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Rebel. Die alten Weiden hängen Grau über dem grauen See. Kein Windhauch rührt die Wasser, Die Lust ist Nebel und Schnee. Ich schwimme wie weggetrieben Mit meinem einsamen Haus. Es dringt nicht Klang noch Stimme, Kein Laut herein und heraus. Joh. Richter, Wilsdruff. Auskunst über die Osthilfe. Der Reichsernährungsminister im Haushaltsausschutz. Im Haushaltsausschuß des Reichstages wandte sich Reichsernährungsminister Freiherr «raun gegen sozialdemokratische Ausführungen über die >nerträge der Landwirtschaft. In den Jahren MMog hätten die tatsächlich erzielten Reinerträge in der membetrieben 50 Prozent, in den.Mittelbetrieben 43 Prozent rnd in den Großbetrieben 34 Prozent der Sollreinerträge der Eucheüsbewertung betragen. Man müsse auch berücksichtigen, '"0 der Reinertrag ohne Berücksichtigung der sür Leihkapital zu zahlenden Zinsen berechnet werde. Der Minister bestritt die Möglichkeit, daß Osthilfegelder an andere Organisationen weitergegebcn seien. Von den Land re l le n le i 1 e r n seien zwei entschuldet worden. Das Ent- ichuldungsversahren werde lediglich im Interesse der Weiterführung des Betriebes Kuchgeführt und bezwecke eine Schuldenregelung mit den Gläubigern. Das Sicherungsverfahren gelte lediglich der Sicherstellung der Ernte. — Ministerialdirektor Reichard gab sodann Auskunft über Einzelsällc mit dem Bemerken, Ziffernangaben nur im Unterausschuß machen zu wollen. Kaiserin Hermine befindet sich »emnach nicht im Entschuldungsverfahren. Zwei Mitglieder »er Familie Schönaich-Carolath würden entschuldet. 8s handle sich uni die Prinzessin Margarete und den Prinzen Hans Georg. Die Verfahren seien noch nicht in Arbeit ge kommen. Beim Prinzen Schönburg-Waldenburg überlege man sich, ob mit Rücksicht auf die vorhandenen Ver mögenswerte überhaupt ein Entschuldungsverfahren durch- liefuhrt werde. Für den Fall v. Weiß-Plauen sei weder die Oststelle noch das Ostkommissariat verantwortlich. Der Betrieb sei 1927/28 aus privaten Mitteln umgeschuldet worden, wofür Reich, Preußen und die Provinz die Bürgschaft übernommen bätlcn. Das gleiche gelte für den Fall Kalkstci » - Arnsberg. Ich Falle des Kammcrherrn v. O l d c n b u r g - I a n u s ch a u lei die Entschuldung abgeschlossen. Ein Entschuldungs- darlehn sei innerhalb der Zinsleistungsgrcnze gegeben worden. Herrn v. Oldenburg-Ianuschau sei aufgegebcn worden, eines der Güter (Lichterfelde) zur Ansiedlung freizugeben und die Einkommensbeträge unmittelbar zur Abdeckung des Ent- ichuldungsdarlelms zu verwenden. Nachdem noch über eine Anzahl weiterer Fälle, zn denen «om Haushaltsausschuß Aufklärung verlangt worden war, Auskunft erteilt wurde, betonte in der Aussprache u. a. der Zentrumsabgeordnete Ersing, die Osthilse dürfe nur eingreifen, wo nachweislich eine Berechtigung dazu bestehe. Die Mitteilung der Regierung, daß Verwandte der Gattin des Kaisers in das Sichcrungsvcrfahren gegangen seien, sei ge eignet, berechtigtes Erstaunen auszulösen. Der nationalsozialistische Abgeordnete von Sybel forderte statt einseitiger Förderung der Ausfuhrindustrie eine innerlich gesunde Wirtschaft. Kuhnke begründete den deutschnationalen Antrag, die bei Durchführung der Umschul dung dem Mittelstand entstandenen Verluste von einem neuen besonderen Institut übernehmen zu lassen. Der Zcntrums- abgeordncte Dr. Schreiber bezeichnet den Apparat der Ost- hilje mit 1400 Angestellten als zu groß. Der deutschnationale Abgeordnete von Restorss wies die Nngrifse gegen den Kammerherrn von Oldenburg-Ianuschau nochmals energisch zurück. Es habe sich gezeigt, daß dieser Fall durchaus korrekt