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MlsdmfferTageblatl Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Freitag, den 6. Januar 1933 Postscheck: Dresden 2K40 W erscheint an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. boten unsereAustri>ger""g b«» RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Poftanstalten und Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend »ein Anspruch aus 7—7 77 ' Betriebsstörungen besteht ' Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. ' Te!egr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpsg., die 4 gespaltene geile der amtlichen Bekanntmachungen 4t) Reichs pfennige, die 3 gespaltene Rcklamezeile im textlichen Teile I RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dorge- schriedenc Eischeinungs- -- cve tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- annahme bisvorm.IÜÜHr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Austraggeber in Konkurs gerät. ^ Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- »^lryls und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Lm Schußbereich. ... Nicht bloß die Ausweisung des letzten deutschen Geist uchen aus dem „neubelgischen" Gebiet Eupen- -R a lmedy hat in Deutschland wieder einmal die Blicke Au unsere Beziehungen zu Belgien gelenkt. dieser Geistliche das dortige, von einem ehemaligen oeutschcn, nach Belgien geflüchteten Separatisten geleitete -Grenz-Echo" nicht als eine „unpolitische" Lektüre sür die fugend zulassen wollte, war ja die eigentliche Sünde, die leine Ausweisung veranlaßte und dabei auch die mit ihm r^Ä'^^^ude Bevölkerung den Gummiknüppel belgi- Gedärmen kosten ließ. Aber weit mehr als der- Ngc Vorkommnisse — ähnliche geistige Absperrungs- wutznahmen „Neubelgiens" gegen kulturelle Verbindungen Deutschland sind dort an der Tagesordnung — Aeyen heute unseren Blick die gewaltigen militärischen Anstrengungen auf sich, die Belgien als „Verteidigungs- "laßnahmcn" gegen Deutschland teils bereits ausführt, teils mit betonter Geschäftigkeit seiner Militärs ankündigt. Wie weit dabei das belgisch-französische Militärbündnis bzw. die Sondervereinbarungen zwischen den Generalstäben in Brüssel und Paris mit- lprechen, wird der Öffentlichkeit und im besonderen der belgische Volksvertretung möglichst verborgen. Immerhin weiß man doch, daß sich der französische Militärattache in Dussel an den Vorarbeiten eifrig beteiligt hat. Und man weiß weiterhin, daß unmittelbar an der Grenze „Be festigungen" angelegt worden sind, die ohne weiteres die deutsche Stadt Aachen zu einem Trümmer- haufen zufammenschießen können. Daraus w — natürlich zum schweren Ärger der Belgier — sehr drastisch und deutlich in einem Plakat hingewiesen worden, das in Eupen überraschend auftauchte und dort große Verbreitung fand. Ziele aus Aachen, belgisches Brüderlein! Das Plakat, das im Wahlkampf in Eupen-Malmedy aus- tauchte und dort von den Belgiern beschlagnahmt wurde, ^nnzeichnet sehr gut die militärische Abhängigkeit -belgiens von Frankreich. Die Hecke im Vordergrund bezeichnete die alte belgische Grenze, durch die ein Loch nach Eupen-Malmedy geschnitten wurde. Allmählich Wird dann, an der belgisch-luxemburgischen Grenze entlang, mit stärkster Tiefengliederung eine Äe- ftstigungszone ausgebaut, die bei Longwy den Anschluß an das Riesenwerk der französischen „Verteidigungslinie" erhalten wird. Uns geht's ja nichts an, was die Belgier mit ihrem Geld machen, — aber es steht mit der Wei- gerung, die Schuldzinsen an Amerika zu zahlen, doch einigermaßen in einem sonderbaren Gegensatz, daß Belgien jetzt etwa zwanzigmal soviel Geld in diese militärische Aufrüstung steckt wie die Zinsrate an Amerika beträgt, die man aus angeblichem finanziellen Unvermögen "'Hi hat zahlen können. Wohl geht es uns aber etwas und sogar sehr viel an daß von den französisch belgischen „Verteidigungslinien Ms nicht bloß deutsche Großstädte mit Artilleriefeuei -bestrichen" werden können, also im Schußbereich auch des gegnerischen Mittelkalibers liegen, sondern daß sich als -Glacis" vor dieser Linie wehr- und verteidigungslos noch bis fünfzig Kilometer rechts des Rheins die „end "Etarisierte Zone" v m der schweizerischen bis zu, holländischen Grenze h ieht. Zum 1. April d. I. iß bas französische — übrigens auch gegen Italien ge richtete — Befestigungsmassiv an der Ost- und Südwest grenze fir und fertig, und der Kriegsminister wird durck eine völlige Umgruppierung und erhebliche Verstärkunc der militärischen Streitkräfte auch dafür sorgen, daß orga Nlsatorisch alles so sehr wie möglich ausgenutzt