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Wilsdruffer Tageblatt Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2, RM. '-ei Haus, bei Postdestellung 1,8» RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 1» Rpfg. A^PÄAsstellc LLst^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ».in°Ä'n^ch°^fVf°rung der Zeitung ader Kürzung des Bezugspreises Rücksendung eingesandter Schriftstücke für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge schriebene Erscheinungs- , cm tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berückstchägt. Anzeigen annahme bis vorm.iouhr. -— Für die Richtigkeit »er durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte BlatL Nr. 7 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrusf-DreSden Postscheck: Dresden 264b Montag, den 9. Januar 1933 Rüstungsgroiesks. Vor kurzem hat Polen bei der englischen Regierung Einen diplomatischen Schritt unternommen, weil in einem englischen Rundfunksender in einer Jahresübnsicht mit- geteilt wurde, Polen gebe ein Drittel seiner Staats einnahmen für militärische Zwecke aus. Was soll denn aber Herr Macdonald tun? Jene Mitteilung entspricht in nur der Wahrheit, und die ist wirklich nicht ganz un bekannt; namentlich Amerika hat sich sofort gerade hier- jiir interessiert, als Warschau erklärte, seine Schulden nicht kahlen zu können. Und der englische Rundfunksprecher hatte noch nicht einmal die ganze Wahrheit gesagt; denn in Wirklichkeit führt Polen über 35 Prozent seiner Staats einnahmen militärischen Zwecken zu, wobei noch nicht ein- Aal die militarisierte Staatspolizei und die Kosten der Militärischen Jugcndausbildung berücksichtigt sind. Im übrigen hat Polen mit dieser Ausgabenhöhe einen nur knappen Vorsprung vor Frankreich, das auch mehr als ein Drittel seiner Staatseinnahmen laufend für mili- iiirische Zwecke einsetzt. Immer wieder, wenn man irgendeine Tabelle mit Angaben über die militärischen Rüstungen der euro päischen Staaten vor sich hat, mutet die deutsche Reichs wehr" wie eiu schlechter, aber raffiniert ausgeklügelter Witz an. Nehmen wir nochmals Polen vor. Es hat gerade halb so viel Einwohner wie Deutschland, dafür »der ein stehendes Heer, das dreimal so groß ist wie die Reichswehr. Den über 400 schweren Geschützen, eben- sovielen Tanks und Kampfwagen, den 45 Fliegerstaffeln Mit ihren rund 1000 Flugzeugen Polens steht aus deutscher Seite — nichts gegenüber. Denn unsere 22 fest ein gebauten Festungsgeschütze kann man doch kaum, am besten gar nicht rechnen! Dafür hat die Tschecho slowakei 850 Flugzeuge, 100 Kampfwagen und 460 schwere Geschütze. Frankreichs Rüstungen allein auf diesem Gebiete, also auf dem der typischen Angriffswaffcn, ßnd natürlich noch größer als die jener beiden Staaten kusainmengenommcn: 3000 Flugzeuge, über 1000 schwere Geschütze — aber ohne die der Festungen usw. —, 145 Fliegerstaffeln und allein schon 76 Kampfwagenkompagnien mit der mindestens zwanzigsachen Zahl von Tanks. Selbst bas kleine Portugal mit seiner Einwohnerzahl von 6,6 Millionen — also ein Zehntel der des Deutschen Reiches — verfügt über 141 schwere Geschütze und etwa die gleiche lsahl von Flugzeugen in 18 Fliegerstaffeln; übrigens hat Es auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht ein stehendes Heer, das an Kopfstärke nur wenig hinter der Unserer Reichswehr zurückbleibt. Die hier genannten, willkürlich aus den Tabellen her- üusgegriffenen Zahlen wären aber nicht