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Darge» schrieben- Erscheinung-- ., . „ tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b-iücksichUgt. Anzeigen. annal,mebisvorm.10Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 23 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 27. Januar 1933 Das heiße Eisen. Gewiß braucht man nicht zu überschätzen, was zur Feit in Genf allerhand Sonder- und Unterausschüsse be handeln und beschließen; denn die endgültigen Behand lungen und Beschlüsse erfolgen doch erst in den Vollver sammlungen, und deren Zusammentritt steht vorläufig noch in weitem Feld. Sv tagt jetzt erst mal das „Präsi dium" der Abrüstungskonferenz, aber vorläufig ist für die Tagung nicht etwa dieser Konferenz selbst, sondern erst mal ihres Hauptausschusses der Dienstag nächster Woche vorgesehen. Und wegen des chinesisch japanischen Streits im Fernen Osten quälte sich auch eine besondere Kommission ab, die zunächst einmal ein Redak- tionskomilee einsetzen will, das „Richtlinien für die Schlußfolgerungen aus dem Bericht des Ausschusses" aus- hcclen soll, auf daß man weiß, wie man den Bericht be raten und abschließen kann. Nur der Völkerbund rat ist bei der Nedearbeit, und dabei wurde ein Thema behandelt, das aus ganz anderen, vielleicht überraschend eintretenden Gründen für Deutschland sehr aktuell werden könnte: das Problem der „Mandat e" über die früheren deutschen Kolonien. Denn zu diesen Mandataren über ge wisse Teile des früheren deutschen Kolonialbesitzes in der Südsee gehört auch Japan. Das „Land der aufgehenden Sonne" hat in Genf oft genug verlauten lassen, es werde aus dem Völkerbund austreten, wenn dieser sich dem Aufgehen der japanischen Sonne über der Mandschurei und anderen Teilen Nord ostchinas durch einen Beschluß entgegenstellen würde Zu irgendeiner Entscheidung muß man aber in Genf doch mal kommen, und der obenerwähnte Ausschuß der Völker- Lundversammlung will das auch tun, so peinlich ihm das sein mag. Die von ihm ausgcarbeiteten Vermittlungs- Vorschläge sind aber von Japan restlos abgelehnt worden, weÜ es unverrückbar auf dem Standpunkt steht, daß du Frage der Anerkennung oder Nichtanerkennung des Mandschurei st aates in dem etwaigen Beschluß des Völkerbundes gar nicht berührt werden dürfe. To nun diese Vermittlüngsaktion gescheitert ist, so bleibt der Völkerbundversammlung schließlich nichts anderes übrig, als gemäß Artikel 15 des Völkerbundstatuts einen Bericht einstimmig oder durch Mehrheitsbeschluß zu veröffent lichen, „der die Einzelheiten der Streitfrage wiedergibl und die Vorschläge, die sie als die zur Lösung der Frage gerechtesten und geeignetsten empfiehlt". Das wird im Ausschuß vorbereitet. Wird der Bericht aber nicht ein stimmig angenommen, dann — kann jeder Völterbundstaat in der ganzen Frage tun und lassen, was ihm beliebt! Aber auch ein solcher Beschluß wäre zum mindesten ein „Werturteil", das sich gegen Japan richten und dieses Land, seinen früheren und jetzt wiederholten Drohungen entsprechend, zum Austritt aus dem Völkerbund ver anlassen könnte. Es könnte aber auch drinbleiben und auf den Beschluß einfach — „pfeifen". Was auf das an und für sich recht mangelhaft entwickelte Prestige des Völkerbundes nicht gerade vorteilhaft wirken würde. Aber es ist eben ein bißchen schwerer, mit den geistigen Krüppel geburten eines Wilson gegen eins sich nicht fügende Groß macht anzugehetr, als z. B. Dekrete über und gegen das ohnmächtige Deutschland loszulassen. Das weiß man eben auch in den Genfer Konferenzsälen sehr genau, heute ebenso wie am nächsten Dienstag, wenn der Völkerbund rat zusammentreten und das heiße mandschurische Eisen «»fassen soll. Tatsächlich wird aber schon hier und da mit der Frage gespielt, was denn nun geschehen soll, wenn Japan wirklich ausscheidet und damit die „Mandat e" über gewisse deutsche Kolonien — theoretisch-rechtlich — verlieren würde. Nun waren die Japaner ja schon längst im Besitz dieser Kolonien, als 1922 die Mandatsfrage vom Völker bund „geregelt" wurde. Deutschland hatte dabei dem Ver sailler Diktat gemäß nichts zu sagen. In Genf aber hat Man mittels einer besonderen Kommission doch — theo retisch-rechtlich! — an dem Mandatscharakter festzuhalten versucht und sehr häufig Mandatsfragen im Nat behandeln lassen. Wenn nun — praktisch! — Japan nach seinem Austritt aus dem Völkerbund auch auf diesen Mandats charakter „pfeifen" und die Kolonien einfach behalten würde, dabei auch die letzten Rücksichten fallen ließe? Wir müßten uns dann unsere Kolonien — selbst zurück