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MdmfferTagMM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter M Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs» pfenmge, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge- -Arden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahme bla norm.IV UHr. —— Für di« Richti,k«il »rr durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt D°s Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis monatlich 2.— RM. U Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstig,« Betrirdsstörungcn d-strht "'N Anspruch aus Likscrung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung -ingesandter Schriflstück« ersolgt nur, wenn Rückporto beilicgt. Nr. 9 — 92. Fahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 11. Januar 1933 Erschütterte Weltwirtschaft. Kurz vor Jahresschluß noch hatte plötzlich dasjenige Land, das in allererster Linie die Welt mit Gold versorgt, also die Südafrikanische Union, sich entschlossen, dem Bei spiel des englischen Mutterlandes selbst und aller seiner Dominien und Kolonien zu folgen, d. h., gleichfalls die Goldeinlösungspflicht für das „afrikanische Pfund" auf zuheben. Selbstverständlich stürzte nun auch dieses Pfund Sterling von der bisherigen Höhe herab, brachte neue Erschütterungen in die schon überaus gespannte wäh rungspolitische Lage in der Welt und machte es überdies sehr unwahrscheinlich, daß das englische Pfund jemals wieder zu seinem früheren Stand emporsteigen wird, überhaupt ist es eine der weltwirtschaftlich bedauerlichsten Erscheinungen, daß die englische Währung in den letzten Monaten hin- und herschwankte, immer neue Unsicher heit in die Weltwirtschaft hineintrug und damit gerade den Ansätzen für eine Besserung der Konjunktur autzer- orventlich schadete. Daß hierfür die Kriegsschuldenfrage von größter Bedeutung war, sahen die Gläubiger, also die Amerikaner, zwar selbst ein, haben aber leider bisher offiziell dieser Erkenntnis praktisch noch nicht Rechnung getragen. Nun soll ja eine Weltwirtschaftskonferenz sich vor allem mit diesen Währungs- und jenen Kriegs- schuldenfragen beschäftigen und zur Vorbereitung der Konferenz ist ein Ausschuß jetzt zum zweitenmal in Genf zusammengetreten. Vorläufig Weitz man allerdings noch nicht, wann es denn eigentlich zu der Weltwirtschafts konferenz selbst kommen wird; diese Unsicherheit hat ihren Grund darin, daß der amerikanische Weltgläubigerstaat entscheidende Beschlüsse erst dann fassen kann, wenn der Nene Präsident Roosevelt das Staatssteuer in die Hand genommen hat. Erst dann also wird der neue Kurs fest gelegt werden. Infolgedessen hat sich auf der Genfer Vorkonferenz der amerikanische Delegierte bisher noch recht unbestimmt über die künftigen Absichten seines Landes ausgedrückt; es hat aber fast den Anschein, als wenn die Vereinigten Staaten die Kriegsschulden frage durch Sonderverhandlungen mit ihren Schuld nern noch vor Zusammentritt der Weltwirtschaftskon- serenz lösen wollen. Wie sehr wir Deutsche an einer solchen Lösung interessiert find, braucht schon deswegen nicht erst genauer auseinandergesetzt zu werden, weil wir ja wissen, daß allein schon die Ratifizierung der Lausanner Beschlüsse über die deutschen Tributzahlungen abhängig gemacht worden ist von einer „günstigen Lösung" der Kriegsschuldenfrage. In der allgemeinen Aussprache auf der Genfer Vor konferenz hat nun der englische Delegierte den Rahmen für die künftigen Diskussionen sehr weit gespannt. Außer den Fragen der Kriegsschulden sowie der allgemeinen Währungsstabilisierung ist der Engländer auch