vollständig, wür ben außerhalb der Wirklichkeit bleiben, wenn man nicht auch m ein paar Strichen das Rüstungsbild für benErnstfall aufzeichnen wollte. Bei uns in Deutsch land ist das sehr schnell fertig: Es müßte hinsichtlich der Materialausstattung im Kriegsfall dasselbe bleiben wie es letzt im Frieden ist. Schwere Geschütze, Kampfwagen und ^"gzeuge lassen sich nicht von heute auf morgen „im provisieren", ebensowenig wie ihre Bedienung und Bc- iatzung, — und länger als von heute auf morgen wäre °"ch nicht Zeit dazu. Die ganze französische Theorie der ^ricgsrüstungs„möglichkeiten^ ist vollendeter Unsinn, Hessen Vater und eifriger Verteidiger übrigens der jetzige iwnzösische Kriegsminister Paul-Boncour ist. Aber für den Krieg werden in Frankreich aus den 1000 schweren Ge schützen 2000, ebenso verdoppelt sich die Zahl der Kampf tagen auf 3500, steigt die Zahl der kriegsverwendungs- sähigen Flugzeuge auf 5000. In Polen, der Tschechoslo wakei, Belgien usw. ist es natürlich gerade so? besonders slark tritt aber an der polnischen Rüstung für den Kriegs fall der Angriffscharakter dadurch hervor, daß dann die Zahl der Kampfwagen eine über den Rahmen des sonstigen Anausgehende Vermehrung erfahren würde. Übrigens MHI Polen in seiner „Friedensrüstung" allein schon lEchswal so viel leichte Geschütze wie unsere 288, im inegsfall würden diesen aber auf polnischer Seite eine «wolffachtz Übermacht gegenübertreten können. , Deutschland ist neben Österreich und Bulgarien der E"Üige größere Kontinentalstaat in Europa, dessen Wehr wacht nicht aus dem Boden der allgemeinen Wehrpflicht aulgebaut ist; nur England ist wieder zu seinem Grund- Wv des stehenden freiwilligen Heeres zurückgckehrt. Jn- Mgedessen wird ja die ganze Groteske unserer „Nüstungs- Me erst dann zahlenmäßig offenbar, wenn man die ^cannschaftsstärken, soweit diese für den Ernstfall vor- nEiehen sind, einem auch nur oberflächlichen Vergleich ' wichen der Reichswehr und dem Nüstungsstand der 'Uoern unterzieht. Allerdings wird diese tolle Geschichte '°ch grotesker, wenn man angesichts dieser ganzen Sachl age auch noch „Angst vor Deutschland" markiert. Haff YOü Sachsen in der Aeichsmarine. . Nach einer von der Reichsmarine-Verwaüung heraus Übersicht tun 868 Lachsen Dienst in oer Neichs- Rm, "w Sachsen rangier! nur Prenßen mit 9303 Mann Mni-i,? r , ü uur 655, die übrigen Länder noch wenige: oder die Sachsen also nun Landratter Start der ArMWOng. Sie Durchführung des Sofortprogramms. 500 Millionen bereits untergebracht. Der Reichskommissar für Arbeits beschaffung, Dr. Gereke, machte vor der Presse längere Ausführungen über die Durchführungsbestimmun gen zur Arbeitsbeschaffung. Er unterstrich dabei, daß im Interesse derjenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die Darlehen aufnehmen müssen, sichergestellt werde, daß in erster Linie diejenigen Arbeitslosen beschäftigt werden, die augenblicklich den Haushalt der Gemeinden am meisten belasten, d. h. es werden zunächst die Wohlfahrtscrwerbslosen, dann die Krisenunterstützungsempfänger und erst in dritter Linie die Arbeitslosenunterstützungsempsänger in Arbeit gestellt. Der Jnstanzenzug solle so kurz wie möglich sein. Innerhalb ganz weniger Wochen müsse vom Antragsteller bis zur Genehmigung alles erledigt werden. Alle Ausschuß- und Zwischen instanzen seien ausgeschaltet worden. Die Anträge gingen zunächst über die vorgeschriebene Staatsaussichtsbehörde, gleichzeitig gelange eine