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MsdrufferTageblatt Nr. 14 — 92. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Dienstag, den 17. Januar 1933 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt SS Nationale Tageszeitung für die Landwirtschast, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. trei Haus, bei Postbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alls Postanstalten und Post boten, unsere Austrägern. .. ... n Geschäftsstelle, nehmen zu ied-rg-itB-st-llung-nent. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend s-s-n. Im Falle höherer Gewalt. Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen bestellt kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum. Beamte. Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 durch F-rnru, LdermiUrtten Anz-ig-n üb-rn mir kein. Daran,!-. I-d-r N°d-,.°n,pruch .rlisch??w-nn d«Wg durch Klage kingezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. " Friede oder Kampf? Ob nun wirklich der Vorhang sich heben wird vor der politisch-parlamentarischen Bühne? Bisher geschah ja alles, was politisch „gespielt" wurde, erst vor diesem Vor hang, — wenigstens soweit es sichtbar war. Vom Bühnen raum selbst her, den dieser Vorhang einer tiefen Diskre tion fast schalldicht abschlotz, hörte man im Zuschauerraum nur dumpfe Geräusche, ahnte man also allerhand Vor bereitungen für den Augenblick, an dem der Vorhang sich heben und das politisch-parlamentarische Schauspiel be ginnen soll. Auch die Wahlen zumLippeschenLandtag waren nur solch ein Spie! vor dem Vorhang. Es hieß darüber, daß ihr Ergebnis nicht ohne Rückwirkung bleiben sollte aus das, was hernach agiert werden würde, wenn das eigentliche Schauspiel vor sich gehen wird. Noch immer hat sich aber daran nichts geändert, daß am 20. dieses Monats, also am Donnerstag, derÄltestenausschutz des Reichstages beschließen soll über das Ja oder Nein eines Zusammentritts des gesamten „Hohen Hauses". Ob man also wirklich zum Reden und — Handeln am 24. Januar zusammenkommen will und soll, oder ob der „Schwebezustand", der seit der letzten Rcichstagssitznng am 9. Dezember vorigen Jahres besteht, wiederum ver längert wird! Ob man im Reichstag also handeln oder außerhalb des Reichstages weiter verhandeln will, wie es der Kanzler nun schon seit Jahresbeginn mit den Führern zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Gruppen „hinter dem Vorhang" ausgiebig tut. Auch der Reichspräsident bat sich mehrfach hierbei eingeschaltet. Was der Zuschauer davon und darüber sah und hörte, war aber doch eigent lich bisher in der Hauptsache nur die Kritik, die diese politischen und wirtschaftlichen Gruppen gegeneinander übten; dazu trat die Kritik, mit der diese Gruppen wieder — jede von ihrem eigenen Standpunkt aus — an den durchgeführten oder geplanten Maßnahmen der Regierung durchaus nicht hinter dem Berge hielten, kurz — die Zeit oder vielmehr die Spiele vor dem Vorhang rollten ab ohne wirkliche Entscheidung, zum mindesten ohne die Gewißheit, daß rechtzeitig vor dem 24. eine Entscheidung sichtbar herbeigeführt werden würde. Parlamentarisch hängt diese Entscheidung nach wie vor von dem nationalsozialistischen Führer Adolf Hitler ab, dem die Wahlen in Lippe einen politisch beachtlichen Stimmenzuwachs brachten. Seine Rede in Weimar ließ, noch ehe dieses für ihn günstige Ergebnis bekannt war, einen sich sehr deutlich äußernden Widerstand gegen ein „Kompromiß" mit dem jetzigen Reichskanzler erkennen, einen