorfe in Tirol, die immer gleich beginnt: Es war einmal ein Dorf im Ausfern — — Ende! —