Abschrift an das Landesarbeits amt. Die Staatsaufsichtsbehörden hätten ihrerseits parallel mit den Landesarbeitsämtern die Anträge zu prüfen. Die Landesarbeitsämter seien angewiesen, in kürzester Zeit die Anträge dem Reichskommissar zuzuleiten. Gegen die Entscheidung des Ncichskommissars steht dem Antragsteller ein Vetorecht zu. Die Entscheidung darüber wird von dem Kabinettsausschuß gefällt. Dr. Gereke wies weiter gewisse in der Presse anf- getauchte Vorschläge zurück, mit den Mitteln für die Arbeitsbeschaffung repräsentative Baudenk mäler wie das Reichsehrenmal, einen Sommersitz für den Reichspräsidenten, ein deutsches Wahrzeichen an der Elbemündung, ein Musterdorf im Osten usw. zu schassen. In solchen Bauten erblickt Gereke typische Fehlanlagen, also gerade das Gegenteil von dem, was beabsichtigt sei. Größere Projekte lägen bereits vor, insbesondere würden Verhandlungen mit der Reichsbahn, dem Reichs verkehrsministerium und einzelnen Ländern über gewisse Projekte geführt, Uber die aber zur Zeit noch nichts Näheres gesagt werden könne. Nach den bisherigen unverbindlichen Anmeldungen liege bereits eine Überzeichnung der gesamten im Sofortprogramm vorgesehenen Summen vor. Die Frage der Z w i s ch e n f i n a n z i e r u n g, über die Gereke im Einvernehmen mit der Neichsbank, mit der Preußischen Staatsbank, der Rentenbankkreditanstalt usw. verhandelt, wird voraussichtlich am Montag ab geschlossen werden. Wie sott gearbeitet werden? Aus den Durchführungsbestimmungen zur Arbeits beschaffung, deren Hauptbestimmungcn bereits bekannt geworden sind, seien noch folgende erwähnt: Träger -er Arbeit. Träger der Arbeit können nur Reich, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie ge mischt-wirtschaftliche Unternehmen sein. Welche Arbeiten können ausgeführt werden? Die Arbeiten müssen für die Volkswirtschaft Wertvoll sein, möglichst im Laufe des Jahres 1933 beendet werden, sich vorwiegend auf Instandsetzung, Verbesserung und Vollendung vorhandener An lagen oder auf die Förderung der Bodenkultur erstrecken, die durch den Kapitalaufwand entstehenden Zukunftslastcn rechtfertigen. Es mutz sich demnach insbesondere um Arbeiten handeln, die aus Mangel an Geldmitteln bisher nicht ausgeführt werden konnten und auch in absehbarer Zeit aus Haushaltsmitteln voraussichtlich nicht ausgeführt werden können. Die Stellung des Unternehmers. Die Vergebung der Arbeiten an Unternehmer ist der Ausführung in eigener Regie grundsätzlich vorzuziehen. Die Arbeiten sollen möglichst nicht frei händig vergeben, sondern ausgeschrieben werden. Bei der Vergebung der Aufträge hat der Träger die mittleren und kleineren Betriebe ausreichend zu berücksichtigen. Dabei können, soweit er forderlich, mehrere Unternehmer zusammengefaßt werden. Generalunternehmer sind grundsätzlich auszu schalten: soweit das nicht möglich ist. sind auck sie zu ver pflichten, die Auftragssümme auf möglichst viel mittlere und kleinere Betriebe zu verteilen. Der Gewinn des Unternehmers ist auf ein möglichst geringes Maß zu be schränken. Solange an Unternehmer Steuergut- scheine für Mehrbeschäftigung von Arbeitnehmern zu geteilt werden, ist diese Zuteilung bei der Preisgestaltung zu berücksichtigen, alle Arbeiten sind, soweit dadurch keine wesentliche Verteuerung eintritt, durch menschliche Arbeitskraft auszuführen. Außerdeutsche Baustoffe dürfen nur dann verwendet werden, wenn geeignete inländische Baustoffe nicht vorhanden