erobern, wenn wir sie wiederhaben wollten; denn der Völkerbund würde uns bestimmt nicht dazu verhelfen. Ganz im Gegenteil,^— man würde in Genf durchaus nicht weinen, wenn Deutschland einen separaten Streitfall mit Japan erhielte und man daher den ganzen Streit Zwischen Genf und Tokio sozusagen auf unserem Rücken anstragen könnte. Wir sind vielleicht überhaupt schon viel Zn tief in diese machtpolitischen Auseinandersetzungen ver wickelt, wobei wir es sehr bald mit einer, des öfteren aber auch gleich mit beiden Seiten verderben können, — ohn mächtig wie wir sind! Und das Prestige des Völker- , rette», ist Deutschland dock wohl zu allerletzt L Fördert die Ortspresse » Und wieder Schleicher fordert Klärung. Die parlamentarische Lage. Der Ältestenrat des Reichstages, der am Freitag nach mittag um 3 Uhr zusammentreten soll, findet nach wie vor eine ungeklärte Lage vor, wie bei seiner Sitzung vor acht Tagen. Die Verschiebung hat also wenig genützt. Ver schiedene Neichstagsfraktionen haben noch für Freitag vor mittag Sitzungen anberaumt, um endgültige Beschlüsse über ihre Haltung zu fassen. Staatssekretär Planck wird, wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, in der Sitzung des Ältestenrats im Namen der Neichsregierung nochmals eine volle und klare Entscheidung fordern. Auch eine Vertagung aus vor geschobenen technischen Rücksichten würde der Absicht der Neichsregierung widersprechen. Von sonst gut unterrichteten Kreisen wird angenom men, daß der Reichstag wie geplant am 31. Januar zu sammentreten wird. Dem Reichskanzler wird Gelegenheit gegeben werden, die Erklärung der Neichsregierung über die von ihr beabsichtigte Führung der Politik dem Reichs tag bekanntzugeben. Man glaubt allgemein, daß auch die verschiedenen Fraktionen zu der Regierungserklärung Stellung nehmen werden. Ob es dann "aber zu einer Ab stimmung über die vorliegenden Mißtrauensanträge kommen oder etwa eine Vertagung des Reichstags auf einige Zeit eintreten wird, ohne eine Entscheidung für oder gegen das Kabinett Schleicher herüeizusühren, steht noch nicht fest. Diese Haltung des Reichstags dürfte nicht zuletzt ab hängig gemacht werden von dem Ergebnis der Verhand lungen, die die Parteien zur Bildung einer neuen Regierung seit geraumer Zeit führen. Es ist bekannt, daß solche Verhandlungen namentlich zwischen den Nationalsozia listen und den Teutschnationalen gepflegt werden, wobei die Deutschnationaleu das Ziel verfolgen, die National sozialisten mit an die Verantwortung zu bringen. In Kreisen der Reichsregierung erklärt man nach wie vor, daß Reichskanzler von Schleicher auf eine umgehende Klärung dränge, womit man zum Ausdruck bringen will, daß der Reichskanzler für den Fall eines drohenden Miß trauensvotums oder für den Fall einer Verschleppung der Reichstagsentscheidung ohne ausgesprochene Tolerierung der Regierung die Auflösungsvollmacht erhalten und von ihr Gebrauch machen werde. Es dürfte aber aus schließlich von dem Reichspräsidenten selbst abhängen, ob er überzeugt ist, daß sich eine breitere, wenn auch nicht parlamentarisch voll ausreichende Basis für eine andere Regierung finden läßt, die endlich die Nationalsozialisten zur Regierungspartei macht, oder ob er es bei der gegen wärtigen Lösung belassen, dann ihr aber auch alle und notfalls über die bisher gewohnten hinausgehende Voll machten zur Durchführung ihres Arbeitsprogramms geben will. * Ein Dementi zu den Gerüchten um Schleicher. Wie von zuständiger Stelle erklärt wird, sind die Gerüchte» daß Reichskanzler von Schleicher zurückgetreten sei» falsch. Von Schleicher beabsichtige auch nicht, zurück- zntreten, und werde, wie das bereits mehrfach erklärt worden sei, die Entscheidung des Ältestenrates ab- Aeltestenrat. warten und frühestens am Sonnabend vormittag dem Reichspräsidenten von Hindenburg Vortrag halten über die politische Lage und über die Maßnahmen, die möglicherweise zur Verhütung ähnlicher Vorfälle wü in Dresden getroffen werden könnten. Das Gerücht der Führer der Deutschnationalcn, Dr. Hugenberg, hab» am Donnerstag im Reichspräsidentcnpalais eine Minister liste der Harzburger Front überreicht, treffe nicht zu. * Ferner wird von der Reichsprcssestelle der NSDAP, zu der Falschmeldung eines Berliner Abendblattes Stel lung genommen, wonach ein Kabinett von Papen gebildet werden solle, dessen Ernennung nur noch von einer Zu stimmung Adolf Hitlers abhänge, der bereits in Berlin eingelroffen sei, und erklärt, daß es sich hier um einen aufgelegten Schwindel handele. Er sei offenbar von der Regierung