im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt sei. Nachdem noch der Kommunist Hörnle er klärt hatte, die Kommunisten würden alles tum, um die Öffent lichkeit über den „Raubzug der ostelbischcn Großgrundbesitzer" nuszuklären, wurde die Verhandlung vertagt. Kälte und Grippe. Starker Frost in Deutschland. Wachsender Eisgang auf den Flüssen. Die große Kälte macht sich jetzt auch am Mittelrhein, auf den Höhen des Westerwaldes, dem Hunsrück und an der Eifel bemerkbar. Vereisung der Straßen verursachte bereits in verschiedenen Orten des Mittelrhcins Verkehrs- unfällc. Durch die starke Kälte hat auch der Eisgang auf den Flüssen Mosel, Lahn, Nahe und dem Rhein erheblich zugenommcn. Auf der Mosel, auf der Lahn und auf der Nahe ist der Schiffsverkehr-eingestellt worden. In Koblenz hat man sich gezwungen gesehen, die Schiffsbrücke ein zufahren, da größere Beschädigungen durch das in sehr starkem Maße ausgetretene Treibeis zu befürchten waren. Der Schiffsverkehr aus dem Rhein hat bisher noch keine größeren Einschränkungen erfahren. Doch erwägt man auch hier bereits einschneidende Maßnahmen. Bis 21 Grad Kälte in Sachsen. Die Kältewelle hat jetzt auch Sachsen erreicht. In Dresden wurden am Dienstag früh 15 Grad unter Null gemessen. Im Erzgebirge lagen die Temperaturen zwischen 16 und 20 Grad Kälte. Vom Fichtelgebirge wurden 21 Grad unter Null und eine Schneehöhe von nahezu 80 Zentimeter gemeldet., Eishilfsdienst durch Flugzeuge für die Insel Wangcroog. Die Nordseeinsel Wangeroog ist durch die Eisverhältnisse vom Verkehr mit dem Festlande gänzlich abgeschnitten worden. Da die Dampferverbindungen ein gestellt wurden, hat man sich von Wangeroog aus an die Luftverkehrsgesellschaft Wilhelmshaven - Rüstringen ge wandt, die bereits im Winter 1929 bei der damaligen Frostperiode die Nordseeinseln von Wangeroog bis Nor derney mit Post, Fracht und Medikamenten versorgte. Die Luftverkehrsgesellschaft hat den Eishilfsdienst übernom men. Ob der Eisdienst noch auf die übrigen Nordsee inseln ausgedehnt werden muß, hängt von der Dauer der Frostperiode ab. Strenger Winter in Frankreich. In Frankreich hat die Kälte noch zugenommen. In Paris wurden zu Beginn der Woche neun Grad Kälte gemessen, in der Provinz sind die Temperaturen stellen weise bis auf 18 Grad unter Null gesunken. Die Pariser Aus Schlittschuhen zur Brandstätte. In jedem Winter halten die Feuerwehren des Spree waldes Übungen ab, um im Notfall gerüstet zu sein. Auf Schlittschuhen ziehen die Feuerwehrleute mit Motor und Spritze über die gefrorenen Wasserläufe zur Brandstätte. Polizeibehörde stellt den Obdachlosen Räume in den Polizeirevieren zur Verfügung, wo sie neben einer Schlaf stelle auch warme Getränke erhalten. * Ausdehnung der Grippeepidemie. Zu der großen Kälte hat sich als noch schlimmerer Gast in vielen Gegenden Deutschlands die Grippe gesellt. Auch inSachsen tritt sie jetzt stärker auf. In der Ober lausitz ist eine erhebliche Zunahme der Erkrankungen festgestellt worden. In verschiedenen Dörfern mußten die Schulen geschlossen werden. In Nordböhmen und im Böhmerwald sind in den letzten Tagen acht Per sonen an Grippe gestorben. In der Sternberger Irren anstalt ist der größte Teil der Kranken, der Wärter und Arzte an Grippe erkrankt. In Penig in Sachsen wurden die Volksschule und Hilfsschule bis Ende Januar geschlossen. Grippeerkrankungen um Köln herum. Die Grippe in den Nachbarstädten Kölns sowie im Siegkreis, im Kreise Bonn und im Bergischen Land hat in weiterem Matze um sich gegriffen. In Bonn mutzten sämtliche Volksschulen für acht Tage geschlossen werden. InKöln selbst kann von einer Grippeepidemie noch nicht gesprochen werden, obwohl