sind. Die Arbeitnehmer. Bei Ausführung der Arbeiten müssen in weitestem Umfang Arbeitslose eingestellt werden. Es muß sich um inländische Arbeitslose handeln, die durch die Arbeitsämter vermittelt sind; vornehmlich sind lang fristige Erwerbslose, vor allem Kinderreiche und Familienernährer, zu berücksichtigen. Die Arbeitnehmer sind bei den Arbeiten unter den Bedingungen des freien Arbeitsvertrages zu beschäftigen; die Arbeitszeit soll 40 Stunden wöchent lich nicht überschreiten. Die Aufträge dürfen nicht dazu führen, daß ein Mangel an Arbeitskräften innerhalb eines Bezirks oder eines Erwerbszweiges entsteht. * Sachsen und das Sofortprogramm. Keine weitere Verschuldung der Gemeinden. Wie bereits berichtet, hat der sächsische Innenminister Richter bei den Besprechungen mit Dr. Gereke in Berlin darauf hingewiesen, daß bei der Kredithergabe die beson deren Verhältnisse des Industrielandes Sachsen berücksich tigt werden müßten. Die Bedingungen für die zu gewäh renden Kredite sollen nun so beschaffen sein, daß den Stellen in Sachsen, die für solche Kredite in Frage kommen, die Aufnahme überhaupt möglich ist. In erster Linie kommen dafür die Gemeinden in Betracht. Eine weiters Verschuldung über den jetzigen Stand hinaus ist für diese unter keinen Umständen tragbar. Es wird nunmehr auf die Ausführung der Bestimmungen zu dem Sofort programm ankommen, ob die darin angekündigten Kredit maßnahmen für Sachsen tragbar und ausreichend sind. Es wird von sächsischer Seite erwartet, daß dis dann einsetzenden neuen Verhandlungen zu einem guten Ergebnis führen, zumal man in Berlin die sächsischen Wünsche als durchaus berechtigt anerkennt. * Sie kleinen und mittleren Städte zur Arbeitsbeschaffung. In den mittleren und kleinen Städten sind, so wird vom Reichsstädtebund betont, Möglichkeiten zur Durchführung dringlich notwendiger und volkswirt schaftlich wertvoller Arbeiten genügend vorhanden, die seit Jahren zurückgestellt werden mußten, weil sie aus" eigenen Mitteln der Städte nicht ausgeführt werden konnten und auch in absehbarer Zeit nicht ausgeführt werden können. Andererseits sind aber die Finanzen der mittleren und kleinen Städte durch die Wohlfahrts lasten so beansprucht, daß nur eine beschränkte Zahl in der Lage sein wird, von den jetzt gegebenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Im Einzelfall wird entscheidend sein, ob die Gemeinde imstande ist, die neuen Zins- und Tilgungslasten neben den bestehenden Lasten gleicher Art sür die Zukunft zu übernehmen und ncher- zustellen. * Aufbau im Arbeitsdienst. Sämtliche großen Verbände, die Träger des Dienstes im Arbeitsdienst sind, haben sich zur „Reichsarbeitsgemeinschaft der Dienstträgerverbände" zu sammengeschlossen. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich den planmäßigen Ausbau des Arbeitsdienstes in Verbindung mit dem Reichskommissar zum Ziel. Zu der N e i ch s a r b e i t s g e m e i n s ch a f t gehören u. a. Stahlhelm, Jungdeutscher Orden, der national sozialistische Verein für Umschulung, die Eiserne Front durch die Arbeitsdienstorganisatiou Sozialer Dienst, die evangelische Zentralorganisation für den FAD., das Katholische Heimatwerk, der DHV., die Technische Not hilfe, die Deutsche Turnerschaft, der unter Führung von General Faupel stehende Reichsbund für Arbeitsdienst und die Deutsche Studentenschaft. Zum erstenmal ist also eine gemeinsame FrontderÄündezur Lösung einer positiven Aufgabe zustandegckommcn.