Widerstand, der natürlich durch das Ergebnis dieser „Generalprobe" noch verstärkt sein dürfte. In der Hand der nationalsozialistischen Fraktion aber liegt es, zunächst im Ältestenausschuß die Entscheidung darüber herbeizu führen, ob überhaupt am 24. Januar der Reichstag zu sammentritt oder nicht. Und ob durch Annahme eines Mißtrauensantrages gegen das Reichskabinett es zum offenen Konflikt zwischen dem Reichstag und dem Kanzler von Schleicher kommt! Gerade in der Politik gibt es Gelegenheit genug, den Hauptweg zu verlassen und irgendeinen Nebenweg ein zuschlagen. Das ist natürlich dann um so leichter und aussichtsreicher, wenn die Zuschauer dem zur Zeit be stehenden politischen „Wirbel" ziemlich ratlos gegenüber stehen. Machen sich doch von manchen Seiten recht starke Einflüsse geltend, irgendwie den politischen Konflikt zu vermeiden, der in diesem besonders harten Winter, was nicht bloß klimatisch, sondern vor allem wirtschaftlich zu verstehen ist — wieder zu einer wirtschaftspolitischen Be unruhigung führen müßte und besser zu verwendende Kräfte absorbieren würde. Natürlich hat der Reichskanzler in seiner Rede, die er als Reichswehrminister auf der Reichsgründungs feier des Kvffhäuserbundes hielt, sich allein dar auf beschränkt, den Wehrgedanken als Recht Deutsch lands und jedes Deutschen herauszuarbeiten und zu fordern, daß im Ringen um unsere äußere Sicherheit „eine andere Kameradschaft nottut, die sich auch nach außen hin zeigt in dem Gefühl enger Verbundenheit mit allen deutschen Volksgenossen". Von einer engen Verbundenheit im Ringen gegen die iurchtbare seelische und materielle Not im Innern aber ick'-inen wir weiter denn je entfernt zu sein! Amer4a bleibt in ber manM uMen Aase fest. Die amerikanische Negierung hat in einem Nundtele- lttamm ihre sämtlichen diplomatischen Vertreter in Europa vttgewicsen, auf alle Anfragen zu erklären, daß die aineri- '-ttische Negierung an dem Standpunkt fcsthnltc, wonach l > die Aneignung fremder Gebiete mit Waffengewalt Ulcht anerkenne. . Stimson unternahm diesen Schritt im Auftrage .voovcrs im Hinblick aus in Europa umlaufende Gerüchte, van die Hoover-Regierung in der mandschurischen Frage naa^eben wolle. Wieder WM RWWWslösW. Unvermeidbarer Konflikt. Verschärfte Opposition der Nationalsozialisten. Nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse in Lippe wird die in politisch-parlamentarischen Kreisen in der letz ten Zeit stark erörterte Frage der Regierungsumbildung im Reiche akut. Insbesondere wird dabei die Haltung der Nationalsozialisten insofern eine Nolle spielen, als nun mehr in allernächster Zeit ihr Verhältnis gegenüber dem Kabinett Schleicher klargestellt werden dürfte. Die Stim men, die aus dem nationalsozialistischen Lager nach den Lippeschen Landtagswahlen ertönen, lassen allerdings darauf schließen, daß die Nationalsozialistische Partei- leitung nicht daran denkt, das Kabinett Schleicher irgend- wie zu unterstützen. So schreibt die Reichspressestelle der NSDAP., daß die nächsten Wochen und Monate ganz Deutschland im Zeichen des neuen Erwachens und ver stärkten Kampfwillens der Nationalsozialisten sehen wer den, der die Bewegung gegenüber dem Zusammenbrechen der anderen wie eine Sturmflut weitertragen wird, bis ihre Gegner am Boden liegen, oder der NSDAP, die füh rende politische Stellung eingeräumt werde, auf die sie einen Anspruch habe. Für faule Kompromisse sei nach dieser Wahl für die NSDAP weniger die Zeit denn je. Auch in Regiseungskreisen rechnet man