noch auf die besonders kitzliche Frage einer allgemeinen Zollherabsetzung eingegangen. Allerdings be rührt dies gerade aus englischem Munde deswegen etwas merkwürdig, weil ja England es war, das auf der Konfe renz in Ottawa eine Heraufsetzung der Zölle durchgeführt hat: die damaligen Beschlüsse spalteten zollpolitisch die Welt in einen britischen und einen nichtbritischen Teil und haben es verhindert, daß gewisse Ansätze zur Ermäßigung von Zöllen verwirklicht wurden. Natürlich ist aber auch hier die amerikanische Stellungnahme entscheidend und der amerikanische Delegierte deutete vorsichtig an, er hoffe wenigstens, daß sein künftiger Präsident Roosevelt einen Abbau der Hochschutzzollpolitik seines Landes vornehmen werde. Fast hoffnungslos verworren sind nun die Dinge aber vor allem auf dem internationalen Kapital- und Kreditmarkt. Man braucht ja nur an die Devisen bewirtschaftung und die Auszahlungssperren, an die Moratorien und Stillehaltungen zu erinnern, um nur an zudeuten, was alles dazu geführt hat, daß das Geld zwischenstaatlich seine Aufgaben und Funktionen gar nicht wehr erfüllen kann. Allein die „politischen" Kriegsschulden z. B., also Forderungen vor allem Amerikas an seine früheren Alliierten, aber auch an Deutschland, belaufen sich insgesamt auf rund 50 Milliarden Reichsmark. Was soll mit diesen geschehen? Und was soll aus der noch ungleich größeren p r i v a t wirtschaftlichen Verschuldung zwischen den einzelnen Ländern werden, deren Regulierung durch die oben erwähnten Maßnahmen ganz oder teilweise ver hindert wird! Auch die deutschen Stillhalte kredite, also die privaten kurzfristigen Schulden an das Ausland werden jetzt von neuem „bearbeitet", weil das bisherige Abkommen darüber am 4. Februar abläuft. Überall in der Welt sind riesige Kreditsummen zum Stille halten verurteilt, sind aber die Gläubiger auch selbst wieder Schuldner nach einer anderen Richtung und — die Politischen Vorgänge in der Welt behindern immer wieder die Absicht, die über dem Kreditmarkt liegende Eisdecke des gegenseitigen Mißtrauens allmählich zum Auftauen zu bringen. Kaum eine einzige Erfahrung aus früheren Ent wicklungen hat heute auf dem ungeheuer komplizierten Gebiet der Weltwirtschaft noch irgendwelche Gültigkeit: Last immer Laben sich dort die Dinae aanr anders ent- Vie Manrlage tk; WAes. 8vo Mionen Defizit für 1932. Graf von Schwerin-Krosigk über die Reichsfinanzen. Im Haushaltsausschuß des Reichstages, in dem die finanzpolitische Aussprache begann, gab der Reichs- ünanzminister Graf Schwerin-Krosigk einen Überblick über die Finanzlage. Das Rechnungsjahr 1930 hat mit einem Fehlbetrag von 1190 Millionen Mark abgeschlossen. In dem Haushalt für 1931 waren 420 Millionen zur Teilabdeckung dieses Fehlbetrages eingestellt worden. Das Rechnungsjahr 1931 hat mit einem Gesamtfehlbetrag von 1690 Millionen Mark abgeschlossen. Für das Etatsjahr 1932 wird man mit einem Minderaufkommen von rund 800 Millionen bei Steuern und Zöllen rechnen müssen, in das sich Reich und Länder teilen. Der Fehlbetrag von 1690 Millionen aus dem Vor jahre sinkt auf 1270 Millionen. Dazu trete der neue Fehl betrag von 800 Millionen, so daß wir am Ende des Rechnungsjahres 1932 einen Fehlbetrag von 2070 Millionen haben würden. Trotzdem war der Finanzminister opti mistisch. Er verwies darauf, daß sich in diesem Fehl betrag die Summe von 470 Millionen aus dem Extra- ardinarium befinde, so daß in Wirklichkeit der Fehlbetrag im ordentlichen Haushalt 1,5 Milliarden betrüge. Das sei ein finanzielles Ergebnis, das in Anbetracht der Krisenjahre 1930 bis 1932 erträglich