auch hier eine Zunahme der Grippeerkrankungen festzustellen ist. Man erwägt als vorbeugende Maßnahme, die Schulen für einige Tage zu schließen. Oer Osuische Lan-gemeindeiag zur Arbeitsbeschaffung. Der Gesamlvorstand des Deutschen Land« gemeindetages tagte unter dem Vorsitz von Bürger meister Lange-Weißwasser in B e r l i n An der Sitzung nahmen die Vertreter der Landgemeindeverbände aus Preußen, Bauern, Sachsen, Württemberg, -Hessen, Thü ringen, Oldenburg, Anhalt teil. Nach lebhafter Aus sprache über das Sofortprogramm zur Arbeitsbeschaffung faßte der Gesamtvorstand einstimmig eine Entschließung, in der es heißt: Der dem Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung zur> Verfügung gestellte Betrag von 500 Millionen Mark für das „Sofortprogramm" genüge angesichts der Massen arbeitslosigkeit nur für die ersten Ärbeiten. Die Land gemeinden fordern im Hinblick auf ihre durch die Wohl fahrtsansgaben entstandene Not, daß der Reichskommissar durch Bereitstellung weiterer erheblicher Mittelin die Lage versetzt werde, ein wirklich durchgrei fendes Arbeitsbeschaffungsprogramm in die Tat umzusetzen. Die Landgemeinden begrüßten dankbar, daß das Arbeits- beschaffungsprogramm zn einer starken Belebung der Privatwirtschaft beitrage und die Gemeinden durch die bevorzugte Beschäftigung von Wohlfahrts- erwerbslosen entlaste, andererseits erschienen aber die in den Durchführungsbestimmungen vom 6. Januar für die von den Gemeinden aufzunehmenden Darlehen festgelegten Bedingungen schwer tragbar. Ins besondere halte sich der Verwaltungskostenbei- trag von einem Prozent der Darlehnssummen nicht in den Grenzen, die von den Gemeinden erwartet werden konnten. Die Gemeinden verschafften dem Reich durch die von ihnen ausznführenden Arbeiten erhebliche Ein nahmen in Form höherer Steuern und neuer Beiträge; zur Arbeitslosenversicherung. Daher müßten den Ge meinden neben einem beschleunigt durchzusührenden, sozial gerechten Finanz- und L a st en a u s g l e i ch bis auf weiteres seitens der Reichsanstalt für Arbeitslosenversiche rung die neu aufkommenden Beiträge und seitens de8 Reiches die Lohnsteuerbeiträge der neübeschäftigten Arbeit nehmer fürdieTilgung deraufgenommenen Darlehenzur Verfügung gestellt werden. Copyright by dlsrtln llsucdUvanger, Uollo (Lanie) j4 »Unfug? Aber, Vater, wie kannst du das sagen! Zu mir, dem zukünftigen Box-Ehampion." »Höre einmal, mein Sohn. So lange das Ganze nichts Wax als Sport, gut. Seitdem ich aber merke, daß es bei dir ernster zu sein scheint, daß du mit dem Gedanken spielst, den Sport als Beruf zu ergreifen, seitdem kann und will ich nicht mehr ruhig zusehen. Da muß beizeiten ein Riegel vorgeschoben werden. Und ich sage dir ganz ernstlich: Schluß damit, heute noch! Ich habe jetzt genug davon!" Theobald Fischer war blaß geworden. Dieser energische Befehl seines Vaters kam ihm völlig unerwartet. »Wenn nun aber mein Herz daran hängt, Boxer zu werden? Wenn mir der Beruf eines Kaufmanns einfach nicht liegt?" sagte er trotzig. »Da hört doch alles auf. Ich gebe dir Zeit zum Ueberlegen bis heute abend. Meinen Standpunkt kennst du. Du kannst dich entscheiden, ob du dich danach richten willst oder nicht. Und du magst mir heute abend deinen Entschluß mitteilen." * » * Magdalene Winter kam gerade ins Büro zurück, als die anderen Frühstückspause hielten. Sie war ganz aufgeregt. »Kinder, der Theo kann einem leid tun. Jetzt hat ihn der Alte wieder am Kragen, wegen seiner Boxerei. Ich glaube, da geht es hart zu." »Ach, er tut mir leid, der schöne Theo. Und gerade seine Boxkunst macht ihn noch interessanter", meinte Inge Heinzius. „Na, einen Kinnhaken — und der