übrigens da mit, daß die Nationalsozialisten in eine noch schärfere Opposition gegen das Ncichskabinett als bisher treten werden. Mit größter Spannung sieht man daher all gemein dem Zusammentritt des Ältesten rates des Reichstages am 20. Januar entgegen. Ursprünglich sollte in dieser Sitzung die Tagesord nung für die Vollsitzung des Reichstages am 24. Januar festgelegt werden. Man hatte allerdings im stillen damit gerechnet, daß der Ältestenrat nochmals eine Verschiebung der Reichstagssitzungen beschließen und daß in der Zwischenzeit bis zum Zusammentritt des Reichstages eine Umbildung der Neichsregierung erfolgen würde. In parlamentarischen Kreisen glaubt man indessen, daß es bei dem Zusammentritt des Reichstages am 24. Januar bleiben werde, und daß es sich für den Ältesten rat jetzt tatsächlich nur darum handeln kann, welche Tages ordnung diese erste Vollsitzung des Ncichsparlamcnts im neuen Jahr haben werde. Der Kamps wird vor allem darum gehen, ob die Abstimmung über die gegen die Neichsregierung vorliegenden Miß trauensvoten gleich auf die Tagesordnung der ersten Sitzung gesetzt werden soll. Dann wäre eine Abstimmung über diese Mitztraucnsanträge kaum zu vermeiden, und es ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß diese Miß- traucnsanträge auch eine Mehrheit finden werden, zu der auch die Nationalsozialisten gehören. Die Annahme eines solchen Mißtrauensantrages würde dann zu einem Konflikt zwischen Reichsregierung und Reichstag führen, dessen Ergebnis die Auflösung des Reichstages und Ausschreibung von Neuwahlen sein würden. Sollte es zu einer Reichstagsauflösung kommen, so glaubt man, daß der Termin für Neuwahlen so kurzfristig wie möglich angesetzt, und daß auch eine Umbildung der Neichs- regicrung in diesem Falle nicht vorgenommen werden würde. Reichskanzler von Schleicher wird jedenfalls in den nächsten Tagen seine Besprechungen mit den Parteiführern fortsetzen. So soll zunächst der Führer der Zentrums partei, Prälat Dr. Kaas, empfangen werden. Ob und wann Hitler eine Zusammenkunft mit Schleicher haben wird, steht noch nicht fest; der Führer der National sozialisten wird in diesen Tagen jedenfalls in Berlin er wartet. Man glaubt im übrigen, daß auch das Verhältnis Hitlers zu Gregor Strasser durch den Wahlausfall in Lippe stark berührt sein dürfte. Hitler wird weniger als je ge neigt sein, den bekannten Forderungen Strassers nach einer Beteiligung an der Regierung nachzugeben, und für Strasser bleibt alsdann nur die Frage, ob er sich Schleicher für den Kampf gegen Hitler zur Verfügung stellt oder ob er sich ganz aus der Politik zurückzieht. Die beabsichtigte Besprechung zwischen einem Vertrauensmann Hitlers — nicht Hitler selbst — und Strasser ist bisher noch nicht zu- standegekommen und auch im Augenblick wenig wahr scheinlich.. Sitter: „Der Kamps gehl Weiler!" Die Gauleitcrtagung der NSDAP, in Weimar. Unter Vorsitz Adolf Hitlers fand in Weimar eine Gauleitertaauna Ler NSDAP. Itattz Ms svie die Pressestelle der NSDAP, mitteilt, der Führer die große politische Linie festlegte, die für die Haltung der NSDAP, und den Kampf der nationalsozialistischen Bewegung im neuen Jahre maßgebend sein wird. Hitler betonte den Willen und die Notwendigkeit, nach den d'e wirkliche Vollsstimmung bezeichnenden Wahlsiegen keine Sekunde vergehen zu lassen, sondern am Feinde zu bleiben und den Kampf mit der größten Intensität weiterzuführen. Es sei nicht wahr, daß die nationalsozialistische Bc- wegung keine Siege mehr erringen