erscheine. Nennens werte Kassenschwierigkeilen hätte das Reich in den letzten Monaten nicht gehabt. Auch über den besonders schwie ligen Dezemberultimo seien wir glatt hinweggekommen. Wir hätten die rund 200 Millionen aus der Auslosung der Nnleiheablösungsschuld zahlen können. Die Schwie rigkeit komme natürlich im letzten Vierteljahr nach. Der außerordentlich flüssige Geldmarkt habe es aber ermöglicht, auch für die Schwierigkeiten, die an sich im letzten Vierteljahr aufgetreten wären, die er forderlichen Maßnahmen zu treffen, so daß wir mit Sicher heit damit rechnen könnten, auch über die Monate Januar bis März ohne ernstliche Kassenschwierigkeiten hinweg- zukommcn. Interessant waren noch die Mitteilungen über die Lasten der nächsten Jahre. In den Jahren 1933 bis 1937 wird das Reich durch die Einlösungsverpflichtung für Schatzanweisungen mit jähr lich 125 bis 200 Millionen Mark belastet. In den Jahren 1933 bis 1935 müssen die aus dem Arbeitsbeschaffungs programm stammenden Verpflichtungen von insgesamt 340 Millionen Mark getilgt werden, was eine jährliche Last von rund 115 Millionen Mark ergibt. Schließlich müssen dieSteuergutscheinebei voller Inanspruch nahme des Betrages von 2,2 Milliarden mit Verzinsung in den nächsten fünf Jahren je etwa mit 500 Millionen Mark eingelöst werden. Daraus ergibt sich zunächst, daß die Jahre 1933 bis 1934 am schwersten getroffen werden, weil auf ihnen die Last aus allen drei aufgeführten Kategorien ruht. Der Minister erklärte schließlich, daß der Etat für 1933 auch jetzt noch nicht völlig zu übersehen sei, weil noch kein Überblick über die Steuereingänge vorliege. Aus diesen Gründen bezeichnete er es als nötig, die Aufstellung des Etats — in diesem Jahre und voraussichtlich auch in den nächsten — möglichst nahe an den Termin der Verabschie dung des Et»ts heranzulegen. Der Minister nannte es einen unverzeihlichen Fehler, wenn man versuchen wollte, den Haushalt des Reiches in Ordnung zu bringen und dabei die Haushalte der Länder und Gemeinden einem unentrinnbaren Schicksal zu überlassen. Das Reich mache sehr ernsthaft den Versuch, die Gemeinden wieder auf die Füße zu stellen. Die endgültige Sanierung der Haushalte der öffentlichen Hand werde jedoch entscheidend davon abhängen, inwieweit es gelinge, zur Besserung der wirtschaftlichen Lage und zur Bekämpfung der Arbeits losigkeit zu kommen. Nach Entgegennahme der Rede des Ministers und Erledigung kleinerer Vorlagen vertagte sich der Ausschuß wickelt als sogenannte Sachverständige es vorausgesagt haben. In jahrelangem Vorwärtstaumeln hat man sich fast hoffnungslos und aus Furcht vor der Krise ineine Sackgasse verrannt , aus der umzukehren man sich anscheinend nur sehr schwer entschließen kann. DerEntschluß wird auch erst kommen, wenn man allseitig eingesehen hat, daß es keinem einzelnen Volk gelingen kann, sich den Folgen dieser Krise zu entziehen, und daß die Weltwirt schaft erst wieder einmal in gemeinsamer Arbeit auf- gebaut werden muß. auf Mittwoch, um dann in die finanzpolitische Aussprache einzntreten. Der Ausschuß beschloß, auch den Wirt schaftsminister zu ersuchen, im Laufe dieser Aus sprache Erklärungen über die Wirtschaftslage abzugeben. Es ist auch mit Ausführungen des Reichsarbeitsministers zu rechnen. * GerelemmArbeitSdeWaffungsprogramm Im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages gab Reichskommissar Dr. Gereke einen Überblick über die Maßnahmen, die im Rahmen seines Sofortprogramms durchgeführt werden sollen. Die Finanzierung der dafür vorgesehenen 500 Millionen sei gesichert. Zunächst sollten diejenigen