Alte läg am Boden", sagte der Stift Heinrich. „Halte deinen Mund, dummer Junge!" raunzte Franz Müller, der Kassierer. Dann fuhr er fort: „Ganz recht hat der Alte. Ist das nicht traurig, wenn sein Sohn keine Spur von Interesse hat für seinen schönen Betrieb. Wo er doch der Einzige ist, und wo alles auf ihn wartet. Er hätte trotzdem noch Zeit genug, seinem Sport nachzugehen, auch wenn er sich um das Geschäft kümmerte. Es wäre gut, wenn ihm sein Vater endlich den Kopf zurechtsetzen würde." " „Ja, du hast recht, Franz!" sagte Arnold Becker. „Unser eins wäre froh, wenn er sich nebenbei ein wenig Sport leisten könnte. Aber dazu reicht weder die Zeit noch das Geld." „Niemand weiß das wohl besser als ich", sagte Müller. „Das leidige Geld; das ist schon schrecklich. Uebrigens — da fällt mir gerade mein Los ein. Wollen Sie mir einen Gefallen tun, Winterchen? Sie kommen auf Ihrem Heim weg am Neumarkt vorüber, an meiner Lotterie-Einnahme. Würden Sie dort für mich mein Los bezahlen? Es ist höchste Zeit, und es dauert nur einen Augenblick Ich ver laufe so viel Zeit, und Sie wissen ja, daß wir unser Kind erwarten. Da möchte ich so schnell wie möglich nach Hause. Wollen Sie's für mich erledigen, Fräulein Winter?" „Selbstverständlich, Herr Müller! Das macht mir nicht viel aus. Aber, Herr Müller, glauben Sie denn an das Glück, zu gewinnen?" „Glauben oder nicht; man hofft halt immer wieder. Wenn man ein Los allein spielt, kann man fünfhundert tausend Mark gewinnen, wenn es das Große Los ist. Und warum soll man nicht auch einmal Glück haben?" „Na, mir ist mein Geld zu schade dafür. Das ist ja alles doch nur Schwindel." „Das dürfen Sie nicht sagen, Winterchen! Das ist ein großer Irrtum von Ihnen. Die Lotterie ist eine staatliche Einrichtung; da kann man doch nicht von Schwindel sprechen." „Schwindel gerade nicht", meinte jetzt Friedel Behr. „Aber herauskommen lut bei der ganzen Sache nichts. Mein Vater spielt schon sein ganzes Leben lang; aber ge wonnen Hal er bis jetzt kaum etwas, geschweige denn das Große Los." „Na, da hören Sie es, Herr Müller. Mich wundert nur, daß Ihnen das schöne Geld nicht leid tut." „Ach, ihr dummen Mädels, es ist für unsereinen doch die einzige Möglichkeit, zu Geld zu kommen. Ich kenne viele, die schon einmal einen guten Treffer gemacht haben. Lieber spare ich mir das Geld am Tabak ab oder an irgend sonst etwas. Vielleicht habe ich doch mal Glück; ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf." „Nun, Müllerchen, ich werde Ihnen jedenfalls Oie Sache besorgen. Aber, das sage ich Ihnen, wenn Sie ^>as Große Los gewinnen, dann müssen Sie inir tausend Mark ab geben." „Soll mir nicht darauf ankommen, Winterchen, wenn es wirklich das Grotze Los ist. Sie müssen mir nur den Daumen halten." Nach Geschäftsschlutz, um fünf Uhr nachmittags, ging Magdalene nach Hause. Sie war reichlich abgespannt heute. Der Chef war so nervös gewesen; alles hatte ihm nicht gepaßt. Immer wieder mutzten die Briefe abgcändert werden, immer wieder hatte er etwas auszusetzen gehabt. Es war schon eine Quälerei um das bitzchen Geld! Wenn sie nur aus dieser Misere herauskommen könnte. Sie hatte es wirklich über. Und dann: wie langweilig war es in dieser kleinen Stadt! In ihren Träumen malte sie sich immer ein Leben in der Großstadt aus, in Berlin oder in Paris oder in London. Wenn sie nur einmal so wohin kommen könnte! Dann würde sie gern wieder zu ihrer bescheidenen Tätig keit zurückkehren. Ein einziges Mal heraus aus diesem eintönigen Leben! Ein einziges Mal die große Welt sehen, das Leben kennen lernen. Dann würde sie ja gern wieder an ihre Schreibmaschine zurückkehren. (Fortsetzung folgt.)