könne. Ob man Siege erringe oder nicht, und in welchem Ausmaße man sie er ringe, darüber entscheide — wenn die grundsätzliche Ziel setzung richtig sei - ausschließlich derWille zum Siege. Lippe sei dafür ein Beweis. Aber auch wenn die NSDAP, nicht einen Sieg, sondern eine Niederlage erlitten hätte, würde sie heute nicht anders handeln. Die nationalsozialistische Bewegung sei aufs neue zum Angriff übergegangen und werde ihn auf der ganzen Linie mit verdoppelter Kraft weitertragen. Er selbst als Führer werde sich in diesem Kampf per sönlich einsetzen bis zum Letzten und erwarte von allen Nationalsozialisten dasselbe. Als eine unzertrennliche und unerschütterte Einheit werde die NSDAP, vor- wärtsmarschiercn und ihr Ziel erreichen. Der Kampf um die deutfKen Agrarzölle. Ergebnislose deutsch-schwedische Wirtschaftsverhandlungen. Amtlich wird mitgeteilt: „Die Verhandlungen zwecks Erneuerung des deutsch-schwedischen Han- dels-und Schiffahrtsvertrages sind ergebnis los verlaufen. Die schwedische Regierung hat erklärt, daß Voraussetzungen zu weiteren Verhandlungen bei der jetzigen Lage nicht vorhanden seien. In dem jetzigen Vertrag mit Schweden sind wichtige deutsche Zölle auf land- und forstwirtschaft lichem Gebiet gebunden, z. B. für Schnittholz, Rind vieh, Speck, Schmalz und lebende Fische. Um hier wieder die erforderliche Freiheit zu erhalten, war auf deut schen Wunsch zwischen beiden Regierungen vereinbart worden, den Handelsvertrag am 15. Februar 1933 außer Kraft treten zu lassen. Bei den Verhandlungen ergab sich trotz deutscher Bereitschaft zu weitgehendem Entgegen kommen, daß die schwedischen Wünsche nach neuen deutschen Zollbindungen, insbesondere auf den Gebieten derLand-und For st Wirtschaft, so weit gingen, daß ihre Erfüllung in Anbetracht der Lage dieser Wirtschaftszweige in Deutschland unter den augenblick lichen Verhältnissen nicht möglich erschien." Einigung über den Vollsireckungsschutz. AbschlußderKabinettsberatung e n. — Ver öffentlichung der Verordnung Mittwoch. Wie an zuständiger Stelle verlautet, ist innerhalb des Reichskabinetts eine Einigung über den Ent wurf einer Verordnung über den Vollstreckungs schutz erzielt worden, so daß sich eine nochmalige Be ratung erübrigt. Die Verordnung wird am Dienstag dem Reichspräsidenten zur Genehmigung vorgclegt werden. Mit ihrer Veröffentlichung rechnet man für Mittwoch. Die Verordnung umfaßt den Schutz der Vollstreckung in Gegenstände des beweglichen Vermögens, also des leben- den und toten landwirtschaftlichen Inventars. Oie Dauer der Verordnung über den Vollstreckungsschutz. Die Verordnung über den Vollstreckungsschutz in der Landwirtschaft, die noch der Genehmigung des Reichspräsi denten bedarf, soll nach dem Entwurf bis nach der dies jährigen Ernte Gültigkeit haben. Hilfe für -ie Milchwirtschaft! Reichskanzler von Schleicher empfing -ie beiden Reichstagsabgeordneten Farny aus Düren im württembergischen Allgäu und den Direktor der Bayerischen Landesbauernkammer Dr. Michael Hör- lacher-München zu einer von den Abgeordneten nach gesuchten Besprechung. Sie berichteten dem Kanzler, so sagt die Reichstagskorrespondenz der Bayerischen Volks- Partei, über die äußerst bedenklich gewordene LagederMilchwirtschaftund besonders über die zur Katastrophe treibenden Verhältnisse in den Grün land- und Käsereigebieten. Der Kanzler stimmte den von den beiden Abgeordneten empfohlenen Sofortmaßnahmen zu und zeigte weitgehende Bereitschaft zur Gesamregelung -er milchwirtschaftlichen Fragen,