Arbeiten durchgeführt werden, die unbedingt notwendig seien, aber aus Mangel an Mitteln bisher nicht hätten durchgeführt werden können. Mit aller Be stimmtheit wandte sich der Reichskommissar gegen die Forderung, von einem öffentlichen Arbeitsbeschaffungs programm überhaupt abzusehen, da das einen Schlag gegen. die Privatwirtschaft bedeute. Im Gegenteil ivürden die Mittel, die im Rahmen eines öffent lichen Arbeitsbeschaffungsprogramms ausgeschüttet würden, der Privat wirtschäftzugutekommen. Die Durchführungsbestimmungen sähen ausdrücklich vor, daß die Arbeit der öffentlichen Hand nur in Ausnahme fällen in Regiebetrieben ausgesührt und im übrigen an Privatunternehmungen vergeben werden sollten. Ob die Einstellungsprämien ausrechterhalten werden könnten, wenn der Arbeitsmarkt durch öffentliche Arbeiten entlastet werde, stehe noch dahin. Endgültige Beschlüsse darüber lägen nicht vor. In An weisungen an die Arbeitsämter sei besonders darauf hin- gewiescn worden, daß durch das Arbeitsbeschaffungs- Programm gerade die langfristig Erwerbslosen bevorzugt werden sollten. Wenn sich Schwierigkeiten ergeben, wür den Arbeitsminister und Reichskommissar sofort durch neue Anweisungen eingreifen. Auswärtiger Ausschuß am 20. Januar. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages ist von seinem Vorsitzenden Abgeordneten Dr. Frick (Nat.-Soz.) für Freitag, den 20. Januar, einberufen worden. Auf der Tagesordnung stehen neben der Behandlung einer Be schwerde der kommunistischen Ausschutzmitglieder über angebliche Verletzung der Immunität des Ausschußmit gliedes Schehr, Hannover, die Fortsetzung der Aussprache über die Frage der Tribute und Auslands schulden sowie über die Abrüstungskonferenz, ferner die Behandlung der Ostfrage, die Frage des Schutzes der deutschen Minderheiten im Ausland und die innen politische Lage Deutschlands. ImSusch für Schleicher. Auf einer Konferenz des Gewerkschaftsbundes christ licher Bergarbeiter Deutschlands führte der Vor sitzende Imbuschu. a. aus: Reichskanzler von Schleicher versprach, alles aufzubieten, um Arbeit zu schaffen. Man sollte ihm bis zum Beweise des Gegenteils den guten Willen, unserem Volke zu helfen, zutrauen. Es wurde mehrfach gefragt, wie Schleicher zu sozialen Fragen stebe. Nun, er ist selbstverständlich kein Gewerkschaftssekretär. Er ist ein alter Soldat, aber nach allem, was man bis jetzt von ihm hörte, für soziale Gerechtigkeit. Denken wir doch nur an das Eintreten des alten Feldmarschalls von Häseler für die Bergleute beim Streik von 1905 und an die ener gische Befürwortung der Sozialpolitik durch den früheren Kriegsminister v 0 nEinem. Es erscheint mir richtiger, der Regierung die Möglichkeit zur sachlichen Arbeit zu geben und sie dann nach ihren Taten zu beurteilen. Die bisherigen Taten der Regierung sprechen alles in allem genommen nicht gegen sie. BotWster Houghton gegen VersM«. Berlin, 11. Januar. Der frühere amerikanische Bot schafter in Berlin und London, Alanson B. Hougthon, erklärte nach einer Meldung Berliner Blätter aus Neuyork in einer Ansprache in der Schule für Politik des republikanischen Frauenverbandes, die Teilnahme der Vereinigten Staaten am Weltkrieg habe lediglich an die Stelle einer deutschen Vor herrschaft in Europa die Hegemonie Frankreichs setzen helfen. So sei ein neues Europa geschaffen worden, das keinen Augen blick Bestand hätte, würde die Lage nicht durch Waffengewalt aufrechterhalten. Statt 5000 gebe es nun 12 000 Meilen euro päischer Zollgrenzen, statt 17 Währungen 28; das sei ein hoff nungsloser Zustand, und es eröffne sich auch kein Ausblick auf