wird, was man übrigens nicht zuletzt auch unter Heranziehung — deutscher Arbeitskräfte dort aufgebaut hat. Man mach io auch gar kein Hehl daraus, welch ein Riesenwerk mar zystandebrachte, bei dem es auf die Kosten gar nicht an Am Und wer den Oberrhein — etwa von Basel bis zui Pfalzer Grenze — offenen Auges hinunterfährt, wirk Mimen sür die MeitrWOng. Das Sofortprogramm kann in Kraft treten Dr. Gereke über die neuen Grundsätze. Der Ausschuß des Reichskabinetts hat die Grundsätze sür das neue Arbeitsbeschaffungsprogramm festgelegt, so daß das Programm nunmehr umgehend in die Tat umgesetzt werden kann. Im Anschluß an die Sitzung empfing der Reichskommissar für die Arbeits beschaffung, Dr. Gereke, einen Vertreter einer Nachrichten agentur zu einer Unterredung, in der er sich eingehend über die nunmehr beschlossenen Maßnahmen äußerte. Danach können Träger der Arbeit nur Reich, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, sonstige Körper schaften des öffentlichen Rechts sowie gemischtwirtschaft liche Unternehmungen sein. Diesen kann auf ihren An trag von der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Ar beiten (Offa) oder der Rentenbankkreditanstalt (RKA.) rin Darlehn gewährt werden. Es soll sich besonders um Arbeiten handeln, die aus Mangel an Geldmitteln bisher nicht ausgeführt werden konnten, wobei der Nachweis zu führen ist, daß der Träger der Arbeit zur Finanzierung aus eigener Leistungsfähigkeit nicht imstande ist. Ist er teilweise dazu imstande, so kann ihm für den Rest ein entsprechendes Darlehn gewährt werden. Die Vergebung der Arbeiten an Unternehmer ist der Ausführung in eigener Regie grundsätzlich vor zuziehen. Die Arbeiten sollen ausgeschrieben Werden. Mittlere und kleinere Betriebe sind ausreichend zu berücksichtigen, wobei erforderlichenfalls mehrere Unter nehmer zusammengefaßt werden können. Solange noch an Unternehmer S t e u e r g u t s ch e i n e für Mehr beschäftigung von Arbeitnehmern zugeteilt werden, ist diese Zuteilung bei der Preisgestaltung zu berück sichtigen. Dadurch soll verhindert werden, daß Unternehmungen, die ohnehin durch Aufträge der öffent lichen Hand wieder Mehrbeschäftigung bekommen, noch eine besondere Vergünstigung erhalten. Die Ein stellungen erfolgen unter den Bedingungen des freien Arbeitsvertrages. Die Arbeitszeit soll 40 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Die Darlehensbedingungen sind folgende: die Laufzeit soll der voraussichtlichen Lebensdauer der Arbeiten angepaßt werden, jedoch 25 Jahre im allgemeinen nicht überschreiten. Die Lauf zeit beginnt, um den Darlehensnehmern eine gewisse Atempause einzuräumen, erst am 1. Juli 1935. Im Aus nahmefall kann der Beginn der Laufzeit um ein weiteres Fahr htnausgeschoben werden. Die Zahlungen sind va-n den Darlehensnehmern in gleichen Halbjahrsrenten nach träglich zu leisten. Bei einer Tilgungszeit von 20 Jahren sind 6 Prozent des ursprünglichen Darlehensbetrages jährlich als Rente zu zahlen. Sehr wesentlich für die Körperschaften ist die Bestimmung, daß alle übrigen Lasten aus der Darlehensgewährung vom Reich ge tragen werden. Für Anlagen, die N u tz u n g e n in wirt schaftlich angemessener Höhe ermöglichen, wie z. B. Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke, gilt die Regelung, daß der Darlehensnehmer die Zins- und Tilgungslasten selbst zu tragen hat. Dies gilt also besonders für die gemischt-wirtschaftlichen Unternehmungen. Die Laufzeit des Darlehens beginnt für diese Arl Unternehmungen mit Fertigstellung der Anlage, spätestens am 1. April 1934. Das Äntragsverfahren ist so geregelt, daß die Anträge allgemein an den Reichskommissar zu Achicu und, und zwar vom Reich, den Ländern und der Reichsbahn an den Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung selbst, im übrigen an die zuständige oberste Landesbehörde oder dis von ihr im Einvernehmen mit dem Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung bestimmten Behörden unter gleich zeitiger Übersendung einer Abschrift an den Präsidenten des öandesarbeitsamtes. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung werden für die Darlehensnehmer besondere Formulare ausgearbeitet. Nach Prüfung werden die Anträge beschleunigt dem Reichskommissar eingereicht, der sie an die OFFA. beziehungsweise RKA. zur Entscheidung über die Zuteilung der Darlehen weiterleitet. Der Reichskommissar hat gegen ablehnende Entscheidungen dieser Kreditinstitute ein Einspruchsrecht. Großen Wert, so erklärte der Reichskommiffar. lege ich auf beschleunigte Durchführung des Sofortprogramms. Rach der Festlegung der Richtlinien wird sofort mit den praktischen Arbeiten begonnen werden. Mit der Genehmigung des ersten Projektes ist bereits in den nächsten Wochen zu rechnen. Soweit öffentliche Arbeitsbeschasfungsprogramme, die vor meiner Berufung zum Reichskommissar beschlossen worden sind, gegenwärtig durchgeführt werden, wird ihre Abwicklung durch das Sofortprogramm selbstverständlich nicht berührt. Im Gegenteil werde ich mir auch ihre entschiedene Förderung angelegen sein lassen. Zum Schluß verzeichnete es der Kommissar als besonders erfreulich, daß die Vertreter der Länder und kommunalen Spitzenverbände, der Gewerk schaften und übrigen Berufsverbände ihre bereitwillige Mitarbeit an dem großen Werk der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zngesagt hätten. poliMebe UuMengeheimnille. Wichtige Unterhaltungen Papen—Hitler, Schleicher—Strasser. Der vom Ältestenrat sür den 24. Januar in Aussicht genommene Zusammentritt des Reichstages wirft bereits jetzt seine Schatten voraus. Es ist nämlich bekannt geworden, daß in den letzten Tagen wichtige politische Gespräche stattgefnnden haben sollen, die dazu bestimmt waren, eine Klärung über die Stellung des Reichstages zum Kabinett Schleicher herbeizuführen. Großes Aufsehen erregte in der politischen Öffentlich keit eine Meldung der Täglichen Rundschau, der besonders gute Beziehungen zum Reichskanzler Schleicher nachgefagt werden. Das Blatt will nämlick erfahren haben, dak am auch vom Dampfer aus überall auf der sranzöstscher Rheinseite die stark ausgebauten und betonierten Be festigungen sehen können, dem auf der deutschen Seit« auch nicht einmal ein einfacher Schützengraben entgegen gestellt werden darf. So liegen die Dinge, aller Welt bekannt, in schmach voller Wirklichkeit, — aber diese Schmach trifft nicht uns sondern jene, die vor dieser Welt eine jahrelang) Komödie der Besorgnis vor der „deutscher Bedrohung" spielen. „Mit der entmilitarisierter Zone stehe im Grunde ein prächtiger Exerzierplatz füt Frankreich zur Verfügung", schrieb neulich ein italienisches Blatt, denn Frankreich könne ja im geeigneten AugenblicI „schnell und sicher durch diese Zone Vordringen und die als Brückenköpfe strategisch wichtigen Städte Mainz, Koblenz und Köln ohne weiteres besetzen". Das ist noch — zuwenig gesagt! Viel zuwenig, weil ja doch die wehrlos gemachst Zone noch rechts des Rheins bis 50 Kilometer in deutsches Land hineinreicht und selbst dann — keine Verteidigungs linie errichtet werden darf! Es ist vielleicht zweckmäßig, beim Streit um dic deutsche Gleichberechtigung und Sicherheit wieder einmal an diese Dinge zu erinnern, die zudem für uns eine täglich noch wachsende Bedrohung enthalten. Mittwochmittag in Köln in der Wohnung des Barons Roeder eine geheime Untcrrcdungz wischen Adolf Hitler und dem früheren Reichskanzler von Papen stattgefunden habe. Adolf Hitler sei in Begleitung feines neuen Generalsekretärs Rudolf Heß und des obersten SS.-Führers Himmler und seines Wirtschaftsberaters Keppler erschienen. Die Unterredung habe etwa anderthalb Stunden gedauert. Bei der Unterredung seien dicMöglich- keiten erwogen worden, noch einmal den Versuch einer Kanzlerschaft Hitlers zu unternehmen. Angesichts der guten persönlichen Beziehungen des Herrn von Papen zum Reichspräsidenten hofften die Beteiligte» anscheinend, daß Herr von Papen den Reichspräsidenten dazu um stimmen könne, feine bisherigen Bedenken gegen eine Kanzlerschaft Hitlers fallcnzulasscn. Wie weit diese Meldung der Täglichen Rundschau den Tatsachen entspricht, ist natürlich schwer festzustellen. Man weiß allerdings, daß Hitler, aus der Richtung Köln kom mend, Mittwoch Mitternacht in Detmold eingctroffen ist, wo er sofort in einer Wahlversammlung der National sozialisten das Wort ergriffen hat. In dieser Versamm lung erklärte Hitler, daß es der NSDAP, nicht ans die Regierung ankomme, sondern auf höhere Ziele. Er er strebe Deutschland „in vielleicht fernerer Zukunft" zu retten und baue dafür jetzt Stein auf Stein aus. Hitler erklärte wieder, er werde sich treu bleiben und auf seine Stunde warten. Der gegenwärtig in Lippe geführte Wahlfeldzug gilt der Neuwahl des Lippischen Landtages, die am 15. Januar stattfinden soll. Für diese Neuwahlen haben die politischen Parteien sehr umfangreiche Vor bereitungen getroffen. Sowohl die Nationalsozialisten wie die Kommunisten halten im ganzen Lande zahlreiche Versammlungen ab. Die Nationalsozialisten haben außer Hitler noch andere führende Männer der Partei nach Lippe beordert, damit diese dort in den Wahlkampf eingreifen können.