nahestehenden Presseorganen aus gestreut worden, um zur Verwirrung der Lage beizutragen. Hitler befinde sich zur Zeit in München. Es sei außerdem bekannt, daß er seinen Führungs anspruch keineswegs a u f gegeben habe. * Die Haliung -er NSDAP. Hitlers Betrauung mit dem Kanzlerposten erneut gefordert. Der Völkische Beobachter schreibt: „Wie wir hörmr, beabsichtigt die nationalsozialistische Rcichstagsfraktion in der Frcitagsitzung des Ältestenrates keinerlei besondere oder neue Anträge einzubringen. Ihre am 20. Januai geäußerte Absicht, daß im Plenum des Reichstages zu nächst einmal über die Winterhilfe und die Beseitigung der sozialen Härten der Julinotverordnung vom voriger Jahr beraten werden müßte, hat die Fraktion vorerj! fallen lassen, weil die Regierung mit der Begrün dung, daß doch kein Geld vorhanden sei, auch entsprechend« Beschlüsse nicht durchführen würde. Von einer abermaligen Vertagung des Reichs tages bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Kabinett der Haushaltsplan von 1933 vorgclegt hat, versprich! sich die Fraktion nichts mehr. Falls nicht besondere Ereignisse in der Zeil zwischen dem 27. und 31. Januar eintreten, ist ein Ablauf der politischen Geschehnisse etwa wie folgt denkbar: De: Reichstag tritt, wie beschlossen, am 31. Januar zu sammen, um eine Regierungserklärung aus dem Munde des Reichskanzlers von Schleicher entgegen- zunehmcn. Daran wird sich die große p o l i t i s ch e A u s- sp rache anschließen, die vielleicht bis zum 4. Februai dauern könnte. Wenn es im Anschluß daran zur Abstimmung übel den kommunistischen Mißtrauensantrag kommt, se ist seine Annahme mit den Stimmen der National sozialisten nichtzweifelhaft; um so mehr, als kein« einzige Partei, ausgenommen die Deutsche Volkspartei, Veranlassung haben dürfte» den Reichskanzler von Schleicher noch länger zu halten. Auch Zentrum und Bayerische Volkspartei werden es sich noch gründlich überlegen müssen, ob sie sich etwa, wir von parlamentarischer Seite verlautet, der Stimme ent halten werden. Die Entscheidung, ob am 4. Februai die Auflösung des Reichstages kommt, liegt ganz allein beim Reichspräsidenten. Wir wissen nicht, ob er sich bis dahin zu der Überzeugung durchgerungen haben wird, daß die Krise nur durch Hitlers Be trauung mit dem Reichskanzleramt zu lösen ist." Schwere Amlte im Sächsischen Landing. Sächsischer Landtag. <99. Sitzung.) Dresden, 26. Januar. Präsident Dr. Eckardt wies zunächst darauf hin, daß es eigentlich angebracht wäre, des Tages zu gedenken, an dem vor hundert Jahren zum ersten Male die Volksvertretung im Sächsischen Landtag zusammentrat. Aber die Ereignisse der letzten Nacht müßten diese Gedanken hinwegscheuchen. Der Landtag kann an diesen traurigen Ereignissen nicht vorübergehen, und deswegen schlage der Vorstand vor, die beiden Anträge der Sozialdemokraten und Kommunisten als ersten Punkt aus die Tagesordnung zu setzen. Der Präsident bitter, heute die Begründung der Anträge anzuhören, dann abzubrcchen und am nächsten Dienstag in die Aussprache einzmreien. weil inzwischen die Möglichkeit gege ben sei, den genauen Tatbestand auszunehmen und ein genaues Bild von den Vorgängen zu erhalten. Der kommunistische Abg Renner forderte, daß Heine noch eine Untersuchung cinge- leitet werbe, an der Mitglieder des Landtages und Besucher der Verjaimnlnng beteiligt sein sollten, damit jegliche Ver schleierung des Tatbestandes verhindert werde. Er verlangte die sofortige Schlußberatung der beiden Anträge. Bei der Ab stimmung setzten sich die Kommunisten, Sozialdemokraten, Staatsparteiler und Abgeordneter Kunath von der Wirtschafts partei für den kommunistischen Antrag ein, der dadurch an genommen wurde. Innenminister Richter nahm, bevor den Parteirednern das Wort gegeben wurde, Ver anlassung, den Standpunkt der Regierung zu den Vorfällen be kanntzugeben. Die Negierung wie der Landtag, so führte er aus, stehen unter dem Eindruck der Vorgänge der letzten Nacht, die neun Tote und elf Schwerverletzte gefordert haben. Die Re gierung könne der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft und das Gericht, von denen volle Objektivität erwartet werden muß, nicht vorgreisen, und sie müsse sich Vorbehalten, später erst Stellung zu den Ereignissen zu nehmen. Der Minister gab sodann eine dem Polizeibericht entsprechende Darstellung der Vorgänge und schloß: Die Reichsregierung habe vielleicht etwas voreilig die Terrornotverordnung aufgehoben und betonte, daß der politischen Agitation unbedingt Schranken MM werden müßten. Die Volirei muß stch de»